VW ID.3 vs Tesla Model 3: Preise, Reichweiten, Vergleich
Teslas Model 3 etabliert sich langsam am Markt, die Einführung des VW ID.3 steht kurz bevor. Zwei günstige Elektroautos mit praktikabler Reichweite im Vergleich.
Ein kleiner Hersteller zeigt es allen. Während träge Konzerne langsam die Elektromobilität in ihr Portfolio einrieseln lassen, handelt Tesla konsequent: Nur Strom, und zwar so viel wie geht. Model S und X sind teuer, aber fast ohne Einschränkungen alltagstauglich. Das Model 3 presst sich nun ins Volumen. Ein Elektroauto mit ordentlicher Reichweite zum Preis einer regulären Mittelklasse-Limousine – wow!
Aber Tesla ist nicht mehr allein. Der VW-Konzern sucht hektisch nach einem neuen Image. Der ID.3 soll es liefern: Er ist das erste Volumenmodell aus dem großen Markenverbund, das gar nichts mit einem Verbrennungsmotor zu tun hat. Eine Reaktion auf die Dieselkrise, forciert von Konzernchef Diess. Er bewies beim Elektrobaukasten Ausdauer und möchte bald Erfolg ernten.
Für Kunden wird aus der Autowahl eine Glaubensfrage. Tesla ist hip wie Apple, wird von Fans verehrt wie die heilige Schrift. Kritik empfindet selbst der Chef als persönliche Beleidigung. VW startet mit breiter Brust und dem Selbstbewusstsein aus vielen Jahrzehnten Erfahrung in der Großserienproduktion. Das wirkt beinahe arrogant. Und ganz objektiv? Wir haben genau hingeschaut.
Elektroauto-Einstieg in Kompakt- und Mittelklasse
Streng genommen fahren Model 3 und ID.3 in unterschiedlichen Klassen. Der VW ist so groß wie ein Golf, nur etwas höher. Der Tesla nähert sich mit seinen Maßen einem BMW 3er. Aber das Segment von Elektroautos ohne SUV-Karosserie ist dünn besetzt. Das Model 3 ist das weltweit meistverkaufte E-Auto. VW meldet immerhin mehr als 30.000 Vorbestellungen und könnte bei den Verkaufszahlen konkurrieren, zumindest innerhalb der EU.
Trotz der unterschiedlichen Maße sind die Elektro-3er beim Platzangebot nicht weit voneinander entfernt. Vorn sitzt es sich in beiden Autos gut. Im Fond liegt der ID.3 vorn. Hier gibt es viel Platz an Schultern, Köpfen und Knien. Das Model 3 kann trotz eines deutlich größeren Radstandes (2,88 zu 2,76 m) nicht mithalten. Die Rückenlehne ist zu gerade, das Dach sitzt zu weit unten. Erwachsene werden hier nicht glücklich, schon im Stand nervt die Sitzposition. Der Preis für eine hübsche Silhouette und eine flache Form.
Der Kofferraum des ID.3 ist ungefähr auf Kompaktwagen-Niveau. Er lädt 385 Liter Gepäck ins Heck. Tesla bietet mit 425 Litern Volumen spürbar mehr Platz, öffnet aber nur eine kleine Ladeluke. Das Einladen sperriger Gegenstände fällt also schwer. Als Bonus gibt es immerhin ein kleines Fach unter der vorderen Haube. Im VW funktioniert das Beladen wegen der üblichen Hatchback-Auslegung problemlos. Der ID.3 ist also trotz seiner knappen Grundfläche besser für großes Gepäck geeignet, das Model 3 bietet insgesamt mehr Platz.
Übersichtliche Innenräume in Model 3 und ID.3
Tesla baut einen einzigen großen Touchscreen auf das Armaturenbrett. Langfristig soll das Model 3 autonom fahren, da sei mehr nicht nötig. Dennoch ist das gewöhnungsbedürftig, denn unmittelbar im Blick des Fahrers gibt es keine Anzeigen. Ein Head-up-Display ist nicht im Angebot. So richtig klassisch sehen nur die Lenkstockschalter aus.
VW gestaltet den Innenraum ebenfalls luftig, liefert aber mehr Anzeigen und Schalter. Das sieht futuristischer aus als beim Golf, insgesamt aber näher am Verbrenner. Digitale Instrumente sind an der Lenksäule befestigt, sie bewegen sich mit der Verstellung und sind optimal im Blick. Optional projiziert der ID.3 Fahr- und Navigationsdaten großflächig in die Frontscheibe.
Beide Autos wollen auf Schalter und Tasten verzichten. Tesla ist konsequent und steuert fast alles über den großen Zentralmonitor. Daran muss man sich gewöhnen, aber das System lässt sich intuitiv bedienen. VW lagert einzelne Funktionen aus, zum Beispiel die Temperatureinstellungen. Zudem gibt es ein klassisches Lenkrad. Welche Variante besser passt, hängt von den Vorlieben des Besitzers ab. Der VW gewährt den besseren Überblick.
Technische Daten: Tesla Model 3 und VW ID.3
Technisch sind sich VW und Tesla recht ähnlich. Beide Hersteller stecken Akkus in verschiedenen Größen zwischen die Achsen, hinten sitzt ein Elektromotor. Tesla bietet optional Allradantrieb an. Das VW-Chassis ließe das ebenfalls zu, im ID.3 wird das aber nicht umgesetzt. Beide Autos kommen auf einen niedrigen Schwerpunkt und eine gute Gewichtsverteilung.
Mehr Kraft und Reichweite gibt es im Tesla. Die aktuelle Basis trägt den Namen „Standard Range Plus“. Mit einer Akkukapazität von ungefähr 55 kWh fährt das Model 3 im Prüfzyklus 409 Kilometer weit, der Motor leistet 190 kW (258 PS). Mit zwei Motoren und größerem Akku (75 kWh) steigt die Leistung auf bis zu 361 kW (490 PS), die Reichweite auf 560 Kilometer.
VW orientiert sich bei der Leistung an der Kompaktklasse. In der Basis ist der ID.3 110 kW (150 PS) stark, das Spitzenmodell leistet 150 kW (204 PS). Drei Akkus speichern 45, 58 oder 77 kWh nutzbare Energie. Damit fährt das Auto laut Norm 330, 420 oder 550 Kilometer weit. VW rechnet damit, dass die mittelgroße Batterie den Großteil aller Bestellungen ausmachen wird.
Wie schnell der Tesla lädt, hängt von der Ladesäule ab. Mit der aktuellen Generation der "Supercharger" sollen Ladeströme mit 250 kW möglich sein. Die sind bisher aber kaum verbreitet. VW lädt ab Werk mit 50 kW, optional mit 100 kW. Das Spitzenmodell verträgt 125 kW – die halbe Leistung des Tesla.
VW ID.3 mit günstigerem Preis
Das Model 3 fährt und lädt schneller, der ID.3 ist kompakter und für Passagiere geräumiger. Letztendlich entscheidet also der eigene Anspruch – und natürlich der Preis. Denn zwischen beiden Autos liegen einige 1.000 Euro. Bisher hat Tesla die versprochene, günstige Basisversion nämlich nicht nach Deutschland gebracht. Der ID.3 startet bei knapp 30.000 Euro.
Der Tesla steht für mindestens 43.390 Euro in der Preisliste. Davon gehen 2.000 Euro Umweltbonus vom Staat ab – den eigenen Anteil rechnet der Hersteller bereits raus. Dafür gibt es 190 kW Leistung und 409 km Reichweite sowie einen "Partiellen Premium-Innenraum" mit elektrischen Sitzen, Audio-Anlage und USB-Anschlüssen.
VW bietet zunächst die "1st Edition" des ID.3 an. Die kostet in ihrer einfachsten Variante knapp 40.000 Euro, abzüglich Vergünstigungen. Der Kunde bezahlt also rund 36.600 Euro. Der mittlere Akku mit Reichweite wie beim Basis-Tesla und ein Navi sind mit dabei. Im Konkreten Vergleich ist praktisch also deutlich günstiger als schick.
Die Sache hat allerdings einen Haken. Der ID.3 ist aktuell nicht zu bekommen, er startet im Sommer 2020. Das Tesla Model 3 ist nur schwer greifbar, sofort verfügbare Modelle werden oberhalb des Listenpreises angeboten. Es dauert also noch eine Weile mit der bezahlbaren, alltagstauglichen Mobilität. Sie ist aber schon in greifbarer Nähe.