Seat Leon 4 (2020) im Test
Seat löst den Leon vom VW Golf: Der kompakte Spanier wird groß, digital und eigenständig. Als Kombi gehört er zu den geräumigsten seiner Klasse. Test.
- Der Seat Leon in Kürze
- Seat Leon und Leon ST (2020): Kofferraumvolumen, Maße, Platzangebot | Kofferraumvolumen, Maße, Platzangebot
- Innenraum, Materialien, Verarbeitung im Seat Leon 4 (2020) |Innenraum, Materialien, Verarbeitung
- Seat Leon (2020) im Test: Infotainment, Radio, Konnektivität |Infotainment, Radio, Konnektivität
- Sicherheit und Assistenzsysteme im Seat Leon (2020) |Sicherheit und Assistenzsysteme
- Seat Leon 1.5 TSI DSG (2020) im Test: Motor, Getriebe, Verbrauch |Motor, Getriebe, Verbrauch
- Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung im Seat Leon 4 (2020) |Fahrerhalten, Fahrwerk, Lenkung
- Seat Leon 4 (2020) im Test: Ausstattung, Preise, Fazit
- Seat Leon 4 (2020): Technische Daten
Bisher war der Seat Leon die spanische Interpretation eines VW Golf. In Technik und Größe beinahe identisch, in der Ausstattung etwas eingeschränkt, dafür aber günstiger und optisch nicht so bieder. In seiner Neuauflage wird der Leon eigenständig. Technisch bleibt er ein Zwilling des Golf, in Optik und Größe setzt er sich aber stärker ab. Was sich sonst tut im Seat Leon 4, klärt unser Test
Der Seat Leon in Kürze
- Vierte Generation des Seat Leon
- Länger, größerer Radstand, mehr Platz auf der Rückbank
- Neue Motoren mit 90 bis 204 PS
- Mild-Hybride, ein Plug-in-Hybrid
- LED-Licht serienmäßig
- Preise Seat Leon: ab 20.570 Euro
- Seat Leon Sportstourer ab 21.920 Euro
Seit 2017 schlummern 300 PS unter der Haube. Technik und Motor teilt sich der Leon mit dem Konzernbruder Golf GTI.
Seat Leon und Leon ST (2020): Kofferraumvolumen, Maße, Platzangebot | Kofferraumvolumen, Maße, Platzangebot
Die wichtigste Neuerung im Seat Leon: Er wird größer. Verglichen mit seinem Vorgänger legt der Fünftürer um rund neun Zentimeter zu. Er misst jetzt knapp 4,37 Meter in der Länge. Nur ein Teil davon verpufft in Optik, Fußgängerschutz und Platz für Assistenzsysteme: Ein um fünf Zentimeter gestreckter Radstand (2,69 Meter) schafft Platz in der zweiten Sitzreihe. Dort sitzen jetzt selbst Erwachsene großzügig.
Die Kombi-Version Seat Leon ST (für Sportstourer) legt im gleichen Rahmen zu: Mit fünf Zentimetern mehr Radstand (ebenfalls 2,69 Meter) und neun Zentimetern mehr Länge (4,64 Meter) gegenüber Generation drei haben Rückbänkler mehr Platz. Zudem wächst der Kofferraum um 30 auf 617 Liter Volumen. Ein variabler Ladeboden und eine Fernentriegelung für die Lehnen der Rückbank machen ihn praktisch. Im kurzen Leon ändert sich mit dem Modellwechsel hinter den Rücksitzen nichts – er lädt weiterhin 380 Liter Gepäck ein.
Innenraum, Materialien, Verarbeitung im Seat Leon 4 (2020) |Innenraum, Materialien, Verarbeitung
Im Innenraum sucht Seat im Leon 4 einen neuen Spagat aus Anmutung und Materialkosten: Das Cockpit sieht schicker aus, als es sich anfühlt. Der obere Teil des Armaturenbrettes bekommt eine interessante Struktur, Dekorspangen lockern den Aufbau farblich auf. In einem Bogen spannt sich Ambientelicht. Gut gelöst: Seat integriert den Toter-Winkel-Warner in diese Lichtleiste. Das wirkt schick und gut durchdacht.
Weniger schön: Der Aufbau wirkt nicht mehr so solide wie im Vorgänger. Wer genau hinschaut, erkennt mittelmäßige Materialien im Innenraum. Seat überspielt das mit Formen und Gestaltung, hält aber nicht den Standard. Umso ärgerlicher, dass bei unserem Testwagen der Hebel für die Entriegelung der Motorhaube abfällt.
Besonders nervt uns aber eine andere Eigenart des Leon 4. Sein schlüsselloses Schließsystem erlaubt es, das Auto mit einer Berührung am Türgriff abzuschließen. Eigentlich sollte er sich genauso einfach entriegeln lassen – aber das funktioniert nur in den seltensten Fällen. Oft reagiert das Auto gar nicht auf den Kontakt zur Hand. Diesen Fehler stellen wir bei insgesamt vier Testwagen der Baureihe fest.
Die Speerspitze der Zulassungsstatistik: Der Bestseller aus Wolfsburg geht in die achte Generation.
Seat Leon (2020) im Test: Infotainment, Radio, Konnektivität |Infotainment, Radio, Konnektivität
Apropos Berührungen: Die spielen im Leon 4 generell eine wichtige Rolle. Seat räumt das Cockpit so gründlich auf wie ein 14-Jähriger sein Zimmer vor dem ersten Damenbesuch. Knöpfe auf der Konsole sind die Ausnahme. Sie bleiben nur für Warnblinkanlage und Handbremse erhalten. Alles, was nicht in den Vordergrund gehört, versteckt sich in digitalen Schubladen.
Das wirkt radikal, zumal der Vorgänger wirklich kein Chaot war. Dennoch sehnt sich Seat offensichtlich nach einem neuen Image: Modern, sauber und schlank soll das Cockpit wirken. Sein großes Touch-Display übernimmt der Leon vom Golf, zeigt aber selbst gezeichnete Grafiken an. Leider gehört die nicht beleuchtete Touch-Leiste für Temperatur und Lautstärke zu den Übernahmeteilen. Sie wirkt schon im Golf unnötig digital und ist letztendlich nur unpraktisch.
Beim Aufräumen geht an manchen Stellen Tempo vor Ordnung: Einige Funktionen verstecken sich in einer unerwarteten Schublade. Seat verzichtet auf separate Tasten in der Konsole, die bestimmte Themenfelder ansprechen (Zum Beispiel: Klimaanlage, Assistenz). Es dauert eine Weile, bis alles flüssig läuft und wir jede Funktion finden. Die Spracheingabe hilft, versteht uns aber meist erst beim zweiten Versuch.
Sicherheit und Assistenzsysteme im Seat Leon (2020) |Sicherheit und Assistenzsysteme
Mit der Digitalisierung geht bei Seat eine Optimierung der Assistenten einher. Der Leon achtet auf Spur und Abstand und warnt, wenn ihm andere Autos oder die Fahrbahnmarkierungen zu nahe kommen. Er erkennt sie leider nicht immer. In einer Autobahnbaustelle schimpft er wiederholt, wir mögen bitte in der Spurmitte fahren. Das tun wir, nur kommt das Auto bei mehreren Linien durcheinander. Ein Abschalten des Helfers quittiert er mit einem Warnsymbol in der Anzeige.
Abseits solcher Sondersituationen funktioniert die Autonomie im Seat in den meisten Fällen gut. Die Assistenz entspannt während längeren Fahrten. Generell hält sie zuverlässig den Abstand zum Vordermann, das Tempo und die Spur. Schade: Bei einer Gelegenheit steigt das System vollständig aus. Erst nach einem Neustart funktioniert es wieder. An dieser Stelle darf Seat gern nachbessern – und bei der Gelegenheit gleich den Kollisionswarner etwas weniger empfindlich einstellen.
Die jugendliche Alternative zum VW Golf – mit gleicher Technik.
Seat Leon 1.5 TSI DSG (2020) im Test: Motor, Getriebe, Verbrauch |Motor, Getriebe, Verbrauch
Seat baut neue Benziner in den Leon 4. Der 1,5-Liter-Vierzylinder stammt prinzipiell vom Vorgänger, wird aber zum Modellwechsel in Verbindung mit dem Doppelkupplungsgetriebe zum Mild-Hybrid. Ein Riemen-Startergenerator übernimmt die Funktionen von Anlasser und Lichtmaschine. Er kann den Verbrenner besonders sanft stoppen und starten. Davon merkt der Fahrer fast nichts.
Toller Nebeneffekt: Weil der Startergenerator etwas Kraft zum Vortrieb beisteuert, haben die Konstrukteure mehr Spielraum für die Abstimmung. Sie verbessern vor allem die Übergänge in unangenehmen Situationen, zum Beispiel bei unerwarteten Lastwechseln im Kriechbetrieb. Wo der alte Leon oft ruckelte, bewegt sich der neue seidenweich. Nur kurz vor dem Stillstand bremst er manchmal etwas abrupt.
Hauptaufgabe der milden Elektrifizierung: Sie soll Sprit sparen. Das gelingt ihr vortrefflich. Wir pendeln mit dem Leon mit 5,2 Litern Durchschnittsverbrauch ins Berliner Umland. Auf der zügig gefahrenen Langstrecke bewegen wir ihn mit 7,5 Litern pro 100 Kilometer. Obwohl Seat das Tankvolumen auf 45 Liter reduziert, fahren wir mit einer Füllung im Kombi fast 700 Kilometer weit.
Der 150-PS-Benziner zieht den großen Kombi zackig und souverän durch den Test. Im kurzen Leon darf es eine Stufe kleiner sein – er fährt in der Regel mit weniger Ladung. Besonders schön klingt der Vierzylinder allerdings nicht. Bei hohen Drehzahlen dröhnt er angestrengt. Um sportliche Ansprüche kümmert sich Seats junge Schwestermarke Cupra mit bis zu 300 PS in der gleichen Karosserie.
Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung im Seat Leon 4 (2020) |Fahrerhalten, Fahrwerk, Lenkung
Eine gewisse Sportlichkeit lässt sich Seat dennoch nicht nehmen. Vor allem der Leon-Fünftürer federt straff an, für unseren Geschmack zu hart. Das gilt vor allem bei langsamem Tempo: In einer mäßig asphaltierten Stadt nervt die Härte nach einigen Kilometern. Der Kombi gibt gefühlt etwas sanfter nach.
Besonders auf der Autobahn und auf flink gefahrenen Landstraßen verhält sich der Leon angenehmer. Bei schneller Bewegung passen Federung und Dämpfung zum Auto. Der Seat vermittelt ein gutes Gefühl zum Asphalt und lenkt zackig ein. An dieser Stelle fühlt er sich dynamischer an als ein VW Golf.
Gut: Ein neuer Hilfsrahmen an der Vorderachse erhöht die Steifigkeit im Vorderwagen. Das fällt im normalen Fahrbetrieb kaum auf, verbessert aber die Stabilität in der Kurve. Der Leon mag nicht über die Vorderräder schieben, sondern hält die Balance besser als sein Vorgänger.
Seat Leon 4 (2020) im Test: Ausstattung, Preise, Fazit
Der Leon macht seit 2020 einige Dinge besser als zuvor. Er bewegt sich zügiger, fährt sparsamer, wirkt eigenständiger und bietet mehr Platz. Uns gefallen der sportliche Anspruch (obwohl er manchmal nervt) mit tiefer Sitzposition und der Platz hinter der B-Säule. Nur das unnötig digitale Infotainment-System und einige Kinderkrankheiten verderben uns beim Test den Spaß.
Ebenfalls schade: Seat bietet im Leon nicht alle Extras an, die seine Plattform anbietet. Ein Head-up-Display und Matrix-Licht stehen nicht in der Preisliste. Mit dem Verzicht soll er sich von den teureren Konzernbrüdern distanzieren. Blöderweise wächst auch der Abstand zur konzernfremden Konkurrenz.
Der Seat Leon startet bei 20.570 Euro, der Leon Sportstourer bei 21.920 Euro. Dafür gibt es die Basisausstattung („Reference“) mit eingeschränkter Optionsliste und einen Dreizylinder-Benziner mit 90 PS. Unser Testwagen, ein Leon Sportstourer Xcellence 1.5 eTSI ACT mit Siebengang-DSG, kostet in der Basis 30.550 Euro. Drei-Zonen-Klimaautomatik, das (mangelhafte) Keyless-System, getönte Scheiben, Ambientelicht, Sportsitze, digitale Instrumente und allerhand optische Feinheiten sind im Preis dabei.
Im Testwagen kommen noch rund 9.500 Euro für große Alus, induktives Smartphone-Laden, das große Navi, Dynamik-Paket, Parkhilfen, LED-Licht und Assistenten hinzu. Macht insgesamt: 40.059 Euro laut Liste.
• Motor: 2,0-Liter-Turbobenziner
• Leistung: 300 PS
• 0-100 km/h: 5,2 s | Vmax: 247 km/h
Seat Leon 4 (2020): Technische Daten
Modell | Seat Leon Sportstourer 1.5 eTSI DSG |
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Motor | 1,5-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner (Mild-Hybrid) |
Leistung | 150 PS (110 kW) b. 5.000-6.000 U/min |
Drehmoment | 250 Nm b. 1.500-3.500 U/min |
Antrieb | Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Frontantrieb |
0-100 km/h | 8,7 s |
Geschwindigkeit | 221 km/h |
Verbrauch | 5,8 l/100 km (WLTP) |
CO2-Ausstoß | 132 g/km |
Testverbrauch | 5,2 l/100 km |
Länge | 4.642 mm |
Breite | 1.799 mm |
Höhe | 1.448 mm |
Radstand | 2.686 mm |
Leergewicht | 1.410 kg |
Kofferraumvolumen | 620-1.600 l |
Basispreis Seat Leon ST | 21.920 Euro |
Preis des Testwagens | 40.059 Euro |
Der Seat Leon in Bildern
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