Wildunfall: So verhältst Du Dich richtig
In bewaldeten Regionen kommt es schnell zu einem Wildunfall. Lies, was Du dabei beachten solltest und welche Art von Kfz-Versicherung die Kosten übernimmt.
Was ist ein Wildunfall?
Ob mit einem Wildschwein, Hirsch oder Reh: Hast Du einen Unfall mit Fahrzeugschaden, weil Du auf der Fahrt einem Wildtier ausweichen musst oder mit ihm zusammenprallst, nennt man das einen Wildunfall. Am häufigsten passieren Wildunfälle in Deutschland mit Rehen. Aufgrund der wachsenden Population nehmen auch Zusammenstöße mit Wildschweinen zu.
Wildunfälle machen etwa fünf Prozent aller Unfälle im Straßenverkehr aus. Das entspricht rund 300.000 Aufeinandertreffen von Fahrern und Wildtieren pro Jahr. Ganz gleich, ob mit einem Wildschwein oder Reh: Bei einem Wildunfall heißt es Ruhe bewahren. Denn steigt man überstürzt aus seinem Fahrzeug aus, besteht die Gefahr, dass man vorbeifahrende Autos übersieht und einen Folgeunfall verursacht.
Und auch beim Wildunfall selbst können Fahrer und Begleiter verletzt werden. In seltenen Fällen sind diese Verletzungen sogar tödlich. Anders sieht es bei den Tieren aus: Sie sterben fast immer bei Wildunfällen – häufig bereits beim Aufprall auf das Fahrzeug. Stirbt das Wildtier nicht beim Zusammenstoß, wird es in der Regel zeitnah von einem Jäger oder Förster erlöst. So leidet es nicht unnötig lange an den Verletzungen.
Wo ist besonders mit einem Wildwechsel zu rechnen und wann?
Wildunfälle geschehen häufig an Orten, an denen ein vermehrter Wildwechsel stattfindet. Also an Stellen, an denen Wildtiere häufig die Fahrbahn überqueren. Das betrifft vor allem Bundes- und Landesstraßen in bewaldeten Regionen und Fahrbahnen neben Feldabschnitten. Am Abend und in den frühen Morgenstunden bewegen sich Wildtiere oft über die Straßen, um beispielsweise von ihrem nächtlichen Aufenthalt im Wald zu einer Futterstelle zu gelangen.
Dasselbe gilt auch für die Brunftzeiten im Frühjahr und Herbst. In diesen Zeiten sind Wildtiere besonders viel unterwegs, weil sie auf Paarungssuche sind. Wo Wildtiere regelmäßig die Fahrbahn passieren, weisen Wildwechsel-Schilder auf die Gefahr hin. So gilt es an diesen Stellen besonders achtsam zu sein. Allerdings stehen nicht überall Schilder, wo Wildtiere auftauchen können. Daher ist es ratsam, in bewaldeten Regionen oder an Feldrändern ein aufmerksames Auge auf mögliche Tiere zu haben.
Ganz gleich, ob Du selbst in einen Unfall verwickelt oder Zeuge bist: Jetzt zählt jede Sekunde. Erfahre, was es dabei zu beachten gilt.
Ein Wildunfall ist passiert: Was tun?
Ganz gleich, ob Reh angefahren oder einem Wildschwein ausgewichen: Die Vorgehensweise nach einem Wildunfall ist immer dieselbe. Zunächst heißt es: anhalten und Ruhe bewahren. Nachdem ein sicherer Standort auf dem Standstreifen oder so weit rechts wie möglich eingenommen wurde, können sich Fahrer und Passagiere vergewissern, dass sie unverletzt sind. Dann kommen folgende Schritte:
- Unfallstelle sichern: Gehe wie bei einem regulären Unfall vor und schalte das Warnblinklicht ein. Lege eine Warnweste an und stelle in ausreichender Entfernung ein Warndreieck auf. Dann erst leistest Du bei Verletzungen anderer Fahrinsassen Erste Hilfe und rufst gegebenenfalls den Notruf 112.
- Wildtier prüfen: Ist das Tier tot und versperrt die Fahrbahn, ziehst Du es an den Rand. Alternativ machst Du es mit Deiner Warnweste oder einem Warndreieck für andere Fahrer kenntlich. Fasse das Tier nicht an, wenn es nur verletzt ist. Denn es könnte Dich angreifen, um sich zu verteidigen.
- Standort bestimmen: Bestimme Deine Koordinaten mit Deinem Navigationsgerät oder der ADAC-Pannenhilfe-App. Ist beides nicht verfügbar, hältst Du nach den Stationszeichen Ausschau. Du findest sie am Seitenstreifen im Abstand von 100 bis 500 Metern. Sie geben Deinen Standort an.
- Polizei benachrichtigen: Rufe den Notruf 110 an und melde Deinen Unfall der Polizei, auch wenn kein sichtbarer Schaden entstanden ist. Sie erstellt ein Unfallprotokoll und eine Wildunfallbescheinigung, die Du später bei Deiner Versicherung vorlegst. Darüber hinaus verständigt die Polizei den zuständigen Förster oder Jäger.
- Unfallstelle markieren: Hinterlasse eine Markierung, von der das verletzte Tier geflüchtet ist. Dazu kann ein weißes Taschentuch oder ein Warndreieck dienen. So können Förster und Jäger dem Wildtier nachspüren und es bei Bedarf erlegen.
Wichtig: Nicht immer ist ein Schaden nach einem Wildunfall sichtbar. Rehe sind beispielsweise eher leichte Tiere und hinterlassen trotz eines Aufpralls nicht zwingend Spuren an Deinem Auto. Dennoch kann Dein Fahrzeug beschädigt sein. So können sich durch den Aufprall fahrsicherheitsrelevante Schrauben lockern und sich mit der Zeit unentdeckt lösen.
Zudem stellt das verendete oder verletzte Tier eine Gefahr für den Straßenverkehr dar. Liegt das tote Tier auf der Fahrbahn, ist es für andere Autofahrer ein Hindernis und kann weitere Unfälle verursachen. Verletztes Wild ist mitunter desorientiert – und begibt sich gegebenenfalls erneut auf die Fahrbahn. Deswegen solltest Du die beschriebenen Schritte auch bei vermeintlich glimpflich verlaufenen Wildunfällen befolgen.
Wildunfälle: Hier drohen Strafen
Ist das bei Tier, beispielsweise bei einem Reh-Unfall gestorben, dann darf man es nicht mitnehmen. Der Grund: Du machst Dich damit der Wilderei strafbar. Denn der Strafbestand der Wilderei besteht immer dann, wenn man unberechtigt Tiere jagt und fängt. Dazu zählt auch das Mitnehmen toter Tiere ohne eine Berechtigung wie einem Jagdschein.
Auch einen Wildunfall nicht zu melden, kann Folgen nach sich ziehen. Denn das kann als Tierquälerei gedeutet werden – die mit bis zu 5.000 Euro Strafe geahndet wird. Du bist nach Deinem Unfall im Schock direkt nach Hause gefahren? Einen Wildunfall kann man auch im Nachgang melden. So vermeidet man, dass die Heimfahrt ohne Unfallmeldung eine Strafe wegen Tierquälerei nach sich trägt.
Haftpflicht, Teil- oder Vollkasko-Versicherung: Das haben die verschiedenen Kfz-Versicherungen anzubieten.
Wer zahlt beim Wildunfall?
Ob Du die Kosten bei einem Wildunfall selbst trägst oder Deine Kfz-Versicherung den Schaden reguliert, hängt von der Art Deiner Versicherung ab.
Haftpflichtversicherung
Eine Haftpflichtversicherung übernimmt keine Kosten am eigenen Fahrzeug. Denn sie begleicht nur Schäden, die Du bei anderen verursachst. Daher greift sie im Falle eines Wildschadens an Deinem Auto nicht – und Du trägst die Reparaturkosten für den Fahrzeugschaden im Alleingang. Im Gegenzug übernimmt die Haftpflicht andere Kosten, die bei einem Unfall anfallen. Dazu zählen beispielsweise die Reparatur beschädigter Leitplanken oder die Kosten für den Straßendienst, der ausgelaufenes Öl oder ähnliches beseitigt.
Teilkasko-Versicherung
Eine Teilkasko-Versicherung zahlt die Reparaturkosten für Fahrzeugschäden anteilig. Dein Tarif, die Unfallart und, ob Du eine Teilschuld am Unfall hast, bestimmen, wie hoch dieser Anteil ist. Eine Teilschuld trägst Du beispielsweise, wenn Du zu schnell gefahren bist. Darüber hinaus gilt: Bei Wildunfällen zahlt eine Teilkasko-Versicherung nur, wenn es sich um einen Unfall mit Haarwild handelt. Dazu gehören Tiere wie Dachse, Wildschweine oder Hirsche – also keine Vögel oder Kriechtiere. Sind die Schäden durch ein Ausweichmanöver entstanden, bei dem Du beispielsweise gegen eine Leitplanke gefahren bist, zahlt die Teilkasko übrigens nicht – hier ist die Haftpflichtversicherung der passende Ansprechpartner.
Vollkasko-Versicherung
Eine Vollkasko-Versicherung zahlt die gesamten Reparaturkosten nach einem Unfallschaden – auch bei einer Teilschuld. Allerdings besteht eine Beweispflicht. Das heißt: Man muss das Unfallprotokoll, die Wildunfallbescheinigung und gegebenenfalls Unfallfotos einreichen. Bei großen Schäden ist ein Gutachten sinnvoll. Darin nennt ein Prüfer den tatsächlichen Schaden und prüft den Kostenvoranschlag der Werkstatt für die Reparatur. Das gibt Dir und der Versicherung Sicherheit und der Schadenersatz wird beschleunigt. Denn die Versicherung verzichtet meist auf eine eigene Prüfung und stützt sich auf das bereits vorhandene Gutachten.
Wie vermeidest Du Wildunfälle?
Unfälle mit Wildtieren lassen sich nicht gänzlich vermeiden. Tiere können immer wieder Deinen Weg kreuzen, beispielsweise wenn sie zum Äsen von einem Waldgebiet in das nächste ziehen. Deswegen ist es insbesondere an Wald- und Feldrändern wichtig, dass man aufmerksam fährt. Auch die folgenden Tipps helfen Dir, einen Wildunfall zu umgehen.
- Sei bremsbereit: Verringere Deine Geschwindigkeit, sobald Du Tiere am Fahrbahnrand siehst. Dadurch hast Du einen kürzeren Bremsweg und vermeidest den Aufprall ganz oder verringerst wenigstens die Wucht des Zusammenstoßes. Seit 2022 ist der Notbremsassistent für Neuwagen Pflicht. Auch wenn er nicht auf Wildtiere optimiert ist, kann er in so einer Situation hilfreich sein. Denn er erkennt Hindernisse wie Tiere auf der Fahrbahn und bremst das Fahrzeug.
- Achte auf Schilder: Wildwechsel-Schilder signalisieren, dass Tiere an dieser Stelle vermehrt die Fahrbahn passieren. Rechne daher damit, dass jederzeit Wildtiere unterwegs sein können – oft auch in Gruppen. Siehst Du beispielsweise ein einzelnes Reh auf der Fahrbahn, ist es wahrscheinlich, dass noch weitere Rehe in der Nähe sind. Das gilt auch für Wildschweine.
- Tiere von der Fahrbahn verscheuchen: Fahre langsamer oder bremse ganz ab, sobald Du Wild auf der Straße siehst. Am besten fährst Du nicht an den Wildtieren vorbei. Sie könnten kurzfristig lossprinten, in Dein Auto laufen und so einen Unfall verursachen. Blende das Licht ab und schalte das Fernlicht aus, denn die hellen Lichter machen die Tiere orientierungslos. Hupen verscheucht sie in der Regel.
Mit diesen Tipps fährst Du sicherer und vermeidest Wildunfälle so gut es geht. Kommt es trotz aller Vorsicht zu einem Unfall mit Wildtieren, gilt: Ruhe bewahren und die Schritte von oben durchgehen.