Renault Twingo Facelift (seit 2019) im Test
Ist der Twingo ein pfiffiger Stadtflitzer, eine enge Sparbüchse oder von beidem ein wenig? Renaults Kleinstwagen als Limited mit 73 PS im Alltagstest.
- Renault Twingo: Kofferraum, Platzangebot, Karosserie
- Innenraum, Material-Qualität, Verarbeitung
- Infotainment, Radio, Bedienung im Renault-Stadtflitzer
- Renault Twingo: Assistenzsysteme und Sicherheit
- Renault Twingo: Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen
- Renault Twingo: Motoren und Preise
- Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
- Ausstattung, Preise, Kosten
- Fazit: Schlichter, pfiffiger Twingo
- Renault Twingo: Technische Daten
Zu jedem Auto gibt es ein passendes Bedürfnis. Der Renault Twingo hat seit jeher eine klar umrissene Zielgruppe. Sie lebt in der Stadt, fährt überwiegend auch dort, benötigt nicht viel Platz im Auto, aber ein Auto, das in enge Parklücken passt. Und sie mag nicht viel für ihr Auto zahlen – schließlich steht es tagein, tagaus am Bordstein. Ein bisschen Pfiff darf trotzdem gern sein und wenn es nur eine bunte Zierblende ist.
Seit 2014 verkauft Renault die dritte Generation seines erfolgreichen Stadtflitzers Twingo, 2019 erhält der Kleinstwagen ein Facelift. Twingo 3 Phase 2 heißt das Facelift-Modell in ausführlicher Nomenklatur. Das Update neue Scheinwerfer, einige neue Assistenten und überarbeitete Motoren in den Twingo. Wie frisch ist der gemeinsam mit Daimler entwickelte kleine Renault nach sechs Verkaufsjahren noch – und: Was kann er besser als fast alle Wettbewerber? Das klären wir im ausführlichen Test.
Renault Twingo 3 in Kürze
- Wendiger Kleinstwagen mit Heckmotor
- Schlichte Assistenz, simples Infotainment
- Dreizylinder mit und ohne Turbo, Automatik nur in Topversion
- Günstige Preise auf mobile.de
Twingo: Heckmotor gibt es nicht nur im Porsche 911.
Renault Twingo: Kofferraum, Platzangebot, Karosserie
Im Twingo sucht Renault die Quadratur des Knirpses: Wie bekommt man auf möglichst wenig Außenlänge möglichst viel Innenraum unter? Die dritte Generation des Kleinstwagens misst 3,61 Meter in der Länge, der Radstand beträgt 2,49 Meter. Stets fährt der Twingo mit vier Türen, die hinteren Zugänge verfügen nur über Klappfenster.
Seine Besonderheit ist das Heckmotor-Konzept, das der Twingo vom Schwestermodell Smart Forfour leiht. Vorteil: Der Vorderwagen muss nur noch Betriebsflüssigkeiten wie Wischwasser aufnehmen. Der Lenkeinschlag vorn wird deutlich größer, weil kein Motorblock im Weg ist. Nachteil: Verschiebbare Einzelsitze hinten wie in den Vorgängern gibt es nicht. Die Ladekante liegt mit 79 Zentimetern recht hoch, der Kofferraum fasst nur 188 Liter. Klingt nicht nach viel, ist es auch nicht – Im Alltag fährt man die Einkäufe häufig mit einer umgeklappten Rückenlehne nach Hause.
Auf der Rückbank mit unangenehm steiler Lehne ist es ebenfalls eng. Es kneift am Knie und im Testwagen auch am Kopf. Das liegt daran, dass das optionale Faltschiebedach Bauraum beansprucht. Der fehlt auf der Rückbank, wenn Erwachsene mitfahren sollen. Mit Faltschiebedach wird der Twingo also praktisch zum 2+2-Sitzer: Für Pärchen reicht es.
Insgesamt fällt der Twingo mit 1,54 Metern hoch und mit 1,64 Metern schmal aus. Letzteres hilft beim Wuseln durch die Stadt, Ersteres erhöht die Windanfälligkeit. Um die auszugleichen, programmieren die Ingenieure einen Seitenwindassistenten ins ESP.
Innenraum, Material-Qualität, Verarbeitung
Nein, einen mit hochwertigen Materialien ausgeschlagenen Innenraum gibt es in dieser Klasse nicht. Auch nicht bei Renault. Die Franzosen verkleiden den Twingo innen mit buntem Profilplastik. Es wirkt immerhin nicht billig, sondern leicht abwischbar und robust. Hier und da knarzt es aus dem Armaturenbrett – macht nichts. Die Knöpfe und Regler fassen sich sogar überraschend wertig an, die Lüftungsdüsen lüften allerdings etwas sparsam. Vieles wirkt trotz des poppigen Stils altbacken, vor allem das Radio, die Anzeigen im Armaturenbrett oder das manuelle Verstellen der Außenspiegel. Offensichtliche Verarbeitungsmängel entdecken wir im Innenraum jedoch nicht.
Infotainment, Radio, Bedienung im Renault-Stadtflitzer
Mit dem Facelift 2019 zieht ein neues Infotainmentsystem namens “Easy-Link” in den Twingo ein, das im Testwagen jedoch fehlt. In der mittleren Limited-Ausstattung kostet es 380 Euro Aufpreis, in der Topversion “Intens” ist es Serie. Ebenso klein wie der Aufpreis ist der Funktionsumfang: Es bietet im Grunde nur Apple CarPlay, Android Auto und einen Touchscreen.
Der Mehrwert gegenüber dem Standard-Radio R&Go ist überschaubar. Das lässt sich ebenfalls mit dem Smartphone koppeln und nutzt dann dessen Bildschirm über die “R&Go”-App. Die beinhaltet einen standardisierten Zugriff auf Smartphone-Apps für Musik-Streaming, Kalender, Kontakte oder Navigation. Außerdem zeigt sie Bordcomputer-Informationen an und gibt auf Wunsch Nachhilfeunterricht in effizientem Fahren.
So oder so: Im Twingo muss der Fahrer immer mit zwei Systemen umgehen. Radio und Telefonschnittstelle kommen vom Auto und werden über die Knöpfe an der Mittelkonsole bedient – oder über den Lenkradsatelliten, eine Spezialität vieler französischer Autos. Modernere Funktionen steuert komplett das Smartphone. Diese doppelte Buchhaltung kann im Alltag schon mal nerven: Das Handy installieren, um Musik zu hören? Dann doch lieber Radio. Immerhin: Die Renault-App läuft stabil, die praktische Smartphone-Halterung fixiert das Gerät sicher.
Seine niedliche Optik macht ihn äußerst beliebt - ein rundum stilvoller Kleinwagen
Renault Twingo: Assistenzsysteme und Sicherheit
Das Assistenz-Angebot bleibt auch nach dem Facelift 2019 äußerst überschaubar: Es gibt den serienmäßigen Seitenwind-Assistenten, den Berganfahr-Assistenten, einen Spurhalte-Warner, einen Tempomaten und einen Licht- und Regensensor. Die Nebelscheinwerfer operieren zudem als Kurvenlicht. Der Spurhalte-Warner macht sich gelegentlich mit einem Piepston bemerkbar. Das schafft keinen großen Sicherheitsgewinn. Das Gleiche gilt für die um den Scheinwerfer herumlaufenden LED-Blinklichter und Tagfahrleuchten. Kurz gesagt: Renault beschränkt sich im Twingo auf wenige, simple Systeme sowie das gesetzlich Vorgeschriebene.
Grundsätzlich steht es ordentlich um die passive Sicherheit im Renault Twingo. Euro NCAP bewertet den Kleinstwagen 2014 mit vier Sternen. Dabei fällt jedoch auf: Hinten sitzen Erwachsene nicht ganz so sicher wie vorn. Fußgängern droht vor allem im Bereich der A-Säule Verletzungsgefahr, wenn sie dort mit dem Kopf aufprallen. Mit seiner mageren Assistenztechnik würde der Twingo heute keine vier Sterne mehr erhalten.
Renault Twingo: Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen
Renault hat im Twingo die Auswahl für die Kunden im Vergleich zu früher deutlich eingeschränkt. Den Basis-Dreizylinder (65 PS) gibt es nur mit der Basis-Ausstattung, die getestete Limited-Ausstattung gibt es nur mit 73 PS. Die Topversion eröffnet zusätzlich die Option auf einen Turbomotor (93 PS), zu dem Renault gegen Aufpreis ein Doppelkupplungs-Automatikgetriebe anbietet. Eine Start-Stopp-Automatik zählt seit dem Facelift zur Serienausstattung.
Wir fahren im Test den Renault Twingo ohne Turbo, mit 73 PS. Den knurrigen Dreizylinder-Benziner im Heck hört man deutlich. Mitunter dröhnt es unangenehm, obwohl Renault die Dämmung zum Motorraum unter dem Kofferraum über die Bauzeit des Twingo 3 sichtlich verstärkt hat. Im Vorderwagen wäre der Motor wohl kaum leiser, aber die Radkästen sorgen für ungewohnte Resonanzen.
Auch wenn sich die Beschleunigungs-Daten (0-100 km/h in 14,7 Sekunden) zäh lesen: Im Alltag wirkt der Renault durchaus flink. Sein Einsatzgebiet ist immerhin die Stadt, wo praktisch nie auf 100 km/h beschleunigt werden muss. Der kleine Motor schiebt den 981 Kilo leichten Twingo selbstbewusst an und bringt ihn zügig auf Stadttempo. Clever: Renault legt das Fünfgang-Getriebe konsequent auf diesen Geschwindigkeitsbereich aus, vor allem die Gänge 3 und 4. Bei 30 geht es in den 3. Gang wie gewohnt, den 4. Gang verlangt die Schalthilfe dann erst bei mehr als 50 km/h. Was bedeutet: Im Twingo schaltet man im Stadtverkehr seltener als erwartet.
Trotz dieser Auslegung liegt der Verbrauch des Kleinstwagens unter günstigen Bedingungen im Bereich des Normverbrauchs für innerorts (5,4 l/100 km). Mit Stau und pumpender Klimaanlage werden es auch mal sechs Liter, selbst bei forscher Autobahnfahrt (Spitze: 163 km/h) bleibt der Durchschnittsverbrauch unterhalb von sieben Litern. Es gibt sparsamere Kleinwagen, aber der Renault Twingo fällt nicht unangenehm auf. Hier hat er sich mit den neuen Motoren spürbar verbessert.
Renault Twingo: Motoren und Preise
Modell | Leistung | 0-100 km/h | Vmax | Verbrauch | CO2 | Listenpreis ab |
---|---|---|---|---|---|---|
Twingo SCe 65 | 65 PS | 15,1 s | 158 km/h | 4,5 l/100 km | 102 g/km | 10.128,07 EUR |
Twingo SCe 75 | 73 PS | 14,7 s | 163 km/h | 4,5 l/100 km | 102 g/km | 11.980,17 EUR |
Twingo TCe 90 | 93 PS | 13,1 s | 165 km/h | 4,7 l/100 km | 107 g/km | 12.954,96 EUR |
Twingo TCe 90 EDC | 93 PS | 12,1 s | 165 km/h | 5,0 l/100 km | 114 g/km | 16.269,24 EUR |
Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
Im Kampf mit der Höchstgeschwindigkeit, der dem Stadtauto nicht wirklich ins Konzept entwickelt wurde, gibt der kleine Twingo eine erstaunlich gute Figur ab. Er läuft stabil geradeaus, bleibt gut beherrschbar. Angesichts der Bauform ist Windanfälligkeit nicht vermeidbar. Dies jedoch haben die ESP-Programmierer gut im Griff. Allerdings: Ab Tempo 135 wird es sehr laut im Twingo. Das Gleiche gilt für Tunnelfahrten. Dies schieben wir zum großen Teil auf das große Faltdach: ein nettes Feature mit klaren Nachteilen. Ein Blechdach hält störenden Schall besser draußen.
Mit seiner überragenden Wendigkeit und seiner kleinen Karosse gehört der Twingo ohnehin in die Stadt. Hier zahlt sich das Heckantriebs-Konzept aus. Der Wendekreis von nur 8,60 Metern wird lediglich von deutlich kürzeren Autos wie Smart Fortwo oder Toyota IQ unterboten. Selbst in schmalen Straßen genügt oft ein Zug, um die Fahrtrichtung zu ändern – wo andere Autos für die gleiche Übung mindestens zweimal zurücksetzen müssen.
Das Fahrwerk legt Renault eher weich aus. Der Twingo schaukelt durch den Verkehr, neigt sich aus der Kurve und geht beim Beschleunigen leicht in die Knie. Typisch französisch abgeschmeckt eben – in bester Tradition von Ente und R4. Wer einigermaßen entspannt durch den Berufsverkehr kommen will, kann sich wohlfühlen – und im Außenspiegel den feschen Lufteinlass am hinteren Kotflügel erspähen. Das gibt es sonst bei keinem Auto dieser Leistungsklasse.
Ausstattung, Preise, Kosten
Die Ausstattungen strickt Renault schlicht. In der Basis “Life” gibt es ein Auto, das fährt – viel mehr nicht. Die getestete, mittlere “Limited”-Version beinhaltet ein Radio mit USB-Anschluss, manuelle Klimaanlage, elektrische Fensterheber vorn, geteilte Rücksitzlehne, einen höhenverstellbaren Fahrersitz und die Option auf weitere Extras: eine auf Knopfdruck umfallende Beifahrersitzlehne (185 Euro), Tempopiloten und Spurhalte-Warner (282 Euro) oder den Touchscreen etwa. In der Topversion “Intens” ist fast alles schon drin, außer Klimaautomatik und Regensensor. Einige Features gibt es gar nicht: Sitz- und Lenkradheizung, ein Notbrems-Assistent oder ein Toter-Winkel-Warner sind im Twingo nicht vorgesehen.
Zur Ausstattung “Limited” (11.980 Euro) addiert Renault im Testwagen das Sicherheitspaket mit Spurhaltewarner und Geschwindigkeitsbegrenzer, außerdem das elektrische Faltdach (965,04 Euro) sowie eine Sonderlackierung – macht unterm Strich 13.510 Euro.
Heute ist das ein günstiger (Listen-)Preis für einen Neuwagen. Unsere Konfiguration sähe etwas anders aus: Das Sicherheits-Paket bleibt draußen, die Assistenten stiften zu wenig Mehrwert. Dafür zieht das “Deluxe”-Paket ein (770 Euro). Warum? Wer ein kleines Auto auf engem Raum parken will, verzichtet ungern auf elektrisch verstellbare Außenspiegel und damit die Option auf Blickkontakt zum Bordstein. Das Schiebedach hingegen lassen wir gern im Regal. Es hebt den Geräuschpegel deutlich an, vor allem im Tunnel und auf der Autobahn. Und es reduziert die Kopffreiheit auf der Rückbank zu stark.
Fazit: Schlichter, pfiffiger Twingo
Jenseits der Listenpreise gehört der Twingo in Deutschland zu den günstigsten Neuwagen. Auf mobile.de stehen Angebote für neue Twingo schon für weniger als 8.000 Euro, die Top-Ausstattung Intens lässt sich bereits ab 10.500 Euro finden. Das sind attraktive Preise für ein Auto, das zwar seinen ganz speziellen Charakter mitbringt und mit seinem Heckmotor sogar einzigartig ist, seit Daimler keine Smart-Benziner mehr anbietet. Gleichzeitig weist der Twingo klare konzeptionelle Schwächen auf. Bei Ausstattung und Technik fährt er einige Jahre der Musik hinterher. Das muss nicht stören, denn was der Twingo gut kann, kann er besser als viele andere.
Renault Twingo: Technische Daten
Modell | Renault Twingo SC2 75 |
---|---|
Motor | 1,0-l-Dreizylinder-Benziner |
Leistung | 73 PS (54 kW) |
Drehmoment | 95 Nm b. 4.000 U/min |
0-100 km/h | 14,1 s |
Geschwindigkeit | 165 km/h |
Verbrauch | 4,4 l/100 km (Norm) |
CO2 | 100 g/km |
Länge | 3.615 mm |
Breite | 1.646 mm |
Höhe | 1.541 mm |
Radstand | 2.492 mm |
Leergewicht | 981 kg |
Kofferraum | 188-980 l |
Basispreis Renault Twingo | 10.128,06 Euro |
Testwagenpreis | 13.510 Euro |
Der Renault Twingo SC2 75 in Bildern
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