Mit dem 997 brachte Porsche Größe in die 911-Baureihe
Ein Porsche 911 wird als Gebrauchter nicht günstig, aber immerhin erreichbar: Die Baureihe 997 (2004 - 2012) in unserer Gebrauchtwagen-Kaufberatung.
Viele Sportwagen sind wie Designerkleidung. Man schaut sie gern an, schlüpft vielleicht zur Probe hinein, hält sie aber für unnötig und kauft dann aber doch etwas Bodenständiges. Der Porsche 911 ist anders. Er ist wie ein Maßanzug. Teuer, klar, aber irgendwann könnte man ihn vielleicht rechtfertigen.
Im Falle des Elfers dauert es meist ein paar Jahre, bis er in eine vertretbare Preisklasse rutscht. Man muss ihn erwischen, wenn er am finanziellen Tiefpunkt angekommen ist. Dann könnte es genügen, wenn man zwei, drei Jahre konsequent spart. Der Lohn dafür: Sechszylinder-Boxer, Heckantrieb und eine Sahne-Abstimmung.
Es bewegt sich viel beim Elfer. Vor allem die Preise: Die sinken einige Jahre lang, stagnieren und steigen dann wieder. Der “Spiegelei”-911 (996) ist bereits teurer geworden. Höchste Zeit, sich seinen Nachfolger anzuschauen: Die Elfer-Baureihe 997 war zwischen 2004 und 2012 auf dem Markt, die Autos sind finanziell also in einer interessanten Region angekommen.
Gebrauchte Elfer gelten generell als solide, wertstabil und zuverlässig. Voraussetzung dafür sind Pflege und Wartung: Ein vollständig ausgefülltes Serviceheft ist bei 911 kein hübsches Detail, es ist Voraussetzung. Das sei an dieser Stelle deutlich gesagt. Ein günstiger Kaufpreis rächt sich später wegen teurer Reparaturen.
So richtig mängelfrei ist der 997 nämlich nicht. Besonders frühe Baujahre haben einige Macken. Eine gute Historie kann das Risiko aber minimieren. Hier steht alles, was Du außerdem wissen musst.
Historie und Modellwechsel
Die Geschichte des Elfers ist lang genug, um viele Bücher zu füllen. Deshalb hier in aller Kürze: Der 911 folgte 1963 auf den Porsche 356. Er behielt stets grob seine Form und seine technischen Merkmale, änderte aber Format und Anspruch. Er wurde größer und bequemer, moderner und schwerer - aber stets schneller. Mittlerweile baut Porsche ihn in der achten Generation (992).
Der 997 bekam 2008 ein Facelift. Das überarbeitete Modell erkennt man an neuen Lufteinlässen, Stoßfängern, LED-Rückleuchten und Bi-Xenon-Scheinwerfern. Die zweite Generation der wassergekühlten Boxermotoren wurde stabiler, stärker und sparsamer. Erstmals baute Porsche ein Doppelkupplungsgetriebe (“PDK”) ein.
Im Laufe seiner Bauzeit musste der 997 einige Male in die Werkstatt. Fahrzeuge bis Juli 2008 können die Endrohre der Auspuffanlage verlieren. Zwischen August 2008 und August 2012 lassen mitunter die hintere Bremse schleifen. GT2-Modelle (9/10 bis 8/12), Targas (11/06-08/08) und Turbos (11/09-05/13) rollten mit einem Fertigungsfehler des Gurt-Endbeschlags vom Band.
GT3-Modelle zwischen Mai 2006 und Januar 2009 können Probleme mit Traktionskontrolle und Fahrwerksregelung bekommen. Laut ADAC sind alle Rückrufaktionen abgeschlossen. Ein Blick in die Fahrzeughistorie, um das zu belegen, kann allerdings nicht schaden.
Karosserie
Bei der Auswahl des richtigen Modells wird es kompliziert, denn das Angebot ist vielfältig. Zunächst die Karosserie: Neben Coupé und Cabriolet gibt es den Targa und den seltenen Speedster. Geschlossene Varianten sind auf dem Gebrauchtwagenmarkt am häufigsten vertreten. Die Formen bekamen verschiedene Leistungsvarianten und Versionen.
Porsche nennt die Basis 911 Carrera, die nächst stärkere Variante 911 Carrera S. Ist Allrad an Bord, kommt eine 4 hinzu (Carrera 4, Carrera 4S). Darüber fahren scharfe Saugmotoren (GTS, GT3, GT3 RS, GT3 RS 4.0) sowie aufgeladene Verbrenner (Turbo, Turbo S, GT2, GT2 RS). Genug Auswahl für die meisten Ansprüche.
Was alle gemeinsam haben: Nach dem Einsteigen sinkt man in tiefliegende Sitze. Vorn bleibt genügend Platz, sogar für großgewachsene Menschen. Hinten baut Porsche Notsitze ein. Selbst für Kinder ist es auf längeren Strecken zu eng. In der Regel dient die Fläche als Ablage, denn der Kofferraum ist ebenfalls klein: 105 (Allrad) bis 135 Liter (Heckantrieb) sind zu wenig für ernsthafte Reisen.
Der Porsche ist ungefähr so lang wie ein Opel Astra der Baureihe J, also ein Kompaktwagen. Seine Türen öffnen weit, man kommt gut hinein und wieder raus. Neben dem Elfer darf aber gut ein bisschen mehr Platz sein, sonst quält man sich aus dem Auto. Im Alltag reicht der Raum für zwei Personen, so richtig nützlich ist er freilich nicht.
Das Cabrio bietet Luft im Haupthaar und mehr Sound, aber weniger Komfort: Geschlossen wird es im Innenraum lauter als in den anderen Varianten. Der Targa lässt ebenfalls Sonne ins Auto, hat aber ein festes Dach dabei. Ein guter Kompromiss aus Coupé und offen.
Motor und Getriebe
Die Einführung der wassergekühlten Motoren (Baureihe 996) brachte Probleme in den Elfer. Porsche konnte sie erst spät abstellen. Frühe 997 leiden deshalb häufig an defekten Kurbelwellen-Simmerringen. Sind sie undicht, tropft Motoröl auf den Antrieb und verursacht möglicherweise teure Folgeschäden. Eine Reparatur geht stark ins Geld.
Im 997 kommt das seltener vor als beim 996, aber es kann passieren. Die Problematik wurde erst öffentlich bekannt, als der 997 schon auf dem Markt war. Wirklich besser wurde es erst zum Facelift mit der Einführung der neuen Motorgeneration.
Das soll nicht bedeuten, dass frühe Modelle unkaufbar sind. Trockene Autos bleiben in vielen Fällen sauber. Besitzer empfehlen im Zweifel die Porsche-Approved-Garantie. Sie umfasst alle Komponenten des Autos, in der Regel für ein Jahr. Sie greift bei Ölverlust, kostet aber pro Jahr 1.600 Euro und gilt bis zu einer Laufleistung von bis zu 200.000 Kilometer.
Das lohnt sich besonders, wenn Zwischenwellen und Laufflächen verschleißen. Einige 997-Fahrer melden unkontrolliert kippende Kolben. Es rasselt und scheppert im Motorraum, der Boxer ist hin. Die Geräusche treten im Leerlauf und unter Last auf, im Schiebebetrieb weniger bis gar nicht.
Ein großes Problem von Porsches erstem wassergekühlten Boxer sind die Toleranzen. Addiert kann es zwischen Zylinder und Kolbenring zu viel Spiel geben, die Motoren verbrauchen dann zu viel Öl. Das repariert Porsche in der Regel bei einer Reklamation. Auf Krümmer, Wasserrohre und Domlager sollte man beim Kauf ebenfalls achtgeben.
All das ist aber nicht so dramatisch, wie es sich anhört. Motorschäden werden ohne Garantie sehr teuer. Die Mehrzahl der Porsche haben aber keine Probleme. Laufleistungen jenseits der 250.000 Kilometer sind üblich.
Alle 997-Varianten werden von Sechszylinder-Boxermotoren angetrieben. Die Basis leistet 325 PS aus 3,6 Litern Hubraum, die stärkere S-Variante 355 PS aus 3,8 Litern. Optional erhöht ein Leistungskit die Power auf 381 PS. Je nach Modell und Baujahr kommen bei den stärkeren Varianten ebenfalls 3,6- und 3,8-Liter-Motoren zum Einsatz. Einzige Ausnahme: Der 911 GT3 RS 4.0 mit vier Litern Hubraum. Mit dem Facelift stieg die Leistung der Motoren.
Von der Leistung lassen sich die Unterhaltskosten direkt ableiten. Mit mittlerem Budget gehen nur Carrera oder Carrera S. Wenn es sein muss, dann mit Allrad. Fans ziehen aber den Hecktriebler wegen des geringeren Gewichts und der besseren Fahrleistungen vor.
Weniger eindeutig wird es beim Getriebe. Puristen lieben den Handschalter, unabhängig vom Baujahr. Mit der optionalen Tiptronic (Wandlerautomatik, nur Vor-Facelift) können sich wenige Porschisti anfreunden - sie schaltet zäh und träge. Das PDK hingegen macht seine Sache gut. Mit ihr stieg der Anteil der automatisch schaltenden Elfer drastisch an.
Fahrwerk
Alle 911-Varianten sind Sportwagen und verhalten sich auch so. Schon in der Basis federt der Elfer sportlich. Der Carrera S liegt einen Zentimeter tiefer und federt straffer. GT-Modelle verzichten zusätzlich auf Komfort und sind deshalb weniger für den Alltag geeignet. Turbo-Fahrzeuge stimmt Porsche wiederum sanfter ab.
Der TÜV attestiert dem 997 eine überdurchschnittliche Haltbarkeit. Vermutlich liegt das an der guten Pflege der Besitzer. Abgesehen von Lenkung und Auspuffanlage hängt der Elfer seine Konkurrenz bei der Hauptuntersuchung locker ab. Rost gibt es quasi nicht, Fahrwerk und Lager werden nur selten beanstandet, Licht und Bremse ebenso wenig. Nur der Ölverlust legt mit den Jahren zu. Knapp 80 Prozent absolvieren die HU ohne Mängel.
Die verstellbare Fahrwerksregelung PASM mit adaptiven Dämpfern ersetzt optional das normale Stahlfahrwerk. Damit spreizt sich der Elfer besser zwischen Sport und Komfort, ohne dabei Dynamik zu verlieren. Seit dem Facelift gehört es beim Carrera S zur Serienausstattung.
Ausstattung und Sicherheit
Prinzipiell gibt es für den 911 nur eine Ausstattung. Je nach Karosserieform und Motor ändert sich der Umfang. Zur Basis gehören im 997 sechs Airbags, ESP, eine Klimaanlage und elektrische Fensterheber. Sportsitze, Leder, Navi, Schiebedach (beim Coupé) und Allrad kosten Extra. Ein gutes Gesamtpaket bietet der 997 S ab dem Facelift. PASM, 19-Zöller und Xenon gibt es serienmäßig.
Neben Ledersitzen und manuellen Getrieben ist eine Sportauspuffanlage im Elfer sehr beliebt. Außerdem sind Sportsitze, Sportlenkrad und Bi-Xenon-Scheinwerfer zu empfehlen. Hübsches Extra: Beim Sport-Chrono-Paket stoppt eine Uhr die Rundenzeiten und die Kennlinie des Gaspedals lässt sich beeinflussen. Das Sportfahrwerk lohnt sich für sehr flotte Fahrer.
Für die gleiche Zielgruppe ist die Keramik-Bremsanlage (“PCCB”) gedacht. Sie packt in heißem Zustand kräftig zu und hält viel länger als die Serienbremse. Wenn die Scheiben verschlissen sind, wird es aber sehr teuer. Außerdem reagiert sie bei Nässe langsamer.
Marktsituation und Preise
Egal, wie niedrig der Preis scheint: Ein Porsche 911 bleibt teuer. So richtig günstig sieht der 997 ja auch nicht aus. Empfehlenswerte Modelle mit überschaubarer Laufleistung, gültiger HU und ausgefüllten Scheckheft starten bei rund 40.000 Euro. Handschalter sind etwas teurer, Facelift-Modelle kosten viel mehr.
Empfehlung und Fazit zum Porsche 911 (997)
Trotz der großen Auswahl fällt uns die Wahl leicht. Wenn das Konto es erlaubt, empfehlen wir ein 997 Carrera S Coupé als Facelift-Modell, also ab Juli 2008, mit Handschaltung und ausgefülltem Scheckheft. Die kosten ungefähr 55.000 Euro.