Diese Autos haben die beste Klimabilanz
Elektro, Benzin, Diesel, Gas oder Wasserstoff: Jede Antriebsart hat Vor- und Nachteile. Eine Analyse zeigt, welche Technologien besonders klimafreundlich sind.
Der CO2-Ausstoß im Straßenverkehr muss sinken. In Deutschland lautet das Mittel der Wahl: Elektroautos. Sie stoßen keinerlei Abgase aus, sind beim Fahren also umweltfreundlich. Aber wie sieht es aus, wenn man die gesamte Umweltbilanz des Autos betrachtet? Es zählen schließlich nicht nur die Abgase, sondern auch Produktion des Fahrzeugs und Herstellung der Kraftstoffe. Bleibt das Elektroauto in dieser Betrachtung grün? Oder sind andere Antriebe, zum Beispiel Benzin, Diesel, Gas oder Wasserstoff besser fürs Klima?
Experten nennen den Blick von ganz oben „Well to Wheel“, was auf Deutsch ungefähr so viel bedeutet wie „vom Bohrloch bis zum Rad“. Bei dieser Analyse wird die gesamte Wirkungskette für die Fortbewegung des Autos aufgezeigt, also von der Gewinnung und Bereitstellung der Antriebsenergie bis zur Umwandlung in die Energie zum Fahren (kinetische Energie) sowie vom Bau des Autos bis zu seiner Entsorgung.
Der alltagstaugliche Elektro-Kleinwagen von BMW.
Well to Wheel: Die Schadstoffbetrachtung in Kürze
- Ganzheitliche Betrachtung der Mobilität
- Schadstoffausstoß bei Produktion, Nutzung, Entsorgung
- Verschiedene Antriebe mit verschiedenen Stärken
- Stromerzeugung ist ein kritischer Faktor
- Erdgas ist heute die umweltfreundlichste Fortbewegungsart
Studie: Die umweltfreundlichste Antriebsform Well to Wheel
Das Joanneum Research Institut in Graz hat im Auftrag des Österreichischen Automobil Clubs (ÖAMTC) und mit Unterstützung des ADAC eine sehr umfangreiche Lebenszyklus-Analyse durchgeführt. Sie untersucht die ökologischen Fußabdrücke der verschiedenen Antriebsarten. Als Vergleichsfahrzeuge dienten Modelle der Kompaktklasse des Jahrgangs 2019.
Relevant für das Ergebnis sind Treibhausgase. Die Wissenschaftler fassen Kohlendioxid (CO₂), Methan (CH₄) und Lachgas (N₂O) als CO2-äq (CO2-Äquivalente) zusammen. Gemessen wurden CO2-äq-Emissionen in g/km in folgenden Kategorien:
- Fahrzeugherstellung
- Kraftstoff-/Energiebereitstellung
- Fahrzeugnutzung
- Fahrzeugentsorgung
Dabei kommt heraus, dass aktuell ein Erdgasfahrzeug die sauberste Möglichkeit ist, ein Auto zu fahren. Es stößt über seinen durchschnittlichen Lebenszyklus von zwölf Jahren und 180.000 Kilometern (jährliche Fahrleistung 15.000 Kilometer) mit 158,62 g CO2-äq/km weniger Klimagase aus als alle anderen Fahrzeuge. Damit unterbietet es alle moderneren Antriebsformen deutlich.
Das ist allerdings nur eine Momentaufnahme. Anders sieht es aus, wenn Plug-in-Hybride, Elektroautos oder Wasserstoff-Fahrzeuge ihre Energie aus reinem Ökostrom beziehen würden. Dann emittiert das E-Fahrzeug mit 52,98 g/km am wenigsten Schadstoffe, gefolgt vom Wasserstoff-Fahrzeug (63,62 g/km) und vom Plug-in-Hybrid (124,61 g/km).
Die verschiedenen Antriebsarten im Schadstoff-Vergleich
Die Experten nehmen an, dass bei der Fahrzeugentsorgung Werkstoffe wie Stahl, Alu und Kupfer zu bis zu 60 Prozent wiederverwertet werden können. Das spart CO2 bei der Produktion neuer Fahrzeuge. Letztlich schaffen es klassische Verbrenner, ungefähr den Aufwand ihrer Entsorgung mit der Wiederverwertung ihrer Metalle auszugleichen. Elektroautos liegen im Vorteil, weil ihre Akkus ein zweites Leben als stationäre Stromspeicher führen können. Sie haben bei der Entsorgung also Vorteile:
Kraftstoffart | Benzin | Diesel | Erdgas (CNG) | Plug-in (aktueller Strommix) | Plug-in (Ökostrom) | Elektroauto (aktueller Strommix) | Elektroauto (Ökostrom) | Wasserstoff | Wasserstoff (Ökostrom) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Fahrzeugherstellung | 21,12 | 22,93 | 21,13 | 30,63 | 30,63 | 48,02 | 48,02 | 40,55 | 40,55 |
Kraftstoffbereitstellung | 38,87 | 26,12 | 26,59 | 89,64 | 22,40 | 124,54 | 8,49 | 130,30 | 23,07 |
Fahrzeugnutzung | 133,34 | 124,37 | 110,90 | 72,76 | 72,76 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Fahrzeugentsorgung | n. m. | n. m. | n. m. | -1,18 | -1,18 | -3,53 | -3,53 | n. m. | n. m. |
Gesamt | 193,33 | 173,42 | 158,62 | 191,85 | 124,16 | 169,03 | 52,98 | 170,85 | 63,62 |
(Alle Werte in Co2-äq-Emissionen in g/km; n. m.: nicht messbar)
Seat bringt den Ibiza auch als Erdgas-Variante. Der Einliter-Dreizylinder im Spanier leistet 90 PS.
Wie umweltfreundlich eine Antriebsform ist, hängt grundsätzlich von ihrer Nutzungsdauer ab. Bei der Berechnung des geringsten CO2-Äquivalents verschiedener Antriebsarten liegt ab 45.000 Kilometern das Wasserstoff-Auto (mit Ökostrom) vorne, das E-Auto (mit Ökostrom) übernimmt ab 115.500 Kilometern die Führung – von der Produktion bis zur Verschrottung, bei einer Gesamtfahrleistung von etwas mehr als 225.000 Kilometern und über den gesamten Lebenszyklus gesehen.
Bei dem derzeitigen Strom-Mix in Deutschland (siehe unten) fahren Elektroautos erst nach 8,5 Jahren oder 127.500 Kilometern sauberer als Benziner. Nach 14,6 Jahren oder 219.000 Kilometern werden sie sauberer als Diesel. Der Plug-in mit dem aktuellen Strom-Mix schneidet kaum besser ab als die reinen Verbrenner mit Benzin oder Diesel. Grund: Die aufwendig hergestellte Batterie verhagelt seine Umweltbilanz ebenso wie der aktuelle Strommix. Grundlage für die Berechnung ist außerdem regelmäßiges Laden.
Wann ist ein Elektroauto sauberer als ein Verbrenner?
Besser sieht es aus, wenn E-Autos mit 100 Prozent Ökostrom fahren würden. Dann gebe es kaum Alternativen. Denn schon ab 15.000 Kilometern Gesamtfahrleistung fährt das E-Auto sauberer als ein Wasserstoff-Fahrzeug, ab 25.500 Kilometern sauberer als ein Plug-in-Hybrid mit Ottomotor. Diese Tabelle zeigt, wann das Elektroauto welche Antriebsart in der Umweltbilanz unterbietet:
Antriebsart | Elektro (aktueller Strommix) | Elektro (Ökostrom) |
---|---|---|
Benzin (Super E5) | ab 127.500 km | ab 37.500 km |
Diesel (7 % Biodiesel) | ab 219.000 km | ab 40.500 km |
Erdgas CNG (15 % Biomethan) | nie | ab 48.000 km |
Plug-in-Hybrid (Super E5, aktueller Strommix) | ab 103.500 km | ab 25.500 km |
Plug-in-Hybrid (Super E5, Ökostrom) | nie | ab 46.500 km |
Brennstoffzelle (H₂ aus Erdgas) | am Ende des Autolebens | ab 15.000 km |
Brennstoffzelle (H₂ aus Ökostrom) | nie | ab 115.000 km |
Ein Elektroauto lohnt sich also in vielen Fällen erst dann, wenn es ausschließlich Ökostrom tankt. Das funktioniert aktuell nur bedingt, denn der Strommix in Deutschland setzt sich im Jahr 2019 aus folgenden Bestandteilen zusammen:
Wind | 25 % |
---|---|
Braunkohle | 20 % |
Atomenergie | 14 % |
Erdgas | 11 % |
Steinkohle | 9 % |
Biomasse | 9 % |
Solarenergie | 9 % |
Wasserkraft | 4 % |
(Quelle: Fraunhofer ISE, 2020)
Der Anteil an erneuerbarer Energie liegt 2019 demnach bei 46 Prozent (+9 %), der an fossiler Energie bei 38 Prozent (-18 %). Der Strom wird also grüner. Die Experten der Studie gehen daher davon aus, dass der Strom 2030 und 2050 zu noch größeren Teilen aus erneuerbaren Energien stammt, sodass die Treibhausgas-Bilanz der E-Autos und Wasserstoff-Fahrzeugen noch besser wird.
Elektroautos sind langfristig sauberer
Stößt ein E-Auto derzeit im Schnitt 169 g CO2 äq/km aus, sollen es 2030 nur 123 g/km und 2050 nur 68 g/km sein. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren können diesen Wert nur erreichen, wenn sie künftig synthetisch hergestellte Kraftstoffe tanken, sogenannte E-Fuels. Die werden zwar entwickelt, kommen so schnell aber nicht auf den Markt. Derzeit verbraucht die Produktion zu viel Energie, als dass sich die Kraftstoffe wirtschaftlich rechnen. Erst mit Einsatz günstiger Wind- und Sonnenenergie könnte daraus ein Geschäftsmodell werden – und dann würden auch Verbrenner sauber fahren.
Stand heute führt das Erdgasauto die Umweltstatistik an. Das Elektroauto hat aber realistische Chancen, langfristig zur saubersten Antriebsform zu werden.