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Mitarbeiter des TÜV Nord bei der Fahrzeugüberprüfung
Quelle: picture alliance / dpa | Julian Stratenschulte
Die StVZO wird geändert. Angeblich betrifft das auch die sogenannte Mängelschleife, in deren Rahmen kleinere, aber sicherheitsrelevante Mängel behoben werden dürfen. Tatsächlich wird uns diese Möglichkeit allerdings erhalten bleiben.

Es ist aktuell vor allem in den Boulevardmedien eines der großen Aufregerthemen: Die Politik will mutmaßlich die Mängelschleife abschaffen. Glaubt man den Artikeln, stünde das so in einer neuen Fassung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, kurz StVZO. Tatsächlich wird es eine Änderung geben, aber die betrifft einen ganz anderen Bereich als die Mängelschleife. Allerdings wäre die Abschaffung der unbürokratischen Reparaturmaßnahme ein Jammer für alle, die ihr Auto zur Hauptuntersuchung (HU) bringen müssen und bei denen sich auf der Fahrt zur Prüfhalle ein erheblicher Mangel einstellt – eine Scheinwerferlampe brennt beispielsweise durch. Es ist klar, mit diesem Schaden ist die Chance auf eine neue Prüfplakette gleich null. Hier kann bislang die Mängelschleife greifen.

Sie ist seit vielen Jahren eine willkommene Maßnahme im Rahmen der Hauptuntersuchung und wird bislang von vielen Prüfern geduldet. Der viel zu niedrige Luftdruck, die durchgebrannte Glühlampe oder der zu hoch eingestellte Scheinwerfer, das sind typischerweise erhebliche Mängel, die innerhalb der Mängelschleife behoben werden können. Ist das erledigt, kann die HU als bestanden gelten. Einen Anspruch auf die Möglichkeit einer Mängelbehebung gibt es allerdings nicht.

Eine Sprecherin des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) erläutert: „Eine Unterbrechung der Inspektion zum Zwecke der Beseitigung von festgestellten Mängeln ist unzulässig. Die Ausführung von Tätigkeiten am Fahrzeug, wie zum Beispiel Reparatur, Instandsetzung und Wartung, nach Beginn der Inspektion führt zur Wiederholungspflicht der Inspektion. Die ‚Mängelschleife‘ ist also bereits heute unzulässig.“

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Die Mängelschleife ist zwar eigentlich unzulässig, aber gängige Praxis

Dennoch ist die Mängelschleife gängige Praxis, an der sich nach Einschätzung des TÜV-Verbands und der großen Automobilclubs mit der Änderung der StVZO auch nichts ändern wird. „Wir gehen vom Fortbestand der Regelung aus“, sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband. „Der Entwurf der Bundesregierung zur Neufassung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bestätigt die aktuell gültigen Bestimmungen zur Durchführung der Hauptuntersuchung.“

Einen Mehraufwand [...] gibt es durch den Entwurf zur Neufassung der StVZO in Bezug auf die Durchführung der Hauptuntersuchung und eine gegebenenfalls erforderliche Beseitigung von Mängeln nicht.
Richard Goebelt, Mitglied der Geschäftsführung und Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband

Bei der HU haben die Prüfingenieure einen Ermessensspielraum, was die Beseitigung der erheblichen Mängel angeht. Der ist allerdings eng gefasst. Dennoch, entgegen der BMDV-Aussage bleibt die Möglichkeit zur Mängelbeseitigung bestehen und eine weitere Aussage des BMDV nimmt den Druck von der aufgebrachten Autofahrerseele: „Wir möchten betonen, dass es keinen Mehraufwand für die Bürgerinnen und Bürger oder die Meisterwerkstatt durch die Neufassung der StVZO mit Blick auf die HU und eine gegebenenfalls erforderliche Mängelbehebung gibt.“ Richard Goebelt vom TÜV-Verband stützt diese Aussage: „Einen Mehraufwand für die Bürgerinnen und Bürger gibt es durch den Entwurf zur Neufassung der StVZO in Bezug auf die Durchführung der Hauptuntersuchung und eine gegebenenfalls erforderliche Beseitigung von Mängeln nicht.“

Das ist die HU
Die Hauptuntersuchung (HU) – umgangssprachlich oft auch „TÜV-Prüfung“ genannt – gibt es seit dem 1. Dezember 1951. Die Straßenverkehrsordnung formuliert ihre Aufgabe folgendermaßen: Bei der HU werden die Fahrzeuge „auf ihre Verkehrssicherheit, ihre Umweltverträglichkeit sowie auf Einhaltung der für sie geltenden Bau- und Wirkvorschriften untersucht“. Wenn das Fahrzeug diese Prüfung besteht, gibt es die entsprechende Plakette für das Nummernschild. Neuwagen müssen nach drei Jahren erstmals zur HU, ab dann ist die Inspektion für alle Fahrzeuge alle zwei Jahre fällig.

Dekra Prüfsituation
Quelle: picture alliance / dpa | Marijan Murat
Die Prüfingenieure schauen genau hin. Und das ist auch gut so, schließlich sorgen sie dafür, dass die Autos auf den Straßen verkehrssicher sind.

Mängel müssen am gleichen Tag behoben werden, besser während der HU

Wie weit die Mängelschleife gefasst wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Einige Experten fassen sie zeitlich sehr eng begrenzt. Sie sehen sie nur dann, wenn die Reparatur (Scheinwerfer justieren) oder Wartung (Reifendruck erhöhen) noch während der HU möglich ist. Andere fassen den zeitlichen Rahmen weiter. Sie sprechen auch dann noch von einer Mängelschleife, wenn die Behebung des Mangels am selben Tag erfolgen kann. Einig sind sich alle Parteien darin, dass der Prüfingenieur diese Mängelbehebung zwar nicht selbst durchführen darf, dass er aber bestätigen muss, dass der Mangel sachgerecht behoben wurde. Auch dass dafür zusätzliche Kosten anfallen können, wird allgemein akzeptiert und entspricht den bislang angewandten Gepflogenheiten.

Für die Verbraucher geht es natürlich um die Kosten. Eine Mängelschleife zu drehen kommt sie in jedem Fall billiger als eine erneute Vorführung zur HU. Was genau die Schleife kostet, hängt von verschiedenen Faktoren ab, einerseits von der Werkstatt und natürlich vom Mangel selbst. Eine Scheinwerfereinstellung wird immer billiger sein als der komplizierte Wechsel einer Glühlampe in einem stark verbauten Rücklicht.

Die StVZO wird an europäisches Recht angeglichen

Wenn sich für die Autofahrer doch gar nichts an der gängigen Praxis ändert, warum dann dieser Aufruhr in den Medien? Weil sich eben doch etwas ändert. In der Neufassung der StVZO dreht es sich tatsächlich um die Werkstätten, die bei einer HU festgestellte Mängel beseitigen dürfen, und um deren Qualifikation. In dieser Hinsicht soll künftig das europäische Recht gelten. Und das kennt keine ausgewiesenen Meisterwerkstätten, wie wir sie in Deutschland haben. Künftig soll nicht der Meisterbrief an der Wand ausschlaggebend für die Mängelbehebung sein, sondern die technische Ausstattung der Werkstatt. Im Kfz-Gewerbe ist man darüber gar nicht glücklich und befürchtet eine Qualitätseinbuße bei der Reparatur von Schäden am Auto. Dazu Detlef Peter Grün, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) und Bundesinnungsmeister des Kraftfahrzeughandwerks: „Wenn das so umgesetzt wird, erwarten wir eine massive Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Durch eine solche Änderung könnten sich dann auch unqualifizierte Werkstätten sowie branchenfremde Unternehmen bei den Prüforganisationen als Partner für einen HU-Prüfstützpunkt bewerben.“

Reifenprüfung für HU-Plakette
Quelle: picture alliance / photothek | Xander Heinl
Viel zu niedriger Reifendruck ist ein erheblicher Mangel. Wird er nicht angepasst, ist die Erteilung der HU-Plakette ausgeschlossen, denn ein Reifenschaden kann die Folge von zu wenig Luft sein.

Ein kurzer Autocheck vor der Fahrt zur HU ist immer empfehlenswert

Dass eine Qualitätseinbuße zu erwarten ist, darf aber bezweifelt werden. Denn die Reparatur des Schadens muss in jedem Fall der Prüfingenieur einer anerkannten Überwachungsorganisation bestätigen. Und dass sich die strengen Ingenieure von Dekra, GTÜ, KÜS, TÜV und Co. ausgerechnet in Werkstätten ohne geeignetes Fachpersonal an ihre Arbeit machen werden, darf doch stark bezweifelt werden.

Die Aufregung rund um die Mängelschleife ist für die Verbraucher also nicht mehr als der berühmte Sturm im Wasserglas. Die praxisnahe und zeitsparende Maßnahme wird uns erhalten bleiben, wohlwollende Prüfer werden sie weiter anwenden. Ideal wäre es, wenn sie das gar nicht müssten. Ein kurzer Check des Autos vor dem HU-Termin, ob alle Lichter funktionieren und so weiter, ist dennoch  immer eine gute Idee.

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Die Mängelklassen

Beispiele für geringe Mängel (Prüfplakette kann ausgestellt werden)

  • Leicht verkratzte Spiegel
  • Kaputte Lampe der Kennzeichenleuchte
  • Ausgefallene Blinkerkontrollleuchte
  • Beschädigte Wischerblätter
  • Eingerissene Antriebswellenmanschette

Beispiele für erhebliche Mängel (Prüfplakette wird nicht ausgestellt)

  • Reifen mit zu wenig Profil
  • Viel zu geringer Luftdruck
  • Durchgebrannte Scheinwerferleuchte
  • Verstellter Scheinwerfer
  • Starker Rost an tragenden Teilen
  • Einseitig wirkende Bremse
  • Nicht eintragungsfähige Anbauteile (z. B. Lenkrad)
  • Beschädigung der Windschutzscheibe im Sichtfeld des Fahrers
Eine durchgebrannte Scheinwerferlampe
Quelle: picture alliance / dpa Themendienst | Bodo Marks
Eine durchgebrannte Scheinwerferlampe zählt ebenfalls zu den erheblichen Mängeln.

Diese Punkte solltest Du vor der Fahrt zum HU-Termin kontrollieren

  • Auspuff: Ist er gut befestigt, gibt es Undichtigkeiten?
  • Beleuchtung: Leuchten alle Lampen, sind die Reflektoren intakt und nicht erblindet, sind die Lampengläser ohne Risse/Löcher, funktioniert die Leuchtweitenregulierung?
  • Bremsen: Zieht das Auto beim Bremsen nach links oder rechts, spricht die Handbremse gleichmäßig an, ist das Bremspedalgummi intakt?
  • Elektrik: Ist die Batterie sicher befestigt, ist der Pluspol abgedeckt, funktionieren Hupe und Gebläse, sind Scheuerstellen an Kabeln zu sehen?
  • Fahrgestell und Motor: Sind Klapper- oder Rumpelgeräusche vom Fahrwerk zu hören, sind Motor und Getriebe trocken oder ölfeucht?
  • Karosserie: Sind Durchrostungen zu finden?
  • Lenkung: Ist das Lenkradschloss intakt, ist die Lenkung leichtgängig, hat das Lenkrad Spiel?
  • Reifen: Stimmt die Rad-/Reifengröße mit der in den Papieren eingetragenen überein, sind Reifen und Felgen unbeschädigt, sind einzelne Reifen ungleichmäßig abgefahren, haben die Reifen noch genug Profil (mindestens 1,6 mm, besser 4 mm)?
  • Scheiben und Spiegel: Ist die Windschutzscheibe unbeschädigt (Steinschläge, Risse), sind die Scheibenwischer in einem guten Zustand, funktioniert die Scheibenwaschanlage, sind die Außenspiegel in Ordnung?
  • Zubehör: Sind Warndreieck, Warnweste und Verbandskasten (auf Verfallsdatum achten) im Auto?
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