Wasserstoff und Langstrecke im Toyota Mirai
Alle reden vom E-Auto, eventuell gehört die Zukunft dennoch dem Wasserstoff. Wie weit die Technik ist, zeigt ein Langstrecken-Selbstversuch.
Das Elektroauto ist derzeit in aller Munde, hohe Förderungen treiben die Nachfrage. Dabei galt der batterieelektrische Antrieb lange Zeit eher als Brückentechnologie - hin zum Wasserstoff. Zwar handelt es sich bei Wasserstoffautos ebenfalls um Elektroautos, da ein E-Motor das Auto antreibt. Statt einen großen Akku zu laden tankt der Fahrer jedoch Wasserstoff, der an Bord in Strom umgewandelt wird. Vorteil: Reichweiten von 500 Kilometern und mehr sind kein Problem, das Auftanken an der Zapfsäule ist in vier Minuten erledigt. Wie beim Benziner.
Das Prinzip: In der Brennstoffzelle reagiert der in zwei Tanks gespeicherte Wasserstoff mit dem Sauerstoff der Umgebungsluft. Bei der sogenannten „kalten Verbrennung“ entsteht elektrische Energie. Abgase, die für schlechte Luft sorgen, entstehen nicht. Aus dem Mirai-Auspuff tropft nur reines Wasser. Man könnte es sogar gefahrlos trinken.
Der Mirai ist teuer und selten
Ein Wasserstoff-Auto hat derzeit noch einen Vorteil: Während es vor allem in den Städten langsam eng wird rund um die Ladesäulen, steht man an der Wasserstoff-Tankstelle in der Regel allein. Es fahren längst noch nicht alle ein Auto wie den Toyota Mirai, der auch bei zweistelligen Minusgraden noch seine volle Leistung bringt.
Dass er nach wie vor ein Exot ist, liegt vor allem an zwei Punkten. Zum einen ist der Toyota Mirai mit fast 80.000 Euro richtig teuer. Zum anderen leidet die Technik unter der alten Henne-Ei-Problematik. Neben dem Mirai lässt sich derzeit nur der Hyundai Nexo bestellen. Bei nur zwei (noch dazu asiatischen) Modellen schrecken die Energiekonzerne davor zurück, das Netz der Tankstellen für Wasserstoff (zurzeit rund 50 in Deutschland) zu erweitern.
Man findet also nicht viele Tank-Möglichkeiten vor, daher will die 500-Kilometer-Tour von Kopenhagen nach Hamburg gut geplant sein. Zwar schafft der Mirai auf dem Papier diese Strecke locker ohne Tankstopp. Doch wie in allen Elektrofahrzeugen hängen der Stromverbrauch und damit der Wasserstoffbedarf entscheidend von der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Bei Autobahntempo muss dann eben doch mindestens einmal getankt werden.
Es gibt keine klassischen Knöpfe
Äußerlich wirkt die viertürige Limousine, obwohl sie kurz vor der Ablösung steht, durchaus futuristisch. Der Mirai mit seiner gewagten Frontpartie, den wilden Seitenlinien und dem knuffigen Heck folgt nicht dem glatten Einheitsbild heutiger Autos. Schließlich bedeutet das japanische Wort „Mirai“ übersetzt nichts weniger als „Zukunft“.
Funktional und technisch gestaltet Toyota den Innenraum. Tacho und weitere Anzeigen befinden sich in einer Leiste direkt an der Unterkante der Windschutzscheibe. Oberhalb der Mittelkonsole thront ein Bildschirm fürs Navi, zwischen den Sitzen eine Art Kommandozentrale mit Funktionen wie Sitz- und Lenkradheizung, Klima oder Scheibenwaschanlage. Es gibt keine klassischen Schalter und Knöpfe mehr, alles reagiert auf Fingerberührung. Allerdings reagieren die Schaltflächen so sensibel, dass man schon mal aus Versehen bei 30 Grad Außentemperatur die Sitzheizung aktiviert. Alles Gewöhnungssache.
Ein Druck auf dem Startbutton rechts neben dem Lenkrad startet das komplizierte Kraftwerk. Es entsteht ein sanftes Singen aus Richtung des Motorraums. Es dauert ein paar Sekunden, dann meldet sich der Mirai bereit. Die Zelle produziert nun Strom für die Batterie. Das Losfahren ähnelt dem in anderen Elektroautos. Einfach Gaspedal treten. Die Durchzugskraft ist sofort voll da. Kraftvoll, aber nicht betont sportlich wie zum Beispiel in einem Tesla.
Mit vollem Wasserstoff-Tank fährt der Toyota Mirai bis zu 480 Kilometer weit.
Eine Taste, um den Auspuff zu entwässern
Ist in einem reinen E-Mobil das Singen der Reifen auf dem Asphalt die einzige Geräuschquelle, dringt im Toyota die Arbeit der Brennstoffzelle ans Ohr. Nicht so laut und vernehmbar wie ein Benziner, aber als undefinierbares technisches Geräusch: Ein Zischen und Summen, das nicht ständig auftritt. Das Ganze gerät aber so dezent, dass sich auch ein Symphoniekonzert problemlos aus der Audioanlage hören lässt.
Viel Aufregung entsteht ansonsten nicht. Der Toyota Mirai fährt unspektakulär, vor allem auf der im Elektroauto weiterhin spannenden Langstrecke. Lenkung, Bremsen, Fahrwerk – niemand muss sich hier auf besondere Eigenschaften einstellen. Ein Unterschied, der viele Hybrid-Fahrer nicht überrascht: Im kleinen Wahlhebel in der Mittelkonsole befindet sich neben „vorwärts“, „rückwärts“ und „neutral“ eine Stufe mit der Kennzeichnung „B“. Sie aktiviert eine Art Motorbremse: Ein Generator bremst nun das Auto ab und speichert dabei gewonnene Energie im Akku. Das hilft zum Beispiel beim Verzögern vor Autobahnabfahrten, oder wenn es bergab geht. Toyota-Hybrid-Fahrern unbekannt ist dagegen die Taste, die nach dem Abstellen des Autos das restliche Wasser aus dem Auspuff pustet. Das ist vor allem sinnvoll bei Frostgefahr. Und aus den rostigen Gründen heraus, die das Belassen von Wasser im Auspuff nie zu einer guten Idee machen.
Auch die Fahrleistungen des Mirai sind recht gewöhnlich: Knapp zehn Sekunden braucht er auf 100 km/h, fast 180 km/h Spitze kann er erreichen. Beides auszureizen, ist beim derzeitigen dünnen Tankstellennetz nicht ratsam. Bei forscher Gangart schmilzt die Reichweite ebenso schnell wie in einem Benziner – aber nicht so extrem wie bei einem batterieelektrischen E-Auto. Passend zu seiner Preisklasse bietet der Mirai jede Menge Komfort und Ausstattung, für einen großen Kofferraum ist dagegen kein Platz: Bescheidene 361 Liter passen hinein, fast nichts also gemessen an fast 4,90 Meter Außenlänge. Die beiden Wasserstofftanks brauchen Platz. Auch die erlaubte Zuladung von nur 329 Kilogramm setzt im Alltag enge Grenzen.
Wie geht es weiter mit dem Wasserstoff?
Toyota glaubt dennoch an die Zukunft des Wasserstoffautos und hat die zweite Generation des Mirai vorgestellt. Sie wird vor allem deutlich günstiger und optisch gefälliger: Toyota will die Stückzahlen deutlich steigern. Für den großen Durchbruch sind allerdings neben mehr Tankstellen auch kleinere und günstigere Modelle erforderlich.
Vor allem aber fehlt ein Plan zum Element Wasserstoff: Es kommt ungebunden in freier Natur nicht vor und ist dennoch im Überfluss vorhanden. Um den Stoff aber aus dem Wasser zu lösen, muss viel Energie aufgewendet werden. Sinnvoll ist das nur dann, wenn regenerative Energie dazu aufgewendet wird, die sich weniger effizient im Fahrzeug speichern lässt. Man könnte beispielsweise Wasserstoff mit Solarzellen in sehr sonnigen Regionen wie der Sahara erzeugen und ihn dann verteilen. Chefentwickler Yoshikazu Tanaka nennt noch einen Vorteil, der im Wasserstoff steckt. „Wir können auf diese Weise elektrische Energie effektiv speichern und transportieren“. Vielleicht ersetzt der Wasserstoff eines Tages die Hochspannungsleitung.
Seit 1966 verkaufte Toyota über 46 Millionen Exemplare. Der Corolla gilt als meistverkauftes Auto aller Zeiten.
Toyota Mirai 1 | Technische Daten |
---|---|
Länge | 4,89 Meter |
Breite | 1,82 Meter |
Höhe | 1,54 Meter |
Radstand | 2,78 Meter |
Kofferraum | 361 Liter |
Leergewicht (mit Fahrer) | 1.850 kg |
Antrieb | Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzelle mit 370 Zellen, Nickel-Metall.Hydrid-Batterie mit 1,6 kWh, Motorgenerator |
Leistung | 113 kW/154 PS |
Drehmoment | 335 Nm |
Vmax | 178 km/h |
0-100 km/h | 9,6 s |
Getriebe | Feste Übersetzung |
Normverbrauch | 0,76 kg Wasserstoff /100 km |
CO2 | 0 g/km |
Reichweite | 550 km. |
Preis | ab 78.600 Euro |