Verkehrstote in Deutschland: Zahlen, Entwicklung, Ansatzpunkte
Jeder Verkehrstote ist zu viel. Deshalb wird oft über ein Tempolimit auf der Autobahn diskutiert. Dabei brächten Maßnahmen andernorts mehr. Alle Fakten.
Das unverrückbare Ziel ist die Null – kein Mensch soll auf Deutschlands Straßen sterben. Dafür gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens, doch der Weg ist umstritten. Ein generelles Tempolimit auf der Autobahn? Weniger SUV im Stadtverkehr? Solche Forderungen werden schnell erhoben, doch halten dem Faktencheck nur bedingt stand.
Die Detailbetrachtung der Opferzahlen zeigt: Die Sicherheit auf deutschen Autobahnen ist relativ hoch. Ein Tempolimit steigert sie nicht zwingend. Neuere Autos mindern Risiken im Straßenverkehr dagegen verlässlich - selbst, wenn sie im Schnitt stärker und höher werden. Wollen zuständige Stellen die Todeszahlen rasch und effektiv reduzieren, müssen sie in der Stadt und auf der Landstraße ansetzen. Und den Fokus stärker auf Fahrradfahrer legen. Wie dieser Befund zustande kommt? Das klären wir anhand drei wesentlicher Fakten zu den Verkehrstoten auf deutschen Straßen.
Familienautos sollten viel Platz bieten und Sicherheit für alle Insassen.
Fakt 1: Die Zahl der Verkehrstoten sinkt in der langfristigen Betrachtung
Autos werden ausgefeilter, Straßen sicherer, Verkehrskonzepte durchdachter. Damit fordert der Straßenverkehr unserer Zeit weniger jährliche Todesopfer als zu Beginn der statistischen Erfassung Anfang der 50er-Jahre. Doch in der historischen Betrachtung steht vor dem Rückgang eine rapide Zunahme der Unfallopfer. In der Detailbetrachtung der letzten Jahre bleiben große Rückgänge aus, nur für 2020 wird ein signifikanter Rückgang erwartet. Vor der erwartet niedrigen Gesamtzahl für 2020 steht allerdings ein „Aber“.
Die Fakten im Überblick:
- Von 1953 bis 1970 steigt die Opferzahl rapide an.
- Erste Verbesserung erst mit Einführung von Höchsttempo 100 auf der Landstraße (1972)
- Nur minimaler Rückgang seit 2010
- Niedrige (prognostizierte) Opferzahl von 2020 auf Lockdown zurückzuführen
Die Fakten im Detail:
Seit 1953 wird die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Personen statistisch erfasst. Die Angabe umfasst getötete Menschen am Steuer motorisierter Zwei- und Vierräder sowie bei Unfällen verstorbene Fußgänger und Radfahrer. Mehr als 12.600 Verkehrsteilnehmer versterben im ersten Jahr der Aufzeichnung, bis 1970 steigt die Zahl auf den bisherigen Höchstwert von 21.300 Todesopfern innerhalb eines Jahres. Dazwischen gibt es kleinere Einbrüche – etwa, als die Bundesrepublik 1957 das Tempolimit innerorts auf 50 km/h begrenzt. Wohlgemerkt: Fahrzeuge werden innerhalb der knapp zwei Jahrzehnte tendenziell sicherer. Die signifikant höhere Todeszahl ergibt sich aus dem steigenden Verkehrsaufkommen. 4,8 Millionen angemeldete Fahrzeuge gibt es 1953, bis Anfang der 70er-Jahre fahren fünfmal so viele Autos über Deutschlands Straßen.
Ein entscheidender Rückgang der Verkehrstoten beginnt 1972: Seither gilt Tempo 100 auf deutschen Landstraßen. Die Einführung einer Alkohol-Begrenzung (zunächst 0,8 Promille, ab 1998 0,5 Promille) im Jahr 1973 und die strengere Kontrolle von Helm- und Gurtpflicht in den 80er-Jahren bringt die Opferzahl erstmals unter den Ausgangswert von 1953. Von rund 11.300 getöteten Verkehrsteilnehmern im Jahr 1991 geht die Zahl bis zum Jahr 2010 sukzessive auf 3.700 Verstorbene zurück.
Für das vergangene Jahrzehnt weist das Statistische Bundesamt einen schleppenden Rückgang (mit Ausreißern 2011 und 2015) aus. Immerhin: Mit 3.046 Personen versterben im Vorjahr so wenige Verkehrsteilnehmer wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Ende 2020 wird die Zahl der Getöteten nochmals geringer sein, Experten prognostizieren erstmals deutlich weniger als 3.000 Opfer. Denn zwischen wischen Januar und Juni 2020 verlieren 1.281 Menschen im deutschen Straßenverkehr ihr Leben. Das sind weniger als je zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Ein um ein Fünftel besserer Wert als im Vorjahreszeitraum. Doch der Rückgang scheint auf das eingeschränkte Verkehrsaufkommen im Zuge des Lockdowns im zweiten Quartal zurückzugehen. Denn bis zum April dieses Jahres versterben auf Deutschlands Straßen nur drei Personen weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres.
Fakt 2: Autobahnen sind besonders sicher
Im Jahr 2019 sterben 445 Radfahrer auf deutschen Straßen, 1.758 Personen Menschen auf der Landstraße und 356 Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn.
Statistisch ist die Autobahn also der Straßentyp mit dem geringsten Risiko, einen tödlichen Unfall zu erleiden. Dem gegenüber steht ein Crashtest des Schweizer Dynamic Test Centers. Denn schon ab einer Aufprallgeschwindigkeit von 100 km/h gegen ein festes Hindernis bestehen nur noch minimale Überlebenschancen für die Insassen. Bei einem Auffahrunfall auf ein vorausfahrendes Fahrzeug nimmt die Überlebenschance ab 120 km/h rapide ab. Nur: Ein Tempolimit würde hier wenig ändern. Ob ein Autofahrer mit 130 km/h oder mit 200 km/h gegen einen Brückenpfeiler kracht, spielt für die Chancen, diesen Unfall zu überleben, kaum eine Rolle. Richtig ist, dass Reaktionsweg, Bremsweg und viele weitere Faktoren bei einem sehr schnell gefahrenen Fahrzeug das Risiko eines tödlichen Unfalls für den Fahrer und andere, unbeteiligte Verkehrsteilnehmer massiv erhöhen.
Falsch ist, dass ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland unter Garantie senken würde. In den meisten unserer EU-Nachbarstaaten liegt die Wahrscheinlichkeit, einen tödlichen Unfall auf der Autobahn zu erleiden, ähnlich hoch oder signifikant höher.
Für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen spricht das CO2-Einsparungspotenzial. Ohne diese Diskussion hier behandeln zu wollen, bestehen auch im innerstädtischen Lieferverkehr größere Einsparpotenziale.
Zum Sicherheits-Aspekt zeigt die Statistik: Unbeschränkte Autobahnen sind längst nicht die gefährlichsten Straßen Deutschlands. Handlungsbedarf zur Senkung der Opferzahlen bestünde bereits einige Kilometer vor der Autobahnauffahrt.
Die Fakten im Überblick
- Deutschlands Autobahn liegt bei Todeszahlen im EU-Schnitt
- Autobahn im Mittel sicherer als Landstraße und Ortsgebiet
- Beschränkte und unbeschränkte Abschnitte statistisch ähnlich gefährlich
- Größte Zunahme an Todesopfern unter Radfahrern in der Stadt
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Die Fakten im Detail
Deutschland ist das einzige EU-Land ohne generelles Tempolimit auf der Autobahn. Konkret trifft das auf knapp 70 Prozent des 13.000 Kilometer langen Autobahn-Netzes zu. Auf den restlichen rund 30 Prozent der Strecke gilt ein Tempolimit. Statistisch ist die Gefahr für Leib und Leben auf unbeschränkten Abschnitten nur minimal höher als auf beschränkten Strecken: Laut Statistischem Bundesamt entfallen im Jahr 2018 71 Prozent (300 Personen) der 422 Autobahn-Verkehrstoten auf Bereiche ohne Tempolimit – in Relation zur Streckenlänge also praktisch genau so viele wie im tempobeschränkten Bereich (122 Personen bzw. 29 % der Opfer auf 30 % der Strecke). Doch Unfallforscher Siegfried Brockmann verweist im Gespräch mit dem mobile.de-Magazin auf die Unschärfe des direkten Vergleiches: Tempobeschränkungen auf der Autobahn würden aus konkreten Gründen erlassen, etwa zur Entschärfung einer bekannten Gefahrenstelle. Ein generelles Tempolimit könne den bislang unbeschränkten Bereich also durchaus sicherer machen. Doch eine Garantie gäbe es nicht – laut Brockmann seien stagnierende Zahlen nach Einführung eines generellen Tempolimits genauso denkbar. Der Leiter der Unfallforschung im Verband der Unfallversicherer verweist auf ein weiteres Problem in der Diskussion: Die häufig genannte Zahl von 120 oder 130 km/h sei nicht zwingend das Optimum. Brockmann könne sich genauso ein höheres generelles Tempolimit als sinnvoll vorstellen, wenn dadurch die Akzeptanz gesteigert und rasches Fortkommen gesichert wären.
Der internationale Vergleich von Todeszahlen und km/h Beschränkungen bestätigt: Zwischen der Zahl der Todesopfer und dem generellen Höchsttempo auf der Autobahn besteht kein direkter Zusammenhang. Für derartige Gegenüberstellung setzen Verkehrsexperten die Zahl der Getöteten in Relation zur gefahrenen Gesamt-Distanz im Land. Dabei liegt Deutschland in einer ETSC-Auswertung aus 2018 im europäischen Mittelfeld. 1,9 Tote pro Milliarde zurückgelegter Kilometer bedeutet: In Polen (generelles Limit 140 km/h, 4,8 Tote pro Million km) und Litauen (130 km/h, 5,3 Millionen Tote pro Milliarde km) ist die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalles auf der Autobahn mehr als doppelt so hoch, in den Nachbarländern Österreich (130 km/h, 1,8 Tote pro Milliarde km) und der Schweiz (120 km/h, 1,6 Tote pro Milliarde km) etwas geringer.
Überblick: Verkehrstote auf der Autobahn im Ländervergleich (ETSC-Auswertung, 2018)
Staat | generelles Autobahn-Tempolimit | Tote pro 1 Mrd. km Fahrleistung | Tote im Straßenverkehr gesamt 2019 |
---|---|---|
Dänemark | 130 km/h | 0,8 | 199 |
Niederlande | 130 km/h (zeitabhängig) | 1,2 | 678 |
Schweiz | 120 km/h | 1,6 | 187 |
Frankreich | 130 km/h | 1,7 | rund 3.200 |
Österreich | 130 km/h | 1,8 | 319 |
Deutschland | Richtgeschwindigkeit 130 km/h | 1,9 | 3.046 |
Spanien | 120 km/h | 2,6 | 1.724 |
Belgien | 120 km/h | 2,9 | 440 |
Tschechien | 130 km/h | 3,0 | 617 |
Ungarn | 130 km/h | 4,4 | 602 |
Polen | (streckenweise) 140 km/h | 4,8 | 2.909 |
Litauen | 130 km/h | 5,3 | 184 |
Die Entwicklung in Deutschland stimmt zuversichtlich: Gefahren wird (bis zum Corona-Lockdown) mehr, tödliche Unfälle auf der Autobahn nehmen ab: 1,9 Menschen sterben im Jahr 2018 pro einer Milliarde gefahrener Kilometer. 2019 sinkt der Wert auf 1,7 Menschen. In absoluten Zahlen geht die Zahl der Getöteten von 422 Menschen auf 356 Personen zurück. Das entspricht einem Rückgang von 16 Prozent – während das Gesamt-Minus der im Straßenverkehr Verstorbenen 6,6 Prozent beträgt. In die Statistik fließen dabei Fahrer, Passagiere und getötete Fußgänger (auf der Autobahn z. B. Arbeiter im Baustellenbereich) gleichermaßen ein. Eine detailliertere Auswertung liegt Institutionen wie dem GDV (Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft) auf Nachfrage nicht vor.
Fazit: Deutschlands (zu knapp 70 % unbeschränkte) Autobahn ist nicht die gefährlichste Straßen-Gattung. Im Gegenteil: Sowohl in Relation zur Distanz als auch in absoluten Zahlen schneiden Landstraßen und Ortsgebiete schlechter ab. Rund 57 Prozent der Verkehrstoten entfallen auf Landstraßen-Unfälle – in der Detailbetrachtung nimmt der Anteil im Jahresvergleich 2018/2019 leicht zu, steigt von 57 % auf 57,7 % (1.758 Personen). Der Anteil der Autobahn-Todesopfer sinkt in den vergangenen beiden vollständig erfassten Jahren von 12,9 auf 11,7 Prozent (356 Personen). Innerorts steigt der Anteil der Getöteten von 30,1 auf 30,6 Prozent (932 Personen).
Die langfristige Betrachtung über das vergangene Jahrzehnt hinweg zeigt: Sowohl für Pkw-Insassen (25,9 Prozent weniger Todesopfer), Motorrad- und Mofa-Fahrer (minus 14,7 Prozent, zuletzt 605 Personen) sowie für Fußgänger (minus 12,4 Prozent, zuletzt 417 Personen) wurde die Teilnahme am Straßenverkehr seit 2010 signifikant sicherer. Doch im selben Zeitraum steigt die Zahl der getöteten Radfahrer um 16,8 Prozent (zuletzt 445 Personen) die überwiegende Mehrheit von ihnen verunglückte in den Innenstädten. Selbst wenn die Zahl der bundesweit zurückgelegten Fahrradkilometer im selben Zeitraum ebenfalls steigt (rund 13 % Anstieg von 2000 auf 2015), ist klar: Will der Gesetzgeber die Zahl der Verkehrstoten signifikant reduzieren, findet er in der City den effektivsten Ansatzpunkt, den größten Hebel.
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Fakt 3: Neuere Autos erhöhen die Sicherheit im Straßenverkehr
Deutschlands Autos werden größer und stärker. Im Schnitt 159 PS leistet ein Neuwagen laut Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer (CAR-Studie) im Jahr 2019. Die im ersten Halbjahr 2020 verkauften Neuwagen verfügen durchschnittlich gar über 166 PS. Zur Einordnung: 1990 lag der Wert bei 92 PS. Bei 31 Prozent der neuen Autos handelt es sich 2019 um SUVs oder Geländewagen – so viel wie nie zuvor. Mehr Leistung plus mehr Masse gleich höhere Gefahr von tödlichen Unfällen im Straßenverkehr? Statistisch lässt sich die Sorge widerlegen – weil die Hersteller zwei Variablen verändern (müssen): Passive Sicherheitssysteme und elektronische Assistenten erhöhen die Überlebenschance von Insassen und Fußgängern/Radfahrern.
Die Fakten im Überblick
- Überlebenschancen für Insassen neuer Pkw-Modelle höher
- Besserer Fußgänger-Schutz bei neueren Modellen
- SUVs für Fußgänger/Radfahrer nicht gefährlicher als herkömmliche Pkw
- Generell höhere Überlebenschance dank medizinischer Fortschritte
Die Fakten im Detail
2,685 Millionen bedeuten einen negativen Rekord: So viele Verkehrsunfälle wie 2019 gab es seit Jahren nicht. Die Spitze war abzusehen, denn laut Statistischem Bundesamt steigt die Zahl der Zwischenfälle seit 2008 (mit einer Ausnahme 2017). In knapp zehn Jahren hat sich die Zahl der jährlichen Zwischenfälle auf Deutschlands Straßen um mehr als 500.000 erhöht. Allerdings: Genau wie die Zahl der Todesopfer nimmt auch die Zahl der Unfälle mit Personenschaden ab.
Zum Teil lässt sich der Rückgang aus dem Ausbau des Autobahnnetzes (rund 60 Kilometer jährlich) erklären – damit sinkt der Anteil der auf gefährlicheren Landstraßen zurückgelegten Kilometer. Außerdem werden Gefahrenstellen auf bestehenden Land- und Bundesstraßen entschärft. Nicht zuletzt geht die geringere Zahl der Todesopfer auch auf medizinische Fortschritte zurück: Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie sterben 2013 nur rund 10 Prozent jener Schwerverletzten, die eine Unfallchirurgie lebend erreichen – zwei Jahrzehnte zuvor war der Wert noch doppelt so hoch.
Soll heißen: Der Beitrag moderner Sicherheits- und Assistenzsysteme zur verminderten Opferzahl lässt sich seriös nicht in Prozent beziffern. Dafür gibt es schlicht zu viele intervenierende Faktoren. Ein positiver Beitrag ist unbestreitbar: Geänderte Crashtest-Normen und -Bewertungen machen einen Vergleich mittels Archiv-Daten komplex, doch ein Versuch des ADAC aus dem Jahr 2012 verdeutlicht den Fortschritt. Der Automobilclub führt denselben Test mit dem bis 1992 erhältlichen VW Golf II und dem bis 2019 gebauten VW Golf VII durch. Beim Frontalaufprall aus 64 km/h (Überdeckung 40 Prozent) halten die Holme des älteren Modells der Wucht nicht stand. Der Fahrer würde schwere Kopfverletzungen erleiden. „Sehr hohes“ Verletzungsrisiko bestünde außerdem für Brustkorb, Oberschenkel und Füße. In der neueren Ausgabe des Modells stufen die Tester das Verletzungsrisiko für die genannten Bereiche als „sehr gering“ ein – der Fahrer wäre dem Wrack in derselben Situation also mit hoher Wahrscheinlichkeit unverletzt entstiegen.
Neben der stabileren Fahrgastzelle machen Airbags, Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer den Unterschied. In der Testanordnung noch nicht berücksichtigt sind die Vorteile des modernen Pre-Safe-Systems, das viele passive Sicherheitssysteme bereits vor dem Einschlag aktiviert. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben die Vorteile aktiver Sicherheitssysteme, wie sie ab 2014 zusehends Einzug in das Ausstattungs-Portfolio von Neuwagen finden. Über die City-Notbremsfunktion (verpflichtend ab 2021) oder mit aktiviertem Adaptiv-Tempomaten wäre es womöglich gar nicht zum (nachgestellten) Einschlag gekommen.
Das Unfallrisiko für Fußgänger nimmt durch verpflichtende Maßnahmen wie eine verformbare Motorhaube (z. B. durch partielles Anheben für mehr Abstand zum Motorblock) oder versenkte Scheibenwischer ab. Ein Abbiegeassistent soll in Lkw und Bussen ab 2022 EU-weit verpflichtend werden. Das System erkennt Radfahrer und Fußgänger im toten Winkel, kann warnen oder einen Not-Stopp einleiten. Für Pkw ist künftig ein ähnlicher Assistent als Option vorgesehen. Der Blind-Spot-Assistent mit Ultraschallsensorik ist auf dem Neuwagenmarkt bereits jetzt verbreitet.
Schwedische Konkurrenz in der oberen Mittelklasse: Der S90 macht einiges anders als seine deutschen Konkurrenten.
Überblick verpflichtende Assistenten und Sicherheitseinrichtungen in Neuwagen
Einrichtung | Verpflichtend im Neuwagen in Deutschland seit/ab |
---|---|
Sicherheitsgurte | seit 1974 (häufig bereits vorher vorhanden) |
Antiblockiersystem (ABS) | seit 2004 |
Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP, ESC) | seit 2014 |
Notbrems- und Spurhalteassistenz | ab 2022 (EU-weit) |
Vorbereitung Alkohol-Wegfahrsperre | ab 2022 (EU-weit) |
Abbiegeassistent | ab 2024 im Lkw |
In Summe ist das neuere Modell damit das risikoärmere – für Insassen wie für Fußgänger. Das gilt auch für SUVs. Laut Unfallforschung der Versicherer (UVD) sind SUVs für Fußgänger nicht gefährlicher als herkömmliche Pkw. Eine Studie des ADAC bestätigt das. Ob die höhere Durchschnitts-Leistung der Neuwagen zu einem höheren Durchschnitts-Tempo oder riskanteren Fahrten führt? Unwahrscheinlich: Laut Bundesverkehrsministerium liegt das Durchschnittstempo im unbeschränkten Autobahnbereich im Jahr 2019 bei 122 km/h. Fünf Jahre zuvor weist eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen die Durchschnitts-Geschwindigkeit noch mit 124,7 km/h aus. Damals lag die durchschnittliche Leistung von Neuwagen noch bei 140 PS.