Im VW Beetle Cabrio auf Abschiedstour
Im Sommer 2019 beendet Volkswagen die Produktion des Beetle Cabrio. Eine letzte Ausfahrt – und der Vergleich mit einem 40 Jahre alten VW Käfer Cabrio
Im Heck klingelt der Boxermotor. Der Wind reißt einem fast die Haare samt Wurzeln aus. In einem historischen VW Käfer Cabrio spürt man das Cabriofahren noch in seiner Urform, pur und ungefiltert. Ein Genuss, den nur noch wenige Besitzer erleben können. Das Ur-Käfer Cabrio gibt es schon lange nur noch als Oldtimer. Im Sommer 2019 stellte Volkswagen auch dessen modernen Nachfolger, das Beetle Cabrio, ein. Nach der Sonderserie Final Edition (ab 27.295 US-Dollar, rund 24.300 Euro) ist auch mit dem Beetle Cabrio Schluss.
Von 1950 bis 1967 lief der Kult-Bulli vom Band. Auf mobile.de werden vom Volkswagen T1 derzeit rund 120 Fahrzeuge angeboten.
Grund genug, mit dem originalen und dem letzten offenen Käfer noch einmal auf eine Abschiedstour zu gehen. Hübsch steht es da, das viersitzige Beetle Cabrio. Die Lackfarben Wassermann-Blau und Safari-Uni der Sonderserie sind eine Hommage an die Farben früherer Käfer und stehen dem Cabrio gut. Ein Tastendruck und in rund zehn Sekunden öffnet sich das Verdeck des Beetle. Die Sonne wärmt das weiche Leder mit Kontrastnähten. Unter der vorderen Haube arbeitet ein Reihenvierzylinder, säuselt nach dem Start fast unhörbar vor sich hin.
Der Oldtimer braucht einen festen Tritt
Der 2,0-Liter-Turbobenziner mit 174 PS bietet natürlich eher neuzeitliches Fahrvergnügen. Er hängt gut am Gas und beschleunigt den Beetle nach kurzem Turboloch aus dem Stand in 7,2 Sekunden auf 96 km/h. Das Fahrwerk steckt Unebenheiten schnell weg, die komfortabel abgestimmte Dämpfung sorgt für eine geschmeidige Fahrt. Bequem: Kaum spürbar wechseln die sechs Gänge des Doppelkupplungsgetriebes. Bis zu 200 km/h schnell könnte das Beetle Cabrio fahren. Mehr, als die Polizei erlaubt.
Bei Geschwindigkeiten, die die Polizei erlaubt, kann das 40 Jahre ältere VW Käfer Cabrio locker mithalten. Auch wenn es anstrengender wird. Denn im „Super Beetle“, wie er in den USA genannt wird, hängen die Anschnallgurte schlapp über die Schulter. Anstelle des Turbos sorgt ein Saugmotor für Vortrieb. Der sitzt klassisch im Heck und wird mit Luft statt mit Wasser gekühlt. Weder ABS noch ESP helfen in brenzligen Situationen.
Mit einem festen Tritt auf das linke, stehende Pedal trennt sich die Kupplung. Über den dünnen Schalthebel legt der Fahrer den ersten von vier Gängen ein. Ein bisschen Kraft verlangt das Getriebe vom Cabriofahrer, zumindest im Stand. Mit etwas Zwischengas werden die Synchronringe entlastet, dann schlüpfen die Gänge leichter durch die Box. Dazu gibt es natürlich diesen unnachahmlichen Sound: das Zwitschern und Klingeln des Boxers, hell und durchdringend. Der typische Käfer-Sound eben, den ab einem gewissen Alter fast jeder kennt.
Der Vierzylinder-Boxermotor mit 1,6 Litern Hubraum im „Super Beetle“ leistet stramme 50 PS und 104 Newtonmeter Drehmoment. Statt auf einen Vergaser setzt der US-Käfer wegen der strengeren Abgasnormen früh auf eine Einspritzung. Das Trällern des Auspuffs ist bis 70 km/h gut zu hören, dann übertönt der Wind jedes andere Geräusch. Durch den offenen Käfer mit den nach unten gekurbelten Seitenfenstern zieht ein Orkan – so, wie das bei historischen Cabrios eben sein muss.
Der Porsche 356 ist technisch und optisch eng mit dem Käfer verwandt. Der Sportwagen lief zwischen 1948 und 1965 vom Band.
Die Federung im Oldtimer arbeitet hart, die Sitze bieten keinen Seitenhalt. Das Käfer Cabrio war nie ein sportlicher Roadster oder ein komfortables Auto, sondern stets ein robuster, zuverlässiger und offener Käfer. Die Lenkung arbeitet direkt, nach ein paar Kilometern gewöhnt sich der Fahrer an den festen Tritt der Bremse. Selbst die Beschleunigung im Tempo einer Wanderdüne (gute 20 Sekunden von null auf 100 km/h) stört nach einer Stunde nicht mehr. Käfer Cabrio zu fahren, entschleunigt und entspannt zugleich.
Offen ist teurer als geschlossen
Das war eigentlich schon immer so. Vor rund 70 Jahren führte VW den ersten Käfer in den USA ein und war mit ihm jahrzehntelang erfolgreich. Dazu war 1979 das offene Fahrvergnügen nicht einmal besonders teuer. Damals kostete das VW Käfer Cabrio in den USA 6.800 US-Dollar. Heute müssen Beetle-Cabrio-Fans für das aktuelle Modell mehr als 20.000 US-Dollar zusätzlich bezahlen. Historische Fahrzeuge sind allerdings noch weitaus teurer. „Beim VW Käfer lautet die Grundregel: Offen ist teurer als geschlossen“, sagt Frank Wilke, Oldtimer-Experte und Geschäftsführer von Classic Analytics, einem Unternehmen zur Marktbeobachtung und Bewertung von Oldtimern.
Als die Produktion des Käfers in Deutschland 1974 eingestellt wird, krabbeln die Zweitürer in Puebla/Mexico schon seit 1965 vom Band. Produziert wird der klassische Volkswagen dort sogar bis 2003. Beim Nachfolger New Beetle erhält das mexikanische Werk den Zuschlag, das neue Modell für die ganze Welt zu produzieren. Zwischen 1997 und 2005 heißt der Käfer-Nachfolger New Beetle, ab 2011 in zweiter Generation nur noch Beetle. Er wird auf der gleichen Linie wie Golf, Tiguan und Jetta produziert. Im April 2017 stellt VW den Import des Beetle nach Deutschland ein. Das Cabrio lässt sich seit April 2018 nicht mehr bestellen. In den USA wird der Beetle bis zum Sommer 2019 verkauft, als Coupé und als Cabrio.
Dass das nun eingestellte VW Beetle Cabrio eine ähnliche Wertsteigerung erfährt wie sein klassischer Urahn, glaubt der Oldtimer-Experte Wilke nicht. „Dafür wurde es zu häufig gebaut und war auch nicht außergewöhnlich genug. Es war immer nur ein Fan-Auto, das nur einen bestimmten Kreis ansprach“, meint Wilke. Unter der runden Karosserie steckt profane VW-Golf-Technik. Der klingelt weder im Heck noch unter der vorderen Haube, sondern gar nicht. Irgendwie fehlt das.
Technische Daten: VW Beetle Cabrio Final Edition
Modell | VW Beetle Cabrio Final Edition |
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Motor | Vierzylinder-Turbobenziner, 1.984 cm³ |
Leistung | 129 kW / 174 PS |
Drehmoment | 250 Nm bei 1.500 U/min |
Fahrleistungen | 7,2 s auf 96 km/h |
Vmax | 193 km/h |
Verbrauch | 8,11 l Super/100 km nach US-Norm |
Länge | 4.280 mm |
Breite | 1.820 mm |
Höhe | 1.470 mm |
Kofferraum | 201-425 l |
Preis | ab 27.295 US-Dollar, rund 24.300 Euro |
Technische Daten: VW Super Beetle Convertible
Modell | VW Super Beetle Convertible |
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Motor | Vierzylinder-Boxermotor, 1.584 cm³ |
Leistung | 37 kW/ 50 PS |
Drehmoment | 104 Nm bei 2.800 U/min |
Fahrleistungen | 20,5 s auf 100 km/h |
Vmax | 128 km/h |
Verbrauch | ca. 11,5 l Super/100 km |
Länge | 4.190 mm |
Breite | 1.585 mm |
Höhe | 1.500 mm |
Kofferraum | ca. 400 l |
Preis 1979 | 6.500 US-Dollar, rund 5.782 Euro |