Ford Fiesta, Seat Ibiza, VW Polo im Vergleichstest
Der VW Polo trifft im Vergleichstest auf klassische Konkurrenz: Ford Fiesta und Seat Ibiza. Erfahre hier, was die mehr als vier Meter langen Kleinwagen können.
- Kofferraum, Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
- Abmessungen im Vergleich
- Innenraum, Verarbeitung, Materialien
- Infotainment, Radio, Konnektivität
- Assistenzsysteme und Sicherheit
- Antrieb, Motor, Getriebe
- Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
- Ausstattung und Preise von Ford Fiesta, Seat Ibiza und VW Polo
- Fazit: Ford Fiesta, Seat Ibiza und VW Polo
SUVs sind der heißeste Trend und ohne Elektro geht bald gar nichts mehr? Möglich. Aber wer den klassischen Kleinwagen abschreibt, sollte ein zweites Mal hinschauen. In der nach wie vor europaweit erfolgreichsten Fahrzeugklasse wurden im ersten Quartal 2019 in Europa erneut fast 750.000 Fahrzeuge neu zugelassen.
Kein Wunder also, dass fast alle Autohersteller einen Kleinwagen im Kernsortiment haben. Kleinwagen passen immer, in der Stadt und auf dem Land, als Erstwagen, Zweitwagen, Mietwagen oder Car-Sharing-Fahrzeug. Und es passt immer mehr hinein: Alle drei Probanden in unserem Vergleich überschreiten in ihrer neuesten Generation die Vier-Meter-Marke und überragen damit zum Beispiel den bis 1997 gebauten, dritten VW Golf. Seat Ibiza, Ford Fiesta oder der VW Polo, wer passt am besten zu wem? Wir finden es heraus.
Kofferraum, Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Seat Ibiza und die sechste Generation des VW Polo stammen aus dem gleichen Konzern und teilen sich die Plattform MQB A0. Der Polo gerät allerdings mit 1,75 Metern fast drei Zentimeter schmaler als der Ibiza. Was beim Parken nicht viel nutzt, denn Seat schraubt schmalere Außenspiegel an den Ibiza. Von Spiegel zu Spiegel ist der Polo wieder breiter. Ford legt den Fiesta etwas schmaler aus (1,74 m), mit Spiegel gemessen wächst er allerdings auf Seat-Niveau.
Im Innenraum wirkt der Ford Fiesta knapper geschnitten als Ibiza und Polo, die vorn wie hinten viel Platz für die Ellenbogen und hinten eine gute Kniefreiheit bieten. Hier sitzt man auf der Rückbank besser als in manchem Kompaktwagen. Im Fiesta nicht.
Das liegt nicht nur am kürzeren Radstand des Fiesta: Ford steckt viel Länge ins sportliche Design und verzichtet dafür auf eine optimale Raumausnutzung. Das gilt auch für den Kofferraum: Der fällt mit 292 Litern deutlich kleiner aus als bei Polo (351 l) und Ibiza (355 l). Das gilt auch bei umgeklappter Rückbank. Dann fasst der Fiesta bis zu 1.093 l, der Polo bis zu 1.125 l und der Ibiza bis zu 1.165 l. Der Fiesta stand als Dreitürer zum Test bereit, was den Zustieg auf die Rückbank mühsamer gestaltet.
Abmessungen im Vergleich
Modell | Ford Fiesta | Seat Ibiza | VW Polo |
---|---|---|---|
Länge | 4.040 mm | 4.059 mm | 4.053 mm |
Höhe | 1.476 mm | 1.444 mm | 1.461 mm |
Radstand | 2.493 mm | 2.564 mm | 2.551 mm |
Kofferraumvolumen | 292 - 1.093 l | 355 - 1.165 l | 351 - 1.125 l |
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Hartes Plastik gehört dazu im eng kalkulierten Kleinwagensegment. Unterschiede gibt es trotzdem: Im Seat Ibiza stecken auch in höheren Ausstattungen mehr harte Materialien als in den Wettbewerbern. Ford setzt auf weichere, angenehmere Materialien auf dem Armaturenbrett. VW leistet sich den größten logistischen Luxus: Ab der Ausstattung “Comfortline” bauen die Wolfsburger eine geschäumte Instrumententafel ein, darunter eine harte.
Bei Ford und VW existiert allerdings ein harter Bruch zu den hart verkleideten Türen, bei VW noch deutlicher als bei Ford. Der Polo weist außerdem leichte Farbabweichungen zwischen den Zierteilen an Armaturenbrett und Tür auf. Seat löst das harmonischer. Bei Knöpfen, Tasten und Regler teilen sich Polo und Ibiza offenbar das Controlling: Die Qualität liegt auf vergleichbarem Niveau.
Obwohl der Fiesta in der gehobenen Ausstattung “ST-Line” vorfährt, wirkt das Cockpit vom Materialmix her am wenigsten ausgewogen. Das Kunstleder des Schaltsacks wirkt billig, die Materialien der Sitzbezüge nicht gut aufeinander abgestimmt. Cockpit-Design und Materialmix wirken insgesamt unruhiger als bei Ibiza und Polo.
Infotainment, Radio, Konnektivität
Gute Nachricht für gut vernetzte Autofahrer: Keiner der drei Probanden gibt sich eine Blöße beim Infotainment. Fords Sync-3-System mit 8-Zoll-Bildschirm gehört ab der “Cool & Connect” Ausstattung zum Serienumfang. Achtung: In Gebrauchtwagen kann eine bis 2018 angebotene Variante mit kleinerem Screen eingebaut sein. Der Touchscreen sitzt auf dem Armaturenbrett und lässt sich gut erreichen.
Seat und VW passen den Bildschirm ins Armaturenbrett ein. Etwas tiefer platziert, ist er jeweils nicht so gut zu erreichen wie im Ford. Bei Seat gibt es das große System mit 8-Zoll-Display ab der “Style”-Ausstattung gegen Aufpreis (790 Euro), ansonsten mit 6,5-Zoll-Screen. VW bietet „Composition Media“ mit 8 Zoll Diagonale ebenfalls in allen Ausstattungen nur gegen Aufpreis (ab 440 Euro) an. Serienmäßig ab der zweiten Ausstattung sitzt ein System mit 6,5 Zoll Display im Armaturenbrett.
Der Funktionsumfang ist jeweils vergleichbar: Alle Systeme bieten Sprachsteuerung, Bluetooth, Audiostreaming, USB-Anschlüsse, Apple Carplay und Android Auto. Ford bietet all das serienmäßig, bei Seat gehört die volle Konnektivität zum Navi-Paket. Bei VW müssen App-Connect (225 Euro) und Navi einzeln bezahlt werden. Oder dürfen: Bei Seat muss man das Navi mitkaufen, obwohl auch das Handy navigieren kann.
Alle Systeme lassen sich intuitiv bedienen und bieten akzeptable Rechengeschwindigkeiten. Rein optisch gefällt uns das Seat-System am wenigsten, reine Geschmacksache. Bei Ford fällt der große Sprung zum Vorgänger auf.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Alle drei Kleinwagen bieten ein hohes Sicherheitsniveau mit sieben Airbags und City-Notbremsassistent. Der Fiesta kann ab "Cool & Sound" Kurven ausleuchten, der VW serienmäßig erst in der “Highline”-Ausstattung, Seat ab “Xcellence”. Tempomat und Müdigkeitserkennung erfordern bei Seat ebenfalls eine gehobene Ausstattung, im Polo gibt es das ab der zweiten Ausstattungsstufe. Ibiza und Polo verfügen über eine Kollisionsbremse.
Eine echte, kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung bietet nur der Fiesta, und zwar in Paketen ab 250 Euro. Die Kleinwagen aus dem VW-Konzern beziehen angezeigte Verkehrsschild-Daten aus ihren Navi-Karten (falls vorhanden), dem Auto fehlt das erforderliche Kamerasystem. Deshalb bieten VW und Seat ebenfalls keinen Spurhalteassistenten - bei Ford ist er serienmäßig. Alle drei Kleinwagen haben einen aktiven Abstandstempomaten, einen aktiven Parkassistenten gibt es bei Ford und bei VW.
In Sachen Assistenztechnik bietet Ford also die größte Auswahl. Das große Sicherheitspaket mit ACC, Fernlicht-Assistent, Müdigkeitswarner und Verkehrsschild-Erkennung kostet 600 Euro. Bei VW gibt es ACC für 255 Euro, bei Seat für 210 Euro. Voll-LED-Scheinwerfer sind bei allen drei Modellen lieferbar. Das kostet bei Seat 700 Euro Aufpreis, bei Ford 950 Euro. Im VW Polo werden 985 Euro fällig.
Antrieb, Motor, Getriebe
Alle drei Kleinwagen standen mit Turbobenzinern zum Test bereit, der VW leider nur mit 95 PS - Im Fiesta arbeitet der Top-Benziner mit 140 PS, beides Dreizylinder. Im Ibiza steckt der modernste Vierzylinder, den VW zu bieten hat: ein 1,5-l-TSI mit 150 PS. Den einzigen Vierzylinder-Motor im Vergleich bietet Seat seit September 2018 leider nicht mehr an. VW hat ihn im Polo dagegen seit Dezember 2018 im Programm. Die Einführung des neuen WLTP-Messzyklus hat hier zu Sortimentlücken geführt.
Im Seat kann der kräftige Motor absolut überzeugen. Er spricht sehr spontan an und wirkt eher unterfordert mit dem Kleinwagen. Das Drehmoment von 250 Newtonmetern steht schon ab 1.500 Umdrehungen bereit, und die sind schnell erreicht. Man kann schaltfaul fahren und den 1.5 TSI Evo ausdrehen - aber auch im effizienten Drehzahlbereich halten.
Es überrascht nicht, dass der 1,0-l-Dreizylinder mit 95 PS im Polo dagegen nicht ankommt. Der Motor ist ebenfalls im Ibiza erhältlich und passt im Grunde besser zu einem vernünftigen Kleinwagen. Die Pflicht erledigt er gut. Seine 175 Newtonmeter liegen bei 2.000 Umdrehungen an, es muss also öfter geschaltet werden. Allzu tief sind die Turbolöcher aber nicht. Der Klang: typisch Dreizylinder. Leider sieht der Konzernbaukasten - in Ibiza und Polo - ein Sechsgang-Getriebe erst ab 115 PS vor.
Fords 1,0-Liter-Dreizylinder, auf dem Papier mit 140 PS nah am Ibiza, fällt im Vergleich etwas ab. Er reagiert träger aufs Gaspedal. Der Vergleich mit einem 1,5-Liter-Vierzylinder wird ihm aber womöglich nicht gerecht: Der Motor bringt genug Kraft an die Vorderräder, klingt gut und dreht freudig bis 6.000 Umdrehungen hoch. Ohne den direkten Vergleich: ein guter Antrieb für den Fiesta, für Vernünftige gilt auch hier: etwas weniger tut es auch.
Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
Seien wir mal unvernünftig. Welcher Kleinwagen macht am meisten Spaß? Antwort: Der Karnevalsprinz aus Köln. Auf dem Slalomkurs lässt der knackig abgestimmte Fiesta dem Polo und dem Ibiza keine Chance. Er dreht sich am willigsten ein, bringt die Hinterachse am liebsten mit ins Spiel und bietet auf der Vorderachse richtig viel Grip. Das geht auf Kosten des Komforts. Der Fiesta federt straff und rollt lauter ab. Für all das müssen sich FIesta-Kunden aber bewusst entscheiden: Der Testwagen kam in der sportlich abgestimmten Ausstattung “ST-Line”.
Der Ibiza und insbesondere der Polo wollen lieber nichts falsch machen als eine Sache besonders gut: Sie fahren deutlich neutraler um die Hütchen. Der Polo untersteuert etwas früher. Klingt nach Klischee, ist aber so: Der katalanische Ibiza zeigt etwas mehr Temperament als der im protestantischen Niedersachsen abgestimmte VW.
Möglicherweise leiden Fiesta und Polo in diesem Vergleich unter Ausstattungsdifferenzen. Der Ibiza kam als einziger Kleinwagen mit Verstellfahrwerk und ließ die Wahl zwischen "Comfort" und "Sport". Der Ford fuhr wie erwähnt mit Sportfahrwerk vor, der Polo in der Brot-und-Butter-Abstimmung. Das komfortabelste Auto stellt da wenig überraschend VW.
Die Lenkung stimmen die drei Hersteller sehr unterschiedlich ab. Seat leitet am meisten Vibrationen und Lenkeinflüsse an den Fahrer weiter. Man wird zwar bestens über den Straßenbelag informiert, das kann aber nerven und unkomfortabel wirken. Im Alltag wünscht man sich eher eine besser entkoppelte Lenkung und weniger Abrollgeräusche. Ford löst das trotz der sportlichen Auslegung des Testwagens besser. Der Fiesta könnte aber von einer etwas geringeren Gewichtung der Lenkung profitieren. Die Abstimmung der “ST-Line” wirkt um die Mittellage zu fest. Dadurch läuft der Fiesta stabil, braucht aber viel Input. Der Polo lenkt am alltäglichsten.
Ausstattung und Preise von Ford Fiesta, Seat Ibiza und VW Polo
Eigentlich war das mal so: Der Einstiegs-Listenpreis für einen Kleinwagen liegt unterhalb von 13.000 Euro. Im Volkswagen-Konzern ist es im Jahr 2019 anders. Der Einstiegspreis des VW Polo beträgt 14.285 Euro, der des Seat Ibiza 14.880 Euro. In beiden Fällen stellt ein Dreizylinder ohne Turboaufladung mit 80 PS den Antrieb. Ford dagegen hält die Faustregel ein: der Fiesta startet nach Preisliste bei 12.950 Euro. Das schafft er jedoch nur als Dreitürer, mit fünf Türen kostet der Fiesta mindestens 13.750 Euro. Der Basismotor mit 1,1 Liter Hubraum leistet 70 PS. Mehr als elektrische Fensterheber vorne, Lichtsensor, einen höhenverstellbaren Fahrersitz und einen Tempomaten darf man zum Basispreis nicht erwarten.
Radio und Klimaanlage bietet Ford mit „Cool & Connect“ an, 5-türig ab 15.900 Euro. Seat mit der Style-Ausstattung ab 16.915 Euro, VW in der Comfortline (ab 16.580 Euro). Vergleicht man passende Ausstattungen und Motorisierungen (hier ST-Line und Beats), bleiben die Unterschiede ähnlich: Der Fiesta kostet mit 100 PS und fünf Türen dann 19.900 Euro. Der Ibiza mit 95 PS 20.785 Euro, der Polo mit gleicher Ausstattung und Motorisierung 20.200 Euro.
Preislich liegt also überraschenderweise der Seat an der unpopulären Spitze. VW wäre aber nicht VW, wenn dies das letzte Wort wäre. Für viele Optionen kassiert VW einzeln, während Seat und Ford viele Optionen in günstigeren Paketen bündeln. Zudem: Ford mutet keinem Privatkunden jemals den Listenpreis zu. Aktueller Aktionspreis: ab 10.990 Euro. Unsere Vergleichskonfiguration gibt es ab 16.490 Euro.
Fazit: Ford Fiesta, Seat Ibiza und VW Polo
Schön, dass es noch klare Unterschiede gibt in diesem Volumensegment, dessen Vertreter zunehmend unter Kostendruck geraten. Wer es komfortabel und praktisch mag und am liebsten ein Auto fährt, das möglichst ausgewogen daherkommt, ohne irgendetwas besonders richtig zu machen, der landet fast zwangsläufig beim VW Polo. Wer dagegen viel Wert auf Fahrspaß und/oder moderne Assistenztechnik legt und dafür beim Raumangebot und in kleinen Details Abstriche in Kauf nimmt, muss in diesem Vergleich Ford Fiesta fahren.
Der Seat landet ein wenig zwischen den Stühlen und bildet im VW-Konzern die etwas dynamischere und weniger gediegene Alternative zum Polo. Im Preisvergleich hängt er diesen jedoch mittlerweile sogar knapp ab.