Toyota Prius II - Der hybride Dauerläufer als Gebrauchter
Als Neuwagen machte Toyotas zweiter Prius den Hybrid salonfähig. Als Gebrauchter ändert er unser Weltbild zur Laufleistung. Darauf solltest Du beim Kauf achten.
Bewohner urbaner Räume durchleben selten Tage ohne Sichtkontakt mit einem Toyota Prius. Nicht weil es so viele gäbe, eher weil die Vorhandenen so viel fahren. Das wohl bekannteste Hybrid-Modell ist besonders bei Taxi-Unternehmen und Uber-Partnern beliebt. Für Gebrauchtwagenkäufer ist das per se ein gutes Zeichen - die Berufsfahrer argumentieren mit genügsamerem Verbrauch und geringerem Bremsverschleiß als bei vergleichbaren Kompakten und Mittelklassewagen mit Verbrenner.
Solange sie ihr Leben als Privatfahrzeug fristeten, sind gebrauchte Prius meist in gutem Zustand. Das gilt für sämtliche Baureihen, besonders interessant ist aktuell jedoch die von 2004 bis 2009 gefertigte Generation zwei. Die neueren Baureihen Nummer drei (2012 bis 2016) und vier (bis 2016) sind naturgemäß meist kostspieliger. Und Prius Modell eins mag zur Jahrtausendwende in den USA eine Nummer gewesen sein, doch in Europa ist das Fahrzeug schlicht zu selten.
Zum Prius II (interne Bezeichnung: Typ NHW20) finden sich auf mobile.de aktuell rund 130 Angebote, knapp 100 davon mit gültiger HU. Etwa die Hälfte der Modelle ist Scheckheftgepflegt, die Preisgestaltung durchwegs moderat. Schwierig wird es erst, wenn es ein Modell mit geringer Laufleistung sein soll. Mit weniger als 100.000 Kilometern liegt die Zahl der erhältlichen Prius II gerade noch im zweistelligen Bereich. Ein Grund, sich vor der Besichtigung mit den typischen Macken des Modells auseinander zu setzen. Wir gehen hier auf die wichtigsten Probleme ein.
Toyota Prius II: Historie und Modellwechsel
Mit dem Prius brachte Toyota das erste Großserienmodell mit Hybrid-Technologie. Beim Marktstart 1997 wurde der 58 PS starke Benziner von einem 40 PS starken E-Motor unterstützt. Nach Deutschland kam der Kompakte im Jahr 2000 mit 72 PS-Verbrenner und 44 PS starkem E-Motor. Es ging – und geht – bei der Modellreihe ums Spritsparen, nicht den heftigsten Antritt.
2003 stellte Toyota den Nachfolger vor. Auf den deutschen Markt kam das Modell im Jahr darauf. Den Prius II trennt einiges vom Vorgänger. Optisch wie technisch. Das Heck steht steiler nach oben, die Scheinwerfer sind schmaler. Außerdem fährt Model II auf Wunsch rein elektrisch – vergleichsweise langsam und selbstverständlich nur mit ausreichender Akku-Ladung. Die Funktion kann der Fahrer per Taste wählen. Anders läuft es in aktuellen Hybrid und Plug-In-Hybrid-Modellen auch nicht.
Spätestens bei stärkerem Druck aufs Gaspedal und zunehmender Geschwindigkeit schaltet sich der Verbrenner in den Ablauf ein. Der 1,5-Liter-Vierzylinder leistet im Prius der zweiten Generation 79 PS, der E-Motor steuert bis zu 68 PS bei. Die Systemleistung gibt Toyota mit 112 PS an. Motoren und Leistung blieben beim Facelift im Herbst 2005 unangetastet. Die Ingenieure konzentrierten sich neben minimalen optischen Änderungen auf das Fahrwerk, der Prius fuhr fortan etwas komfortabler. Bis zum Ende des Lebenszyklus gab es keine weiteren umfangreichen Bearbeitungen. 2009 löste die dritte Generation ab.
Toyota Prius II: Rückrufe
Der Prius II fiel nicht durch große technische Dramen auf, doch ein paar Rückrufaktionen gab es: Bei zwischen Juni 2003 und März 2009 gebauten Fahrzeugen konnte sich die untere Lenkspindel verformen und war bald darauf ausgeschlagen. Im Zuge dessen wurde das Bauteil durch ein Exemplar mit höherer Materialfestigkeit ersetzt. Zwischen Januar 2004 und Juni 2009 gefertigte Prius wiesen zum Teil Probleme mit dem Kühlsystem auf. Die elektrische Wasserpumpe des Hybridsystems fiel dann wegen eines schadhaften Spulenbandes aus. Vom Cockpit aus war das Problem an einer leuchtenden Warnleuchte erkennbar. Schonend weiterfahren und hoffen? Eine riskante Option. Entsteht ein Kurzschluss, bleibt das Auto liegen und die Wasserpumpe muss ersetzt werden.
Einige Prius II warfen aufgrund eines Software-Fehlers den Verbrenner nicht an. Im Detail ruhte der Ottomotor vornehmlich dann, wenn der Fahrer ruckartig auf das Gaspedal stieg. Die Elektronik glaubte dann an einen Fehler, schaltete ins Notlaufprogramm. In der Werkstatt wurde das Problem mittels neuer Software und geändertem Anschluss am Getriebe behoben. Eine weitere Rückrufaktion betraf den Bremslichtschalter. Generell gilt: Beim Wunschfahrzeug sollten sämtliche Rückrufaktionen belegbar durchgeführt worden sein.
Toyota Prius II: Karosserie und Innenraum
Das Hybrid-Modell gab es nur in einer Karosserie-Variante: Mit vier Türen und 4,45 Metern Länge. Damit liegt der Prius irgendwo zwischen Kompakt- und Mittelklasse. Er bietet vier Erwachsenen im Innenraum viel Platz – ein weiterer Grund für seine Häufigkeit auf den Taxi-Ständen dieser Welt. Toyota verbaute den Akku unterhalb des Gepäckraumes, bis zu 400 Liter Fassungsvermögen bietet der Prius II dennoch.
Wegen der abfallenden Dachkante und der klein dimensionierten Heckscheibe fällt die Rundumsicht mäßig aus. Rost kann beim Prius im Alter Probleme bereiten. Allerdings: Versteckte und großflächige Korrosions-Nester muss man nicht fürchten. Wenn dann sind die Kanten betroffen.
Die Anordnung des Cockpits wirkt ungewohnt: Gängige Anzeigen brachte Toyota mittig auf dem Armaturenbrett des Prius II an, nicht etwa hinter dem Lenkrad. Weiter unten an der Mittelkonsole gibt es ein Display mit Vitaldaten des Hybridsystems. Direkt rechts neben dem Volant befindet sich der Wählhebel für das Automatikgetriebe.
Die Japaner verbauten weiche Sitze mit geringem Seitenhalt. Nein, sportlich ist die Sitzposition im Prius wirklich nicht. Dafür gemütlich, was wesentlich besser zum Charakter dieses Autos passt. Für den billig anmutenden Kunststoff gab es zu Zeiten des Prius II keine Ausreden, heute müssen sich Gebrauchtwagenkäufer eben mit dem hohen Hartplastik-Anteil in biederer Optik anfreunden. Genau so mit dem Mitteilungsbedürfnis dieses Toyota: Praktisch jede Aktion vom Anschnallen bis zum Einparken wird von intensivem Gepiepse begleitet.
Motor, Hybridsystem, Batterie
Ein einziger Antrieb trug den Toyota Prius II durch seinen vollständigen Lebenszyklus. Dynamisch fühlte sich der Zusammenschluss aus 1,5-Liter-Vierzylinder und E-Motor nie an, doch für den Alltag langen die kumulierten 112 PS allemal. Von 0 auf 100 km/h vergehen 10,9 Sekunden, bei 170 km/h klinkt sich der Geschwindigkeitsbegrenzer ein.
In guten Momenten arbeitet der Antriebsstrang harmonisch und unauffällig zusammen. In schlechten funkt das stufenlose Automatikgetriebe dazwischen, schickt den Verbrenner-Part unmotiviert in höhere Drehzahl-Lagen.
Immerhin: Aus technischer Sicht ist der Antriebsstrang (abgesehen von den genannten Rückrufaktionen) nicht für grobe Probleme bekannt. Außerdem gilt er als sparsam: Prius II-Besitzer berichten in Foren zum Modell von rund 5,7 Liter tatsächlichem Verbrauch im Alltag – bei viel Stadtverkehr und hohem Kurzstrecken-Anteil. Spritmonitor.de spuckt gar ein noch ein paar Zehntel niedrigeres Ergebnis aus.
Auf die Hybrid-Bauteile gewährte Toyota acht Jahre Garantie – die sind selbst bei den jüngsten Prius II-Modellen mittlerweile abgelaufen. Heißt: Ist der Akku defekt, wird es kostspielig. Wer die Batterie über Toyota bezieht, muss mit rund 3.000 Euro rechnen. Amerikanische Fans der Baureihe verweisen auf das große Angebot an überholten, gebrauchten Stromspeichern – in Europa sind diese allerdings rar. Ab welchem Kilometerstand der Akku seinem Lebensende entgegengeht? Laut Beiträgen in einschlägigen Foren seien mehr als 200.000 Kilometer im Schnitt kein Problem, selbst manche Prius II mit mehr als 400.000 Kilometern tragen noch die erste Batterie.
Fahrwerk
Den Prius II gab es mit vergleichsweise hartem, unharmonischem Fahrwerk und mit komfortablen Dämpfern. Den Unterschied macht kein Häkchen in der damaligen Ausstattungsliste, sondern das Baujahr. Modelle nach dem Facelift von 2005 sind die gemütlicher abgestimmte Version - und die klar bessere Wahl. Kritiker des Modells bemängeln vor allem die schwammige Lenkung und das diffuse Bremsgefühl.
Als zuverlässig gelten sowohl frühe Prius II als auch die überarbeitete Version: Bei der HU bemängelten Prüfer meist wenig. Beim Fahrwerk sind Prius der zweiten Generation meist in besserem Zustand als der Durchschnitt gleich alter Fahrzeuge. Gleiches gilt für Lichtanlage, Funktion der Bremse und Ölverlust. Lediglich in Bezug auf die Bremsscheiben fällt dieser Prius mitunter negativ auf: Sie rosten häufig – wegen zu geringer Beanspruchung. Schließlich bewerkstelligt das Hybrid-Modell leichte Verzögerung ausschließlich mit Rekuperation. Was sich mit dem System zur Energie-Rückgewinnung nicht erklären lässt, ist der hohe Verschleiß der hinteren Radlager. Ihr Tausch bliebt jedoch finanziell im Rahmen.
Ausstattung und Sicherheit
Toyota änderte mit dem Facelift die Ausstattungsvarianten. Bis zur Modellpflege 2005 war der Prius in den Linien Sol und Executive erhältlich. Die Basis-Variante bot Airbags und ESP. Die Basis Sol bietet unter anderem das damals noch nicht verpflichtende ESP, bei Executive gehörten schlüsselloser Zugang (Smart Entry), Nebelscheinwerfer sowie ein Tempomat zum Ausstattungsumfang. Musik ertönt hier aus neun anstelle der serienmäßigen sechs Lautsprecher.
Ab dem Facelift wurde eine dritte Ausstattungslinie eingeführt und schlicht Standard getauft. In dieser Basis-Variante kamen geliftete Prius mit CD-Radio und Lederlenkrad. Sol wurde befördert, bot fortan ein schlüsselloses Zugangssystem, Tempomat und Nebelscheinwerfer. Die Top-Linie Executive bot ein JBL-Soundsystem, CD-Wechsler sowie ein Navigationssystem. Ab 2008 offerierte Toyota die Sonderausstattung Travel.
Toyota Prius II: Preise und Empfehlung
Grundsätzlich kann man mit einem gebrauchten Prius der zweiten Generation wenig falsch machen. Die Hybrid-Technologie war zu Zeiten des Modells recht neu, wirkt in diesem Toyota aber bereits denkbar ausgereift. Geringer Verschließ und moderater Verbrauch drücken die Betriebskosten nach unten, das Modell gilt als zuverlässig. Ein großes Aber gibt es: Exemplare mit defektem Akku können bestenfalls bei unverschämt niedrigem Kaufpreis eine Alternative zu Prius mit intaktem Stromspeicher sein – die hohen Kosten der Ersatz-Batterie vermiesen handwerklichen Geschickten das Schnäppchen. Gleichzeitig sollte die Sorge vor dem plötzlichen (Batterie)-Kollaps nicht all zu groß sein – wie gesagt, viele Prius II spulten abenteuerliche Laufleistungen ohne grobe Probleme ab.
Ein entscheidender Faktor, denn die richtig günstigen unter den auf mobile.de angebotenen Prius II sahen weit mehr als 200.000 Kilometer. Hier beginnen die Preise für Fahrzeuge mit gültiger HU im Bereich von rund 3.500 Euro. Darunter finden sich mehrere Vor-Facelift-Modelle. Wir empfehlen die ab Herbst 2005 gefertigte, überarbeitete Variante. Geliftete Prius II mit bis zu 150.000 auf dem Tacho und gültiger HU werden aktuell ab rund 5.500 Euro angeboten. Häufig wirkt sich hier die Ausstattungsvariante stärker auf die ausgerufenen Preise aus als der Kilometerstand. Wir meinen: Mit der mittleren Ausstattungslinie Sol werden die Meisten im teilelektrischen Alltag glücklich.