So fährt der Plug-in-3er BMW 330e
Dieser Plug-In-Hybrid soll nicht nur weit stromen, sondern Spaß machen - mit Elektro-Boost. Erste Fahrt im BMW 330e (G20). Das kann der 3er mit Stecker.
Der Piepmatz auf der Landstraße wirkt ahnungslos. Er scheint das Auto nicht zu hören. Das kommt einem hier drinnen, auf dem Fahrersitz des BMW 330e, nachvollziehbar vor. Schön leise ist es. Bei gut 90 km/h dringt kaum Lärm in den Innenraum. Vom Motor kommt gar nichts an. Klar, die Limousine fährt elektrisch. Und das bis weit jenseits der 90 km/h. Bis 110 km/h bleibt der Verbrenner im Hybrid-Modus aus, im Modus Electric sind sogar bis 140 km/h möglich.
Willkommen im neuen BMW 330e. Mit ihm will BMW endlich große Stückzahlen machen und so den Flottenverbrauch senken. Denn der Plug-in-Hybrid (PHEV) verbraucht nur zwischen 1,9 und 1,6 Litern Super laut Norm, was im besten Fall einem CO2-Ausstoß von 37 Gramm pro Kilometer entspricht.
Dafür hat BMW im Vergleich zum Vorgänger das Hybrid-System überarbeitet. Wichtigste Änderung fürs Datenblatt: Der Akku wurde größer und kommt nun auf eine Kapazität von 12 kWh brutto, wovon netto etwa 10,8 kWh zur Verfügung stehen dürften. Für die rein elektrische Reichweite verspricht BMW zwischen 59 und 66 Kilometern. Bei einer ersten Testfahrt musste der 330e nun zeigen, wie realistisch das ist. Und auch, ob er mit seinen 252 PS (185 kW) Systemleistung dem sportlichen Anspruch von BMW gerecht wird.
BMW 330e: Viel Transparenz beim Sparen
Um möglichst sparsam zu fahren, rechnet der 3er viel im Hintergrund und schaut voraus. Die 3er-Limousine weiß, wann die nächste Geschwindigkeitsbegrenzung kommt, sie kennt die nächste Kreuzung oder Kurve und weiß, wann die nächste Ortsdurchfahrt ansteht. Das System bereitet sich darauf vor, denn auf der Dorfstraße soll der 330e möglichst viel elektrisch fahren.
Derartige Berechnungen sind für Plug-in-Hybride nichts Ungewöhnliches. Ihr Potenzial spielen sie nur aus, wenn die Energie im Stromspeicher möglichst effizient genutzt wird. Steigungen, Kurven, Tempolimits und Ortsdurchfahrten wollen berücksichtigt werden. Wie transparent der 3er seine Rechenergebnisse macht, ist schon eher speziell.
Sofern man die entsprechende Ansicht auf das Zentral-Display holt, informiert der BMW, wann er sich auf den nächsten Ort vorbereitet und auch darüber, wann er innerorts elektrisch unterwegs ist und warum. Sonst wird der Energiefluss angezeigt: saugt der E-Motor Energie aus dem Akku oder unterstützt der Verbrenner? Segelt der 3er antriebslos dahin oder rekuperiert er, speist also Energie, die beim Verzögern gewonnen wird, wieder in den Akku?
Fast 60 Kilometer ohne Benziner
Vor allem beim Rekuperieren spürt man, dass das Auto den Weg kennt. Kurz vor dem Tempolimit hinter der nächsten Kurve, geht er vom Rollen ins Rekuperieren über und bremst so stärker ab. Das gleiche vor Ortsdurchfahrten oder Kurven. Dass der Fahrer den Fuß vom Gas nehmen soll, zeigt ein kleines blaues Symbol im gestochen scharfen Head-up-Display in der Windschutzscheibe an. Wenn man alles richtig macht, verwandelt der kleine „Gasfuß“ sich in ein Häkchen.
Man kann sich davon gegängelt fühlen, aber es kann auch Spaß machen. Schließlich geht es ja genau darum: Möglichst viel elektrisch fahren, möglichst wenig den Verbrenner bemühen. Wann der anspringt, merkt man oft nur an der Anzeige im Display, so verschliffen ist BMW der Übergang zwischen den Betriebsarten gelungen.
Ergebnis der Bemühungen: Auf einer Strecke von knapp 87 Kilometern waren wir fast 60 Kilometer im „eDrive“-Modus unterwegs. Wohlgemerkt, nicht "nur" elektrisch. Die kleine blaue Anzeige im BMW rechnet antriebslose Kilometer mit. Die Fahrt ging aus dem Münchner Umland über viel Landstraße, etwas Autobahn und durch diverse Ortschaften. Eine typische Pendelstrecke – allerdings mit genügend Zeit für ein paar Umwege. Über gewundene Landstraßen.
Viel Gewicht, niedriger Schwerpunkt
Zeit für den Sport-Modus im 330e. Der macht das Übliche: Der 3er reagiert spontaner aufs Gaspedal, lenkt mit etwas mehr Gewicht, die Achtgang-Automatik schaltet aggressiver und das (ohnehin eher straffe) Fahrwerk strafft sich weiter. Anders als in 3ern mit konventionellem Antrieb, schaltet der Sport-Modus auch „Xtraboost“ frei.
Ein beherzter Tritt aufs Gaspedal und der 330e legt los, wie angestochen. Er reagiert spontan auf den Tritt, beinahe ansatzlos schiebt er vorwärts. Vehementer, als die 30 kW (40 PS) Extraleistung vermuten lassen, denn der E-Motor überspielt die turbomotortypische Verzögerung beim Kick-Down effektiv. Für maximal 10 Sekunden gibt es den Schub, doch da ist man längst in unvernünftigen Geschwindigkeitesbereichen unterwegs. Man boostet kürzer, aber immer wieder gerne am Kurvenausgang.
Dabei fühlt sich der Plug-in-Hybrid erstaunlich behend an. Mit 1.815 Kilo ist er nicht gerade drahtig, der 330i mit 258 PS wiegt 260 Kilo weniger, selbst der 330d mit 3,0-Liter-Diesel unterbietet den PHEV mit 1.665 Kilo deutlich. Doch BMW hat es geschafft, das viele Gewicht weit unten zu platzieren. Der 3er geht mit wenig Seitenneigung um die Ecken, die Balance ist gewohnt neutral, Lenkung und Fahrwerk harmonieren wunderbar.
BMW 330e: Härter als seine Brüder
Jedenfalls bei spaßiger Fahrt. Niedriges Tempo und holpriger Innenstadtbelag sind keine optimale Kombination für den 330e. Er rollt zwar passabel ab, federt aber ganz schön straff. Nicht nur im Sport-Modus, auch in allen anderen, mehr dem gemütlichen Gleiten verpflichteten Modi. Kein Drama, BMW-3er-Fahrer sind das im Prinzip gewohnt, doch das hohe Gewicht spürt man. Der 330e erreicht nicht die verbindliche Kombination aus Straffheit ohne Härte, anderer 3er. Immerhin: Auf der Autobahn, bei höheren Geschwindigkeiten, fällt das kaum auf.
Doch die lange Strecke ist nicht die Domäne des 330e. Er bietet alle modernen Assistenten (Spurhalter, Abstandtempomat, Stau-Assistent etc.), das feine Infotaionmentsystem jüngster Generation mit allerlei Konnektivität, dazu auch auf langen Strecken bequeme Sitze, aber nicht annähernd die Sparsamkeit eines Diesels. Nicht, wenn die Strecken länger und die Geschwindigkeiten höher werden. Früher oder später ist der Akku alle und kann nicht mehr unterstützen.
Auf unserer Testfahrt erreichten wir einen Durchschnittsverbrauch von 2,7 Litern – Spaß inklusive und ohne große Mühe. Wer regelmäßig lädt, kann im Extremfall ewig ohne Nachtanken unterwegs sein. Doch sobald es auf die lange Strecke geht, gerät der Plug-in-Hybrid an seine Grenzen. Jeder Diesel fährt dann sparsamer, viele Benziner auch, weil sie weniger Gewicht schleppen. Trotzdem: für Pendler kann sich der 330e lohnen. Finanziell allerdings vor allem, weil der Staat ihn bei der Dienstwagenbesteuerung bevorzugt. BMW verlangt mindestens 51.550 Euro für den 330e, der 330i ist hingegen schon für 44.750 Euro zu haben, der 330d kostet mit 49.450 Euro ebenfalls weniger. Da sollte BMW nochmal nachjustieren.
BMW 330e (G20, 2019): Technische Daten, Preis
- Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner
- E-Motor: Synchron-Elektromotor
- Leistung Benziner: 184 PS (135 kW) b. 5.000-6.500 U/min
- Leistung E-Motor: 83 kW (113 PS) b. 3.170 U/min
- Systemleistung: 252 PS (185 kW), 292 PS mit Xtraboost
- Drehmoment Benziner: 300 Nm b. 1.350-4.000 U/min
- Drehmoment E-Motor: 265 Nm b. 0-3.170 U/min
- Rekuperationsleistung: 20 kW
- Antrieb: Hinterräder, 8-Gang-Automatik
- 0-100 km/h: 5,9 s
- Geschwindigkeit: 230 km/h
- Geschw. elektrisch: 140 km/h
- Reichweite elektr.: 59-66 km
- Verbrauch: 1,9-1,6 l/100 km
- CO2-Ausstoß: 43-37 g/km
- Länge: 4.709 mm
- Breite: 1.827 mm
- Höhe: 1.444 mm
- Radstand: 2.851 mm
- Kofferraumvolumen: 375 l
- Gewicht (EG): 1.815 kg
- Preis: ab 51.550 Euro