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Mercedes EQC im Fahrbericht: Zwei Elektromotoren beschleunigen das E-Mobil mit 408 PS
Quelle: Daimler
Zwei Elektromotoren beschleunigen den Mercedes EQC mit 408 PS

Wer sich einen Überblick darüber verschaffen will, welche Elektroautos der Markt offeriert, sollte zum Osloer Flughafen reisen. Auf dem Parkdeck auf 100 überdachten Stellplätzen mit Ladeanschluss stehen hier Tesla jeglicher Baureihe (inklusive Model 3), BMW i3, Nissan Leaf, Renault Zoe, Kia e-Soul und e-Niro, Hyundai e-Kona, Jaguar I-Pace, VW e-Golf und e-Up oder Audi e-Tron. In einem separat abgesperrten Bereich parken heute zusätzlich Autos, die es noch nicht zu kaufen gibt: Rund zwei Dutzend Mercedes EQC warten auf Testfahrten.

Der EQC soll später im Jahr zu den Händlern rollen und ein neues Kapitel der E-Mobilität bei Mercedes aufschlagen. Er wird das erste Modell der Submarke EQ, gebaut auf einer neuen Plattform, die nicht für Verbrenner entwickelt wurde. Das war bei der elektrischen B-Klasse noch anders und auch beim Smart Electric Drive. Der heißt zwar inzwischen Smart EQ, hat sich aber mit dem Namenswechsel nicht verändert. 

Der EQC steht noch nicht auf der komplett neuen, eigenständigen Elektroauto-Plattform. Mercedes entwickelt vorerst den Baukasten für die Mittelklasse (C-Klasse, GLC) weiter. Dadurch soll sich die Produktion flexibel anpassen lassen. EQC und GLC oder C-Klasse werden auf dem gleichen Band im Bremer Werk produziert. Bei entsprechender Nachfrage ließen sich vom EQC bis zu 25 Prozent mehr Exemplare bauen als nach Plan. Wie der aussieht, verrät Daimler nicht. Für 2019 und 2020 geht Mercedes davon aus, die Nachfrage nicht befriedigen zu können.

Beschleunigung: In 5,1 Sekunden auf 100 km/h

Im EQC sitzen zwei Elektromotoren mit zusammen 300 kW (408 PS) Leistung und 760 Newtonmeter Drehmoment an den Achsen. Sie sind inklusive Getriebe, Differenzial, Kühlsystem und Leistungselektronik in einer kompakten Einheit geblockt. Daimler nennt sie wenig originell eATS - elektrischer Antriebsstrang. Alle Elektromodule stammen aus dem Baukasten und können Plattform-übergreifend eingesetzt werden.

Mercedes EQC im Fahrbericht: Der Preis für das Elektroauto von Daimler startet bei knapp 71.300 Euro
Quelle: Daimler
Mercedes EQC im Fahrbericht: Der Preis für das Elektroauto von Daimler startet bei knapp 71.300 Euro

Den vorderen Motor optimiert Mercedes auf Effizienz. Er treibt das Auto vor allem bei gleichmäßigen Geschwindigkeiten und wenig Last an. Die hintere E-Maschine ist auf Performance gepolt. Viel Kraft für viel Sport, wenn man will. In 5,1 Sekunden sprintet der EQC auf Tempo 100. Wie viel Kraft an jeder Achse landet, wird variabel ermittelt. Dadurch fühlt sich der EQC trotz seines hohen Fahrzeuggewichts erstaunlich agil an, wenn man ihn flott um die Ecken treibt. 

Nicht, dass sich das in und um Oslo besonders oft erfahren ließe. Auf Landstraßen gilt Tempo 80, auf Autobahnen selten mehr als 100 km/h. Vorteil: Das schont den Akku. Dabei bekommt man in Norwegen auch so ein Gefühl dafür, wie Elektromobilität funktionieren kann. Parkhäuser und Parkplätze in Oslo stehen buchstäblich unter Strom, außerorts findet man Schnellladesäulen wie anderswo Rastplätze.

Ladezeit: In 40 Minuten von 10 auf 80 Prozent

Der Benz surrt aus dem Parkhaus. Trotz 2,5 Tonnen Gewicht federt er angenehm über Buckel und durch Schlaglöcher. Er rollt komfortabel ab und nimmt scharfe Kanten, ohne hart auszuteilen. Der EQC reagiert spontan auf den Tritt aufs Gaspedal. Sanften Druck setzt er ebenso sanft um. Unangenehme Lastwechsel oder sonstige Auffälligkeiten im Antriebsstrang sind ihm fremd. Das fühlt sich harmonisch an und ein bisschen langweilig.

Den Innenraum richtet Mercedes weitgehend so ein wie bei den Verbrennern. Mittelkonsole, Lenkrad und das große Widescreen-Display kennen Mercedes-Fahrer im Prinzip. Einige Materialien gibt es nur im EQC, die Lüftungsdüsen formt Mercedes eckig und färbt sie in roségold. Das gibt es bei den Verbrennern nicht. Die Verarbeitung macht einen soliden Eindruck, die Oberflächen fühlen sich gut an.

Das Elektroauto EQC kann mit bis zu 110 kW Leistung laden. Im Schnitt ist es jedoch weniger
Quelle: Daimler
Das Elektroauto EQC kann mit bis zu 110 kW Leistung laden. Im Schnitt ist es jedoch weniger

Nach rund 20 Minuten Fahrt steuern wir eine Tankstelle an. Nicht zum Tanken natürlich, sondern zum Laden. Etwas abseits der Benzinpumpen warten sechs Schnelllader auf Kundschaft. Man zahlt hier pauschal umgerechnet 8 Euro fürs Laden. Je leerer der Akku, desto günstiger wird die Kilowattstunde Strom also.

In den EQC passen maximal 80 kWh, sie werden im Unterboden in insgesamt 384 Zellen gespeichert. Über das Infotainmentsystem lässt sich der Ladevorgang starten, in unserem Fall identifiziert sich der Testwagen selbst an der Säule. Eine Ladekarte ist nicht nötig. Nur den Stecker muss man noch per Hand einstöpseln. Im Display wird die Ladeleistung angezeigt. Es sind etwas mehr als 80 kW.

Das sind weniger als der EQC eigentlich könnte. Er lädt mit bis zu 110 kW, doch Lithium-Ionen-Akkus lassen sich leicht stressen. Schnelles Laden vertragen sie nicht gut. Wer mit 60 Prozent Akkuladung an die Säule rollt, bekommt schon nicht mehr das maximale Tempo zugeteilt. Das gibt es nur bis maximal 50 Prozent, 80 kW hält der EQC bis 80 Prozent. Einen Akku von 10 auf 80 Prozent zu bringen dauert laut Daimler 40 Minuten.

E-Autofahren kostet also immer noch ein bisschen mehr Zeit. Daran würde auch die volle Ladeleistung der Säule nichts ändern. Sie schafft bis zu 350 kW, aktuelle E-Autos nicht. Der Audi E-Tron lädt mit bis zu 150 kW, Tesla demnächst mit bis zu 250 kW. Audi und Porsche haben für kommende Modelle 350 kW angekündigt.

Mercedes EQC: Planen statt Rasen

Es hilft also, wenn man seine Reise gut plant. Mercedes bemüht sich, das so leicht wir möglich zu machen. Das Navigationssystem kennt alle Ladesäulen, weiß, wie schnell sie sind, ob sie besetzt sind oder frei. Basierend auf der Restreichweite berechnet das Navi den günstigsten Ladestopp und berücksichtigt die Topographie, das Wetter und die Verkehrsverhältnisse. All diese Faktoren haben schließlich Einfluss auf die Reichweite. Gegebenenfalls passt das System die Berechnung dynamisch an. 

Als Nutzer kann man zudem eingeben, mit wie viel Restreichweite man am Ziel ankommen möchte. Bei der Kalkulation des oder der Stopps wird die kürzeste Reisezeit priorisiert. Entsprechend plant das System so, dass das Laden möglichst kurz ausfällt.

Auf dem Display des Infotainmentsystems zeigt der EQC an, bis wo der Fahrer mit dem aktuellen Akkustand noch kommt
Quelle: Daimler
Auf dem Display des Infotainmentsystems zeigt der EQC an, bis wohin der Fahrer noch kommt

Für die Planung gibt es eine App, damit man das Ganze vom Sofa aus oder gemütlich im Café sitzend erledigen kann. Die Route wird dann ans Auto geschickt. Dazu lässt sich der Innenraum während des Ladevorgangs klimatisieren, sodass bei der Abfahrt die Wohlfühltemperatur herrscht.

Bei unserem Test in der Nähe von Oslo berechnet das Navi für einen 360 Kilometer entfernten Zielort eine Reisezeit von gut sechs Stunden, inklusive einem Ladestopp von 52 Minuten. Der Verkehr auf norwegischen Landstraßen fließt eben eher gemütlich und offenbar stand keine sinnvoll platzierte wirklich schnelle Ladesäule zur Verfügung.

Reichweite: 380 Kilometer 

Auf der Testfahrt legen wir nur 65 Kilometer zurück. Beim Start zeigt der Bordcomputer 95 Prozent Akkustand an, am Ziel waren es noch 78 Prozent. Hochgerechnet wären also 380 Kilometer Reichweite möglich. Wir fahren überwiegend im den Fahrmodus Comfort, gelegentlich in Eco. Das Programm "Maximum Range" hätte eventuell noch einige wenige Kilometer mehr herausgeholt. Es erzieht den Fahrer zum Beispiel mit einem künstlichen Widerstand im Fahrpedal zu sanfter Fahrweise.

Über die Wippen hinter dem Lenkrad lässt sich beeinflussen, mit welcher Stärke der EQC beim Verzögern Energie zurück in den Akku leitet, also rekuperiert. Der EQC bremst dann je nach gewählter Stufe mal mehr oder weniger ab, oder er rollt frei. Bei bewusster Fahrweise lässt sich so ein wenig die Reichweite optimieren. Man kann aber auch den Auto-Modus einlegen. Dann plant der EQC Gefälle, Steigungen, vorausfahrenden Verkehr, Kreuzungen oder Kreisverkehre ein und passt die Betriebsstrategie entsprechend an.

Den Innenraum des EQC gestaltet Mercedes so ähnlich wie bei den Standardmodellen, aber mit Highlights in roségold
Quelle: Daimler
Den Innenraum des EQC gestaltet Mercedes so ähnlich wie bei den Standardmodellen, aber mit Highlights in roségold

Im Alltag fährt man damit gut. Persönliches Eingreifen ist eher etwas für persönliche Reichweitenrekorde, oder falls man sich am Steuer langweilt. Das kann durchaus passieren. Allzu emotional ist das Fahrerlebnis im EQC nicht. Aber entspannend, komfortabel und auch ein bisschen luxuriös.

Der EQC soll schließlich Kunden ansprechen, die bereit sind, viel Geld für ein Auto auszugeben, das nach wie vor ein paar Kompromisse erfordert. Immerhin: Im Vergleich zur Konkurrenz setzt Mercedes den Preis günstig an. Ab 71.281 Euro gibt es das Elektro-SUV (06/2019). Audi verlangt für den E-Tron inzwischen 80.900 Euro, Jaguar 79.450 Euro für den I-Pace. Tesla hat kein direkt vergleichbares Modell im Angebot, das größere Model X kostet mindestens 83.200 Euro.

Mercedes hat den Preis nicht zufällig so gewählt. Der EQC liegt so netto bei weniger als 60.000 Euro. Damit können Käufer die Förderung für Elektroautos beantragen. Und der EQC kostet dann nur wenig mehr als der Mercedes-AMG GLC 43 4Matic mit ähnlichen Fahrleistungen, bringt dafür aber ein paar Ausstattungsextras mehr mit.

Mercedes EQC Technische Daten

  • Modell: Mercedes EQC 400 4Matic
  • Motor: Zwei Asynchron-Elektromotoren
  • Leistung: 300 kW (408 PS)
  • Drehmoment: 760 Nm
  • 0-100 km/h: 5,1 s
  • Geschwindigkeit: 180 km/h (abgeregelt)
  • Antrieb: Allrad, Ein-Gang-Getriebe
  • Akku-Kapazität: 80 kWh
  • Reichweite: 445-471 km (NEFZ)
  • Ladeleistung: max. 110 kW (DC), 7,4 kW (AC)
  • Ladezeit DC 10-80 Prozent: 40 min.
  • Ladezeit AC 10-80 Prozent: ca. 11 h
  • Verbrauch: 20,8-19,7 kWh/100 km
  • CO2-Ausstoß: 0 g/km
  • Gewicht: 2.495 kg
  • Anhängelast: 1.800 kg
  • Kofferraum: 500-1.460 l
  • Länge: 4.762 mm
  • Breite: 1.884 mm
  • Höhe: 1.624 mm
  • Radstand: 2.873 mm
  • Preis: ab 71.281 Euro

Mercedes EQC 400 4Matic - Bilder

Mercedes EQC Innenraum: Widescreen-Display und das Infotainment MBUX gibt es im Elektroauto serienmäßig
Das Elektroauto EQC kann mit bis zu 110 kW Leistung laden. Im Schnitt ist es jedoch weniger
Mercedes EQC im Fahrbericht: Zwei Elektromotoren beschleunigen das E-Mobil mit 408 PS
Mercedes EQC im Fahrbericht: Zwei Elektromotoren beschleunigen das E-Mobil mit 408 PS
Den Innenraum des EQC gestaltet Mercedes so ähnlich wie bei den Standardmodellen, aber mit Highlights in roségold
Mit einer Akkuladung fährt der EQC bis zu 380 Kilometer weit, dann muss er an die Steckdose
Mercedes EQC im Fahrbericht: Der Preis für das Elektroauto von Daimler startet bei knapp 71.300 Euro
Um den Akku des Mercedes EQC von 10 Prozent auf 80 Prozent zu bringen, dauert es etwa 40 Minuten
Auf dem Display des Infotainmentsystems zeigt der EQC an, bis wo der Fahrer mit dem aktuellen Akkustand noch kommt
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Mercedes EQC Innenraum: Widescreen-Display und das Infotainment MBUX gibt es im Elektroauto serienmäßig
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Das Elektroauto EQC kann mit bis zu 110 kW Leistung laden. Im Schnitt ist es jedoch weniger
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Zwei Elektromotoren beschleunigen den Mercedes EQC mit 408 PS
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Der Kofferraum des EQC fasst 500 bis 1.460 Liter, die Anhängelast des SUV liegt bei 1.800 Kilogramm
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Den Innenraum des EQC gestaltet Mercedes so ähnlich wie bei den Standardmodellen, aber mit Highlights in roségold
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Mit einer Akkuladung fährt der EQC bis zu 380 Kilometer weit, dann muss er an die Steckdose
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Mercedes EQC im Fahrbericht: Der Preis für das Elektroauto von Daimler startet bei knapp 71.300 Euro
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Um den Akku des Mercedes EQC von 10 Prozent auf 80 Prozent zu bringen, dauert es etwa 40 Minuten
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Auf dem Display des Infotainmentsystems zeigt der EQC an, bis wohin der Fahrer noch kommt
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