Mercedes SL (R107): Oldtimer-Liebling
Deutschlands beliebtestes Oldtimer-Cabrio ist ein Daimler: Der Mercedes SL (R 107) fährt mit bis zu 5,6 Liter großem V8. Alles über den Schönling.
Dass dieses Auto zur Ikone werden würde, war schon früh klar. Als der Mercedes SL der Baureihe R107 im Jahr 1989 auslief, wurde er bereits gefeiert. Die Fachpresse verstieg sich sogar zu der Aussage: „Wir werden ihn verehren, als hätte er Flügeltüren“. Ganz so kam es dann nicht. Mit dem Flügeltürer 300 SL kann die fast zwei Jahrzehnte lang gebaute SL-Reihe nicht mithalten. Aber: Den Titel „Deutschlands beliebtestes Oldtimer-Cabrio“ muss man sich auch erstmal verdienen.
Derzeit sind rund 22.000 Mercedes 280 SL bis 560 SL der Baureihe R107 mit H-Kennzeichen zugelassen. Mehr als vom Porsche 911. Die Mischung macht es eben. Damals wie heute: Unter der Haube ein vollwertiger V8, Chromglanz rundum, elegante Proportionen und ein offenes Verdeck. All das machte den SL schon beim Marktstart 1971 unwiderstehlich. Übrigens vor allem für Käuferinnen: Der meistproduzierte Typ, der 450 SL, fand auf dem Hauptabsatzmarkt USA mehr weibliche Käufer als alle Konkurrenten.
Zu seinem Mythos trägt bei, dass er oft als Film- und TV-Star gecastet wird. Über 1.400 Auftritte in Fernsehserien und Kinofilmen stehen in seiner Liste. „Dallas“, „Hart aber Herzlich“ oder „Miami Vice“ gehören genauso zum Portfolio wie aktuelle TV-Schnulzen.
Mercedes SL R 107 als Technologieträger
Dabei spielte die Baureihe R107 bei Daimler noch eine ganz andere, wichtige Rolle: Der mit 237.000 Einheiten bis heute meistproduzierte SL war vor allem auch Technologieträger. Anfang 1971 enthüllt, zeigte schon der 350 SL mit 200 PS starkem V8, wohin die Reise technisch gehen würde. Zum einen war der V8 damals ein Novum für den SL. Zum anderen verwies das Design bereits auf die Ende 1972 präsentierte S-Klasse W 116. Außerdem rollte der Roadster auf einer modernen Schräglenkerhinterachse und das Interieur gestaltete Mercedes nach modernen Sicherheitskriterien.
Sicherheit war bereits ein zentrales Thema. Denn in den USA drohten Cabrios ohne Überrollbügel, wegen verschärfter Crashvorschriften auszusterben. Der SL widerlegte jedoch die Skeptiker, die ein Verkaufsverbot für die vermeintlich unsicheren Cabriolets vorhersagten. Der SL sorgte mit eingeklebter Frontscheibe und kräftiger A-Säule mit Hohlquerschnitt für Sicherheit beim Überschlag und verfügte über eine für damalige Verhältnisse besonders steife Karosserie.
So blieb der SL Mitte der 70er eines der ganz wenigen Cabrios mit freiem Blick auf den Himmel. Konkurrenten wie die Corvette oder der Jaguar E-Type V12 mussten ihre freizügigen Varianten streichen und setzten stattdessen auf Targa-Konzepte. Der Mercedes SL feierte spektakuläre Verkaufserfolge.
Als SLC zum Motorsport-Erfolg
Der 225 PS starke 450 SL, der es erst 1973 zu uns kam, wurde von den Fachmedien in den USA sogar mit echten Sportwagen wie dem Ferrari Dino oder dem Porsche 911 verglichen. Dabei fuhr das Schwergewicht eigentlich in einer eigenen Klasse. Mit seinem Gewicht von mehr als zwei Tonnen hatte der Zweisitzer (optional gab es Notsitze) mit dem Typenkürzel SL nicht mehr viel zu tun. Das stand schließlich mal für „Sport Leicht“.
• Motor: 3,2-Liter-Sechszylinder-Benziner
• Leistung: 231 PS
• 0-100 km/h: 8,4 s | Vmax: 240 km/h
Allerdings bot Mercedes den SL auch wieder mit schwerem Hardtop an, was ihn wintertauglich machte. Als „Panzerwagen“ oder „Rasender Geldschrank“ wurde er deshalb von den Medien liebevoll verspottet. Schon im Oktober 1971 debütierte er zudem als vollwertiger Viersitzer mit festem Coupédach, zunächst als SLC 350. Den Radstand verlängerte Mercedes für die SLC-Typen um 36 Zentimeter.
Als SLC wurde das Auto sogar zum echten Motorsportler. Vor allem bei legendären Langstreckenläufen wie der Bandama- oder der Südamerika-Rallye fuhren die großen Coupés erfolgreich mit. Bis 1981 blieben sie im Programm. Dann ersetzte das S-Klasse Coupé der Baureihe W126 den finalen SLC 500.
V8 mit 240 PS als Top-Motor
Dem Roadster half beim Absatz auch die Vielfalt an Motoren. Zwar entfaltet der SL sein volles Charisma am besten mit den V8-Motoren. Doch mit der Ölkrise 1974 wurde es schwer für die großvolumigen Spritschlucker. Das Basismodell SL 280 mit 185 PS starkem Reihensechszylinder hielt den SL am Leben. Zudem reagierte Mercedes früh auf verschärfte Abgasvorschriften in den USA. Der SL verfügte über ein fortschrittliches Abgasreinigungssystem. In Europa kam er ab Mitte der 80er-Jahre als erstes Oberklasse-Cabrio mit Katalysator.
Kurz zuvor zog bereits ein neuer V8 in den Motorraum, der über einen Aluminium-Block verfügte. 380 SL, 420 SL, 500 SL und 560 SL hießen die Versionen ab dann. Die Zahlen standen, wie es damals noch üblich war, für den Hubraum in Dezilitern. Über die Leistung verrieten sie nichts. Tatsächlich war nicht der 560 SL der stärkste, sondern der 240 PS leistende 500 SL. Den 560 SL bot Mercedes hierzulande nicht an. Weil er in den USA und Japan scharfe Emissionsgrenzen einhalten musste, verfügte das Topmodell über etwas weniger Leistung.
Am unteren Ende rangierte ab 1985 ein Modell, das zumindest dem Namen nach den damals schon legendären Flügeltürer zitierte. Im 300 SL sorgte ein 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit 188 PS für Vortrieb. Dessen Verkaufszahlen wurden auch von der Modellbezeichnung in die Höhe getrieben.
Der Turbodiesel schaffte es nicht in die Serie
Einige Motoren schafften es nicht in die Serie. Und waren ähnlich umstritten wie der Gummispoiler am Heck des 500 SL. So entwickelte Mercedes einen R 107 mit emissionsarmem Methanol-Antrieb, genau wie ein Forschungsauto mit Kreiskolben-Motoren. Getriebe- und Kardantunnel des R 107 waren von Beginn an auf die Einbaulage der Wankelmotoren ausgelegt. Drei- und Vierscheibenaggregate waren waren. Doch Verbrauch und Emissionen waren zu hoch. Chefingenieur Hans Scherenberg ließ die Entwicklung einstellen. Felix Wankel pflanzte trotzdem einen Vierscheiben-Wankel in seinen Privatwagen – mit für damalige Verhältnisse üppigen 320 PS.
Beliebtes Modell ab 2001: Der SL 500 mit V8 und 306 PS. Gute Pflege und Wartung dankt das Triebwerk mit langer Haltbarkeit.
Seiner Zeit eindeutig voraus war ein weiteres Versuchsfahrzeug: Mercedes setzte einen effizienten Fünfzylinder-Turbodiesel in den SL. Tatsächlich blieb der SL zeitlebens ohne Diesel-Option. Erst mit dem kleinen Bruder SLK brachte Mercedes ab 2021 einen Diesel-Roadster.
Fortschrittlich genug war der SL auch so – und zugleich der Tradition verpflichtet. Als klassische Roadster und Cabrios schon auszusterben drohten, gelang dem R 107 eine Renaissance. Und entwickelte sich stetig weiter. Er kam mit Airbag, ABS oder Bordcomputer. Entwicklungen, die er von der S-Klasse der Generationen W 116 und W 126 übernahm. Nach 18 Jahren Bauzeit war 1989 Schluss. Der R 129 übernahm. Die 237.000 verkauften Exemplare des R 107 konnte er nicht übertreffen und auch kein SL nach ihm.
Mercedes SL (R107) | Galerie
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