Schöner Kombi: Der Peugeot 508 SW im Alltagstest
Der Peugeot 508 SW streckt sich nach oben. Mit hübscher Optik und viel Laderaum, soll er eine Alternative zur deutschen Premium-Konkurrenz sein. Der Kombi im Test.
Man sieht es an den Blicken und an den sich drehenden Köpfen: Peugeot hat beim 508 viel richtig gemacht. Er sieht einfach gut aus, dieser Mittelklässler. Als Limousine mit großer Heckklappe vielleicht noch mehr als mit Kombiheck, doch auch der Kombi namens SW stößt fast überall auf Wohlwollen. Außerdem passt eine Menge hinten rein. Ist der 508 SW also eine Alternative zu den üblichen Verdächtigen aus Ingolstadt, München und Stuttgart? Wir haben ihn zwei Wochen im Alltag getestet.
Abmessungen, Kofferraumvolumen, Platzangebot
Klarer Punkt für Frankreich: Peugeot bringt in der schönen Blechhülle auf rund 4,78 Metern Länge viel Raum unter. Das Kofferraumvolumen liegt bei 530 Litern, bevor man die Rückbank über die beiden Hebel im Gepäckraum flach gelegt hat. Umgeklappt werden 1.780 Liter draus. Audi, BMW oder Mercedes bringen in A4, 3er Touring oder Mercedes C-Klasse längst nicht so viel unter. Um die 500 bis um die 1.500 Liter sind es jeweils. Reichlich Platz also, den man dem schlank wirkenden 508 SW äußerlich nicht zutraut.
Und innen eigentlich auch nicht. Die Rückenlehnen fallen längst nicht waagerecht um, die Ladefläche steigt ein gutes Stück an. Beim Aufrichten klemmen die Lehnen zudem die Sicherheitsgurte ein und man braucht recht viel Kraft zum Verriegeln. Unter dem doppelten Boden gibt es im Testwagen kein weiteres Fach, hier lagert das Ersatzrad. Serienmäßig gibt es ein Pannenset, die Gepäckraumabdeckung lässt sich nirgends verstauen.
Platz auf der Rückbank gibt es genug, die Knie stoßen nirgends an, die Kopffreiheit ist nicht üppig, geht aber in Ordnung. Sogar auf dem mittleren Platz sitzt man recht bequem. Die Füße haben unter den Vordersitzen jedoch wenig Platz. Gut: Der große Türausschnitt erleichtert den Zustieg.
Als Fahrer muss man sich bei Peugeot umstellen. Das sogenannte i-Cockpit, dessen Merkmal ein besonders kleines Lenkrad und ein hoch platzierter Instrumententräger sind, zwingen zu Kompromissen bei der Sitzposition. Entweder man sitzt zu hoch oder das Lenkrad steht zu tief – oder es verdeckt einen Teil der Anzeigen.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Ansonsten fühlen Fahrer und Beifahrer sich wohl im 508. Sieht ja auch schön aus da vorne. Die große Mittelkonsole rahmt die vorderen Insassen gemütlich ein, im Testwagen gibt es viel offenporiges Holz und LED-Lichtleisten für das Ambiente-Licht. Der Kunststoff auf dem Armaturenbrett ist weich unterschäumt, fühlt sich gut an und sieht wertig aus. Die aufgesetzte Naht lässt ihn fast wie Leder wirken. Der Hartplastikanteil fällt nicht zu hoch aus, das Material beginnt überwiegend außer Sicht- und Griffweite. Die Rückseite des Fachs in der Armlehne besteht jedoch daraus, das sehen Passagiere.
Das Design ist insgesamt stimmig, die Verarbeitung jedoch nicht überall optimal. Die Polsterung der wirklich hübschen Vordersitze mit Alcantara-Mittelbahnen und Rautensteppung fällt im vorderen Bereich sehr dünn aus, so dass sich der Mechanismus der Sitzflächenverlängerung durchdrückt. Auf der Mittelkonsole knarzt die Klappe etwas, außerdem ist sie so gestaltet, dass sich das Smartphone im Fach verklemmen kann.
Das soll eigentlich in einer Ablage unter der Mittelkonsole verschwinden. Dort kann es kabellos geladen werden und dort befindet sich auch der USB-Anschluss. Zwei große Becherhalter vor dem großen Ablagefach unter der Mittelarmlehne machen das Ablagenpaket komplett.
Infotainment, Radio, Konnektivität
Peugeot platziert den Bildschirm des Infotainment-Systems angenehm nah am Fahrer, alles liegt in Reichweite der Finger. Schalter für die Direktwahl erleichtern die Bedienung, schon auf der zweiten Menü-Ebene wird die Struktur jedoch schwer durchschaubar. Die Klimaanlage muss über den Touchscreen bedient werden, das stört etwas. Außerdem regelt sie Temperatur-Änderungen zu grobschlächtig. Zwischen zu warm und zu kalt lag zum Teil nur ein halbes Grad.
Das bereits ab der zweiten Ausstattungslinie serienmäßige Navi zeigt fast durchweg zuverlässig Verkehrsbehinderungen, Staus oder Baustellen an. Das hilft beim Umfahren der Brennpunkte. Die Routenführung fällt allerdings gewöhnungsbedürftig aus. Der Peugeot hat eine Vorliebe für 30er-Zonen. Wir haben ganz neue Schleichwege kennengelernt.
Das Instrumentendisplay zeigt serienmäßig digital an und bietet diverse Ansichten, von minimal, das quasi nur die Geschwindigkeit anzeigt bis individuell, wo man angezeigte Informationen auswählen kann. Nicht ganz einfach, die Einstellungen hierfür zu finden, und eigentlich hätten wir uns gewünscht, dass man mehr Fahrdaten anzeigen kann.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Serienmäßig hilft der 508 hinten beim Einparken, warnt vor drohenden Frontkollisionen, vor dem Verlassen der Spur (inkl. Lenkeingriff) und zeigt Verkehrsschilder an. Tempomat, Licht- und Regensensor sind ebenfalls an Bord. Allure ergänzt einen Toter-Winkel-Warner, die Einparkhilfe vorne, einen Müdigkeitswarner und einen Fernlichtassistenten. Außerdem gibt es eine Rückfahrkamera. Der Rest kostet Aufpreis.
Unser Testwagen überraschte mit einem Nachtsichtassistenten, der Fußgänger und Fahrradfahrer erkennt, akustisch davor warnt und zugleich das Kamerabild im Digital-Display anzeigt, inklusive Markierungen. Ungewöhnlich im Segment. Wir kennen das nur aus der oberen Mittelklasse. Im Extremfall kann das Leben retten, mit 1.200 Euro ist das Extra allerdings auch nicht billig.
Unser fast voll ausgestatteter 508 SW hält die Spur, lenkt selbständig, bewegt sich weitgehend alleine durch den Stau und parkt alleine ein. Das funktioniert alles soweit passabel, doch der Abstandstempomat bremst manchmal zu abrupt. Bevor man den Parkpiloten aktiviert hat, steuert man oft schneller selbst in die Lücke und mit dem „Easy Paket“ inklusive 360-Grad-Ansicht kann man eigentlich ohnehin passgenau alleine einparken.
Antrieb, Motor, Getriebe
In unserem Testwagen arbeitet der stärkste Diesel, der serienmäßig mit Achtgang-Automatik gekoppelt wird. Aus 2,0 Litern Hubraum holt er 177 PS (130 kW) und 400 Newtonmeter bei 2.000 Umdrehungen. Klingt kräftig, fährt auch so. Aber leider recht laut und rau. Der Diesel dringt oft präsent ans Ohr. Wenn man ihn fordert klingt er vergleichsweise angestrengt.
Einen gewissen Anteil daran hat die Automatik, die zwar sanft und komfortabel schaltet, gefühlt jedoch zu oft niedrige Gänge wählt. Besonders flott schaltet sie auch nicht. Im Sportmodus wird sie hektisch und lässt den Diesel unangenehm hoch drehen. Den Sport spart man da lieber aus und rollt gemächlich dahin. Das ist eher die Gangart des 508.
Zumal: Ein Sparwunder ist der kräftige Diesel nicht. Wir verbrauchten bei relativ hohem Stadtverkehrs-Anteil 8,0 Liter im Schnitt. Wer oft und nicht zu schnell auf längeren Strecken unterwegs ist, schafft rund 7,5 Liter. Kein besonders guter Wert in der Klasse. In der Stadt ist das Start-Stopp-System trotz angenehmer Außentemperaturen vergleichsweise selten aktiv. So hilft es nicht besonders effektiv beim Sparen.
Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
Peugeot stimmt den Peugeot irgendwo zwischen komfortabel und straff ab. Je nach Fahrmodus schwingt das Verstellfahrwerk Active Suspension Control (serienmäßig bei GT) über Wellen und Buckel oder fängt sich schnell wieder. Ein echtes Wohlgefühl stellt sich jedoch nie ein. Das liegt vor allem daran, dass insbesondere die Hinterachse laut ihrer Arbeit nachgeht. Sie poltert zuweilen ungehemmt durch Schlaglöcher. Außerdem rollt der 508 SW auf seinen 19-Zoll-Felgen ziemlich spröde ab. So bekommt man immer eine Spur zu viel mit vom Zustand der Straße. In jedem Modus.
Sport auf kurvigen, nicht zu holprigen Landstraßen kann so Spaß machen. Die Lenkung ist dann gut gewichtet, lässt zwar wenig Gefühl durch, der kleine oben und unten abgeflachte Kranz liegt aber gut in den Händen. Unter Last leiten die Vorderräder jedoch zu viel Antriebseinflüsse in die Lenkung. Insgesamt mag der 508 lieber gemütlich.
Ausstattung, Preis, Fazit
47.950 Euro kostet der starke Diesel mindestens. Das liegt daran, dass Peugeot ihn ausschließlich in der Ausstattung GT anbietet. Die bringt fast alles mit, was Peugeot an Extras für den 508 SW anbietet. Besonders erwähnenswert: LED-Leuchten, Verstellfahrwerk, Navigationssystem (schon ab Allure), ein Soundsystem von Focal und allerlei Assistenten. Der Testwagen hatte Standheitzung (1.400 Euro), die Nachtsicht (1.200 Euro), das große Parkpaket (700 Euro), den intelligenten Tempomaten mit Spurführung und Start-Stopp (750 Euro), Anhängerkupplung (740 Euro), eine automatische Heckklappe mit Sensor (450 Euro) und 19-Zoll-Felgen (570 Euro). Also: vollvoll.
Vieles davon ist entbehrlich, die 19-Zöller nicht ratsam. Im Grunde bekommt man für den Grundpreis bereits ein üppig ausgestattetes Auto. Da fängt das T-Modell der C-Klasse quasi erst an (C 220 d T ab 44.330 Euro), der 3er Touring startet nackt bei 42.000 Euro.
Im Vergleich zur Konkurrenz im Volumensegment fällt der Vergleich jedoch weniger vorteilhaft aus. Ein Opel Insignia Sports Tourer kostet mit 170-PS-Diesel in der Ausstattung „Ultimate 120 Jahre“ ab 45.375 Euro und ist ebenfalls voll ausgestattet. Der VW Passat Variant landet als Elegance mit 190-PS-Diesel bei 47.410 Euro. Gut, da fehlt dann noch einiges, was der Peugeot 508 SW mitbringt. Dafür gibt es aber mehr Platz (650-1.780 Liter) und ein raffinierteres Fahrverhalten.
Der 508 SW kann sich eben doch nicht ganz mit den sogenannten Premium-Herstellern messen. Dazu fehlt ihm insbesondere beim Fahrverhalten und bei der Geräuschkulisse Feinschliff. Ein schönes Angebot in der Mittelklasse ist er trotzdem. Der Peugeot 508 SW fährt passabel, bietet eine umfangreiche, moderne Ausstattung und: Er sieht auch noch gut aus.
Peugeot 508 SW GT – Technische Daten
- Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel
- Leistung: 177 PS (130 kW) b. 3.750 U/min
- Drehmoment: 400 Nm b. 2.000 U/min
- Antrieb: Achtgang-Automatik, Vorderräder
- 0-100 km/h: 8,4 s
- Geschwindigkeit: 231 km/h
- Verbrauch (Norm): 4,7 l/100 km
- CO2-Ausstoß: 124 g/km
- Testverbrauch: 8,0 l/100 km
- Länge: 4.778 mm
- Breite: 1.859 mm
- Höhe: 1.420 mm
- Radstand: 2.793 mm
- Gewicht: 1.615 kg
- Kofferraumvolumen: 530-1.780 l
- Anhängelast: 1.800 kg
- Preis Peugeot 508 SW: ab 32.750 Euro
- Preis Peugeot 508 SW BlueHDi 180: ab 47.950 Euro (GT)
- Preis des Testwagens: 53.910 Euro