Trabant P 601 (1964 – 1990): Kaufberatung
Für DDR-Bürger bedeutete der Trabant: Freiheit, soweit es die Grenzen zuließen. Heute ist der Trabi ein Kultobjekt mit Wertsteigerungspotenzial. Kaufberatung.
Der Trabi ist das Symbol des DDR-Straßenbildes, vor allem aber Symbol der Wiedervereinigung. Tausende Trabant knattern nach der Grenzöffnung im Jahr 1989 über die Grenze nach Westberlin. Sie überqueren Grenzen, die Jahrzehnte lang gesperrt waren. In Westdeutschland, vor allem in Westberlin, riecht es nach verbranntem Öl-Benzin-Gemisch. Viele kennen das nur noch von Rollern oder Rasenmähern.
Als die Mauer fällt, ist der Trabant längst veraltet. Stillstand in der Entwicklung und politische Blockaden erzwangen den Fortbestand des Zweitakters. Er treibt in beinahe unveränderter Form alle Trabant P 601 an, selbst die letzten von 1990. Erst ab Frühjahr 1990 kommt ein Viertakter von VW im Trabant 1.1 zum Einsatz – zu spät. Plötzlich steht den Autokäufern eine gigantische Auswahl zur Verfügung. Der antike Kleinwagen mit neuem Motor hat keine Chance.
Als am 30. April 1991 die Trabant-Produktion ausläuft, weinen ihm nur wenige nach. Trotzdem hält sich bis heute eine große Fangemeinde. Sie repariert, verbessert und tunt ihre Schätze mit den Duroplast-Karosserien. Auf mobile.de sind mehr als 400 Autos verfügbar, von der traurigen 500-Euro-Hülle über den restaurierten Kübel für 10.000 Euro bis hin zum Einzelstück für mehr als 20.000 Euro. Beim Kauf sind in jedem Fall einige Punkte zu beachten. Wir gehen hier auf die wichtigsten ein.
Trotz Duroplast-Karosserie: Der Trabant 601 rostet
Als der Trabant P 601 auf den Markt kommt, ist er ein modernes Auto. Seine kurze Karosserie (3,56 Meter) bietet Platz für vier bis fünf Personen plus Gepäck. Unter seiner Fronthaube steckt ein quer eingebauter Zweizylinder – zu einer Zeit, in der VW noch auf den Heckmotor des Käfers vertraut. Große Fenster sorgen für eine gute Rundumsicht. Die selbsttragende Karosserie ist mit Teilen aus Duroplast-Kunststoff verkleidet, die nicht rosten können.
Stattdessen rosten die meisten Trabant 601 unter ihrer Haut. Während der Produktion wird das Stahlgerippe nur grundiert, danach mit der Kunststoffhülle verklebt, vernietet und verschraubt. Erst dann folgt die Lackierung. Das genügt nicht, um nachhaltig vor Rost zu schützen. Der frisst sich durch das Blech, wo man es nicht sieht.
Verhältnismäßig einfach lassen sich Schäden am Unterboden erkennen. Auf einer Hebebühne oder einem Wagenheber entblößt der Trabant oft schon seine Schwachstellen. Längs- und Querträger sowie die Schweller dürfen nicht durchgerostet sein. Vor allem im vorderen Bereich des Wagens („Geweih“) sind Rostschäden nur schwer zu reparieren.
Schwieriger sind Rostherde zu erkennen, die vom Duroplast verdeckt sind. Geklebte Kanten lösen sich im Alter und dichten nicht mehr gegen Wasser ab. Radhäuser, die Bleche im Heckbereich rund um die Rückleuchten, die vorderen Dome und die Bleche um die Batterie sind besonders gefährdet. Rost an der A-Säule lässt sich erst nach dem Abbau der Kotflügel erkennen.
Zudem sollte man stets die Bodenbleche vor den Vordersitzen und im Kofferraum begutachten. Beim Kombi (Trabant Universal) ist das besonders schwierig, weil hier die Dämmung den Blick versperrt. Türen, Fensterkanten, Dachrahmen (Trabant Kombi) sind ebenfalls zu kontrollieren. Modelle aller Jahrgänge rosten. Es gilt die Faustregel: Je neuer, desto schlimmer. Eine Konservierung fällt fast immer an. Auch wenn der Erstbesitzer die Hohlräume schon mit Elaskon vollpumpte.
Go, Trabi, Go: Zweitakter mit 26 PS
Der luftgekühlte Zweizylinder mit schmalen 600 Kubikzentimetern Hubraum und zunächst 23 PS, später 26 PS gilt als schrauberfreundlich. Er funktioniert gut, wenn er regelmäßig läuft. Längere Standzeiten sind generell gefährlich für Zweitakter. Denn sie schmieren ihre Zylinderwände mit dem Benzin-Öl-Gemisch. Einen festen Öl-Vorrat wie bei einem Viertakter gibt es nicht. Nach einigen Monaten ohne Bewegung besteht die Gefahr, dass der Kolben sich ohne Schmierung in die Zylinderwand frisst.
Zudem sind die Vergaser anfällig für Verschmutzungen. Wenn ein Auto lange Zeit stillsteht, lohnen sich oft der Neuaufbau des Motors und die Reinigung der wichtigsten Teile. Einen Startversuch sollte man in dieser Situation auf keinen Fall unternehmen. Die gute Nachricht: Ersatzmotoren sind nicht besonders teuer und schnell eingebaut.
Wenn der Motor läuft, muss man genau hinhören. Die Frequenzen des Aggregats sind für die meisten Ohren unbekannt, Klapper- und Klackergeräusche gehen im Geknatter des kleinen Blocks unter. Ob etwas defekt ist, erkennt nur ein Profi, der mit dem Trabi-Klang Erfahrung besitzt. Der sieht auch besser, ob das Getriebe Öl verliert. Ob der Freilauf im vierten Gang funktioniert, spürt schon der Laie während der Probefahrt.
Bei gleicher Gelegenheit sind Fahrwerk und Bremsen zu prüfen. Bleibt der Trabant beim Verzögern in der Spur? Wenn nicht, dann sind die Radbremszylinder fest. Klappert etwas? Dann sind es oft Buchsen oder Lager an Quer- oder Dreieckslenkern. Die Buchsen der Schwenklager müssen regelmäßig geschmiert werden, das vergessen einige Besitzer.
Trabant 601 als Oldtimer kaufen
Die jüngsten Trabant sind heute 28 Jahre alt. Übliche Gebrauchtwagen-Faustregeln gelten daher für den Trabi nicht mehr. Er muss als Oldtimer betrachtet werden, der prinzipiell Arbeit benötigt. Dann lohnt er sich vor allem im gepflegten Originalzustand. Bei jüngeren Modellen lässt der sich verhältnismäßig einfach herstellen. Für verschlissene Sitzbezüge und Verkleidungen gibt es noch Ersatz, zum Teil sogar Neuware. Besitzer alter Autos haben oft Pech. Immerhin: Verschleißteile sind noch problemlos verfügbar.
Originalität und ein guter Zustand sind beim Trabant keine Selbstverständlichkeit. Viele Fahrzeuge wurden kurz nach der Wende verbastelt und misshandelt. Zu diesem Zeitpunkt besaß ein Trabi keinen Wert. Das hat sich geändert. Fahrbare Exemplare ohne TÜV kosten aktuell (Herbst 2019) ungefähr 1.000 Euro, bessere Ausstattungen wie "de Luxe" sind gern teurer. Für restaurierte Exemplare wird das Fünffache aufgerufen. Die offene Karosserievariante (Kübel) ist viel teurer.
Dennoch ist der Trabant 601 ein günstiger und lohnender Einstieg in die Welt der Oldtimer. Als Kombi (Trabant Universal) ist er sogar richtig nützlich. Wer ernsthaft darüber nachdenkt, sollte bei Fachmännern oder Clubs um Unterstützung bitten und sich gründlich in die Materie einlesen. Als Standardwerk gilt die Kaufberatung von trabant-original.de.
Wer regelmäßig mit dem Trabi fahren möchte, sollte den Nachfolger des 601 in Betracht ziehen. Der Trabant 1.1 knattert nicht so schön, hat dafür einen modernen Motor und mehr Kraft. Karosserie und Komfort unterscheiden sich im Prinzip kaum. Das gilt leider für den Rostschutz. Aber da geht es dem Auto wie der deutschen Einheit: Man muss sich drum kümmern, damit es läuft.
VEB Sachsenring Trabant 601: Technische Daten
- Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Zweitakt-Benziner
- Hubraum: 594,5 ccm
- Leistung: 26 PS (19 kW) bei 4.200 U/min
- Drehmoment: 54 Nm bei 3.000 U/min
- Getriebe: Viergang-Schaltgetriebe mit Lenkstockschaltung
- Höchstgeschwindigkeit: ca. 100 km/h
- Verbrauch: ca 9 l/100 km
- Länge: 3.560 mm
- Breite: 1.510 mm
- Höhe: 1.440 mm (Trabant 601 Universal: 1.470 mm)
- Radstand: 2.020 mm
- Leergewicht: ca. 620 kg (Universal: ca. 650 kg