Toyota Hilux im Test
Seit 2015 baut Toyota den achten Hilux, mit mehr Leistung und mehr Komfort. Was zählt das im Arbeitstier? Test.
Er wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen: Der Toyota Hilux fährt üblicherweise unter extremeren Bedingungen und auf schlechteren Straßen, als wir sie in Europa vorfinden. Für seine wichtigste Zielgruppe ist es also ein Versprechen: „Unbesiegbar“. So jedenfalls steht es groß auf der Seite der Topversion von Toyotas frisch überarbeitetem Pickup, „Invincible“. Dieses Gefühl vermittelt er seinem Fahrer auch durchaus, wenn der über das dicke schwarze Trittbrett in das hoch aufragende Stück Funktionsblech geklettert ist. Zwar sitzt es sich in den bequemen Ledersesseln des gut ausgestatteten Lastesels eher limousinenhaft als thronartig. Aber allein die schiere Höhe über dem Boden sorgt für ein abgehobenes Gefühl, gegenüber dem profanen Verkehrsgeschehen weiter unten.
• gutes Platzangebot
• komfortables Interieur
• hohe Anhängelast
Überraschend komfortabel
Nun zählen Pick-ups traditionell nicht zu den komfortabelsten Straßenfahrzeugen. Aber am Hilux hat Toyota das Fahrwerk deutlich nachgeschärft. Beim Gleiten über längere Autobahnstrecken oder flott gefahrene kurvige Landstraßen liegt der Hilux ruhig und handlich auf der Straße. Trotz Leiterrahmen, Starrachse und Blattfedern fährt er bei allen Geschwindigkeiten äußerst berechenbar und überraschend angenehm. Eine geänderte Abstimmung für die Stoßdämpfer, neue Fahrwerkslager und neu abgestimmte Blattfedern machen es möglich.
Toyota verfolgt mit dem überarbeiteten Hilux ein Ziel, das gar nicht so leicht darstellbar ist. Er soll zwei Kundengruppen bedienen: Einerseits als das seit Jahrzehnten bekannte Arbeitstier für den Schwerarbeiter. Andererseits als Lifestyle-Auto für den wachsenden Kundenkreis der Besserverdiener, die mindestens 40.000 Euro für das besondere Abenteuergefühl ausgeben wollen. Beide profitieren vom großen 2,4-Liter-Diesel aus dem Land Cruiser, den Fans lange im Hilux gefordert haben. Für 204 PS, 500 Newtonmeter Drehmoment sowie eine Tonne Nutz- und 3,5 Tonnen Anhängelast sind das souveräne Werte, die nach Ansicht von Toyota auch im engen Europa immer mehr Menschen brauchen – oder eben wünschen.
Wer sparen will, fährt gemächlich
Der Hilux bedient in jedem Fall den Wunsch nach automobilem Abstand von der profanen Welt der Kleinwagen und Vertreterkombis. In der höchsten Ausstattung Invincible (ab 46.783 Euro) mit optionaler 800-Watt-Stereoanlage und Subwoofer für rund 1.000 Euro bleibt selbst bei kräftiger Beschleunigung zwischen 130 und 180 Kilometern pro Stunde nichts mehr übrig von der akustischen Umgebung. Der Verbrauch bei solch flotter Gangart schnellt jedoch schnell auf einen Durchschnittswert von 20 Liter auf 100 Kilometer.
Wer sparsamer unterwegs sein will, muss sich eine zivilere Gangart zulegen. Dann lässt sich der Hilux auch locker unter der Zehnliter-Marke halten. Viel sparsamer wird es jedoch im Alltag nicht. An eine Hybridversion etwa denkt Toyota vorerst nicht. Einen Hilux muss auch ein Dorfschmied im entlegenen Hochgebirge reparieren können, wenn die nächste Toyota-Vertragswerkstatt unerreichbar ist. Die Kunden verlangen daher anderes als komplizierte Leistungsverteilung, Lithium-Ionen-Akkus und überschaubare Drehmomente. Urgewalten nämlich – und zwar in den drei Karosserievarianten Single Cab, Extra Cab und Double Cab.
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Im Gelände ein König
Diese Urgewalten beherrscht der Toyota Hilux, und zwar nicht nur in der Wüste, sondern auch beim Ritt durch das schwere Gelände eines fränkischen Steinbruchs. Da beweist der Hilux, warum die Stammkundschaft in Dschungel, Gebirge oder Wüste ihn zum zweiterfolgreichsten Toyota-Modell nach dem Corolla gemacht hat. Der Pickup kann, fein dosierbar mit sensibler Lenkung, Gas und Bremse bedient, durchaus mit hochkompetenten Geländewagen wie dem Land Rover Defender, der Mercedes G-Klasse oder dem hauseigenen Toyota Land Cruiser mithalten.
Dabei knarzt und knackt es vernehmlich im Leiterrahmen, deutlicher als in den elektronisch hochgerüsteten Konkurrenten für schweres Gelände und Szenekiez. Der Hilux hält sein Versprechen, ein Auto fürs Grobe zu sein, schon in der einfachsten „Duty“-Variante mit Basisdiesel (150 PS) und Allrad für weniger als 30.000 Euro. Wer ihn über Stock und Stein und Sand und Schlamm manövriert, spürt das deutlich. Massive Haltebügel an den passenden Stellen sorgen dafür, dass die Reisenden in der Doppelkabine auf ihren Plätzen bleiben. Im Topmodell Invincible sitzen sie dabei auf feinen Lederpolstern.
Lifestyle? Nicht so ganz
Dass es nicht so einfach ist, einen rustikalen Burschen fein herauszuputzen, zeigt der Hilux im Innenraum. Hier kann er dem Lifestyle-Anspruch dann doch nicht so ganz genügen, den das imposante Gesicht mit seinen Bi-LED-Scheinwerfern, das gute Fahrverhalten oder die tiefschwarzen Aluräder des Invincible versprechen. Die Kunststoffe fassen sich hart und schlicht an, selbst das Lederlenkrad hinterlässt keinen allzu gediegenen Eindruck. Der Achtzoll-Touchscreen mit Funktionalitäten für Apple CarPlay und Android Auto befindet sich technisch zwar auf der Höhe der Zeit. Der Rest der Bedieninstrumente überrascht jedoch mit ergonomisch kurios verteilten Knöpfen und Tasten. Insbesondere die LCD-Uhr auf dem Armaturenbrett wirkt wie eine Reminiszenz an die 1980er Jahre und atmet weit weg vom aktuellen Zeitgeist. Vielleicht ist es aber gerade dieses leicht gestrige, was den Hilux auch im Großstadt-Dschungel zu einem besonderen Auto macht. Wenn man dort seine 5.33 Meter Länge manövrieren möchte.
Der Toyota Land Cruiser wird seit 1951 gebaut und genießt vor allem in Afrika, Lateinamerika und der arabischen Welt einen Ruf von Verlässlichkeit und Haltbarkeit.
Toyota Hilux | Technische Daten |
---|---|
Länge | 5,33 Meter |
Breite | 1,80 bis 1,86 Meter |
Höhe | 1,82 Meter |
Radstand | 3,09 Meter |
Motor | 2,4-l-Vierzylinder-Diesel |
Leistung | 150 PS |
Drehmoment | 400 Nm |
Vmax | 170 km/h |
0-100 | 12,8 s |
Verbrauch | 7,1-6,5 l/100 km |
CO2 | 186–171 g/km |
Preis | ab 26.529,20 Euro |