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Grauer Nio ET 7 fährt in Tiefgarage, Redakteur Connor Meißner sitzt am Steuer
Quelle: Peter Besser
Der neue Nio ET7: Wir sind ihn gefahren. Das Highlight: Der Batterietausch an der Power Swap Station in Berlin Spandau.

Futuristischer Raumschiff-Sound statt Verbrenner-Brummen: Elektroautos erobern die Luxuslimousinen mit Modellen wie dem Mercedes-Benz EQS oder BMW i7. Ende 2022 schickt der chinesische Hersteller Nio sein Vorzeigemodell ET7 mit ins Rennen um den europäischen Markt. Begeistern will der Neuankömmling vor allem mit seinem Batterietausch-Konzept: Warum 30 Minuten laden, wenn man die leere Batterie gegen eine volle tauschen kann? Wir haben die Großraumlimousine aus dem fernen Osten und ihr neues Konzept für Dich getestet. 

Nio ET7 Überblick

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Quelle: Peter Besser
Als Mittelklasse-Pendant zum ET7 bietet Nio den ET5 an.

2014 wird die Firma Nio in Shanghai gegründet. Erfahrung im E-Motorsport sammelt der chinesische Hersteller seit 2015 mit der Übernahme eines Formel-E-Teams. Der elektrische Supersportler Nio EP9, eines der schnellsten Elektroautos der Welt, präsentiert 2016 als erstes Fahrzeug das charakteristische Batterietausch-Konzept. Mit Design aus München, technischer Innovation wie einem LiDAR-System und Erfahrung aus dem E-Sport kreiert Nio ihr Vorzeigemodell: Den Nio ET7.

Basispreis:

  • 69.900 Euro 

Batteriegröße:

  • 75 kWh oder 100 kWh

Batteriepreise: 

  • 75 kWh: 12.000 Euro (Miete: 169 Euro pro Monat)
  • 100 kWh: 21.000 Euro (Miete: 289 Euro pro Monat)

Konkurrenten:

  • Tesla Model S
  • Mercedes EQS
  • BMW i7

Die Konfiguration und Serviceleistungen richtet Nio auf Nutzerfreundlichkeit aus: Aufpreis gibt es lediglich für größere Felgen aus Carbonfaser, Service und Reparatur werden vor der Haustür angeboten.

Abmessungen, Kofferraum, Platzangebot

Der offene Kofferraum eines grauen Nio ET7.
Quelle: Peter Besser
Die Filzbeschichtung macht den Kofferraum haltbarer.

Das Vorzeigekind des innovativen Herstellers passt mit fast zwei Metern Breite (ohne Außenspiegel) nur knapp durch handelsübliche Waschstraßen. Im Innenraum fallen die 5,10 Meter Länge auf: Vorne hast Du gut Platz, auf der Rückbank ist das Platzangebot massiv. Es erscheint schier unmöglich, hinten mit den Knien an einen Frontsitz zu reichen. Leider fehlt dieser Platz im Kofferraum: 363 Liter Volumen sind vergleichsweise wenig für eine Luxuslimousine. Der Mercedes EQS bietet 610 Liter, der BMW i7 verfügt über 500 Liter Volumen. Die Verkleidung des Nio-Kofferraums fühlt sich hochwertig an und verbessert die Langlebigkeit. Die Kofferraumklappe öffnet unterhalb, nicht oberhalb der Heckscheibe, was für einen umständlichen Zugriff auf Gepäck oder Einkäufe am Ende des Kofferraums sorgt.

Innenraum, Verarbeitung, Qualität

Der cremefarbene Innenraum eines Nio ET7.
Quelle: Peter Besser
Zusätzlich zur sehr variablen Ambientebeleuchtung verfügt der Nio ET7 über Duftkartuschen, die sich über Sprachbefehle aktivieren lassen.

Im Innenraum fällt sofort auf, das Nio bei ihrem Vorzeigemodell Wert auf Qualität legt: Eine komplette Lederausstattung und minimalistisches Design lassen das Luxusraumschiff edel wirken. Der einzige Bruch des Designs: Nomi, der kleine Tamagotchi-artige Begleiter in der Mitte des Armaturenbretts. Die Verkleidung aus Rattan-Material ist Geschmackssache, ich persönlich finde, es erzeugt einen natürlichen Eindruck und verleiht einen zusätzlichen nachhaltigen Touch. 

Generell ist der Innenraum üppig ausgestattet: Alle vier Sitze sind belüftet, beheizt und besitzen eine Massagefunktion. Die Mittelkonsole bietet einen Induktionslader für Dein Smartphone, zwei Getränkehalter und ein Aufbewahrungsfach mit Safe-Box-Funktion. Das geteilte Panoramadach erschafft eine offene Atmosphäre. Großes Plus: Alle Ausstattungsmerkmale sind zwecks Nutzerfreundlichkeit Serie. Kleines Minus: Die kleine Heckscheibe ist durch die GT-Bauform und eine schräge Kofferraumablage unübersichtlich. 

Infotainment, Bedienung, Konnektivität

Der Fahrerbereich eines Nio ET7.
Quelle: Peter Besser
Die Platzierung des zentralen Displays erinnert an die Bauweise des Konkurrenten Tesla.

Ähnlich dem Tesla Model S wird das Infotainment mit einem zentralen Bildschirm (12,8 Zoll) über der Mittelkonsole gesteuert. Das Display reagiert gut und bietet extrem viele Möglichkeiten, Ambientebeleuchtung, Sitzposition, Massageprogramme und vieles mehr einzustellen. Die Unterteilung in eine Vielzahl von Unterpunkten ist gewöhnungsbedürftig, etwas Wichtiges wie der Ladeanschluss sollte zentral erreichbar sein. Für die Rückbank gibt es einen 6,6 Zoll Bildschirm an der Rückseite der Mittelkonsole, über die man Medien, die Klimaanlage und Sitzfunktionen steuern kann. Für lange Ladepausen: Der Beifahrersitz lässt sich per Touchbefehl nach vorne fahren und zusammenklappen, um die üppige Beinfreiheit zu maximieren und Dir das Arbeiten oder ein Nickerchen zwischendurch zu ermöglichen. 

Das Highlight der Show: Nomi, die kleine, kugelförmige Begleiterin im Zentrum der Armatur. Sie reagiert auf Sprachbefehle mit einer wählbaren Phrase wie “Hey Nomi!”. Die Spracheingabe hat für die Aktivierung von Grundfunktionen wie Fenstern, Sitzen oder Musik gut funktioniert. Bei spezifischen Befehlen, wie dem Wechseln des Massageprogramms, versteht Dich Nomi selten.

Im Video: Testbericht Nio ET7 von Connor Meissner

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Antrieb, Motor, Fahrleistungen

653 PS Leistung sind für Elektroautos heutzutage kein Hexenwerk mehr, 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h mit knapp 2,4 Tonnen sind trotzdem immer wieder beeindruckend. 

Diese brachiale Beschleunigung ruft der Nio ET7 im “Sport +”-Modus ab. Weitere Modi sind “Sport”, “Komfort” und “Eco”. Zusätzlich kannst Du Dir ein persönliches Profil einstellen und dabei Beschleunigung, Lenkung, Rekuperation und Fahrhöhe editieren. Für One-Pedal-Fahrer wichtig: Die voreingestellten Modi haben alle niedrige Rekuperation eingestellt, also lohnt sich der individuelle Slot. 

Auch wenn die Leistungswerte des Nio ET7 im Sportwagenbereich liegen, fühlt sich die chinesische Luxuslimousine eher luxuriös als sportlich an. Wer den ruckartigen Schub eines Sportlers sucht ist hier falsch, selbst die schnellste Einstellung beschleunigt angenehm, kräftig aber gut verteilt.

Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten

Die vordere Hälfte eines grauen Nio ET7 vor einer urbanen Kulisse.
Quelle: Peter Besser
Das intelligente Luftfahrwerk passt die Fahrhöhe selbstständig an und lässt sich bei Bedarf manuell einstellen.

Ganz großes Komfort-Plus im Fahrwerk: Ein intelligentes Luftfahrwerk lässt den Nio quasi über die Straße schwimmen. Es registriert die Umgebung und Begebenheiten der Straße und passt die Fahrhöhe darauf an. “Eco” und “Sport +” setzen die Höhe herab, während in "Komfort" das Fahrwerk hoch und weich ist. Die Lenkung ist dabei ebenfalls sehr leichtgängig, während die Lenkung in den sportlichen Einstellungen fester und schwergängiger wird.

Sicherheit und Assistenzsysteme

Das LiDAR-System an einem Nio ET7.
Quelle: Peter Besser
Auch bei schlechter Sicht durch die Heckscheibe lässt sich der Nio durch mehrere Parkansichten leicht rückwärts einparken.

Der Nio ET7 fährt mit einem LiDAR-System und einer Vielzahl von Kameras vor. Die Kameras ermöglichen einfaches Parken dank 360-Grad-Kamera und mehreren Ansichten. Zusätzlich bietet der Nio ET7 einen Aufmerksamkeits-Sensor über dem Lenkrad, der warnt, falls der Blick zu lange von der Straße abweicht. Damit das gar nicht erst nötig ist, projiziert ein Head-Up-Display Daten wie die aktuelle Geschwindigkeit, Verkehrszeichen und Navigationshinweise vor den Fahrer auf die Straße. 

Das LiDAR-System hält einen Überblick über die Verkehrsumgebung und stellt diese auf dem Fahrerbildschirm da. Der Pilot, der sich über die linke Seite des Lenkrads steuern lässt, nutzt diese Daten, um mit Adaptiven Tempomat und Fahrspurzentrierung den Nio autonom zu steuern. Damit fährt der Nio ohne ruckartige Lenkbewegungen von selbst und erinnert den Fahrer lediglich alle 15 Sekunden, die Hände am Lenkrad zu behalten.

Batterie, Laden, Reichweite

Ein grauer Nio ET7 parkt vor einer urbanen Kulisse.
Quelle: Peter Besser
Die 75 kWh-Batterie liefert bei 100 Prozent eine Reichweite von 445 Kilometern (WLTP).

Für unseren Test sind wir die 100-kWh-Variante gefahren, die eine maximale Reichweite von 580 Kilometern (WLTP) leistet. Diese kannst Du im Alltag allerdings nicht nutzen, denn  der Nio lädt besonders schonend auf maximal 90 Prozent, also 520 bis 525 Kilometer. 

Zum Laden von 40 auf 90 Prozent braucht der Nio etwa 30 Minuten. Ein Highlight ist der Batterietausch: An der Power Swap Station in Berlin Spandau war die neue Batterie in 5 Minuten und 45 Sekunden eingesetzt und fahrbereit. Zu beachten gilt: Der Batterietausch ist nur mit Mietbatterien möglich.

Im Verbrauch zeigt sich der Nio ET7 von zwei Seiten: Autobahnfahrten mit 120 oder mehr Kilometern pro Stunde verbrauchen ca. 26 kWh. Wenn Du mit Autopilot, “Eco”-Modus und maximal 90 bis 100 Kilometern pro fährst, sinkt der Verbrauch auf 17 bis 18 kWh. Auf der Landstraße kannst Du den Verbrauch sogar auf 16 kWh senken. Dem vom Hersteller angegebenen Durchschnittsverbrauch von 19 kWh auf 100 Kilometer kommst Du mit sanftem Gasfuß also sehr nahe.

Fazit

Hey Nomi, manchmal nervst Du. Durch viele Warngeräusche und ein unzuverlässiges Sprachverständnis bei Navigationseingaben kann Dir Dein kleiner Begleiter im Nio ET7 schnell auf die Nerven gehen. Das lässt sich hoffentlich durch zukünftige Software-Updates beheben. Für seine Klasse steht der ET7 sonst sehr gut da: Üppige Serienausstattung, qualitativ hochwertige Verarbeitung und ein nutzerfreundliches Konzept, das Dir die Konfiguration und Serviceleistungen vereinfacht. Preislich kannst Du den europäischen Marktstarter von Nio für mehr als 10.000 Euro weniger als vergleichbare Konkurrenten wie das Tesla Model S oder den BMW i7 kaufen. Der Kofferraum fällt im Vergleich zur Konkurrenz sehr klein aus, aber was Du nicht hinten verladen kriegst, kannst Du auf der Rückbank verstauen. 

Das Batterietausch-Konzept ist praktisch und macht die Batteriemiete attraktiv, aber nur wenn Du in der Nähe einer der aktuell wenigen Tauschstationen lebst. Für die Zukunft hat Nio Feststoffbatterien angekündigt, die 1000 Kilometer Reichweite schaffen sollen. Großer Vorteil am “Battery Swap”: Du kannst in der Zukunft einfach auf bessere Batterien wechseln, sobald sie verfügbar werden. 

Im Test wird klar, warum der Nio ET7 die Marke repräsentieren soll: Ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, innovative Konzepte und eine sportliche Beschleunigung machen den Nio ET7 zu einem Hingucker, der auf dem europäischen Markt mithalten kann. 

Der Nio ET7 in Bildern

Ein grauer Nio ET7 parkt vor einer urbanen Kulisse.
Das Heck von einem Nio ET7 vor Bäumen.
Der offene Kofferraum eines grauen Nio ET7.
Die Front eines Nio ET7 vor einem Wald.
Das LiDAR-System an einem Nio ET7.
Der cremefarbene Innenraum eines Nio ET7.
Der Fahrerbereich eines Nio ET7.
Der Getriebe-Wahlhebel eines Nio ET7.
Die cremefarbene Rückbank eines grauen Nio ET7.
Quelle: Peter Besser
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Der ET7 ist gegen Aufpreis auch mit 21 Zoll Felgen verfügbar.
Quelle: Peter Besser
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Der Nio ET7 kann mit der Anhängerkupplung bis 2.000 Kilogramm (gebremst) ziehen.
Quelle: Peter Besser
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In der Mitte der Rückbank befindet sich eine Durchreiche für Skier.
Quelle: Peter Besser
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Die Front des Nio ET7 erinnert an das Tesla Model S, die Scheinwerfer an den BMW i7.
Quelle: Peter Besser
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Mittels eines LiDAR-Systems ermöglicht der Nio ET7 autonomes Fahren auf Level 2.
Quelle: Peter Besser
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Im Innenraum des Nio ET7 wird auf Leder und Rattan statt Plastik gesetzt.
Quelle: Peter Besser
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Über die linke Seite des Lenkrads steuerst Du den Piloten, über die rechte Seite deine Medien.
Quelle: Peter Besser
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In der Mittelkonsole befinden sich der Wahlhebel, der Warnblinker, die Zentralverriegelung sowie ein Knopf für das Wechseln der Fahrmodi.
Quelle: Peter Besser
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Viel für die Knie, wenig für den Kopf: Wenn du hoch gewachsen bist wirst Du Dich auf der Rückbank nach oben schnell beengt fühlen.
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