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Turbolader
Quelle: Picture Alliance
Ein Fahrzeug mit Turbomotor benötigt mehr Aufmerksamkeit - darunter ein genaueres Einhalten des Wartungsplans

Lautes Zischen, gefolgt von einem zwitschernden Ablassgeräusch. Turbolader klingen nach Kraft und lassen Enthusiasten genussvoll lauschen. Wer einmal den wilden Ritt von Walter Röhrl im Audi Sport Quattro S1 beim Pikes-Peak-Rennen gehört hat, der wird den Sound lieben. Für immer. Doch Turbolader sind den Rennwagen längst entwachsen. Die Luftverdichter finden sich heute in sehr vielen Autos aller Klassen unter der Motorhaube. Das hat mehrere Gründe.

Was sind Turbolader?

Turbos, Turbolader, Verdichter oder Abgasturbolader sind mechanische Komponenten, die mehr Luft in die Brennkammern des Verbrennungsmotors pressen, als dieser selbstständig ansaugen könnte. Bei gleichem Hubraum ergibt das mehr Leistung. Sie sorgen dafür, dass selbst bei kleinen Verbrennungsmotoren ordentlich Kraft entsteht. Dieses Prinzip kennt man als „Downsizing“.

Es gibt verschiedene Lader-Typen. Neben klassischen Turboladern sind zum Beispiel VTG-Lader geläufig. Das Kürzel steht für ihre variable Turbinengeometrie – sie können Luftleitschaufeln verstellen und damit ihr Ansprechverhalten verbessern. Sogenannte Twin-Scroll-Turbolader nehmen zwei verschiedene Abgasströme auf, um den Fluss auf das Turbinenrad zu optimieren. Der Motor verbraucht weniger, leistet mehr und wird spontaner.

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Quelle: Picture Alliance
Den ersten Turbodiesel-Pkw bringt Mercedes 1978 in Serie

Wenn Hersteller mit Bi-Turbos oder Twin-Turbos werben, kommen zwei Turbolader an einem Motor zum Einsatz. Die können nacheinander oder gleichzeitig wirken. In einigen, wenigen Motoren kommen sogar drei oder vier Turbolader zum Einsatz. Seit einigen Jahren setzen manche Automarken zudem Elektro-Turbos ein. Hier handelt es sich um eine umgangssprachliche Bezeichnung, sie funktionieren anders als ein klassischer Turbolader. Allerdings haben sie ein ähnliches Ziel: Sie verdichten ebenfalls die Luft im Ansaugtrakt – nur eben nicht über Abgase, sondern mit Strom.

Audi RS5
Audi RS5
Audi RS5

• Motor: 2,9-Liter-Biturbo-V6
• Leistung: 450 PS
• 0-100 km/h: 3,9 s | Vmax: 250 km/h

Wie funktionieren Turbolader?

Ein Turbolader stellt dem Motor mehr Luftmasse zur Verbrennung bereit, als dieser selbst ansaugen kann. Der Motor kann mehr Kraftstoff einspritzen, hat also mehr zündfähiges Gemisch zur Verfügung. Das ergibt mehr Leistung.

Im Wesentlichen besteht ein Turbolader aus zwei Teilen: aus Abgasseite und Frischluftseite. Die Abgasseite nutzt die heißen Abgase des Verbrennungsmotors, um ein Schaufelrad anzutreiben. Je nach Last und Drehzahl des Motors macht das Rad mehrere 100.000 Umdrehungen pro Minute. Diese Drehzahl wird über eine Welle auf ein weiteres Schaufelrad in der Frischluftseite übertragen. Dieses Rad schaufelt Ansaugluft in den Brennraum.

Je schneller sich Räder und Welle im Turbo drehen, desto mehr Luft wird in den Motor geschoben. Es entsteht ein Überdruck, man spricht vom Ladedruck. Mit der größeren Luftmasse kommt mehr Sauerstoff im Motor an. Mit der passenden Kraftstoffmenge und einem korrekten Zündzeitpunkt entwickelt sich eine höhere Leistung als ohne Turbo. Das funktioniert bereits bei niedrigen Drehzahlen – nur eben nicht über das gesamte Drehzahlband. Der Abgasstrom muss kräftig sein, um das Schaufelrad schnell genug anzutreiben. Davor gibt es die berühmte Gedenksekunde, auch „Turboloch“ genannt.

Warum setzen Downsizing-Motoren auf Turbolader?

Die Autohersteller stecken in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite verlangen viele Kunden mehr Komfort und Leistung, Autos werden größer und schwerer. Auf der anderen Seite sollen die Autos weniger verbrauchen. Eine Lösung für dieses Problem: Um den Verbrauch zu reduzieren, werden Motoren kleiner.

Kleinere Motoren mit weniger Zylindern verlieren weniger Energie durch Reibung als große Motoren mit vielen Zylindern. Das spart Kraftstoff. Zudem sind sie leichter als große Aggregate. Mit einem Turbolader und ordentlich Druck am Kolben lassen sich die fehlenden Zylinder in Sachen Leistung kompensieren. Turbo-Motoren arbeiten effizienter als Saugmotoren, da sie eine höhere spezifische Leistung erreichen. Turbos dienen also nicht nur der reinen Leistungssteigerung.

Welche Nachteile besitzen Turbomotoren?

Turbo-Benzin-Motoren arbeiten nicht in allen Drehzahlbereichen besser als Saugmotoren. Nur bei niedrigen und mittleren Drehzahlen verbrauchen sie weniger als vergleichbare Antriebe ohne Aufladung. Bei höheren Drehzahlen wie schnellen Autobahnfahrten zahlen Autofahrer den Turbo-Aufschlag.

Zudem kann die Technik je nach Marke, Modell und Laufleistung anfällig sein. Schäden an Turboladern sind schon seit Jahren der Graus aller Dieselfahrer. Manche Diesel-Turbos halten nur etwas mehr als 100.000 Kilometer. Auch bei Ottomotoren mit Turbolader kann nach einiger Zeit der Lader kaputtgehen. Dann wird es teuer.

Das früher gefürchtete Turbo-Loch entdecken heute nur noch die wenigsten Autofahrer. Das entsteht immer, wenn der Abgasstrom die Turbine nicht schnell genug bewegt. Mittlerweile gibt es kluge Mittel dagegen, zum Beispiel die spezielle Abstimmung von VTG-Ladern oder den ergänzenden Einsatz eines Elektro-Verdichters. Er setzt elektrisch gesteuert immer dann ein, wenn der Abgasturbo noch anläuft.

Ford Focus RS 2
Ford Focus RS 2
Kölner Track-Tool

• Modell: Ford Focus RS
• Motor: 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo
• Leistung: 305 PS
• 0-100 km/h: 6,4 s

Wie haltbar sind Motoren mit Turbolader?

Generell dürften Motoren mit Turbolader nicht anfälliger sein als reine Saugmotoren. Sie durchlaufen den gleichen Entwicklungsprozess wie andere Antriebe, werden bei Hitze und Kälte im Dauerlauf getestet. So kommen bei der Entwicklungsarbeit einige Hunderttausend Kilometer zusammen, die auch die höhere thermische Belastung und die höheren Drücke berücksichtigen.

Die Belastungen und Drücke in kleinen Turbomotoren mit hohen Leistungen sind zum Teil enorm. Auch Turbolader und deren Komponenten werden dabei stark gefordert. Letztlich hängt ihre Haltbarkeit von der Konstruktion und den Materialien ab. Die Ingenieure legen ihre Erfindungen entsprechend robust aus.

Tipp für mehr Haltbarkeit: Da ein Turbolader bis zu 300.000 Umdrehungen pro Minute dreht, benötigt die Welle der beiden Schaufeln immer ausreichend Schmierung. Nach dem Anlassen des Motors kann es bis zu 30 Sekunden dauern, bis sich das Öl gleichmäßig verteilt und alles optimal geschmiert ist. In dieser Zeit sollte der Fahrer den Lader möglichst nicht übermäßig belasten. Heißt: kurz nach dem Motorstart besser hohe Drehzahlen vermeiden.

Turbolader_2
Quelle: Picture Alliance
Downsizing: Um den Verbrauch zu reduzieren, werden kleinere Motoren gebaut. Mit dem Turbolader kompensieren die Ingenieure den daraus entstehenden Leistungsabfall

Vorsicht ist außerdem kurz vor dem Abstellen des Motors angebracht. Die beweglichen Teile im Turbo stoppen nicht bei niedriger Drehzahl, sondern drehen noch lange nach. Deshalb bietet es sich zum Beispiel nach schnellen Autobahnetappen an, den Motor noch ungefähr eine halbe Minute im Leerlauf laufen zu lassen, um den Lader in dieser Zeit mit Öl zu versorgen. Und ihn erst dann abzustellen. Andernfalls kann er stark beschädigt werden. Ein penibel eingehaltener Wartungsplan ist ebenfalls Pflicht bei einem Turbomotor. Für die meisten Turbolader-Schäden ist eine unzureichende Schmierung verantwortlich.

Ebenfalls gefährlich: Sogenanntes Chip-Tuning steigert für wenig Geld die Motorleistung. Dabei wird das Steuergerät umprogrammiert oder der Ladedruck des Turbos erhöht. Davon ist abzuraten. Denn der serienmäßige Ladedruck ist vom Hersteller getestet und freigeben, nicht aber ein höherer Druck. Schon 0,2 bar mehr können sich negativ auf die Haltbarkeit auswirken.

Auto mit oder ohne Turbolader kaufen?

Wenn Du ein Auto ohne Turbolader kaufen möchtest, wird es auf jeden Fall kein neuer Dieselmotor. Denn diese Fahrzeuge werden alle von einem Lader unterstützt. Auch bei modernen Ottomotoren setzen viele Hersteller auf einen sparsamen, kleinen Downsizing-Motor mit wenigen Zylindern und wenig Hubraum in Verbindung mit einem Lader.

Selbst der Sportwagen Porsche 911 hat in den meisten Varianten zwei Turbolader an Bord. Den guten, alten Saugmotor wirst Du aber noch ein paar Jahre finden. Er treibt noch günstige Kleinwagen oder puristische Sportwagen an. Diese Antriebe werden aber tendenziell aussterben – weil sie mehr verbrauchen und mehr Schadstoffe ausstoßen als vergleichbare Turbo-Benziner.

Porsche 911 Carrera 4S
Porsche 911 Carrera 4S
Sportwagen und Ikone

• Motor: 3,0-Liter-6-Zylinder-Biturbo
• Leistung: 450 PS
• 0-100 km/h: 3,3 s | Vmax: 306 km/h

Woher kommt der Turbo in Autos?

Die Idee vom Ladedruck ist beinahe so alt wie der Verbrennungsmotor selbst. Besonders für Flugzeuge war die Technik interessant, um in Höhen mit wenig Sauerstoffgehalt ihre Leistung zu halten. Die ersten Serien-Pkw mit Turboladern sind Anfang der 1960er-Jahre der Oldsmobile Jetfire und der Chevrolet Corvair Monza. Beide fuhren mit mäßigem Erfolg.

Besser ergeht es etwas später deutschen Herstellern: Der BMW 2002 Turbo krawallt Anfang der 1970er-Jahre durch die erste Ölkrise. Wenig später wird der Porsche 911 mit dem Zusatz „Turbo“ breit und stark. Die sportlichen Modelle sind vergleichsweise zuverlässig, aber nicht besonders leicht zu fahren – auf ein langes Turboloch folgt eine rabiate Leistungswelle. Mittlerweile sind diese Probleme überwunden. Heute hat jeder bessere Kompakt-Benziner einen Turbo. Diesel sowieso, obwohl sie später eingeführt werden: Den ersten Turbodiesel-Pkw bringt Mercedes 1978 in Serie.

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