VW Bulli T1 (1950): Sofies Geschichte, T1 Kaufberatung
Der älteste VW Bulli feiert 70. Geburtstag. Fans lieben den T1, für Sammler ist er eine lukrative Geldanlage. Früher wurde er geknechtet und verschmäht.
Sammler und Historiker lieben den ersten VW Bulli. Der knuffige Transporter mit den Kulleraugen ist längst nicht mehr Nutzfahrzeug, sondern Wertanlage und Schaustück. Besonders als „Samba“ mit vielen Fenstern und Faltdach steht er hoch im Kurs und erzielt teilweise sechsstellige Preise.
Ein grau-blaues Modell stiehlt aber selbst dem buntesten Hippie-Bus die Show: Der VW T1 mit der Fahrgestellnummer 20-1180 ist der älteste VW Bulli mit Straßenzulassung. Anlässlich seines 70. Geburtstags wird er ausgestellt und aufpoliert. Das war nicht immer so.
Der VW T1 in Kürze
- Zweite Modellreihe von VW („Typ 2“)
- Kastenwagen ab 1950
- Nutzfahrzeug mit Boxer-Heckmotor
- Produktion in Wolfsburg, ab 1956 in Hannover
- Hohe Preise für gute Exemplare
- Ältester VW Bulli mit Straßenzulassung: „Sofie“
1950 beginnt mit dem T1 die Ära der VW-Bus-Reihe. Heute ist der Hippie-Bus von damals ein begehrter Oldtimer.
VW T1: Arbeit, Rente, dann ein zweites Leben
Der alte T1 läuft am 5. August 1950 vom Band, um ein langes Arbeitsleben zu führen. Der Transporter ackert für die Mützenfabrik J. C. Kornacker in Hildesheim. Als er 1973 in Rente geht, ahnt niemand, dass dieses Fahrzeug 2020 von VW für Marketing-Zwecke in Szene gesetzt werden wird.
Nach dem Abschied von der Mützenfabrik transportiert der Bulli nicht mehr. Er wechselt nur noch die Sammlungen: 19 Jahre lang campiert er bei mehreren VW-Fans. Gefahren wird er nicht mehr. Sein Tacho zeigt weniger als 100.000 Kilometer.
Für seinen Status als Schmuckstück ist es noch zu früh. Nutzfahrzeuge sind in den frühen 1990ern erstens noch nicht so begehrt wie heute. Und zweitens sind sie weit entfernt von den bequemen Reisemobilen der aktuellen Generation mit Partikelfilter und Touch-Bedienung à la iPhone. Als unser T1 vom Band läuft, sind die Apple-Gründer noch nicht einmal geboren.
1992 löst der damalige Besitzer seine Sammlung auf und inseriert den Bulli im Clubheft der Brezelfenstervereinigung e.V. – eines Fanclubs für Freunde früher VW Käfer mit zweigeteiltem Heckfenster (bis 1953). Das Inserat lautet: „Verkaufe VW-Kastenwagen, Baujahr August 1950, Zustand: 2+, völlig original, 24,5 PS-Motor (30 Jahre Ausstellungsstück) – Preis: 9.800,–“ Es braucht mehrere solcher Anzeigen, bis sich endlich ein Käufer findet.
Der dänische Bulli-Sammler Tonny Larsen erkennt den Wert des Autos. Seine Fahrgestellnummer ist die früheste, die in der Szene bekannt ist. Er kauft den Bulli ungesehen und holt ihn auf einem Abschleppwagen nach Dänemark. Aus dem Transporter wird in diesem Moment eine Dame: Larsen nennt den T1 Sofie, in Anlehnung an den ersten VW Bus, der einst nach Dänemark ausgeliefert worden war. Diesen Namen trägt er bis heute.
Im VW T6 California werden Küche, Bett und Wohnzimmer einfach mitgenommen.
Restauration und Rückkehr nach Deutschland: VW T1
Zum Jahrtausendwechsel restauriert Larsen seine Bulli-Dame. Bremsen und Motor tauscht er schon vorher – der 1,1-Liter-Boxermotor soll die knappe Tonne Transporter-Blech schließlich wieder auf bis zu 80 km/h beschleunigen. Bis 2003 richtet er die Karosserie, entfernt Spachtelmasse und Rost und lackiert das Auto im originalen Farbton mit dem Kürzel „L 31“. Seine erste Fahrt führt ihn zum VW-Treffen nach Bad Camberg.
23.424 Kilometer legen der Däne und seine Dame gemeinsam zurück, quer durch Europa, am liebsten mit Gleichgesinnten. Dann fühlt sich Larsen zu alt für den Bulli. Doch inzwischen hat sich der Markt verändert. Brauchte es 1992 noch mehrere Inserate, reißen sich nun die Sammler um das Auto.
Tonny Larsen gefällt das überhaupt nicht. Der Besitzer fürchtet, dass Sofie für immer in einer Garage verschwinden könnte. Als VW erfährt, dass der Bulli zum Verkauf steht, kontaktiert der Konzern den Dänen. Nach langen Gesprächen schreibt Larsen: „Deshalb würde ich lieber Sofie an dich verkaufen, wo sie immer noch Leute zum Lächeln bringen kann.” 2015 kehrt Sofie zurück in ihre alte Heimat. Der Vorbesitzer erkundigt sich sofort, ob sie den Transport gut überstanden hat.
Der T1 versprüht seitdem regelmäßig auf Bulli-Veranstaltungen seinen rüstigen Charme. Er begleitet die Einführung des T6 bei der Fahrveranstaltung in Stockholm und tritt vor Fans und Freunden auf. Er rollt durch die Straßen von Hildesheim, wo er 23 Jahre lang Waren transportiert hatte. Er posiert vor der ausrangierten Presse, die einst seine Karosserieteile formte, und parkt vor dem VW-Werk in Wolfsburg. Als er gebaut wird, entsteht die Bus-Baureihe noch im VW-Stammwerk. Erst später lagert der Hersteller die Produktion der Nutzfahrzeuge nach Hannover aus.
Zum Geburtstag spendiert die Klassik-Abteilung von VW Nutzfahrzeuge einen Kuchen mit Zündkerzen – und angeblich frisches Motoröl. Bulli-Freunde wissen: Viel mehr braucht so ein Bulli nicht, um glücklich zu sein.
Reisen, Campen und vor allem auch: Klettern. Der VW T3 Synchro mit Allradantrieb kann alles.
VW T1: Marktlage auf mobile.de
Insgesamt baut VW 1,8 Millionen Exemplare des VW T1. 1967 löst ihn in Deutschland der Nachfolger T2 ab. In Brasilien läuft die Produktion bis 1975. Viele Autos werden exportiert, die meisten schuften ihr Leben lang und erliegen irgendwann dem Verschleiß. 53 Jahre nach Produktionsende gibt es dennoch viele gut erhaltene Exemplare. Darunter sind restaurierte Modelle ebenso wie „Survivor“, also gut erhaltene Originale.
Der Gebrauchtwagenmarkt ist klein. In Deutschland sind auf mobile.de 84 Autos (Stand August 2020) inseriert. Die Preise beginnen bei rund 10.000 Euro. Dafür gibt es eine verrostete Hülle, zum Teil mit etwas Inhalt. Vollständige Autos kosten das Doppelte, begehrte Ausführungen noch mehr. Der Zustand zählt. Je besser, desto teurer. Ein fahrbereiter, taubengrauer Transporter von 1956 – optisch Sofie recht ähnlich – ist für rund 30.000 Euro inseriert.
Besonders gute Exemplare kosten längst mehr als 100.000 Euro. Ganz vorn liegt der T1 Samba: Ein Exemplar mit 23 Fenstern und der zweigeteilten Windschutzscheibe soll auf mobile.de 160.000 Euro kosten. Es handelt sich um ein Auto für den US-Markt, das mit vielen Originalteilen restauriert wurde.
Mit Heckmotor und Heckantrieb ist der VW T3 der Letzte einer Ära.
Kaufberatung: Darauf muss man beim VW T1 achten
Der T1 ist zu alt, um von Schwachstellen zu sprechen – alles kann kaputt sein. Dafür ist er schrauberfreundlich. Besonders wichtig ist die Historie des Autos. Handelt es sich wirklich um einen guten Oldtimer? Oder hat jemand seine alte Fahrgestellnummer in einen gut erhaltenen Brasilien-Bulli geschweißt? Detailwissen und ein Blick für (erledigte und ausstehende) Metallarbeiten sind beim Kauf Pflicht. Nur gut erhaltenes oder rekonstruiertes Blech eignet sich zum Sammeln. Diese Dinge solltest Du beim Kauf eines T1 konkret beachten:
- Rost ist das größte Problem des T1. Die Produktion endet, bevor es eine zuverlässige Korrosionsvorsorge in die Serienproduktion schafft.
- Besonders seine Rundungen sind nur schwer nachzuformen. Hier hilft nur ein erfahrener Spengler.
- Ersatzteile sind 40 Jahre nach Produktionsende, oh Wunder, ein Thema für sich. Je nach Ausstattung fällt der Innenraum spartanisch bis leer aus. Was drinsteckt, ist bei VW aber längst nicht mehr im Regal. Für die wichtigsten Teile gibt es Reproduktionen. Gut erhaltene Originale sind rar und teuer. Es gilt die Faustregel: Aufarbeiten ist besser als ersetzen.
- Die Vierzylinder-Boxermotoren im Bulli sind robust und simpel konstruiert, Elektronik ist kaum vorhanden. Nach langen Standzeiten können sich dennoch Schäden ergeben. Weil im T1 die Technik des VW Käfer zum Einsatz kommt, sind Ersatz- und Tuningteile problemlos verfügbar.
VW T1 „Sofie“ (1950): Technische Daten
Modell | VW Typ 2 Transporter (T1), 1950 |
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Motor | 1,1-Liter-Vierzylinder-Boxermotor |
Leistung | 25 PS (18 kW) bei 3.300 U/min |
0-100 km/h | nie |
Geschwindigkeit | 80 km/h |
Normverbrauch | 8,8 l/100 km |
Länge | 4.100 mm |
Breite | 1.700 mm |
Höhe | 1.900 mm |
Leergewicht | 990 kg |
Zuladung | 760 kg |
Preis (1950) | 5.850 Mark |
Wert | unbezahlbar (Einzelstück) |