Opel Zafira Life (2019): Test, Fahrbericht, Preis
Der neue Opel Zafira Life konkurriert mit dem VW-Bus, nicht mehr wie der Vorgänger mit dem Touran. Wie schlägt sich der neue Opel-Van im Alltag?
Es ist schnell erklärt, warum es dieses Auto gibt: Nach der Opel-Übernahme von PSA wollte der neue Eigner Peugeot die Kooperation bei leichten Nutzfahrzeugen zwischen Opel und dem französischen Wettbewerber Renault möglichst schnell beenden. Also basiert Opels neues Raumwunder nicht mehr auf dem Renault Trafic. Der neue Vivaro nutzt die Basis des Peugeot Traveller. Mit der Strategie, der Pkw-Version des Nutzfahrzeugs einen eigenen Namen zu geben, folgt Opel der Linie des neuen Mutterkonzerns. Opels Entscheidung war es, das Auto “Zafira” zu nennen: Unter dem etablierten Namen verkauft Opel seit 1999 in drei Generationen einen Kompakt-Van.
Alter Name, neues Konzept
Nun folgt unter vertrauter Flagge ein Konzeptwechsel. “Life” nennt sich der neue Opel Zafira, der Zusatz steht bei Opel für die Pkw-Version von Nutzfahrzeugen und findet sich auch am Opel Combo. 4,61 Meter misst der Zafira Life mindestens in der Länge, in der Maxiversion bis zu 5,30 Meter. Im Innenraum gibt es Platz für bis zu neun Insassen. Damit hat der Zafira Life Kleinbus-Format, erst recht in der Langversion.
Der Opel Zafira Life hat die Klasse der Kompakt-Vans hinter sich gelassen.
Möchte Opel mit dem neuen Modell im Bulli-Revier wildern? Auf einen veritablen Bus mussten Opels Stammkunden lange warten, der Vorgänger blieb stets mehr Nutzfahrzeug als Bus. Der Hauptwettbewerber Volkswagen baut seinen Kleintransporter inzwischen in der sechsten Modellgeneration, 2021 soll der neue T7 auf den Markt kommen. Der einstige Erzrivale Opel setzte dagegen lange Zeit nur auf geräumige Kombis wie Astra oder Omega. Später kamen Familien-Vans wie Sintra, Meriva – oder eben Zafira dazu.
Mehr Kleinbus als Van
Der Zafira Life soll zwar die Van-Kunden bedienen, weist vom Auftritt her aber starke Bulli-Züge auf. Dazu gehören die kurze Schnauze und die kastenförmige Karosserie. Der Fahrer sitzt bustypisch in deutlich erhöhter Position. Das verschafft einen Überblick, von dem viele SUV-Fahrer träumen. Im nutzfahrzeugtypisch geräumigen Innenraum setzt Opel gleichermaßen auf Komfort wie auf Flexibilität. Bei VW würde man dies „Multivan“ nennen. „Lounge auf Rädern“ für Familien und Unternehmen sagt man bei Opel.
Für unsere Fahrt stellt Opel die Ausstattungslinie „Tourer“ bereit. Sie verfügt über sechs edle Leder-Einzelsitze, zwei vorn, vier hinten – Fahrer und Beifahrer genießen eine Massagefunktion. Beinahe entsteht etwas VIP-Atmosphäre. Eine schöne Idee ist der gläserne Dachhimmel.
Viel Flexibilität im Innenraum
Der Zafira Life rollt mit drei Sitzreihen und elektrischen Schiebetüren an, auf Wunsch auf beiden Seiten: Die elektrische Schiebetür mit Sensorsteuerung auf der Beifahrerseite ist inklusive, die zweite elektrische Schiebetür auf der Fahrerseite kostet 1.150 Euro Aufpreis. Sehr praktisch, wie Eltern von kleinen, ungeduldigen Kindern wissen. Die Sitze kann man auch herausnehmen: Dann verwandelt sich der Familientransporter in einen Kleinlaster.
Mit dem Sitzkonzept Vis-à-Vis lassen sich die Sitze so konfigurieren, dass die Passagiere von Angesicht zu Angesicht reisen können. Auf einem verschiebbaren Multifunktionstisch können Business-Reisende Büroarbeiten erledigen. Die stabile Unterlage verträgt aber auch Kinderspielzeug oder Brettspiele.
Ist Stauraum gefragt, lassen sich die Sitzreihen umklappen oder komplett entfernen. Je nach Fahrzeuglänge (S, M oder L) und Radstand schluckt der Laderaum des Zafira Life zwischen 3.600 bis 4.900 Litern, die Langversion verträgt eine Tonne Zuladung. Da kann kein Kombi mithalten.
Fahrkomfort und Verbrauch
Dabei fährt das neue Raumwunder von Opel, für seine Nutzfahrzeug-Basis, erstaunlich komfortabel und praktisch wie ein Pkw. In der stärksten Variante treibt ein 2,0-Liter-Diesel mit 177 PS den Opel Zafira Life an. Mit diesem Motor zeigt sich der Zweitonner auch in der Langversion L agil. Der große Bus beschleunigt wie ein Pkw. Auf der Autobahn ist bei 185 km/h Spitze Schluss.
Eine Reisegeschwindigkeit von 130 km/h ist allerdings angenehmer, zumal laute Windgeräusche im Zafira Life schon bei deutlich geringerem Tempo nerven. Die Dämmung liegt eher auf Nutzfahrzeug-Niveau. Auch das Fahrwerk ist bei fehlender Zuladung recht straff ausgelegt, über Unebenheiten federt der Zafira Life recht holprig. Längere Bodenwellen werden hingegen sauber weggebügelt, was auch am langen Radstand liegt. Der rangiert mit weit über drei Metern auf Mercedes-S-Klasse-Niveau.
Ein Sparwunder ist der 177-PS-Diesel, gemessen an Pkw-Maßstäben, nicht: Leistung und zwei Tonnen Leergewicht fordern ihren Preis. Wenn der Zafira Life erst einmal rollt, lässt er sich zwar mit unter fünf Litern auf 100 Kilometer bewegen. Stop-and-Go im Stadtverkehr macht ihn dagegen durstig. Mit voller Tankfüllung liegt die Reichweite bei knapp 800 Kilometern. Opel gibt einen Normverbrauch von 7 bis 8 Litern an. Mit einem Testverbrauch von 8,7 Litern lagen wir nur geringfügig darüber.
Diesel-Motoren ab 102 PS, Elektro-Variante kommt 2021
Die Achtstufen-Automatik ist beim 177-PS-Diesel Serie. Bei den kleineren Motoren – Einstiegsaggregat ist ein 1,5-Liter-Selbstzünder mit 102 PS – sowie beim 150-PS-Diesel schaltet der Fahrer per manuellem Sechsgang-Getriebe. Benziner stehen nicht zur Auswahl. 2021 folgt eine elektrische Variante des Zafira Life. Etwas gewöhnungsbedürftig beim Zweiliter-Diesel: Die Bedienung des Automatikgetriebes erfolgt statt über einen Wählhebel über ein kleines Rädchen unter der Klimaanlage. Zur Auswahl stehen wenig überraschend die vier Modi P, R, N und D. Eine Mittelkonsole fehlt beim Zafira Life, auch das erinnert eher an ein Nutzfahrzeug.
Im VW T6 California werden Küche, Bett und Wohnzimmer einfach mitgenommen.
Viele optionale Extras
Die Aufpreisliste beim Opel Zafira Life ist lang. Fünf Sitzplätze sind in der Basisversion Serie, sieben bis neun davon kosten je nach Ausstattungslinie bis zu 1.500 Euro extra. Eine um bis zu 400 Kilogramm erhöhte Zuladung ist mit dem Zweiliter-Diesel möglich (800 Euro), dazu kommen eine optionale Anhängervorrichtung und diverse Dachboxen. In puncto Assistenzsysteme bietet es sich insbesondere bei der Langversion an, ein Häkchen bei der 180-Grad-Rückfahrkamera zu machen (plus 400 Euro). In engen Wohngebieten erfordert das Einparken des wuchtigen Busses Fingerspitzengefühl. Überhaupt sollte man die Ausmaße des Zafira Life nicht unterschätzen, insbesondere nicht seine Breite von mehr als zwei Metern. Wer nicht aufpasst, eckt beim Rangieren schnell mal an.
Verzichtbar ist dagegen das Head-up-Display (bei Tourer und Innovation Serie). Zwar hat man damit Verkehrsschilder mit Geschwindigkeitsbegrenzung und Navigations-Informationen direkt im Sichtfeld. Sie werden aber auch im Kombiinstrument beziehungsweise auf dem Infotainment-Bildschirm angezeigt.
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Fazit: Interessante Alternative zum VW-Bus
Wie bei seinem Konkurrenten, dem VW-Bus, handelt es sich beim neuen Opel Zafira also um ein verkapptes Nutzfahrzeug – das aber deutlich mehr Komfort und Ausstattung bietet, als in dieser Klasse bislang üblich. Weitgehend baugleich ist der Opel mit den PSA-Geschwistermodellen Peugeot Traveller und Citroën Space Tourer sowie mit dem Proace Verso von Toyota. Der japanische Hersteller kooperiert mit PSA beim Mehrmarken-Kleintransporter.
Ein Kleinbus von Opel war überfällig. Der Ausstieg aus dem Van-Bau erlaubt Rüsselsheim nun ein stärkeres Augenmerk auf das beliebte Segment zu legen. Mit seiner Flexibilität und seinem Komfort kann der Zafira Life punkten. Viele Extras gibt es erst in teureren Ausstattungslinien, aber günstiger als ein VW Bus ist der Opel immer. Unser üppig ausgestatteter Testwagen Zafira Life Tourer L kostet rund 56.000 Euro. Ein vergleichbar ausgerüsteter VW T6 Multivan schlägt mit deutlich mehr als 60.000 Euro zu Buche.