Legenden-Check: Toyota Celica Turbo 4WD Carlos Sainz (1991) als Gebrauchter
Toyota baute diesen Celica Turbo 4WD, um einen WM-Titel zu zelebrieren. Und den nächsten zu holen. Wir fuhren den 90er-Jahre Klassiker. Das kann er als Gebrauchter.
Bei diesem Auto ging es um höhere Leistung, weniger Gewicht und sportliche Erfolge – bereits errungene und angestrebte. Muss man alles nicht wissen, um die Besonderheit des Toyota Celica Turbo 4WD zu erkennen, der schärfsten Variante der fünften Generation des Kompakt-Coupés. Hilft aber bei der Einordnung, wenn sich der erste Wow-Moment schon vor dem Drehen des Zündschlüssels einstellt.
Durch die Windschutzscheibe blickt man in die Schlünde zweier Luftauslässe in der Motorhaube. Dazwischen steht ein Powerdome, eine Art Spoiler sitzt ganz nahe an der Frontscheibe. Es sind Zeichen der Ernsthaftigkeit. Toyota wollte Anfang der 90er-Jahre einen Rallye-Weltmeistertitel. Konkreter: Noch einen, denn mit dem Top-Modell der vorherigen Celica-Generation holte Carlos Sainz bereits 1990 die Trophäe.
Der Hersteller nannte das sportlichste Modell der fünften Generation nach dem spanischen Fahrer: Celica Turbo 4WD Carlos Sainz. Mit 208 PS und Allradantrieb. Limitiert auf 5.000 Exemplare. Allerdings trugen nur die 3.000 für Europa bestimmten Autos die Bezeichnung. In Japan kam die schnellste Variante des Kompakt-Coupés mit Namenszusatz RC. Aufschlussreicher ist der australische Beiname Group A - die damals schnellste Fahrzeugkategorie im Rallyesport.
Heute werden frontgetriebene Kleinwagen in der Rallye WM zu mehr als 300 PS starken Allradern (so genannte World-Rally-Cars). Bis 1997 musste das Sportgerät der Wahl in Grundzügen als Serienmodell erhältlich sein – mit diesem Klassiker kam es. Sportlich fährt sich das Auto noch aus heutiger Sicht, solange der Untergrund stimmt. Mittlerweile sind gebrauchte Modelle für Spekulanten mindestens genauso interessant wie für Heizer und Rallye-Fans. Und wenn dieser Celica Turbo 4WD nicht gefällt? Baute Toyota mindestens zwei Alternativen mit verwandter technischer Basis.
Ein Motor für 208 PS. Und weit mehr
Das Aggregat orientiert sich an den damaligen sportlichen Richtlinien: 2,0-Liter Hubraum verteilt auf vier Brennräume. Zwangsbeatmet. Laut Datenblatt liefert der 16-Ventiler seine Höchstleistung bei 6.000 Umdrehungen. Das maximale Drehmoment von 275 Nm liegt bei 3.200 Umdrehungen an.
Gefühlt lässt sich zwischen 2.500 und 4.000 Umdrehungen am besten mit dem Motor arbeiten. Für den besseren Anschluss im nächsten Gang kann man ihn ruhig nahe an die 6.000 Umdrehungen drehen. Bei spontanen Gasbefehlen dauert es allerdings immer ein wenig, bis der Lader anspricht.
Turbolöcher waren im vorigen Jahrtausend eben größer als heute, ihr Auftreten zahlreicher und oft ein wenig unvorhersehbar. Dabei gilt dieser Toyota-Motor als recht unkompliziert. Das unter Markenfans legendäre 3S-GTE-Aggregat steckte auch im Motorraum regulärer Celica Turbo 4WD. Hier leistete das in Zusammenarbeit mit Yamaha entwickelte Triebwerk vier PS weniger.
Überschaubare Differenz angesichts des Mehraufwandes hinter dem Sainz-Aggregat: Toyota adaptierte Zylinderkopf und Turbolader, drehte am Benzindruck. Daneben wird die Ladeluft zusätzlich mit Wasser gekühlt. Ob da Leistungstechnisch nicht mehr ging? Und ob: Die japanische Serienversion tankte Benzin mit 100 Oktan, kam auf rund 230 PS. In Europa erkannten Tuning-Fans und private Rallyeteams das Potenzial. Sie fuhren deutlich über der Serienleistung.
Allrad mit Sperrdifferenzial hinten
Ein Modell im technischen Urzustand hat ebenso seinen Reiz. Denn was die Sainz-Edition ausmacht, ist die konsequente Optimierung: Viele Maßnahmen leitete man von den Erfahrungswerten bei Renneinsätzen mit dem regulären Celica Turbo 4WD ab. Über den in Fahrtrichtung ausgerichteten Lufteinlass gelangte Luft an die Zahnriemen-Abdeckung – zuvor schmolz sie mitunter bei den extremen Belastungen auf einer Sonderprüfung. Die Kerne der Stoßfänger fertigte Toyota aus Aluminium, um die weit vom Zentrum entfernte Masse zu minimieren. Im Getriebe überarbeiteten die Japaner die Synchronringe der Gänge zwei und drei, manche Modelle kamen mit kürzerer Grundübersetzung.
Über knappere Schaltwege verfügt jedes der limitierten Celica-Sportmodelle. Klar, so fein wie etwa im MX-5 aus derselben Zeit lässt sich der Hebel nicht durch die Gassen führen. Doch im Celica werden mehr Umlenkungen benötigt: Motor und 5-Gang-Getriebe verbaut Toyota quer zur Fahrtrichtung. Der Allrad-Strang verfügt über eine Visco-Kupplung zwischen den Achsen sowie eine Torsen-Differenzialsperre für die Hinterachse.
Toyota Celica Turbo 4WD: Ein Fall für den Schneefall
Auf trockenem Asphalt neigt das Rallye-Derivat bei forscher Gangart zum Untersteuern. Ist wohl der kopflastigen Gewichtsverteilung geschuldet: 910 von 1.520 Kilogramm Gesamtgewicht (ohne Fahrer) lasten auf der vorderen Achse. Die Hinterachse stemmt sich gegen die Physik – man merkt den Willen des Autos zur Rotation. Doch zum nennenswerten Drücken des Hecks fehlt insgesamt die Kraft. Wie gesagt, auf trockenem Untergrund. Auf Schnee, Eis und Schotter sind Celica Turbo 4WD immer eine gute Wahl - richtig spaßig und hinreichend schnell. Und zwar mit und ohne spanischer Rallye-Legende im Namen.
Davon abgesehen gelten die sportlichen Celica fünfter Generation als solide Wertanlage. Allerdings ist die Zeit der Dumpingpreise vorbei. Sie währte kurz, wie bei den meisten Modellen mit großer Historie und aktiver Fangemeinde. Heißt auch: Langfristig werden die Tarife noch weiter steigen. Das zeigen Rallye-Derivate von Audi Ur-Quattro über Ford Escort RS Cosworth bis Mitsubishi Lancer Evolution.
Alternativen: Wilder Spoiler oder loses Heck
Aktuell kosten reguläre, weitgehend unverbastelte Celica Turbo 4WD ab rund 7.000 Euro. Man erkennt sie an der „klassischen“, gewölbten Lufthutze – die beschriebene zerklüftete Motorhaube tragen nur die Sainz-Modelle. Einen weiteren Hinweis gibt die Plakette an der Mittelkonsole: Unter der Unterschrift des Rallye-Weltmeisters gravierte Toyota die Seriennummer ein.
Für ein Exemplar muss man mehr als 15.000 Euro einkalkulieren. Und generell empfänglich sein für den an Plastik reichen Charme des 90er-Jahre-Innenraumes. Sitzposition und Seitenhalt passen, doch die tiefen hinteren Plätze sind bestenfalls dem Nachwuchs zumutbar.
Ähnliche Platzverhältnisse und einen extrovertierteren Zugang bietet der Nachfolger: Das Sportmodell der sechsten Generation hieß Celica GT-Four. Eine adaptierte Version des 3S-GTE-Motors liefert hier 242 PS, ebenfalls verteilt auf alle vier Räder. Mit gigantischem serienmäßigen Heckspoiler handelt es sich wohl um den auffälligsten 90er-Jahre-Toyota nach der Supra Mk4. Die auf mobile.de ausgerufenen Preise für den Celica GT Four liegen in etwa auf dem Level des Vorgängers.
Der beliebte 3S-GTE-Motor mit hinreichendem Tuning-Potenzial ist nicht an den Celica gebunden. Im Toyota MR2 der zweiten Generation liefert der 2,0-Liter-Turbo ebenfalls mehr als 200 PS. Wichtigster Unterschied zu Celica Turbo 4WD und GT Four: Beim Mittelmotor-Sportwagen erreicht die Kraft ausschließlich die Hinterräder.
Nun hat der Celica dem MR2 aber nicht nur zwei Antriebswellen voraus, sondern auch vier WM-Titel. Später versuchte es der Hersteller in der globalen Rallye-Szene mit einer Adaption des kompakten Corolla, aktuell mit jener des Kleinwagens Yaris. Doch so nah wie beim Celica kamen sich Rallye-Modell und Straßen-Sportler bei Toyota nie wieder.
Technische Daten Toyota Celica Turbo 4WD Carlos Sainz
- Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
- Leistung: 208 PS bei 6.000 U/min
- Drehmoment: 275 Nm bei 3.200 U/min
- Antrieb: Fünfgang-Handschaltung, Allradantrieb
- Höchstgeschwindigkeit: 207 km/h
- Beschleunigung 0 – 100 km/h: 7,6 s
- Verbrauch: 9,4 l/100 km
- Länge: 4.425 mm
- Breite: 1.745 mm
- Höhe: 1.300 mm
- Radstand: 1.475 mm
- Leergewicht ohne Fahrer: 1.520 kg