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Detailansicht eines Pkw-Armaturenbretts mit Tachometer und Drehzahlmesser.
Quelle: Unsplash
2017 wurde erstmals eine EU-weite Verordnung erlassen, nach der Kilometerstände bei Neuwagen durch technische Lösungen geschützt werden sollen.

Du planst, Dir einen Gebrauchtwagen zu kaufen? Damit keine bösen Überraschungen auf Dich zukommen, solltest Du neben dem Zustand des Fahrzeugs auch den Kilometerstand prüfen. Denn die Tachomanipulation ist eine gängige Betrugsmasche. Wie man sich vor hohen Reparaturkosten aufgrund eines verfälschten Tachos schützt und auch als Laie eine Tachomanipulation aufdecken kann, erfährst Du hier.

Warum ist die Tachomanipulation bei Gebrauchtwagen ein Problem?

Die Laufleistung und somit der Kilometerstand sind wichtig, wenn es darum geht, den Verkaufswert eines Gebrauchtwagens zu ermitteln. Denn je mehr Kilometer ein Auto gefahren ist, desto mehr Abnutzungserscheinungen weist es in der Regel auf. Und diese wirken sich auf den Wert des Gebrauchtwagens aus. Das Problem: Betrüger manipulieren Tachos, sodass der angezeigte Kilometerstand niedriger als die tatsächliche Laufleistung ist. Mit dieser gängigen Betrugsmasche beim Autokauf wollen sie den Verkaufspreis erhöhen.

Laut polizeilichen Angaben liegt bei circa jedem dritten Gebrauchtwagen eine Tachomanipulation vor. Die strafrechtliche Verfolgung ist allerdings schwierig, da die Rechtslage europaweit nicht eindeutig ist. Obwohl 2017 eine EU-Verordnung zum Schutz vor Tachomanipulationen verabschiedet wurde, gilt sie nur in wenigen EU-Ländern wie Deutschland oder Frankreich als Straftat. In diesen Ländern drohen bei einer nachgewiesenen Tachomanipulation eine Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Gefängnis.

Die EU-Verordnung besagt: Der Kilometerstand soll seit September 2017 bei neuen Fahrzeugmodellen und seit September 2018 bei allen Neuwagen durch technische Lösungen geschützt werden. Laut ADAC greift diese Verordnung aber noch nicht – denn der Verkehrsclub hat bei einem Stichprobentest herausgefunden, dass eine Tachomanipulation auch bei neuen Fahrzeugen weiterhin möglich ist. Dafür ist lediglich eine im Internet frei erhältliche Soft- und Hardware wie ein Tachomanipulationsgerät notwendig.

Was sind die Folgen einer Tachomanipulation?

Durch Tachomanipulationen entsteht ein hoher wirtschaftlicher Schaden – nach Expertenschätzungen beträgt dieser in Deutschland rund sechs Milliarden Euro pro Jahr. Denn durchschnittlich zahlen Gebrauchtwagenkäufer aufgrund einer Tachomanipulation 3.000 Euro mehr, als das Auto eigentlich wert ist. Zudem stellt ein manipulierter Kilometerstand ein Sicherheitsrisiko dar – zum Beispiel, wenn Käufer nicht korrekt über Serviceintervalle nach Kilometerständen informiert sind. Dann kann es zu der falschen Annahme kommen, dass der Austausch von bestimmten Fahrzeugteilen nach Kilometerstand, wie dem Zahnriemen oder der Bremsbeläge, noch Zeit hat – und das Unfallrisiko steigt.

Werden Wechselintervalle aufgrund einer Tachomanipulation überschritten, kann das zu einer Gefahr im Straßenverkehr werden. Der Grund: Viele Autoteile müssen regelmäßig nach Laufleistung ausgetauscht werden. Sind beispielsweise die Bremsbeläge zu stark abgenutzt, arbeiten sie nicht mehr richtig. Daher empfiehlt der ZDK, Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Bremsbeläge jährlich überprüfen zu lassen – und zwar unabhängig vom Kilometerstand. Auch kann eine Überschreitung des Wechselintervalls teure Folgekosten verursachen. Reißt beispielsweise der Zahnriemen, droht ein kapitaler Motorschaden. Denn dabei werden meist auch wichtige Ventile und Kolben beschädigt.

Ein Mann betrachtet diverse Gebrauchtwagen auf der Verkaufsfläche eines Autohauses.
Ein Mann betrachtet diverse Gebrauchtwagen auf der Verkaufsfläche eines Autohauses.
Betrugsrisiko minimieren

Ob Vorauszahlung oder Phishing-Mails: Wie man einen Betrug beim Gebrauchtwagenkauf erkennt und sich vor gängigen Maschen schützt.

Wie kann man eine Tachomanipulation feststellen und nachweisen?

Eine Tachomanipulation ist schwer nachweisbar – oft selbst für Fachwerkstätten und Sachverständige. Aber keine Sorge: Auch Laien können etwas tun, um festzustellen, ob der Kilometerstand zurückgedreht wurde. Denn es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Tachomanipulation zu erkennen.

So erkennt man eine Tachomanipulation

  • Scheckheft: Kontrolliere die Angaben im Scheckheft auf Unstimmigkeiten. Das Auto ist durchschnittlich 12.000 Kilometer pro Jahr gefahren – in einem Jahr aber deutlich weniger? Das kann entweder darauf hindeuten, dass der Wagen in einem Jahr einfach nur seltener genutzt wurde. Oder aber, dass der Tacho manipuliert wurde. Hake in diesem Fall beim Verkäufer nach, warum die Laufleistung abweicht. Sieht das Scheckheft zu neu aus und alle Unterschriften und Daten haben die gleiche Handschrift, handelt es sich wahrscheinlich um eine Fälschung.
  • Berichte: Überprüfe die HU- und TÜV-Berichte sowie Wartungs- und Reparaturberichte auf eventuelle Auffälligkeiten. So schützt Du Dich auch vor getarnten Totalschäden. Diese Berichte sind nicht vorhanden? Dann nimm Kontakt zur zuständigen Werkstatt auf. Sie speichert alle notwendigen Daten wie die Reparaturhistorie und Kilometerstände digital. So kannst Du den letzten dokumentierten Kilometerstand nachvollziehen und Unstimmigkeiten durch eine mögliche Tachomanipulation aufdecken.
  • Aufkleber: Überprüfe alle Aufkleber im Motorraum, die Hinweise auf Inspektionen, Kilometerstand und das jeweilige Datum der durchgeführten Kontrolle liefern. Auf der Ölwechsel-Plakette steht, dass der nächste Ölwechsel bei 160.000 Kilometern fällig ist – doch das Auto hat angeblich erst eine Laufleistung von 100.000 Kilometern? Das ist auffällig und kann darauf hindeuten, dass der Kilometerstand zurückgedreht wurde. Denn ein Ölwechsel ist nach spätestens 40.000 Kilometern fällig.

Überprüfung des Allgemeinzustandes des Fahrzeugs

Der allgemeine Fahrzeug-Zustand kann auch Hinweise auf die Laufleistung geben. Autos mit einer hohen Kilometerzahl haben auch einen höheren Verschleiß. Dieser zeigt sich oft an abgenutzten Pedalgummis oder dem Schaltsack. Solche Teile sind allerdings leicht auszutauschen. Sehen sie für einen Gebrauchtwagen sehr neu aus, kann das darauf hindeuten, dass sie kürzlich erneuert wurden – das spricht aber nicht zwangsläufig dafür, dass der Kilometerstand zurückgedreht wurde.

Anhaltspunkte für eine eventuelle Tachomanipulation:

  • Abgenutzte Polster bei einer geringen Kilometerlaufleistung
  • Gebrauchsspuren am Lenkrad bei einer niedrigen Laufleistung
Ein junger Mann poliert einen grauen Pkw, der vor einer Wand mit Graffiti steht.
Ein junger Mann poliert einen grauen Pkw, der vor einer Wand mit Graffiti steht.
Kauf eines Gebrauchten

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Wie Du Dich beim Gebrauchtwagenkauf absicherst

Um Dich beim Gebrauchtwagenkauf zu schützen, bestehe als Angabe im Kaufvertrag auf „tatsächliche Laufleistung“ und nicht auf „Kilometerstand laut Tacho“. Denn letztere Angabe ist weitestgehend unverbindlich und gibt keinen Aufschluss über die tatsächliche Laufleistung des Gebrauchtwagens. Ebenso kannst Du einen Gebrauchtwagen-Check bei einem Sachverständigen oder in einem Prüfzentrum durchführen und dort den Kilometerstand prüfen lassen. Eine weitere Möglichkeit, um Dich beim Gebrauchtwagenkauf abzusichern: Kontaktiere den Vorbesitzer und erfrage den Kilometerstand beim Verkauf. Die Angaben zum Vorbesitzer findest Du im Fahrzeugbrief, der Zulassungsbescheinigung Teil 2.

Tachomanipulation beim Werkstatttermin überprüfen lassen

Du bezweifelst, dass der Kilometerstand Deines Autos korrekt ist? Dann lasse ihn in einer Fachwerkstatt überprüfen. Profis können zudem den Wartungsintervall-Speicher auslesen. Manche Autohersteller hinterlegen diese Daten auch im Zündschlüssel – eine Tatsache, die Hacker bei der Tachomanipulation oft vergessen. In diesem Fall fliegt der Betrug bei der Prüfung in einer Fachwerkstatt auf.

Ein Automechaniker untersucht den Motorraum eines Pkw.
Quelle: TÜV Rheinland AG
Im Zweifelsfall den Profi fragen: In Fachwerkstätten können Wartungsintervall-Speicher ausgelesen werden.

Besteht ein Verdacht auf Manipulation, kann die Werkstatt auch das Produktionsdatum von Tacho und anderen Steuergeräten ermitteln. Sind diese jünger als das Produktionsdatum des Fahrzeugs, wurden sie nachträglich ausgetauscht. In diesem Fall muss der Vorbesitzer belegen können, dass die Fahrzeugteile aufgrund eines Defekts ausgetauscht wurden. Das kann er nicht beweisen? Dann erhärtet sich der Verdacht einer Tachomanipulation.

Was kann ich bei einem Betrug tun?

Ist der Tacho nachweislich niedriger als die tatsächliche Laufleistung und weiß der Verkäufer von der Manipulation des Kilometerstandes, ohne den Käufer zu informieren, liegt eine arglistige Täuschung vor. In diesem Fall hast Du neben der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurücktreten. Bei Gebrauchtwagen kann der Verkäufer diese Gewährleistung auf zwölf Monate begrenzen – sie gilt allerdings nur für Käufe bei einem gewerblichen Händler. Nachdem Du vom Kaufvertrag zurückgetreten bist, kannst Du vom Verkäufer fordern, den Kaufpreis zurückzuzahlen. Bei einer nachgewiesenen Tachomanipulation kann man zusätzlich Schadensersatz verlangen.

Ein Beispiel: Du hast ein gebrauchtes Auto für 10.000 Euro gekauft, dessen Laufleistung der Verkäufer mit 100.000 Kilometern angegeben hat. Nach dem Kauf stellt sich heraus, dass der echte Kilometerstand 200.000 Kilometer beträgt. In diesem Fall hat das Fahrzeug dann nur einen Wert von 5.000 Euro und Dir steht ein Schadensersatz über die Differenz zu.

Ist die Frist der gesetzlichen Gewährleistung abgelaufen, ist es schwerer, den Betrugsversuch durch eine Tachomanipulation nachzuweisen. Die Verjährungsfrist für Betrug beträgt fünf Jahre. In dieser Zeit hatte das Auto mehrere Vorbesitzer? Dann ist es leider beinahe unmöglich, einen Täuschungsversuch nachzuweisen, da jeder Vorbesitzer tatverdächtig sein kann. Wenn Du eine Tachomanipulation vermutest, solltest Du Dich daher am besten in den ersten sechs Monaten nach Kauf auf die gesetzliche Gewährleistung berufen. Denn in dieser Zeit steht der Verkäufer in der Beweispflicht, dass beim Verkauf kein Sachmangel bestand.

Hast Du hingegen bei einem Privatkauf den Verdacht, der Tacho wurde manipuliert? Dann ist besondere Vorsicht geboten. Der Grund: Beim Auto-Privatverkauf ist das Rückgaberecht nicht immer gegeben – denn Privatverkäufer können die Gewährleistung explizit ausschließen. Vermutest Du, dass der Kilometerstand zurückgedreht wurde, höre auf Dein Bauchgefühl und lasse Dich nicht auf das Geschäft ein.

Wie wird der Kilometerstand manipuliert?

Profis können innerhalb weniger Minuten den Kilometerstand zurückdrehen. Bei älteren Fahrzeugmodellen wird der Kilometerstand auf der Kilometerwalze beispielsweise mechanisch mit einer Bohrmaschine zurückgedreht. Manchmal wird er auch gänzlich ausgetauscht und stattdessen ein Tacho mit niedriger Laufleistung eingesetzt.

Bei neueren Autos kann die Tachomanipulation dagegen elektronisch vorgenommen werden. Dieses Vorgehen ist schwerer nachweisbar als ein Austausch des Tachometers, denn es hinterlässt keine offensichtlichen Spuren am Fahrzeug. Ein weiteres Problem: Die Tachomanipulationsgeräte und die benötigte Software sind frei erhältlich und einfach zu bedienen. Ein Tacho-Blocker ist oftmals schwer nachzuweisen. So haben Betrüger leichtes Spiel.

Doch Tachos werden nicht nur vor dem Verkauf eines Gebrauchtwagens frisiert. Auch während der Nutzung werden Kilometerstände manipuliert – zum Beispiel, wenn die Werkstatt die falschen Daten der Fahrzeughistorie übernimmt. Die Folge: Die Laufleistung des Fahrzeugs erscheint niedriger. Neben Gebrauchtwagenkäufern sind daher beispielsweise auch Leasingfirmen von Tachomanipulationen betroffen, die bei der Laufleistung betrogen werden.

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