So fährt die neue Mercedes S-Klasse: Erster Test
Superdigital und supergediegen: Die neue S-Klasse (2020) vereint alten und neuen Luxus ohne revolutionäre Ansätze. Erste Fahrt im S 500.
- Die Mercedes S-Klasse 2020 im Überblick
- Mercedes S-Klasse 2020: Innenraum | Der Screen erinnert an Teslas Model 3
- Mercedes S-Klasse 2020: MBUX mit deutlich verbesserter Sprachsteuerung | MBUX mit deutlich verbesserter Sprachsteuerung
- So fährt die S-Klasse als S 500 4Matic
- Mercedes S-Klasse 2020: Fahrwerk mit 10-Grad-Hinterachslenkung
- Luftfederung mit E-Active Body Control in der S-Klasse ab 2021
- S-Klasse mit Assistenzsystemen nach Level 3 ab 2021 | Automatisiertes Fahren nach Level 3 ab 2021
- Kastrierter Spurwechsel und riesiges Head-up-Display in der S-Klasse | Kastrierter Spurwechsel und riesiges Head-up-Display
- Als Passagier im First-Class Fond der neuen S-Klasse
- Mercedes S-Klasse 2020: Marktstart, Preise
- Mercedes S 500 4Matic 2020: Technische Daten
Der beste Platz in einer Mercedes S-Klasse sei hinten rechts, heißt es. Doch die Luxuslimousine vom Daimler wurde noch nie nur von Chauffeuren bewegt. Gut so, denn als Selbstfahrer hat man von der superdigitalen und supergediegenen neuen S-Klasse 2020 am meisten. Erster Test in der neuen S-Klasse der Baureihe W223.
Die Mercedes S-Klasse 2020 im Überblick
- Head-up-Display mit „Augmented Reality“
- Automatisiertes Fahren nach Level 3 ab 2. Hj. 2021
- Keine voll elektrische Version geplant
- Infotainment mit MBUX der zweiten Generation
- Meistverkaufte Oberklasse weltweit in neuer Generation (Baureihe 223)
- Zwei Mildhybrid-Benziner, zwei Diesel zum Marktstart
- V8-Mildhybrid folgt, Plug-in-Hybrid ab 2021
- Zwei Radstände, 5,18 Meter oder 5,29 Meter Länge
- Aktives Fahrwerk mit 48-Volt-Bordnetz
- Preise: ab 94.540 Euro (S 350 d)
Wir gleiten auf den gesteppten Ledersitz mit dem flauschigen Kissen an der Kopfstütze. Die Tür fällt sacht ins Schloss. Wohltuende Stille konkurriert mit Glanz- und Glitzer-Lärm für die Augen. Die S-Klasse erschlägt ein bisschen mit hochglänzendem Metall-Misch-Gewebe, polierten Flächen, glitzerndem Chrom und gestepptem Leder. Das Digital-Display hinter dem Lenkrad kann jetzt auch noch mit 3D-Tiefenwirkung anzeigen. Puh. Und trotzdem: So muss zeitgemäßer Luxus wohl aussehen. Digital und nach Handwerkskunst.
Mercedes S-Klasse 2020: Innenraum | Der Screen erinnert an Teslas Model 3
Rechts vom Fahrer sitzt die neue Kommandozentrale. Ein 12,8 Zoll großer Hochkantbildschirm steuert alle Funktionen per Berührung. Wie jeder Touchscreen erfordert auch dieser mehr Aufmerksamkeit als der gute alte Dreh-Drück-Steller. Doch die in allen anderen Mercedes-Modellen favorisierte Lösung mit dem Touchpad auf dem Mitteltunnel übertrifft der große Screen. Er liegt in guter Fingerreichweite, reagiert schnell und bringt einen Hauch von Tesla Model 3 ins Interieur.
Einige Hardware-Tasten bleiben übrig, eine Bedienleiste am unteren Rand des Bildschirms beherbergt viele Funktionen. Die Klimaanlage regelt man trotzdem per Screen. Die dafür notwendigen Bedienflächen bleiben immerhin permanent sichtbar. So toucht und wischt es sich recht flott durch die Menüs und Untermenüs. Die meisten sitzen dort, wo wir sie vermuten. Manche Fläche erscheint uns jedoch zu klein, etwa die zum Homescreen. Da muss man genauer zielen als notwendig.
An die Lenkradbedienung können wir uns partout nicht gewöhnen. Wegen der nahtlosen Optik setzt Mercedes auf berührungsempfindliche Flächen zum Streichen und Wischen. Doch allzu oft verunglückt uns dabei die Richtung. Streicht der Daumen hoch oder runter, bewegt sich das Menü seitwärts. Das nervt und lenkt ab.
Die S-Klasse ist das Flaggschiff von Mercedes-Benz und weltweit die erfolgreichste Oberklasselimousine.
Mercedes S-Klasse 2020: MBUX mit deutlich verbesserter Sprachsteuerung | MBUX mit deutlich verbesserter Sprachsteuerung
Hinter der glänzenden Fassade arbeitet Mercedes weiter an der kontaktlosen Bedienung. Die zweite Generation des Infotainmentsystems MBUX steckt in der S-Klasse. Entscheidender Baustein: Die Sprachsteuerung versteht nun mehr und besser, was die Insassen wollen. Soll das Rollo auf oder zu? Ein Befehl genügt. Wobei wir der S-Klasse mitteilen müssen, welches der zahlreichen Rollos an Panoramaglasdach oder Fenstern gemeint ist. Soll die Energizing-Comfort-Steuerung sanfte Musik einspielen, den Rücken warm massieren und den Innenraum beduften? „Hey Mercedes, starte Behaglichkeit“. Oder noch einfacher: „Ich bin gestresst“ – und die S-Klasse startet das Programm „Freude“. „Ich bin müde“ löst das Programm „Vitalität” aus. All das gibt es für Fahrer und Beifahrer wie auch für die hinteren Passagiere – jeweils optional.
Ein bisschen schwer von Begriff ist der digitale Butler trotzdem manchmal. Vor allem, wenn eine Funktion nicht unterstützt wird. So lassen sich die Vordersitze nicht per Sprachbefehl verstellen. MBUX verrät das nicht, sondern straft einen entsprechenden Befehl entweder mit Nichtachtung oder macht etwas anderes. Die Sitzheizung aktivieren, zum Beispiel. Dennoch: Ganz viel passiert hier schon genau wie erwartet. Und von allen Sitzplätzen aus. Mercedes verteilt diverse Mikrofone im Innenraum, die den Sprecher orten. Im Test wirkt es, als müssten wir von hinten rechts etwas lauter sprechen, damit die Anweisungen befolgt werden.
Darüber hinaus erkennt das Auto mit dem optionalen Interieur-Assistenten Gesten und Bewegungen, kann sie interpretieren und vorauseilend die richtige Funktion anbieten. Kameras überwachen dafür fortwährend den Innenraum. Resultat: Das Heckrollo öffnet sich beim Schulterblick. Oder das Licht wird angeknipst, wenn man im Innenraum etwas sucht.
So fährt die S-Klasse als S 500 4Matic
Starten muss man die S-Klasse noch manuell. Ein Knopf neben dem freistehenden volldigitalen Instrumententräger weckt den „500er“. Der 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit 48-Volt-Mildhybrid arbeitet schon im Vorgänger und säuselt meist sanft im Hintergrund. Werden seine 435 PS und 520 Newtonmeter Drehmoment ansatzweise gefordert, klingt er groß und kräftig, brüllt das aber nie heraus.
Ein kleiner Elektromotor in Gestalt eines integrierten Startergenerators (ISG) hilft, wenn nötig, mit 16 kW (22 PS) aus und spart so ein paar Tropfen Sprit. Weltweit entscheiden sich die meisten Kunden für den S 500, den es aktuell nur als 4Matic mit Allradantrieb gibt. Verständlich, der Antrieb passt zum Fahrzeug.
Später im Jahr folgt dennoch ein S 560 mit V8-Motor, der als Mildhybrid ebenfalls von einem ISG mit 48-Volt-Technik unterstützt wird. Ein Plug-in-Hybrid, der rein elektrisch bis zu 100 Kilometer weit kommen soll, folgt 2021. Eine komplett elektrische S-Klasse wird es in der neuen Generation nicht geben. Stattdessen entwickelt Mercedes parallel den EQS, der aktuell ebenfalls bereits als Erlkönig unterwegs ist und ab 2021 auf einer eigenständigen Plattform in den Markt startet.
Seit 2017 produziert Audi die vierte Generation des A8. Die Limousine verfügt über ein luftgefedertes Fahrwerk.
Mercedes S-Klasse 2020: Motoren zum Marktstart
Modell | S 450 4Matic | S 500 4Matic | S 350 d | S 350 d 4Matic | S 400 d 4Matic |
---|---|---|---|---|---|
Motor | 3,0-l-R6-Benziner | 3,0-l-R6-Benziner | 3,0-l-R6-Diesel | 3,0-l-R6-Diesel | 3,0-l-R6-Diesel |
Leistung | 367 PS (270 kW) | 435 PS (320 kW) | 286 PS (210 kW) | 286 PS (210 kW) | 330 PS (243 kW) |
Leistung ISG | 22 PS (16 kW) | 22 PS (16 kW) | - | - | - |
Drehmoment | 500 Nm | 520 Nm | 600 Nm | 600 Nm | 700 Nm |
Drehmoment ISG | 250 Nm | 250 Nm | - | - | - |
0-100 km/h | 5,1 s | 4,9 s | 6,4 s | 6,2 s | 5,4 s |
Geschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h | 250 km/h | 250 km/h | 250 km/h |
Verbrauch NEFZ | 8,4-7,8 l/100 km | 8,4-7,8 l/100 km | 6,7-6,2 l/100 km | 6,9-6,3 l/100 km | 7,0-6,4 l/100 km |
CO2-Ausstoß NEFZ | 191-178 g/km | 192-178 g/km | 176-163 g/km | 183-166 g/km | 186-169 g/km |
Verbrauch WLTP | 9,5-7,8 l/100 km | 9,5-8,0 l/100 km | 7,7-6,4 l/100 km | 8,0-6,5 l/100 km | 8,0-6,7 l/100km |
CO2-Ausstoß WLTP | 215-177 g/km | 216-181 g/km | 204-168 g/km | 211-171 g/km | 211-175 g/km |
Preis | ab 104.632 Euro | ab 116.232 Euro | ab 94.540 Euro | ab 98.252 Euro | ab 105.096 Euro |
Mercedes S-Klasse 2020: Fahrwerk mit 10-Grad-Hinterachslenkung
So gar nicht zum Auto passt auf den ersten Eindruck der unverschämt kleine Wendekreis. Klar, der Testwagen fährt mit optionaler Hinterradlenkung. Zwei Versionen bietet Mercedes für das ansonsten serienmäßige Luftfahrwerk an. Eine mit maximal 4,5 Grad Lenkwinkel hinten, eine mit bis zu 10 Grad. So viel bietet derzeit kein anderer Hersteller.
Unsere silberne S-Klasse schlägt die Räder hinten mit bis zu 10 Grad gegenläufig ein. Dadurch fühlt sich das 5,29 Meter lange Schiff an wie eine Nussschale. Auf 10,9 Meter schrumpft der Wendekreis für die Limousine mit langem Radstand und Allradantrieb. Das entspricht exakt dem Golf 8. U-Turns, die sonst zwei Züge erfordern oder von Angst um die Felgen begleitet würden, gelingen mit einem Zug und reichlich Platz zum Kantstein. Durch enge Ausfahrten schlüpfen wir ohne weites Ausholen, weil das Heck im Bogen mitlenkt.
Ab etwa 60 km/h lenken die Hinterräder in die gleiche Richtung wie die vorderen. So erhöht die Hinterachslenkung die Stabilität in Kurven. Die S-Klasse bewegt sich in allen Geschwindigkeitsbereichen souverän. Das Lenkrad liegt gut gewichtet in der Hand, lenkt direkt und koppelt den Fahrer nicht zu sehr ab vom Geschehen. Der Benz wirkt handlich und kleiner, als er ist.
Luftfederung mit E-Active Body Control in der S-Klasse ab 2021
Serienmäßig federt die Limousine mit Luft, ab Sommer 2021 ergänzt Mercedes die AIRMATIC um die E-Active Body Control, die vom 48-Volt-Bordnetz gespeist wird. Dann hält das Fahrwerk die S-Klasse stets in der Waage – egal, wie die Beladung ausfällt. Außerdem neigt sie sich in Kurven, um seitliche G-Kräfte für die Passagiere abzumildern. Sensoren scannen zudem die Fahrbahn 1.000-mal pro Sekunden nach Unebenheiten und bereiten die Federbeine darauf vor. Außerdem hebt das Fahrwerk die Karosserie bei einem drohenden Seitenaufprall um acht Zentimeter an, damit die Aufprallenergie auf besonders steife Strukturen wie den Schweller gelenkt wird.
Alle, die nicht gerade die Prinzessin auf der Erbse sind, dürften jedoch schon beim Standard-Fahrwerk kaum etwas vermissen. Die S-Klasse spricht in allen Geschwindigkeitsbereichen feinfühlig auf Unebenheiten an. Sie rollt sanft ab und schluckt grobe Kanten genauso unbeeindruckt wie tiefe Löcher. Nichts poltert, nichts versetzt die Karosserie stark in Bewegung. Mutwillig zu flott überfahrene Verkehrsberuhigungsschwellen knallen zwar akustisch warnend durch, nicht aber kinetisch.
Dabei überzeugt uns das Fahrwerk selbst im Komfort-Modus. Wo uns die Amplitude sonst eine Spur zu groß war, beruhigt sich der Aufbau jetzt schneller. Mercedes-Federungs-Fans, die das Weiche, Schwingende mögen, kommen trotzdem noch ausreichend auf ihre Kosten. In Sport und Sport+ strafft sich die S-Klasse spürbar und liefert mehr Kontrolle bei hohen Geschwindigkeiten. Der Abrollkomfort bleibt auch hier erhalten.
Dazu dringen kaum unangenehme Töne in den Innenraum. Das Geräuschniveau bleibt bis in hohe Geschwindigkeiten extrem niedrig, selbst bei 200 km/h muss man die Stimme nicht erheben. Das Fahrzeug liegt satt auf der Bahn, wankt und wandert nicht. Auf die Bremse spricht es gut dosiert an.
S-Klasse mit Assistenzsystemen nach Level 3 ab 2021 | Automatisiertes Fahren nach Level 3 ab 2021
Mercedes hat schon früh angekündigt, dass die neue S-Klasse automatisiertes Fahren nach Level 3 beherrschen soll. Das bedeutet: Der Fahrer der S-Klasse darf ihr auf der Autobahn bei Geschwindigkeiten bis 60 km/h komplett das Fahren überlassen und sich um andere Dinge kümmern, etwa E-Mails checken oder Nachrichten lesen. Schlafen, den Fahrersitz verlassen oder den Kopf hinter der Zeitung verstecken, darf er nicht. Er muss in der Lage sein, innerhalb von 10 Sekunden nach Aufforderung des Drive Pilot das Steuer zu übernehmen.
Kameras behalten ihn daher stets im Blick. Außerdem kommen zu den zahlreichen, serienmäßig im Auto verbauten Kameras und Radarsensoren noch sogenannte Lidar-Sensoren. Mercedes hält sie, anders als etwa Tesla, beim automatisierten Fahren für unverzichtbar. Eine zusätzliche Heckkamera und Mikrofone kommen ebenfalls ins Auto. Sie sollen vor allem Blaulicht und Martinshorn erkennen. Besonders exakte Kartendaten und ein genaues Positionierungssystem helfen zusätzlich.
Allerdings noch nicht jetzt. Das nötige Zulassungsverfahren des „Drive Pilot“ für Europa wird nach Einschätzung von Mercedes erst Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein. Ab dem 2. Halbjahr 2021 soll die S-Klasse dann mit Level-3-Fähigkeiten ausgestattet werden.
Im aktuellen BMW 7er ist LED-Licht serienmäßig enthalten.
Kastrierter Spurwechsel und riesiges Head-up-Display in der S-Klasse | Kastrierter Spurwechsel und riesiges Head-up-Display
Ob sie sich in Stausituationen bereits jetzt so anfühlt, konnten wir beim ersten Test nicht herausfinden. Insofern wissen wir auch nicht, wie gut der Benz eine Rettungsgasse bildet. Die S-Klasse kann es jedenfalls und orientiert sich in entsprechenden Situationen auch dann eng am Fahrbahnrand, wenn der Vordermann das nicht tut. Sie überfährt ihn jedoch nur gemeinsam mit anderen Autos im „Schwarm“.
Jenseits davon macht die S-Klasse im Grunde alles wie bisher, aber eine Prise besser. Weil nun eine 360-Grad-Kamera bei der Spurerkennung hilft, ist der aktive Spurhalteassistent öfter verfügbar. In Kurven und auf Landstraßen zum Beispiel. Außerdem hält die neue S-Klasse auf der Autobahn besser die Spurmitte. Auf Landstraßen ohne Mittenmarkierung orientiert sich der Assistent nun am Fahrbahnrand, also auch an der Grasnarbe.
Im Test spüren wir vor allem, dass die Hand nur noch sehr leicht auf dem Lenkrad ruhen muss, damit uns die S-Klasse eine lange Zeit in Ruhe lässt und weitgehend alleine lenkt. Sie hält die Spur und passt die Geschwindigkeit an Tempolimits und Streckenverlauf an. Das passiert zuverlässig, nachvollziehbar und wie von Mercedes gewohnt etwas konservativ.
So wandert die S-Klasse bei enger werdenden Kurvenradien nah an die Markierungen oder an den Fahrbahnrand. Den erkennt sie nun auch ohne Markierung, wobei uns das im Test nicht in jeder Situation zuverlässig erscheint. Schilder werden meist korrekt gedeutet, sofern sie richtig ausgezeichnet sind. Einmal interpretiert unsere S-Klasse eine 60 mit direkt dahinter durch gekreuzte Klebestreifen aufgehobene 120 offenbar als Aufhebung des Limits und beschleunigte auf 130 km/h. Nicht wirklich ihre Schuld, wenn die Baustellensicherung die Genfer Konvention nicht einhält. Im Prinzip erkennt der Verkehrszeichenassistent nun aber mehr Schilder als zuvor und warnt vor dem Ignorieren eines Stoppschilds oder einer roten Ampel.
Außerdem an Bord: das bislang größte uns bekannte Head-up-Display. Die projizierten Informationen liegen virtuell etwa 10 Meter vor dem Fahrzeug. Als würde man auf einen Bildschirm mit 77-Zoll-Diagonale blicken. Navigationspfeile werden so passgenau „auf die Straße“ gelegt, dass wir jederzeit genau wissen, wo wir abbiegen müssen. Zudem verrät das Head-up-Display alle Infos über den Status des Spurhalteassistenten. So werden vorausfahrende Autos bei aktiviertem Abstandstempomaten mit einer Art Bake markiert, die waagerecht unter der Heckstoßstange zu liegen scheint. So weiß man als Fahrer jederzeit, woran sich die DISTRONIC gerade orientiert.
An einer Stelle kastriert Mercedes die Assistenten in der S-Klasse: Der aktive Spurwechselassistent, der per Blinkertip selbstständig die Fahrbahn wechseln konnte, unterstützt nun nur noch ganz leicht die Lenkbewegung. Das Feature hat Mercedes bereits bei der E-Klasse mit dem Facelift ausgebaut. In der neuen S-Klasse steckt es nur noch rudimentär. Grund sind die Regeln zum automatisierten Fahren nach Level 3: Dort ist der autonome Spurwechsel nicht beschrieben und folglich nicht zulassungsfähig.
Kleiner Trost: Beim Parken kann die S-Klasse bereits Level 4. Hier muss kein Fahrer mehr im Auto sitzen, sofern das Parkhaus entsprechend ausgerüstet ist und die Gesetzeslage das automatisierte Parken erlaubt. Mit Fahrer im Auto beherrscht die Limousine so ziemlich jedes andere Parkmanöver automatisch.
Erst kaum beachtet, jetzt ganz oben: Aus dem VW CC wurde der Arteon.
Als Passagier im First-Class Fond der neuen S-Klasse
Passagieren hinten rechts kann das egal sein. Sie müssen sich – Level 3 hin oder her – ohnehin nicht ums Fahren oder das Parken kümmern. Über ihr persönliches Luxus-Gefühl entscheidet vor allem die gewählte Sitzanlage. Platz gibt es in allen Versionen mehr als bisher. Erst die zweisitzigen Anlagen, die einen Teil des Raums wieder verbauen, lassen den Fond wirklich edel wirken. Im Testwagen steigen wir in den „First-Class Fond“ mit Business-Mittelkonsole. Bei bis zu 43,5 Grad Lehnenneigung und verlängerter Beinauflage lässt es sich hier standesgemäß lümmeln. Die Komfortsitze mit maximal 37 Grad Neigung sind dann vermutlich nur was für die zweite Führungsebene. Dank Chauffeur-Paket können wir den Beifahrersitz von hier aus ganz nach vorne fahren und uns ausstrecken. Doch selbst bei 5,29 Metern Fahrzeuglänge geraten Erwachsene naturgemäß irgendwann an Grenzen.
Dass Passagier oder Passagierin auf Wunsch die Entscheidungsgewalt übers Infotainment erhalten, ist in diesem Umfeld fast logisch. Die Bedienung erfolgt über einen großen Touchscreen in der Mittelkonsole, über Bildschirme an den Vordersitzen oder über Sprachbefehle. Die Konsole kühlt oder wärmt Getränke, auf Wunsch massieren die Sitze. Natürlich stehen sämtliche Programme der Energizing-Comfort-Steuerung zur Verfügung. Freude, Behaglichkeit, Wärme – was auch immer. Und wenn die Burmester-Surroundanlage mit 4D-Sound im Auto steckt, brummt und vibriert der Sitz sogar passend zur Musik. Sogenannte Exciter geben den Körperschall in den Sitzen wieder. So wird das dreidimensionale Hörerlebnis um eine weitere Ebene ergänzt. Die Musik wird quasi fühlbar. Die Intensität des Klangs kann für jeden Sitz individuell eingestellt werden. Dass sich das Licht im Innenraum automatisch anpasst, ist da fast schon selbstverständlich.
Mercedes S-Klasse 2020: Marktstart, Preise
Die neue S-Klasse kann seit Mitte September 2020 bestellt werden. Die Preise starten bei 94.540 Euro für den Diesel S 350 d mit Hinterradantrieb. Im Vergleich zum Vorgänger sind das mehr als 5.000 Euro Aufpreis. Die Langversion mit 3,22 Meter langem Radstand kostet 97.672 Euro. Der Benziner S 450 4Matic kostet 104.632 Euro. Das getestete Topmodell S 500 4Matic steht ab 116.232 Euro in der Preisliste (siehe auch oben). Mit langem Radstand sind es mindestens 119.364 Euro. Mit Betonung auf mindestens. Unser sehr opulent ausstaffierter Testwagen landet bei mehr als 180.000 Euro. Es stecken also Extras zum Preis einer E-Klasse 450 4Matic in unserer S-Klasse.
Doch so ist das in der automobilen Luxusklasse: Wer nach dem Preis von Extras fragen muss, kann sie sich eh nicht leisten. Und ob man nun vorne oder hinten sitzt: Besser als bei der direkten Konkurrenz Audi A8 oder BMW 7er fährt es sich in der neuen S-Klasse – sogar ohne spektakuläre technische Innovationen. Und nachdem Audi die zur Markteinführung 2017 angekündigte Level-3-Autonomie für die aktuelle Generation des A8 wieder kassiert hat, könnte sich ab der zweiten Jahreshälfte 2021 sogar noch ein richtiger technologischer Vorsprung für die S-Klasse ergeben.
Mercedes S 500 4Matic 2020: Technische Daten
Modell | S 500 4Matic (langer Radstand) |
---|---|
Motor | 3,0-l-R6-Benziner 48-V-Mildhybrid mit ISG |
Leistung | 435 PS (320 kW) b. 5.900-6.100 U/min |
Leistung ISG | 16 kW (22 PS) |
Drehmoment | 520 Nm b. 1.800-5.500 U/min |
Drehmoment ISG | 250 Nm |
Antrieb | Neungang-Automatik, Allradantrieb |
0-100 km/h | 4,9 s |
Geschwindigkeit | 250 km/h |
Verbrauch NEFZ | 8,4-7,8 l/100 km |
CO2-Ausstoß NEFZ | 192-178 g/km |
Verbrauch WLTP | 9,5-8,0 l/100 km |
CO2-Ausstoß WLTP | 216-181 g/km |
Länge | 5.289 mm |
Breite | 1.954 mm |
Höhe | 1.503 mm |
Radstand | 3.216 mm |
Kofferraumvolumen | 550 l |
Gewicht | 2.065 kg |
Preis S 500 4Matic | 119.364 Euro |
Preis des Testwagens | 182.416 Euro |