Wer in der zweiten Reihe parken darf
Paket-, Liefer- und Pflegedienste, Handwerker oder mal eben Brötchen kaufen: Wer darf in der zweiten Reihe parken? Die meisten werden nur geduldet.
Das Halten und Parken in der zweiten Reihe ist ein Ärgernis – und doch oftmals notwendig. Beispielsweise für Zustell- und Pflegedienste. Kleidung, Bücher, Schuhe – so sah der Online-Handel in seiner Anfangszeit aus. Heutzutage kann so ziemlich alles online bestellt werden, von Medikamenten über Möbel bis hin zu Autos oder der fertig gegarten Weihnachtsgans inklusive Beilagen und Dessert. 12 Millionen Pakete werden im Jahr 2018 in Deutschland an Haushalte und Unternehmen geliefert – pro Tag. Allein der Branchenriese DHL liefert 2018 fünf Millionen Pakete aus. Ein Jahr später sind es bereits 5,2 Millionen. Laut einer Studie der „Agora Verkehrswende“, einer Initiative der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation, wird das Liefer-Aufkommen bis 2023 jährlich um weitere fünf Prozent wachsen.
In zweiter Reihe parken: Das Wichtigste in Kürze
- Parken in zweiter Reihe generell verboten, Ausnahme: Taxis
- Ein- und Aussteigen, Be- und Entladen sind erlaubt (“Halten”)
- Definition: Halten dauert maximal 3 Minuten, das Fahrzeug darf dabei nicht verlassen werden.
- Kurier-, Express-, Paketdienste und Co. werden vom Ordnungsamt meist geduldet.
Der moderne Großstadt-Bewohner möchte spontane Wünsche binnen zehn Minuten erfüllt haben. Das glauben die Gründer der Liefer-App Gorilla. Online-Bestellungen treffen im Idealfall spätestens nach 24 Stunden ein. Dann klingelt in der Regel ein Angestellter der KEP-Branche an der Tür. KEP steht für „Kurier-, Express- und Paketdienste“. Die meisten Menschen kennen diese Branche aus zwei Perspektiven. Einerseits ist da der freudig erwartete Bote, der die bestellte Ware überreicht. Andererseits ist da der voll beladene Transporter, der in der zweiten Reihe parkt und die Straße blockiert. Viele fragen sich dann: Darf der das? Schließlich schränkt der Lieferwagen für Fußgänger die Sicht ein, sie können die Straße im Bereich des Transporters nicht sicher überqueren. Radfahrer müssen die Spur wechseln, um an dem Lieferfahrzeug vorbeizufahren. Autofahrer müssen oft warten, bis der Wagen weiterfährt oder sich im Gegenverkehr eine Lücke auftut.
Parken in zweiter Reihe: Ausnahmen nur für Taxis
Das Parken in zweiter Reihe ist in Deutschland generell nicht gestattet. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) erlaubt in Paragraf 12 Absatz 4 lediglich eine Ausnahme: „Taxen dürfen, wenn die Verkehrslage es zulässt, neben anderen Fahrzeugen, die auf dem Seitenstreifen oder am rechten Fahrbahnrand halten oder parken, Fahrgäste ein- oder aussteigen lassen.“ Weitere Sonderregelungen für das Parken in zweiter Reihe bestehen für das Leeren von Briefkästen, wenn keine andere Parkmöglichkeit vorhanden ist.
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Für alle anderen Fahrzeuge und Branchen gilt ein Parkverbot in der zweiten Reihe – auch für das Ausliefern von Paketen. Da Kurierfahrer hierfür ihr Fahrzeug verlassen müssen, gilt jede Auslieferung laut StVO als Parken. Für Kurierfahrer bedeutet das in vielen Fällen, dass sie zumindest in manchen Fällen gegen die StVO verstoßen, um ihre Arbeit leisten zu können. In einer vollen Innenstadt tagsüber einen freien Parkplatz zu suchen, um ein Paket auszuliefern? Dafür haben die Fahrer keine Zeit. „Unsere Fahrerinnen und Fahrer sind – wie jeder anderer Verkehrsteilnehmer auch – gehalten, die geltende StVO zu beachten“, sagt Sarah Preuß, Sprecherin der Deutschen Post DHL Group. „Das Begleichen von Strafzetteln seitens des Konzerns ist daher grundsätzlich nicht vorgesehen, kann in besonderen Einzelfällen jedoch vorkommen.“
Halten in zweiter Reihe ist erlaubt
Beim Halten in zweiter Reihe sieht die Regelung anders aus. Dies ist zumindest für das Ein- und Aussteigen sowie für das Be- und Entladen erlaubt. Bleibt die Frage: Wo ist der Unterschied zwischen Parken und Halten? Gilt es als Parken, wenn man schnell zum Bäcker rennt, um ein Brötchen zu kaufen?
Die StVO schreibt dazu: „Wer sein Auto verlässt oder länger als drei Minuten hält, der parkt“. Das heißt, sobald jemand aus dem Auto steigt, parkt er. Auch ein zweiminütiges Nickerchen in zweiter Reihe gilt als Parken, denn während des Haltevorgangs muss der Fahrer jederzeit zugriffsbereit sein. Zudem darf das Auto, das in der zweiten Reihe hält, keinen anderen Verkehrsteilnehmer behindern.
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Die Bußgelder für das unzulässige Parken in zweiter Reihe beginnen laut dem neuen Bußgeldkatalog bei 55 Euro und reichen bis 100 Euro, wenn das Parken zu einer Gefährdung führt. Dann kommt außerdem ein Punkt in Flensburg hinzu. Laut altem Bußgeldkatalog kostet das unerlaubte Halten in zweiter Reihe noch 15 Euro.
Manche Ordnungsämter drücken ein Auge zu
Manchmal hilft die Nachsicht von Ordnungsämtern, wenn Branchen in der Innenstadt gezwungen sind, gegen die StVO zu verstoßen. So empfindet es zumindest Gerald Bürkert, Geschäftsführer der Diakoniestation Heilbronn. Neben den Paketdiensten gehören ambulante Pflegedienste zu den Branchen, die am meisten mit der täglichen Parkplatzsuche konfrontiert sind. Drei Minuten Zeit hat ein Pflegedienst-Mitarbeiter rechnerisch für die Gabe von Medikamenten an den Patienten. Allerdings muss in diesen drei Minuten auch ein Parkplatz gefunden und der Weg zur Wohnung absolviert sein.
Das Parken im Halteverbot gehört für ambulante Pflegedienste deshalb vielerorts zum Alltag. Gerald Bürkert berichtet dennoch, dass sehr selten Knöllchen bei ihm auf dem Schreibtisch landen. Seiner Meinung nach geht die Stadt Heilbronn äußerst kulant mit den Fahrzeugen der ambulanten Pflege um. Das liegt seiner Meinung nach daran, dass die Diakonie die Bürger der Stadt versorgt. Aus diesem Grund sähen die Mitarbeiter wohl sehr großherzig über die Parkdelikte hinweg.
30 Knöllchen pro Tag in Kiel
In anderen Regionen berichten Pflegedienste von weniger Nachsicht. Laut einem Zeitungsbericht sollen beim Kieler Pflegedienst „Herzensgüte“ jede Woche bis zu 30 Verfahren eintrudeln. Das Problem ist altbekannt und verschärft sich von Jahr zu Jahr – vor allem im Stadtgebiet. „Der Parkplatzmangel ist ein bundesweites Problem“, sagt Bernd Tews, Geschäftsführer des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e. V. „Generell verschärft es sich, je größer eine Stadt ist. Während sich in einem 300-Seelen-Dorf auf der Schwäbischen Alb sicherlich jederzeit ein Parkplatz vor der Haustür des Patienten finden lässt, stellt der wachsende Verkehr in den Metropolen die ambulanten Pflegedienste vor große Herausforderungen – insbesondere, da ein Umstieg auf andere Verkehrsmittel zumeist keine Alternative bietet“, sagt Tews.
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Weniger Fahrten, weniger Probleme
Während für Pflegedienste beispielsweise Sondergenehmigungen der Stadt eine Alternative sein können, will die DHL bei der Logistik nachschärfen. „Wir arbeiten kontinuierlich an Lösungen, die auf der letzten Meile eine zuverlässige, schnelle, umweltfreundliche und flexible Zustellung für unsere Empfängerkunden sicherstellen. Vor allem elektrifizierte Fahrzeuge in der Auslieferung sind hier eine vielversprechende Lösung“, sagt Sarah Preuß. Zudem setze DHL auf intelligente Routenplanung. Kleinere Sendungen werden von den Briefzustellern übernommen, die zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem E-Bike unterwegs sind.
Jeder Deutsche erhält pro Jahr im Schnitt 23 Pakete. Im Jahr 2008 waren es noch 15. Um dem wachsenden Lieferaufkommen zu begegnen, muss die Lieferung intelligent gesteuert werden. In Düsseldorf bietet seit 2017 das Unternehmen incharge einen Lösungsansatz: Die Firma bündelt Lieferungen an Unternehmen und reduziert somit Fahrten in die Innenstadt. So kann aus fünf oder gar zehn Lieferungen pro Tag eine Lieferung werden. In Wuppertal hat ein Kaufhaus im Jahr 2019 im Schnitt 7,5 Anlieferungen pro Tag erhalten. Mit incharge würden somit rein rechnerisch 6,5 Fahrten pro Kaufhaus und Tag entfallen.
Packstationen und Micro-Hubs
Eine weitere mögliche Lösung sind zentrale Verteilstationen, z. B. eine Packstation. DHL bietet davon bundesweit mehr als 6.000 an, wo Privatpersonen ihre Sendungen abholen können. Alternativ können das auch sogenannte Micro-Hubs sein, an denen Kurierfahrer ihre Sendungen abholen und mit dem Lastenrad verteilen. In Berlin gibt es seit Oktober 2020 einen solchen Micro-Hub in der Nähe des U-Bahnhofs Tempelhofer Damm. Dort können Lieferdienste ihre Pakete abladen. Diese werden dann von Kurierfahrern mit Lastenrädern an die Adressaten befördert. Das soll das Verkehrsaufkommen und die damit einhergehende Luftverschmutzung reduzieren.
Auch in anderen Großstädten wie Hamburg, München, Düsseldorf, Nürnberg, Stuttgart und Dortmund gibt es Projekte, die auf Mikro-Depots setzen, von wo aus die Pakete mit Lastenrädern verteilt werden. Nach Ansicht des ADAC ist das zumindest für manche Probleme des städtischen Lieferverkehrs eine Lösung. „Die Stärken von Lastenrad und E-Lastenrad kommen besonders dort zur Geltung, wo kleinere Pakete zu Privatkunden in eng begrenzten Gebieten mit hohem Parkdruck ausgeliefert werden müssen“, schreibt der Automobilclub. „Dies sind meist gründerzeitliche Wohngebiete in Großstädten oder Stadtzentren mit hoher Einwohnerdichte. Die Belieferung gewerblicher Kunden kommt mit Lastenrädern weniger infrage, da viele Pakete zu schwer und zu groß sind.“
Familienautos sollten viel Platz bieten und Sicherheit für alle Insassen.
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