Mercedes E-Klasse W124 (1984 bis 1997): Gebrauchtwagen-Tipp
Der Mercedes W124 ist einer der populärsten Youngtimer. Wer einen kaufen will, sollte nie unvorbereitet zum Händler gehen. Sonst könnte es teuer werden.
- Der Mercedes W124 in Kürze
- Breites Angebot bei mobile.de
- Solide Technik, langlebige Motoren
- 500 E wird bei Porsche montiert
- Die 10 Schwachstellen des W124
- Neuer Lack macht W124 anfällig für Rost
- 1993 kommt die neue E-Klasse
- Prima Ersatzteilversorgung
- Fazit
- Technische Daten Mercedes 280 E/E 280 (1992 bis 1995)
Mit einem alten Mercedes machen Klassiker-Freunde selten etwas falsch: hochwertige Verarbeitung, langlebige Technik und zeitloses Design sind bei Youngtimern mit dem Stern fast Standard. Der W124 spielt dabei eine Sonderrolle.
Mehr als 80.000 der 2,5 Millionen Fahrzeuge, die zwischen 1984 und 1996 produziert wurden, sind heute noch auf den Straßen unterwegs, nur sechs Klassiker sind noch beliebter. Kein Wunder: Kaum ein anderer Youngtimer kann in Sachen Alltagstauglichkeit mit dem 124er mithalten. Die Schwachstellen liegen woanders, aber dazu später mehr.
Der Mercedes W124 in Kürze
- Mittelklasse-Baureihe der 80er und frühen 90er
- Vorläufer der modernen E-Klasse
- Große Modellvielfalt vom Kombi bis zum Cabrio
- Einführung von wasserbasierten Lacken erhöht Rostrisiko
Breites Angebot bei mobile.de
Entsprechend groß ist das Angebot bei mobile.de: Hunderte Autos stehen zur Auswahl. Die Palette reicht von der Buchhalter-Limousine ohne jedes Extra über Familien-Kombis im Dauereinsatz bis zum gehätschelten Coupé aus erster Hand, das nur an schönen Sommertagen bewegt wird.
Wer sich gerne etwas mehr gönnt, schaut daher am besten gleich nach einem gut ausgestatteten und besser motorisierten Modell. Zum Beispiel dem E280 in Grün-Metallic, den ein Händler aus Essen bei mobile.de anbietet. Die Limousine hat den kraftvollen Vierventil-Reihensechszylinder mit 193 PS unter der Haube, der mit wunderbarer Laufruhe und kraftvoller Leistungsentfaltung erfreut.
Dazu kommt eine feine Ausstattung: Der 1995 erstzugelassene Benz hat Extras wie Klimaanlage, Sitzheizung, Schiebedach und sogar eine abnehmbare Anhängerkupplung an Bord. Dazu kommt eine schöne, unter Sammlern gesuchte Farbkombination: Zum Lack in Turmalingrün-Metallic wählte der Erstbesitzer bei der Bestellung eine Innenausstattung in hellem beigem Leder.
„Das Fahrzeug befindet sich in einem einmaligen Sammlerzustand“, wirbt der Händler aus dem Ruhrgebiet. Der Wagen sei scheckheftgepflegt, die Laufleistung betrage knappe 90.000 Kilometer. Damit ist ein Mercedes W124 gerade einmal eingefahren, was sich auch beim Verkaufspreis von 15.800 Euro niederschlägt.
Der Mercedes W124 gehört unter den Mercedes-Liebhabern zu den letzten echten Benz.
Solide Technik, langlebige Motoren
Die gute Nachricht: Gute 124er kann man auch für die Hälfte oder in Ausnahmefällen sogar für ein Drittel des Geldes finden. Günstige Limousinen und T-Modelle haben zwar in der Regel 200.000 Kilometer oder mehr auf dem Tacho. Das ist bei vernünftiger Pflege aber kein Problem. Sowohl die Diesel- als auch die Benziner-Modelle sind quasi unzerstörbar, Laufleistungen von 300.000 Kilometern sind keine Seltenheit. Die alten Saug-Diesel können auch eine halbe Million Kilometer und mehr erreichen. Nicht umsonst war der 124er eines der beliebtesten Taxi-Modelle.
Die große Vielfalt macht eine pauschale Kaufempfehlung beim Mercedes W124 schwer. Die Limousinen findet man am häufigsten, hier kann man sich Motorisierung, Farbe und Ausstattung beinahe aussuchen. Auch das Platzangebot ist ordentlich, der Kofferraum schluckt wahlweise mehrere Getränkekisten oder Reisekoffer.
Als Klassiker ist der Viertürer vielen etwas zu bieder. Exquisiter, aber auch teurer ist die Coupé-Ausführung (C124). Ein bereits selten gewordener Hingucker ist das erst 1991 vorgestellte Cabriolet (A124), für das Liebhaber 20.000 Euro und mehr bezahlen.
Beim Raumangebot ist das T-Modell (S124) unschlagbar. Mit umgeklappten Rücksitzen mutiert der Kombi zum Kleinlaster. Für Großfamilien gab es den TE sogar als Siebensitzer mit dritter Sitzbank auf der Ladefläche – und zwar mit Blickrichtung nach hinten.
Grundsätzlich sind 124er mit Schaltgetriebe seltener und auch recht unbeliebt, die meisten Fahrzeuge – ganz gleich, ob Limousine, Kombi oder Coupé – wurden mit der Automatik geordert. Auch auf eine Klimaanlage legen Liebhaber in der Regel viel Wert. Weitere Extras wie Sitzheizung, Tempomat oder Ledersitze steigern den Wert – das sollte man auch mit Blick auf einen möglichen späteren Wiederverkauf beachten. Nullausstatter mit Kurbelfenstern, Stahlfelgen und Viergang-Handschaltung stehen in der Szene weniger hoch im Kurs.
• Motor: 5,0-Liter-V8
• Leistung: 326 PS
• 0-100 km/h: 6,1 s | Vmax: 250 km/h
500 E wird bei Porsche montiert
Bei Motoren und Ausstattung herrscht ebenfalls große Vielfalt. In den 80er-Jahren galt schon ein 200er Mercedes als bürgerlicher Traum: Wer sich so ein Auto leisten konnte, bestenfalls mit Extras wie Schiebedach, elektrischen Fensterhebern oder Automatikgetriebe, war sich der neidischen Blicke der Nachbarn sicher. Einstiegsmodell ist der 260 E mit 160 PS, Top-Modell ist in den ersten Jahren der 300 E mit 188 PS (mit Kat 180 PS).
Bei seiner Markteinführung stiftet der W124 zunächst Verwirrung in der Daimler-Stammkundschaft. Vom Vorgänger W123 ist man barocke Formen und viel Chromschmuck gewöhnt. Der entfällt beim 124er fast komplett. Der neue Mittelklasse-Mercedes, der später die moderne E-Klasse begründet, ist ausgesprochen nüchtern gezeichnet.
Beliebter sind bei vielen 124er-Fans daher Fahrzeuge ab der ersten Modellpflege (Mopf 1) im Herbst 1989. Damals wird nicht nur der Innenraum modernisiert, sondern auch die Karosserie stilistisch aufgewertet. Nach dem Coupé tragen nun auch Limousine und T-Modell den charakteristischen Flankenschutz aus Kunststoff – in Fachkreisen Sacco-Bretter genannt (nach dem damaligen Chefdesigner bei Mercedes, Bruno Sacco).
Und dann gibt es noch die bärenstarken Achtzylinder: 1990 wird der 500 E vorgestellt, damals der erste Mittelklasse-Mercedes mit V8. Das Aggregat leistet 326 PS und macht den W124 zu einer der schnellsten Serienlimousinen seiner Zeit. Das Kuriose: Bei der Fertigung des Boliden holt sich Mercedes Unterstützung von Porsche. Weil der bullige 500 E in Sindelfingen nicht durch die Fertigungsstraße passt, wird die Limousine bei Porsche in Zuffenhausen zwischen- und endmontiert.
Gute 500 E sind heute praktisch nicht mehr unter 25.000 Euro zu haben. Zudem finden nicht alle 124er-Liebhaber an seinem protzigen Auftritt mit den ausgestellten Kotflügeln Gefallen. Ein Geheimtipp ist daher der 400 E. Der sieht optisch praktisch nicht anders aus als ein biederer 200er Mercedes, hat aber ebenfalls den M119-Achtzylinder unter der Haube. Die Leistung ist mit 279 PS zwar nominell kleiner als beim 500 E. Wegen einer anderen Übersetzung ist der 400 E aber genauso flott, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei abgeregelten 250 km/h. Ein echter Wolf im Schafspelz also.
Die 10 Schwachstellen des W124
Um teuren Irrtümern vorzubeugen, solltest Du diese Dinge beachten, bevor Du Dich für einen W124 entscheidest.
- Wagenheberaufnahmen: Zur Begutachtung die kleinen Plastikabdeckungen an den Schwellern aufklappen. Wenn der Rost als Blätterteig entgegenkommt, sind Schweißarbeiten notwendig.
- Vordere Hinterachsaufnahmen: Diese gammeln im Alter gerne durch, für die Instandsetzung muss die Hinterachse ausgebaut werden, Kostenpunkt mindestens 1.000 Euro. Für einen Check muss das Auto auf die Hebebühne.
- Spaltmaße prüfen: Bei vielen W124 wurden die vorderen Kotflügel bereits durch passungenaue Repro-Teile ersetzt. Ungleiche Spaltmaße können auch auf Unfallschäden hindeuten.
- Lackmessgerät mitnehmen: Spachtel an instandgesetzten Radläufen oder Nachlackierungen auf Heckklappe oder Türen kann man mit einem Lackmessgerät aufspüren.
- Aufgescheuerte Sitzwangen: Ein verschlissener Fahrersitz weist auf eine hohe Laufleistung hin, die auch Verschleiß in anderen Bereichen wahrscheinlich macht.
- Klima prüfen: Defekte Klimaanlagen sind beim W124 häufig, in Inseraten steht oft „Muss neu befüllt werden.“ Das reicht oft aber meist nicht aus, oft sind Kondensator und/oder Kompressor im Eimer.
- Unruhiger Motorlauf: Schwankungen im Leerlauf oder Zündaussetzer deuten bei den Vierventil-Motoren auf einen maladen Motorkabelbaum hin. Kostenpunkt für einen Austausch: ca. 1.500 Euro.
- Zylinderkopfdichtung: Verlust von Kühlwasser oder Kühlwasser im Motoröl sind Anzeichen für eine defekte Zylinderkopfdichtung. Für einen Check Kühlwasser auf Schlieren prüfen, am Deckel für das Motoröl sollte an der Innenseite kein Schaum kleben.
- Automatikgetriebe: Starkes Ruckeln bei den Gangwechseln kann auf eine Automatik vor dem Exitus hindeuten. Als empfindlich gilt das optionale Fünfganggetriebe bei den Vierventil-Sechszylindern. Dort ist der fünfte Gang elektronisch gesteuert, oft wird über Ausfälle im Alter berichtet.
- Von wegen Vollausstattung: Bei gut ausgestatteten Modellen mit Leder, Klima und elektrischen Sitzen ist in Inseraten oft von „Vollausstattung“ zu lesen. Diese gab es aber beim W124 nicht, jedes Extra musste einzeln bestellt und bezahlt werden. Weil die Aufpreisliste schier unendlich war, ist der Begriff Vollausstattung schlichtweg unzutreffend.
Neuer Lack macht W124 anfällig für Rost
Ein wichtiger Moment in der Modellhistorie ist das Jahr 1992. Daimler stellt damals auch in der Baureihe 124 auf Vierventil-Motoren um. Diese Aggregate sind nicht nur spritziger und leistungsstärker, sondern verbrauchen auch weniger als die alten 8V-Aggregate. Der 230 E mit seinen 132 PS wird vom 220 E mit 150 PS ersetzt, der fast auf das Drehmoment eines Sechszylinder-260ers kommt. Der Nachteil: Der neue M111-Vierzylinder klingt im Vergleich zum Vorgänger M102 rau.
Für W124-Interessenten stellt sich heute ohnehin die Frage, ob man sich als Klassiker nicht gleich einen potenten Sechszylinder gönnt. Deren Laufruhe und Klang sind ein Genuss und der Verbrauch ist kaum höher als bei ihren kleinen, vierzylindrigen Geschwistern. Mit einem 300 E und seinen 180 PS ist man heute noch souverän unterwegs. Noch souveräner sind die Vierventil-Sechsender 280 E und 320 E der M104-Motorenfamilie mit 193 beziehungsweise 220 PS.
Größte Schwachstelle beim Mercedes W124 ist der Rost. An den vorderen Kotflügeln blüht es fast immer. Repro-Teile gibt es für 50 Euro, sie passen allerdings nicht immer hundertprozentig. Dazu kommen ein paar Hundert Euro für die Lackierung. Auch die Wagenheberaufnahmen bleiben selten vom Rost verschont. Die Aufnahmen der Hinterachse sowie beim T-Modell die Rahmen der hinteren Seitenscheiben sollte man sich vor einem Fahrzeugkauf ebenfalls genau ansehen. Dort sind Instandsetzungen aufwendig. In freien Werkstätten kosten Reparaturen schnell vierstellige Preise.
Die Baureihe W126 ist die erfolgreichste S-Klasse in der Geschichte von Mercedes-Benz.
1993 kommt die neue E-Klasse
Generell gelten frühere 124er-Modelle bis zum Baujahr 1992 als rostresistenter. Damals stellt Daimler aus Umweltgründen auf wasserbasierte Lacke um. Das macht den Rostschutz im Nachhinein problematisch. Insbesondere 124er-Modelle der zweiten Modellpflege (Mopf 2) ab Mitte 1993 weisen in der Masse deutlich mehr Korrosion auf als Mopf-0- und Mopf-1-Fahrzeuge.
Mit der zweiten Modellpflege führt der Hersteller damals die E-Klasse ein. Das E steht nun auf jedem Typenschild am Anfang. Außerdem bekommt der W124 erneut eine optische Erneuerung: Die gelben Blinkergläser werden von weißen ersetzt, auch der Kühlergrill wird modifiziert. Mit dem sogenannten Plakettengrill wird die Front dem Erscheinungsbild von C- und S-Klasse angeglichen.
Prima Ersatzteilversorgung
Um die Technik müssen sich W124-Fahrer keine Sorgen machen, praktisch alle Ersatzteile sind noch über den örtlichen Mercedes-Händler zu bekommen. Bei aller grundsätzlichen Haltbarkeit der 124er neigt der Motorkabelbaum der Vierventil-Motoren zum Bröseln. Ausfälle zeigen sich mit unruhigem Motorlauf und Zündaussetzern. Bei den Sechszylindermotoren sollte die Zylinderkopfdichtung bei etwa 200.000 Kilometern erneuert worden sein. Interessenten sollten vor dem Kauf besser das Schiebedach, die elektrischen Fensterheber und die Klimaanlage gründlich überprüfen. Mögliche Mängel lassen sich zwar allesamt beheben, wenn sich diese Eingriffe aber häufen, kann sich ein vermeintlich günstiger Mercedes W124 schnell als Groschengrab entpuppen.
Die Baureihe W123 ist der Urahn der E-Klasse und das bisher meistgebaute Modell von Mercedes-Benz.
Fazit
Der W124 ist attraktiv, weil er gleich mehrere Tugenden vereint. Er ist ein Klassiker, aber gleichzeitig alltagstauglich. Anfällige Elektronik an Bord hält sich noch in Grenzen, das Modell ist schrauberfreundlich.
Doch ein Kauf ist nicht ohne Risiko. Hohe Reparaturkosten können die Freude über das eigentlich tolle Auto schnell trüben. Gute Vorbereitung und am besten auch noch fachmännische Begleitung sind beim Händlerbesuch ratsam. Es ist die effektivste Rüstung gegen Schwachstellen, die im Laufe der Jahre entstanden sind und heute womöglich teure Nachbesserungen erfordern.
Technische Daten Mercedes 280 E/E 280 (1992 bis 1995)
Modell | Mercedes 280 E/E 280 |
---|---|
Motor | Sechszylinder-Benziner |
Hubraum | 2.799 cm³ |
Leistung | 193 PS (145 kW) |
Drehmoment | 255 Nm bei 5.500 U/min |
Getriebe | Viergang-Automatik |
0-100 km/h | 8,8 s |
Geschwindigkeit | 225 km/h |
Verbrauch | ca. 10,7 l/100 km |
Leergewicht | 1.570 kg |
Länge | 4.740 mm |
Breite | 1.740 mm |
Höhe | 1.431 mm |
Radstand | 2.800 mm |
Der Mercedes-Benz W124 in Bildern
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