Erstmals Hybrid-Power und Startknopf für den Porsche 911
Porsche hat die aktuelle Generation des 911 fit für ihre zweite Lebenshälfte gemacht. Neben dem neuen Hybridantrieb gibt es eine nachgeschärfte Optik und ein modernisiertes Cockpit.
- Kantigere Frontschürze mit großen Lufteinlässen
- Neue Felgen und ein überarbeitetes Leuchtenband am Heck
- Porsche verpasst dem Elfer erstmals einen Startknopf
- Der Carrera bekommt die Turbolader des bisherigen GTS
- Der erste Hybridantrieb im Elfer sorgt für 541 PS Systemleistung
- Kaum Mehrgewicht dank einer kleinen Batterie
- Technische Daten
Auch wenn der Erfolg der Schwaben heute auf SUV-Modellen à la Cayenne oder elektrischen Imageträgern wie dem Taycan fußt, bleibt die Ikone 911 weiterhin der Grundpfeiler im Modellprogramm von Porsche. Seit seiner Präsentation 1963 ist der Elfer der deutsche Sportwagen schlechthin. Bis heute vereint er alle Markenwerte in sich und beeinflusst die gesamte Produktpalette des Herstellers – sowohl optisch als auch technisch.
Die aktuelle, mittlerweile achte Generation mit dem Code 992 wurde im Herbst 2018 vorgestellt und kam im darauffolgenden Jahr auf den Markt. Nach rund fünf Jahren Bauzeit wird es Zeit für ein Facelift. Und die Überarbeitung fällt überraschend umfangreich aus. Eins schon mal vorweg: Seit Jahren wurde über eine Hybridversion des 911 gemunkelt, und genau diese bringt Porsche mit dem Marktstart des GTS Ende des Jahres heraus. Puristen können aber beruhigt sein: Auch mit den zusätzlichen E-Motoren verkommt der Porsche nicht zu einem emotionslosen Sparmeister. Die Elektrounterstützung sorgt vor allen Dingen für mehr Dampf. In diesem Artikel und dem dazugehörigen Video erklären wir Dir, was sich mit dem Facelift jeweils beim 911 Carrera und 911 Carrera GTS ändert.
Alle Infos im Überblick:
- Sowohl vorne als auch hinten wurden die Schürzen und Leuchteinheiten neu gestaltet.
- Der analoge Drehzahlmesser im Cockpit ist mit dem Facelift passé.
- Der 3,0-Liter-Sechszylinder des 911 Carrera bekommt mehr Leistung.
- Porsche verpasst dem GTS einen auf Sportlichkeit getrimmten Hybridantrieb.
- Auto-Journalist Peter R.Fischer zeigt Dir das Facelift des Porsche 911 im Video
Kantigere Frontschürze mit großen Lufteinlässen
Doch bevor wir uns mit der Technik des 992.2 befassen, schauen wir auf die optischen Änderungen. Porsche hat den Term Facelift offensichtlich wörtlich genommen, die Frontschürze wurde nämlich behutsam überarbeitet. Ob es sich um das Basismodell Carrera oder die Hybridversion GTS handelt, erkennt man an den unterschiedlich gestalteten Gittern der Lufteinlässe. Der GTS sticht mit seinen fünf vertikalen Kühlluftklappen besonders heraus. In Situationen, in denen der Sechszylinder-Boxer nach Frischluft hechelt, sind sie geöffnet. Wenn der Fokus dagegen auf einer maximalen Windschlüpfigkeit liegt, sind sie geschlossen.
Der 1963 erstmals präsentierte Porsche 911 ist der beliebteste „echte“ Sportwagen in Deutschland. Laut Kraftfahrt-Bundesamt waren im Januar 2024 genau 143.444 Fahrzeuge der mittlerweile acht Generationen des Modells zugelassen. Im Segment „Sportwagen“ sind nur vom Mercedes SLK/SLC mehr Autos angemeldet.
Unabhängig von der Modellvariante ist die Frontschürze insgesamt kantiger geworden und im Dienste einer besseren Kühlung offener gestaltet. Im selben Zuge wandern die Tagfahrleuchten in die Hauptscheinwerfer, in denen die Designer die gesamte Lichttechnik gebündelt haben. Matrix-LED-Scheinwerfer sind Serie, gegen Aufpreis sind HD-Matrix-LED-Scheinwerfer bestellbar, die über mehr als 32.000 Lichtpunkte verfügen und bis zu 600 Meter weit leuchten sollen. Ein adaptiver Frontdiffusor in der Unterbodenverkleidung rundet die Überarbeitung vorne ab.
Neue Felgen und ein überarbeitetes Leuchtenband am Heck
Im Profil ändert sich wenig. Mit einer Ausnahme: Porsche spendiert dem Carrera neue Felgen, genauer gesagt: Exclusive Design-Räder mit Carbon Blades. Insgesamt bietet Porsche sieben verschiedene Leichtmetallräder in den Größen 19 bis 21 Zoll an.
Am Heck setzen die Schwaben weiterhin auf ein durchgängiges Leuchtenband, dieses ist jetzt aber geradliniger gestaltet. Das Gitter unterhalb der Heckscheibe ist ebenfalls überarbeitet worden. Links und rechts finden sich nun jeweils fünf Lamellen. Die hintere Schürze wirkt nach dem Facelift markanter. Die Abrisskanten auf beiden Seiten erinnern an den GT3 und lassen den überarbeiteten Elfer gefühlt breiter dastehen.
Für den Carrera ist gegen Aufpreis eine in den Diffusor integrierte Sportabgasanlage verfügbar, beim GTS ist sie Standard. Das Nummernschild ist am Heck jetzt einen Tick weiter oben positioniert. Wer besonderen Wert auf eine Rennsportoptik legt, kann gegen Aufpreis das im Windkanal optimierte Aerokit bestellen, das einen spezifischen Frontspoiler, andere Schwellerverkleidungen und einen Heckflügel beinhaltet.
Bei mobile.de sind über 1.900 Elfer der aktuellen Generation 992 inseriert. Die Preise starten bei rund 100.000 Euro.
Porsche verpasst dem Elfer erstmals einen Startknopf
Im Innenraum ändert sich mit dem Facelift für Porsche-Maßstäbe viel. Es hat lange gedauert, mit dem Facelift hat Porsche dem 911 aber erstmals einen Startknopf verpasst. Dieser sitzt markentypisch auf der linken Seite. Die Interieur-Designer haben zudem einige Bedienelemente modifiziert, allen voran den Hebel für die Assistenzsysteme.
Bei den Instrumenten des bisherigen 992 setzte die Traditionsmarke auf eine Kombination aus einem mittig platzierten Analog-Drehzahlmesser und digitalen Anzeigen. Jetzt gehen die Zuffenhausener mit dem Zeitgeist und machen die achte 911-Generation mit einem volldigitalen Kombiinstrument fit für ihre zweite Lebenshälfte. Das „Curved Display“ ist 12,6 Zoll groß und erinnert an die Cockpits der reinen E-Autos Taycan und Macan.
Im Stand können jetzt auch Videos geschaut werden
Der mittige Infotainmentbildschirm misst dagegen weiterhin 10,9 Zoll. Porsche verspricht, dass der Fahrer die Fahrmodi über das System zukünftig noch stärker nach seinem eigenen Geschmack anpassen kann. Zudem kann er sich jetzt über einen QR-Code im markeneigenen Infotainmentsystem anmelden, was das Prozedere deutlich schneller und einfacher machen soll.
Die Smartphone-Integration über Apple CarPlay hat Porsche deutlich erweitert. Beispielsweise können einige Fahrzeugfunktionen jetzt über Apples Sprachassistenten Siri bedient werden. Wenn man mal eine Pause einlegen möchte, kann man sich die Zeit an der Raststätte erstmals auch mit dem Schauen von Videos vertreiben. Gängige Streaming-Services wie Spotify oder Apple Music sind als Apps fest in das Infotainmentsystem integriert. In der Mittelkonsole gibt es ein neues, gekühltes Fach für Smartphones, das induktives Laden ermöglicht. Ab Werk wird der geschlossene Elfer immer als reiner Zweisitzer ausgeliefert, die 2+2-Konfiguration bleibt aber als kostenlose Option im Programm.
Der Carrera bekommt die Turbolader des bisherigen GTS
Die Antriebe seines Kernmodells hat Porsche ebenfalls fit für die zweite Hälfte der Zwanzigerjahre gemacht – und dabei glücklicherweise die Markenwerte nicht aus den Augen verloren. Grundsätzlich bleibt es beim 911 bei den traditionellen Sechszylinder-Boxern. Das Aggregat des Basismodells Carrera hat weiterhin drei Liter Hubraum, es wurde laut den Schwaben aber im Detail verbessert.
Dank des Ladeluftkühlers aus dem 911 Turbo und den beiden Turboladern des bisherigen 911 GTS steigt die Leistung um neun Pferdchen auf 394 PS. Das maximale Drehmoment gibt Porsche mit 450 Newtonmetern an. So sprintet das Carrera Coupé in 4,1 Sekunden von null auf hundert, also eine Zehntelsekunde schneller als bisher. Wenn man das „Sport Chrono“-Paket ordert, sind es 3,9 Sekunden. Gleichzeitig steigt die Höchstgeschwindigkeit um einen Stundenkilometer auf nun 294 km/h.
Der erste Hybridantrieb im Elfer sorgt für 541 PS Systemleistung
Das eigentliche Highlight des Facelifts ist aber der Hybridantrieb des stärkeren 911 Carrera GTS. Porsche spricht bei dem System, das aus drei Hauptkomponenten besteht, von einem „T-Hybrid“. Das Kernstück des Antriebs ist ein neu entwickelter 3,6-Liter-Boxer, der nicht nur 0,6 Liter mehr Hubraum als der bisherige GTS-Motor hat, sondern mit 485 PS auch fünf PS mehr leistet. Beatmet wird der Sechszylinder von einem innovativen E-Turbolader.
Zwischen dem Turbinen- und Lüfterrad des Laders sitzt ein Elektromotor, der den Turbo auf Schwung bringt – noch bevor genügend Abgas zur Verfügung steht, um den Lader konventionell auf Drehzahl zu bringen. Dies sorgt für einen ordentlichen Punch und ein blitzschnelles Ansprechverhalten. Im Generatorbetrieb kann der E-Lader unter Zuhilfenahme des Abgasstroms bis zu 11 kW (15 PS) zurückgewinnen. Porsche ist übrigens nicht der erste Hersteller, der diese Technologie in Serie bringt. Audi setzt in seinen Oberklasse-Modellen schon seit einigen Jahren auf E-Turbolader.
In das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe ist ein weiterer E-Motor integriert, der 40 kW und 150 Newtonmeter Drehmoment beisteuert. Unter dem Strich steht eine Systemleistung von 541 PS und 610 Newtonmetern. Als Stromspeicher dient eine Batterie, die, obwohl sie nicht größer als eine konventionelle Starterbatterie sein soll, eine Kapazität von 1,9 kWh hat.
Kaum Mehrgewicht dank einer kleinen Batterie
Porsche war sich bei der Entwicklung selbstverständlich bewusst, dass die schwere Batterie und die zusätzlichen Motoren des Hybridantriebs Gift für das Handling sind. Deshalb haben die Zuffenhausener bei allen Komponenten konsequent auf Leichtbau gesetzt. Offenbar mit Erfolg: Das Mehrgewicht gegenüber dem klassischen Verbrenner soll nur 50 Kilo betragen. Die Fahrleistungen des ersten Hybrid-Elfers können sich sehen lassen. Das 911 Carrera GTS Coupé beschleunigt in nur drei Sekunden auf das allgemein gültige Tempolimit auf Landstraßen und streicht erst bei 312 km/h die Segel.
Ansonsten hat Porsche auch an der restlichen Technik des GTS Detailänderungen vorgenommen, allen voran am Fahrwerk. Der 911 Carrera GTS verfügt erstmals serienmäßig über eine Hinterachslenkung. Porsches aktive Wankstabilisierung, auch PDCC genannt, wurde in das Hochvoltsystem des Hybridsystems eingebunden. Dies erlaubt eine elektromagnetische Steuerung, die das Ganze präziser machen soll. Das Sportfahrwerk des GTS mit variablen Dämpfern sorgt für eine Tieferlegung um zehn Millimeter.
Technische Daten
Modell | Motor | Leistung | Beschleunigung von 0 auf 100 km/h | Höchstgeschwindigkeit | Preis |
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911 Carrera Coupé | 3,0-Liter-Sechszylinder-Boxer mit Biturbo-Aufladung | 394 PS und 450 Newtonmeter Drehmoment | 4,1 Sekunden | 294 km/h | ab 128.700 Euro |
911 Carrera GTS Coupé | 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxer plus E-Turbolader und Elektromotor | Systemleistung: 541 PS und 610 Newtonmeter Drehmoment | 3,0 Sekunden | 312 km/h | ab 170.600 Euro |
Porsche dreht ordentlich an der Preisschraube
Der überarbeitete 911 Carrera kommt im Spätsommer auf den Markt und wird ganze 6.200 Euro teurer. Bisher startete der Basis-Elfer bei 122.500 Euro, zukünftig muss man dem Autobauer mindestens 128.700 Euro überweisen. Die Auslieferungen des Hybrid-Sportlers 911 Carrera GTS beginnen erst gegen Ende des Jahres. Für diese Version kommuniziert Porsche einen Grundpreis von 170.600 Euro, was einen Anstieg von mehr als 15.000 Euro gegenüber dem bisherigen GTS ohne Elektrounterstützung bedeutet. Die anspruchsvolle Hybridtechnik hat offenbar ihren Preis. Dem Erfolg des 911 wird das aber wohl keinen Abbruch tun.