Deutschlands größter Fahrzeugmarkt
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Fiat, Mitsubishi und Ford in Frontansicht
Quelle: Hersteller/Collage: TeamOn
Die Corona-Krise hat die Zulassungsstatistik im ersten Halbjahr 2020 durcheinander gebracht. Unerwartet tauchen einige Modelle in den Top Ten auf, die sonst nicht dort stehen

In der deutschen Kfz-Zulassungsstatistik ist es wie in der Bundesliga: Spannend ist es nur hinter der Nummer eins. Am VW Golf führt kein Weg vorbei. Wenn der Golf in einem Monat nur vierstellig neu zugelassen wird, dann ist Krise. Nicht nur in Wolfsburg, sondern in ganz Deutschland: Im Jahr 2019 verkauft VW im Schnitt jeden Monat 17.000 Golf in Deutschland. Im April 2020 sind es rund zwei Drittel weniger, nämlich nur 5.700. Erst im Juli 2020 landet der Bestseller aus Wolfsburg mit gut 16.000 Neuzulassungen wieder auf Normalniveau.

Die Corona-Krise hat die Zulassungsstatistik im ersten Halbjahr 2020 durcheinandergewirbelt. Insgesamt fünf Wochen lang bleiben alle Autohäuser im März und April geschlossen. Parallel bieten viele Zulassungsstellen nur einen Notbetrieb an. Das führt zu einem historischen Einbruch beim Fahrzeugabsatz. Und der spült einige Überraschungen nach oben.

Während gewohnte Bestseller leiden, erfahren andere Automodelle einen starken Frühling – und es tauchen einige unerwartete Gäste in den Top 10 der meistzugelassenen Neuwagen auf.

Walter Schneider GmbH und Co. KG
Walter Schneider GmbH und Co. KG
Der VW Golf VIII

Die Speerspitze der Zulassungsstatistik: Der Bestseller aus Wolfsburg geht in die achte Generation.

PosMärz 2020April 2020Mai 2020Juni 20202019 gesamt
1VW Golf 11.268VW Golf 5.681VW Golf 8.350VW Golf 10.642VW Golf
2VW Tiguan 4.507Ford Focus 2.995Fiat Ducato 6.511VW Tiguan 6.095VW Tiguan
3BMW 3er 4.447VW Tiguan 2.757VW Tiguan 3.947Fiat Ducato 5.420Mercedes C-Klasse
4VW Passat 4.433Fiat Ducato 2.429Mercedes C-Klasse 3.148Ford Focus 5.155VW Polo
5Ford Focus 4.406BMW X3 2.293VW Passat 2.928VW T-Roc 4.020VW Passat
6Fiat Ducato 3.827Mini 2.248VW T-Roc 2.777Skoda Octavia 3.658VW T-Roc
7VW T-Roc 3.757BMW 3er 2.123Ford Focus 2.741VW Passat 3.468Ford Focus
8Mini 3.717VW T-Roc 2.109Opel Corsa 2.723VW Polo 3.443Skoda Octavia
9Skoda Octavia 3.636Skoda Octavia 1.987Mitsubishi Space Star 2.591Mercedes C-Klasse 3.386Opel Corsa
10VW Polo 3.229VW Passat 1.962Opel Astra 2.535Seat Leon 3.312Audi A4

Corona-Krise: Diese Modelle profitieren

Wie kommt es, dass der Fiat Ducato drei Monate lang in den Top 10 steht? Wieso überholt der Mitsubishi Space Star im Mai alle Audi und BMW? Dahinter steckt kein Statistik-Trick. Einige Modelle erleben während der Corona-Krise eine überdurchschnittliche Nachfrage. Andere werden voll von der Krise getroffen.

Der Fiat Ducato ist traditionell Deutschlands erfolgreichste Plattform für Wohnmobile. Der große Erfolg des Modells deutet also auf ein starkes Wachstum bei Wohnmobilen hin. Tatsächlich legen die Wohnmobile als einziges Fahrzeugsegment im ersten Halbjahr 2020 deutlich zu: Wo alle anderen verlieren, steigt der Absatz hier um 9,5 Prozent.

Ford Focus ST Turnier in der Ansicht von vorne-rechts, stehend
Quelle: Jonas Seidel
Der Ford Focus gehört zu den erfolgreichsten Kompaktwagen in Deutschland und steht auch in normalen Zeiten öfter in den Top Ten der Zulassungsstatistik

Der günstige Kleinwagen Mitsubishi Space Star profitiert von einer Modellpflege und seinem Kampfpreis: Rund 7.000 Euro als Einstiegs-Angebot machen den gut ausgestatteten Japaner zeitweise zum beliebtesten Auto bei Privatkunden. BMW X3 und Ford Focus profitieren davon, dass andere, überwiegend im Flottenmarkt beliebte Modelle wie der VW Passat, Audi A4 und die Mercedes C-Klasse, nicht durchgängig geliefert und angemeldet werden können.

Die meisten der 50 meistverkauften Modelle in Deutschland verlieren in der historischen Corona-Krise deutlich. Ende Mai 2020 meldet der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe:  Bei den deutschen Händlern stehen nicht zugelassene Neuwagen im Gesamtwert von 14,8 Milliarden Euro auf Halde.

Der Großteil der üblicherweise meistverkauften Neuwagen erreicht bis einschließlich Juli 2020 ein zweistelliges Minus. Besonders stark rückläufig sind die Verkäufe von Audi A3, Audi A4, BMW 2er oder Mercedes C-Klasse mit jeweils fast 40 Prozent Minus. VW Touran und VW Transporter kommen auf fast 50 Prozent Minus. Der Ford Kuga landet in seinem Modellwechsel-Jahr sogar bei einem Minus von 59 Prozent.

Im Plus liegen nur wenige Modelle: Neben Fiat Ducato (+21 %) und Mitsubishi Space Star (+15 %) sind das der BMW 3er (+11 %), Mercedes CLA (+61 %), Renault Zoe (+54 %) und VW T-Cross (+81 %). Das kleine VW-SUV profitiert statistisch davon, dass es erst im Frühjahr 2019 eingeführt wurde. Bei Mercedes CLA und BMW 3er sind viele Motorvarianten erst jetzt verfügbar, die nun zugelassenen Fahrzeuge wurden jedoch in der Regel vor der Corona-Krise bestellt.

Der Renault Zoe profitiert hingegen von der bereits zu Beginn des Jahres 2020 erhöhten Förderung für Elektroautos. Der Kleinwagen zählt zu den erschwinglichen Elektroautos, vor allem aber zu denen, die durchgängig lieferbar sind. Insgesamt verkaufen die Autohändler 2020 im ersten Halbjahr 8.119 Elektroautos. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 41 Prozent und entspricht einem Marktanteil von 3,7 Prozent. Im zweiten Halbjahr steigt die Förderquote noch einmal deutlich an, hier ist also mit weiterem Wachstum zu rechnen.

Spacestar 2222
Spacestar 2222
Mitsubishi Space Star

• robust
• günstig
• klein und wendig

Marktentwicklung in der Corona-Krise

Der Lockdown im März 2020 trifft die Branche weitgehend unvorbereitet. Direkt nach dem Lockdown versuchen die Händler jedoch bereits, die Saison zu retten: Im April 2020 beginnt der Autohandel zügig mit der Wiederaufnahme von Eigenzulassungen. Grund dürfte der Versuch sein, bereits auf dem Hof stehende Fahrzeuge günstiger anbieten zu können. Das zeigen Analysen des Datendienstleisters Dataforce.

Frontansicht vom Space Star
Quelle: TeamOn GmbH
Mitsubishi-Nase: Das neue Gesicht trägt der Space Star seit dem Facelift im Jahr 2019

Im Mai 2020 erholen sich die Zulassungszahlen deutlich: Gegenüber dem Lockdown-Monat April klettern sie um 39 Prozent nach oben. Privatkunden lassen 26 Prozent mehr Autos zu, der Fahrzeughandel verdoppelt seine Aktivität bei Eigenzulassungen. Autovermieter haben einiges nachzuholen: Sie vervierfachen die Zahl ihrer Neuzulassungen (+ 326 %).

Insgesamt jedoch erholt sich der Neuwagenmarkt erst im Juni und Juli. Die Dataforce-Analysten sehen vor allem Nachholeffekte: Viele Fahrzeuge, die Anfang 2020 bestellt werden, kommen nun endlich mit Verzögerung zum Kunden. Der Juli 2020 liegt nur noch 6 Prozent hinter dem Vorjahresmonat. Auf das Gesamtjahr bezogen bleibt der Neuwagenmarkt dennoch rund 30 Prozent hinter dem Vorjahresniveau.

Cloppenburg GmbH 1
Cloppenburg GmbH 1
Der BMW 3er

Das Herzstück der Marke BMW. 2019 startete das bayerische Mittelklasse-Modell in die siebte Generation.

Gebrauchtwagenmarkt im Sommer bärenstark

Parallel dazu zieht der Gebrauchtwagenmarkt wieder an: Hier liegt bereits der Juni 14 Prozent über dem Vorjahresniveau, der Juli 17 Prozent. 747.831 Gebrauchtwagen wechseln im Hochsommermonat Juli den Besitzer. Ein Grund für den Boom: Die Autohändler realisieren über die Eigenzulassung von Neuwagen einen höheren Preisnachlass, mit dem sie Kunden gewinnen. Diese Autos, auf mobile.de inseriert als Tageszulassungen, fließen als Gebrauchtwagen in die Statistik ein.

Der Skoda Fabia basiert noch auf der Vorgängerplattform von VWs aktueller Kleinwagen-Basis
Quelle: Jonas Seidel
Der Skoda Fabia basiert noch auf der Vorgängerplattform von VWs aktueller Kleinwagen-Basis

Im kompletten ersten Halbjahr verzeichnen die Zulassungsstellen rund 3,74 Millionen Besitzumschreibungen. Das entspricht einem Rückgang von knapp 10 Prozent zum Vorjahr – ein guter Wert, verglichen mit den 30 Prozent Rückgang im Neuwagenmarkt.

Auch auf mobile.de wird gut sichtbar, dass der Gebrauchtwagenmarkt im Sommer brummt. Bereits im Mai 2020 misst die Plattform 17,6 Millionen individuelle Besucher. Gegenüber dem Vorjahr steigt das Kontaktvolumen in Richtung Autohandel im gleichen Zeitraum um 20 Prozent. Dies sagt mobile.de-Geschäftsführer Malte Krüger dem Branchenmagazin „Autohaus“. Üblicherweise gilt der Sommer im Autohandel eher als „Saure-Gurken-Zeit“. In diesem Jahr dagegen gibt es einiges nachzuholen.

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