So entwickeln sich die Restwerte von Elektroautos
Elektroautos sind wegen der Förderung aktuell günstig. Ihr Wiederverkaufswert kann mit dem von Benzinern mithalten. Kehrt sich das Verhältnis bald um?
Um den Konsum in der Corona-Krise anzukurbeln, hat die Bundesregierung ein umfangreiches Förderpaket aufgelegt. Ein wichtiger Teil davon: Mit der zum Juli 2020 noch einmal erhöhten Innovationsprämie für die Anschaffung eines Elektroautos soll diese Technologie einen Schub erhalten. Beim Kauf eines neuen Elektroautos gibt es bis zu 9.000 Euro Zuschuss, für junge gebrauchte Elektroautos ist eine Förderung bis 5.000 Euro möglich.
Dadurch werden viele Elektroautos erschwinglich, der preisliche Abstand zum Benziner schrumpft. Lohnt sich also jetzt der Wechsel zum Elektroauto? Ein wichtiger Faktor bei dieser Entscheidung ist der Wiederverkaufswert. Eine stabile, berechenbare Wertentwicklung gebrauchter Elektroautos ist für Erstkäufer wichtig, ebenso für Gebrauchtwagenkäufer – und für Händler, die aufgrund von Restwert-Prognosen ihre Leasing-Angebote kalkulieren.
Die gute Nachricht: Bisher entwickeln sich die Restwerte von Elektroautos weitgehend parallel zu denen von Pkw mit Benzinmotor. Das zeigen aktuelle Daten der Deutschen Automobil Treuhand (DAT). Im Sommer 2019 stellen Elektroautos sogar die wertstabilste Antriebsart. Eine mögliche Erklärung: Zu der Zeit dominierte die Klima-Krise die öffentliche Debatte. Das könnte den Wertverlust bei gebrauchten Benzinern für einige Monate verstärkt haben. In diesem Zeitraum fällt er höher aus als bei gebrauchten Elektroautos. Erst im Juni 2020 liegen die Benziner bei der Wertstabilität wieder leicht vor den Elektroautos.
Vorführwagen werden von Händlern meist zur Ausstellung oder für Probefahrten genutzt.
Dreijährige Gebrauchtwagen: Wertentwicklung
Gebrauchtpreis vom Listenneupreis
Wertentwicklung | Jan 2019 | Jun 2019 | Jul 2019 | Aug 2019 | Sept 2019 | Jan 2020 | Jun 2020 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Elektroauto | 57,3 % | 56,8 % | 57,2 % | 57,2 | 57,2 | 56,4 % | 54,3 % |
Benziner-Pkw | 57,5 % | 57,0 % | 56,9 % | 56,8 | 56,7 | 56,4 % | 54,9 % |
Diesel-Pkw | 53,1 % | 52,4 % | 52,3 % | 52,1 % | 52,1 % | 52,2 % | 50,9 % |
Quelle: DAT-Barometer, Juli 2020.
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Elektroauto-Restwerte bei mobile.de
Auch auf mobile.de zeigen Elektroautos eine stabile Restwert-Entwicklung. Die auf mobile.de inserierten Elektroautos sind im Schnitt 2,28 Jahre alt, also jünger als die in der DAT-Auswertung angesetzten drei Jahre. Dies erklärt den im Vergleich etwas niedrigeren Wertverlust im Inseratsbestand.
Der E-Motor im Model S leistet 422 PS. Bis Tempo 100 vergehen 4,4 Sekunden.
Im Detail zeigen sich große Unterschiede zwischen den Automodellen. Ein 20 bis 30 Monate alter Renault Zoe kostet im August 2019 im Durchschnitt 17.800 Euro. Im November 2019 beträgt der Durchschnittspreis noch 16.400 Euro, im Juli 2020 15.400 Euro. Einen 20 bis 30 Monate alten VW e-Golf inserieren Händler im November 2019 für durchschnittlich 25.700 Euro. Im Juli 2020 bieten sie das Modell für 25.200 Euro an. Beim Luxusauto Tesla Model S sind die Angebotspreise im gleichen Zeitraum sogar gestiegen. Im November 2019 verlangen Händler im Schnitt 69.500 Euro für 20 bis 30 Monate alte Exemplare, im Juli 2020 sind es 71.600 Euro.
Insgesamt sinken die Angebotspreise für Elektroautos auf mobile.de. Dies liegt teilweise an sinkenden Neuwagen-Preisen: Beispielsweise hat VW den Listenpreis des E-Golf im Sommer 2019 um 4.000 Euro gesenkt. Klar, dass diese Modelle als Gebrauchte ebenfalls günstiger sind. Zudem rechnen viele Händler die ab 2020 in zwei Stufen gestiegenen Förderungen in den Angebotspreis ein.
Beispiele: Gebrauchte E-Autos bis 12.000 km auf mobile.de
Modell | Ehem. Listen-Neupreis | Angebotspreis 2020 | Wertverlust |
---|---|---|---|
BMW i3 Suite, 2015 | 38.000 Euro | 19.500 Euro | 48,7 % |
Nissan Leaf Visia 26 kWh, 2016 | 29.700 Euro | 10.500 Euro | 64,56 % |
Renault Zoe Intens ZE 40, 2017, zzgl. Akkumiete | 23.900 Euro | 12.890 Euro | 46,07% |
Smart Fortwo ED, 60 kW, 2017 | 21.940 Euro | 13.000 Euro | 40,75 % |
Tesla Model S 85D, 2016 | 96.100 Euro | 61.500 Euro | 36,01 % |
VW e-Golf, 2016 | 34.900 Euro | 18.000 Euro | 52,5 % |
Quelle: mobile.de; Hersteller.
Die Unterschiede zwischen einzelnen Modellen dürften auf Modellwechsel zurückzuführen sein. Wird ein Auto neu aufgelegt, sinkt der Preis des Vorgängers. Das ist zum Beispiel beim Nissan Leaf der Fall. Ist der Nutzwert des Gebrauchtwagens mit dem des aktuellen Modells vergleichbar? Für den elektrischen Smart von 2017 gilt das, ebenso wie für das Tesla Model S 85D Baujahr 2016: Es verfügt bereits über eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern. Und: Teslas Spitzenmodelle sind auch als Gebrauchte sehr populär. Begehrlichkeit stützt auch den Restwert des ältesten Fahrzeugs in unserem Beispiel: Ein gut ausgestatteter BMW i3 ist nach fünf Jahren noch mehr als die Hälfte seines ehemaligen Listenpreises wert.
Auf Basis des Golf 7 gebaut, erkennt man den e-Golf an den C-förmigen Tagfahrleuchten.
Wiederverkaufswert von Elektroautos: Prognose
Wie entwickelt sich der Restwert von Elektroautos in Zukunft? Marktbeobachter weisen darauf hin, dass die bisherige, stabile Entwicklung auch mit dem kleinen Marktanteil der E-Autos zusammenhängt: Einen echten Gebrauchtmarkt mit langfristigen Erfahrungswerten gibt es noch nicht. Bisher beträgt der Elektroauto-Anteil am Gebrauchtwagenmarkt 0,4 Prozent. Diese Zahl wird in den nächsten Jahren deutlich steigen, da stetig mehr neue Elektroautos verkauft werden.
Im größten Pkw-Segment, der Kompaktklasse, stellen die Elektroautos im Juni 2020 3% der neu zugelassenen Autos. Weitere 9% sind Hybride unterschiedlicher Bauart. Aber: Bei Deutschlands meistverkauftem Modell, dem VW Golf, beträgt der Elektro-Anteil im Juni 2020 12 %. Das liegt einerseits am Erfolg des E-Golf, andererseits an Anlaufschwierigkeiten beim Absatz der neuen Golf-Generation.
Allerdings: 7 von 10 Autos in Deutschland werden im Gebrauchtmarkt gehandelt, Neuwagen wiederum werden zu zwei Dritteln gewerblich angeschafft. Es entscheidet sich also am Gebrauchtmarkt, wie schnell das Elektroauto beim Endverbraucher ankommt. Mehr als die Hälfte der Anträge des zuständigen Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auf Bezuschussung beim Kauf eines Elektroautos entfällt auf gewerbliche Autokäufer. Diese Autos bilden in einigen Jahren den Markt an Gebrauchtfahrzeugen.
Die DAT-Experten gehen davon aus, dass wegen der Förderung die Preise kleiner, günstiger E-Autos fallen könnten. „Die aufgrund der Innovations- bzw. Umweltprämie stark rabattierten Elektro- und Hybridfahrzeuge sorgen für sehr viel Veränderung am Markt. Günstige Modelle profitieren am stärksten davon, da sich deren Listenneupreis dadurch teilweise halbiert. Somit werden diese Prämien einen nachhaltigen Einfluss auf das allgemeine Wertniveau gebrauchter Elektrofahrzeuge haben“, sagt Martin Weiss, Leiter DAT-Markt-Beobachtung.
Einen überproportionalen Wertverlust für bisher verkaufte Elektroautos sagen Marktbeobachter schon länger voraus. Hauptgründe sind der technische Fortschritt bei der Batterietechnik und günstigere Preise aufgrund fallender Akku-Kosten sowie von Skaleneffekten bei der Produktion. Hinzu kommt seit 2020 die deutlich gestiegene Förderung, die Neuwagen im Vergleich zu Gebrauchtwagen attraktiver macht.
Allerdings betrifft diese Prognose ältere Modelle. Neue Elektroautos bieten mehr Reichweite, mehr Alltagsnutzen und niedrigere Preise – das setzt zwar die Restwerte gebrauchter E-Autos aktuell unter Druck. In Zukunft könnten Elektroautos jedoch zur wertstabilsten Pkw-Gattung werden, denn gebrauchte Elektroautos werden mittelfristig wegen des technischen Fortschritts und günstigerer Preise attraktiver. Eine Marktanalyse der niederländischen ING-Bank kommt im Sommer 2019 zu dem Schluss: „Mit einem zukünftigen Anstieg des gebrauchten Elektro-Angebots und einer noch stärkeren Nachfrageentwicklung erwarten wir, dass sich die Restwertentwicklung von Elektroautos weiterhin auf dem Niveau von vergleichbaren Verbrenner-Modellen bewegen wird.“
Der Zoe stromert schon länger über die Straßen. Das Angebot an Gebrauchtwagen ist dementsprechend groß.
Der Akku ist entscheidender Restwert-Faktor
Konkret prognostiziert die Studie: Aktuelle 2020er-Modelle können bis 2025 ihren Wiederverkaufswert im Vergleich zum Benziner nicht nur halten, sondern sogar verbessern. Für die Märkte Niederlande, Deutschland und Belgien setzen die Analysten für dann fünf Jahre alte Kompaktklasse-Modelle einen Wiederverkaufswert zwischen 40 und 47,5 Prozent vom Neuwert an. Beim Benziner rechnen die Marktbeobachter mit einem durchschnittlichen Restwert von 35 bis 42,5 Prozent.
Voraussetzung für die positive Prognose: Gebrauchte Elektroautos müssen im Alltag leistungsfähig bleiben. Wir kennen es vom Smartphone: Die nutzbare Kapazität des teuren Akkus sinkt mit zunehmender Nutzungsdauer. Allerdings altern die Akkus je nach Nutzungsprofil und Laufleistung sehr unterschiedlich, wie der TÜV Rheinland in einer Presseaussendung festhält. Ein Ausweis der Restkapazität der Traktionsbatterie könnte den Wertverlust von Elektroautos abmildern. Der Ansatz des Autoherstellers Renault, dem Kunden den Akku lediglich zu vermieten, könnte sich ebenfalls als zukunftstauglich erweisen: Gibt es Zweifel an der Leistung eines gebrauchten Akkus, kann der Händler ihn beim Autokauf ersetzen.
Fazit: Elektroautos sind aufgrund der Innovationsprämie sowie der Steuervorteile nicht nur beim Kauf preislich attraktiv. Sie halten auch ihren Wert mindestens so gut wie Benziner – und könnten darin in Zukunft noch besser werden. Der Wertverlust älterer Elektroautos könnte sich aufgrund des technischen Fortschritts beschleunigen – dabei kommt es aber stark auf das jeweilige Modell an. Als Faustregel gilt: Je begehrter und praxistauglicher ein Auto ist, desto stabiler ist sein Wert. Im Umkehrschluss werden Autos, die weniger nachgefragt sind, auf dem Gebrauchtmarkt günstiger. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Elektroautos in Zukunft auf den Gebrauchtmarkt stromern.
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