Sieben Klassiker aus dem Jahr 1990
Vom „letzten echten Volvo” bis zum Lamborghini Diablo: 1990 kommen Autos auf den Markt, die heute Legenden sind. Diese Modelle werden nun offiziell Oldtimer.
Du möchtest Dir endlich einen Oldtimer zulegen, eine alte Möhre soll es aber bitte nicht sein? Dann empfiehlt sich ein Blick auf den Jahrgang 1990. Interessante, teils ziemlich schnelle und edle Modelle kamen damals auf den Markt. Die jetzt – 30 Jahre später – offiziell zu Oldtimern werden.
Kurzer Rückblick: Nach dem Fall der Mauer überschlagen sich 1990 die Ereignisse. Am 3. Oktober feiern die Deutschen in Ost und West die Wiedervereinigung. Auch auf dem Automarkt tut sich einiges. So stellt Volkswagen seinen neuen Transporter vor: Der T4 ist der erste Bulli mit Frontantrieb. BMW präsentiert seinen neuen Dreier, den E36. Und Opel überrascht nach dem Ende des Manta mit einem neuen Sportcoupé, dem feschen Calibra.
Dem neuen Trabant 1.1. aus Zwickau kommt hingegen die Wiedervereinigung in die Quere. Da hilft auch kein VW-Motor: Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind die Ostdeutschen heiß auf West-Autos. Wir stellen sieben Modelle aus dem Jahr 1990 vor, die jetzt 30 Jahre alt werden und mit einem H-Kennzeichen geadelt werden dürfen.
Audi 100 (C4) (1990 bis 1994)
Mit dem Audi 100 (C4) gelingt den Ingolstädtern 1990 endgültig der Aufstieg in die deutsche Premiumliga. Das Design ist dynamisch und zeitlos, außerdem überzeugt der neue große Audi mit viel Komfort und Platz sowie leistungsstarken Motoren. Erstmals steht bei Audis oberer Mittelklasse ein Sechszylinder (150 PS) zur Wahl. Beliebter ist der kaum schwächere, aber weniger durstige Fünfzylinder. Der Audi 100 fährt mit Front- oder einem Allradantrieb mit hervorragender Traktion.
Keine Frage, der Audi 100 muss sich vor der etablierten Konkurrenz wie Mercedes W124 oder BMW 5er (E34) nicht verstecken. Bei Geschäftsleuten ist es plötzlich cool, am Kühlergrill des Dienstwagens die vier Ringe zu zeigen. Auch Familien schätzen den robusten Audi 100, vor allem als Avant. Was erst im Alter richtig zum Tragen kommt: Dank der voll verzinkten Karosserie ist Rost praktisch kein Thema. Laufleistungen von mehreren Hunderttausend Kilometern sind keine Seltenheit. Manche sagen, der C4 sei das letzte Langzeitauto von Audi gewesen, gebaut für die Ewigkeit. 1994 wird er vom ersten A6 abgelöst.
Der C4 ist das letzte Modell der 100er Baureihe.
BMW E36 (1990 bis 1998)
Der BMW E36 fährt immer noch im Windschatten seines populären Vorgängers E30. Doch allmählich reift der 90er-Jahre-Dreier zum angesehenen Klassiker. Beim Marktstart 1990 wird die neue Baureihe – die Scheinwerfer stecken erstmals hinter einer Glasfassade – vor allem wegen ihrer Agilität und Dynamik gefeiert. Herausragend ist zudem die Modellvielfalt: Es gibt den E36 als Limousine, Coupé, Touring, Cabrio und als Compact. Mit der letzteren Karosserievariante machen die Bayern ab sofort auch dem VW Golf Konkurrenz.
Heute ist der BMW E36 der günstigste Weg zu BMWs Kultmotoren, nämlich den seidenweichen Reihensechszylindern mit dem herrlichen Klang. Aber auch die Vierzylinder im E36 sind keine Schnecken, etwa der 140 PS starke Vierventiler im 318is. Größte Schwachstelle aller Modelle ist ihre Originalität: Viele 3er E36 sind von jugendlichen Draufgängern verheizt und verbastelt worden.
Mercedes 500 E/E 500 (1990 bis 1995)
Der Mercedes W124 gilt als Begründer der modernen E-Klasse. König der Baureihe ist zweifellos der 500 E: Erstmals pflanzt Daimler-Benz 1990 einem Mittelklasse-Modell einen Achtzylinder ein – und der hat es in sich. Aus fünf Litern Hubraum schöpft der Ober-Benz 326 PS und wuchtet bis zu 480 Newtonmeter Drehmoment auf die Straße. „Das rasende Taxi“, erinnern sich Liebhaber heute.
Denn äußerlich unterscheidet sich ein 500 E kaum von einem normalen Mercedes W124 wie dem 200 D, der vor 30 Jahren massenhaft als Taxi unterwegs war. Wer genau hinsieht, entdeckt die Unterschiede dennoch: Ausgestellte Radläufe machen den 500 E bulliger, dazu kommen Sportfahrwerk, Bugschürze und 16-Zoll-Alus. Ein Highlight ist die Entstehungsgeschichte des 500 E. Denn bei ihr wirkt Porsche mit: Sämtliche Rohkarossen des 500 E gingen damals nach Zuffenhausen zur Zwischenmontage, um wiederum in Sindelfingen endmontiert zu werden. Auch bei den Fahrleistungen kann sich der Mercedes 500 E mit den Rennern von Porsche messen. Im Werbeprospekt wird seine unbändige und zugleich samtweiche V8-Power als „Feuer und Seide“ beschrieben.
Lamborghini Diablo
Baut einen Supersportwagen, der mindestens 320 km/h schnell ist: Diesen „teuflischen“ Auftrag bekommen die Mitarbeiter von Lamborghini in den 1980er-Jahren. Das Ergebnis ist 1990 der Diablo (spanisch: Teufel). Das futuristisch anmutende Geschoss bekommt den V12-Motor des Vorgängers Countach eingepflanzt, allerdings aufgebohrt und mit vergrößertem Hub. Die nun 5,7 Liter Hubraum bescheren jedem Fahrer einen Höllenritt: Mit seinen 492 PS sprintet der Diablo in 4,5 Sekunden von null auf hundert. Auf der Autobahn ist erst bei 325 km/h finito.
Zunächst gibt es den Supersportler nur mit Heckantrieb. 1993 kommt mit dem Diablo VT eine Allradversion ins Programm. Außerdem folgen leistungsstärkere Versionen mit weit über 500 PS und Fahrleistungen jenseits der 330 km/h. Obwohl kaum jemand dieses irrwitzige Tempo irgendwo ausfahren kann, verkauft Lamborghini vom Diablo bis 2001 weltweit immerhin rund 3.000 Einheiten. Die günstigsten kosten heute noch so viel wie ein kleines Haus.
Weltweit setzt Lamborghini 3.000 Exemplare vom Diablo ab.
Opel Calibra (1990 bis 1997)
„Der Calibra war der bessere Manta“ – das sagen heute viele Opel-Kenner. 1990 kommt der Calibra in die Autohäuser und macht alles anders als sein berühmter Vorgänger. Statt Hinterradantrieb wird das neue Sportcoupé vom Getriebe gezogen. Und statt Längs- hat der Calibra Quermotoren unter der Haube.
Der Fahrdynamik tut das keinen Abbruch, im Gegenteil: Während sich die Manta-Fraktion stets mit vier Zylindern begnügen musste, können Calibra-Fahrer auch in den Genuss von sechs Töpfen kommen: Der 2.5i V6 leistet 160 PS, der 4x4 Turbo mit vier Zylindern allerdings 204 PS. Aber auch mit dem 2.0 16V (C20XE) und seinen 150 PS ist man gut bedient. Das Aggregat wird auch im Opel Kadett GSi 16V verbaut und gilt als einer der besten Vierventiler seiner Zeit. Besonders begehrt sind heute Sondereditionen wie Keke Rosberg, DTM Edition oder Cliff Motorsport Edition – denn der Calibra war in den 90er-Jahren auch im Motorsport sehr erfolgreich.
Volvo 940/960 (1990 bis 1998)
Wenn nach dem „letzten echten Volvo“ gefragt wird, nennen Kenner in der Regel die 900er-Baureihe. Das Design der Mittelklasse-Autos aus Schweden ist klotzig-kantig, zudem rollen sie mit klassischem Hinterradantrieb vom Band. Auch hat bei der Modellentwicklung damals noch kein anderer Hersteller wie Ford oder Mitsubishi seine Finger im Spiel.
Als technische Weiterentwicklung löst die 900er-Reihe vor 30 Jahren den soliden 700er ab, wobei die Motoren größtenteils übernommen werden. Schon die 940er-Limousine bietet reichlich Platz und allerlei Komfort- und Sicherheitsinnovationen. Familien in Deutschland entscheiden sich aber traditionell lieber für den großen Kombi. Der 960 bietet noch mehr Ausstattung, Top-Motorisierung ist hier ein Sechszylinder-Reihenmotor mit 204 PS. Dank solider Technik und guter Rostvorsorge kann man heute noch gut bis sehr gut erhaltene Volvo 940/960 finden. Und: Selbst Top-Exemplare kosten selten über 10.000 Euro.
VW T4 (1990 bis 2003)
T4 und Klassiker – das ist für viele Oldtimer-Fans ein Widerspruch. Wie kann ein millionenfach gebautes Fahrzeug, das bis heute das Straßenbild prägt, ein begehrtes Objekt für Autoliebhaber sein? Zumindest scheint die nach wie vor große Verbreitung des T4 für seine Langzeitqualitäten zu sprechen.
Als die ersten Exemplare 1990 bei VW Nutzfahrzeuge vom Band rollen, beginnt für die Bulli-Fans eine neue Ära. Nicht nur das Antriebskonzept ist beim T4 mit einem vorn und quer eingebauten Motor neu. Auch die Modellvielfalt ist riesig: Erstmals gibt es den neuen Transporter mit zwei verschieden langen Karosserien und Radständen sowie einer noch nie da gewesenen Motorenpalette. Die reicht vom lahmen 60-PS-Wirbelkammer-Diesel bis zum 204 PS starken V6-Benziner in späteren Jahren. Hohe Laufleistungen müssen insbesondere bei den Diesel-Motoren kein Kaufhindernis sein, sofern eine gute Dokumentation und eine Fahrzeughistorie vorliegen.