Mercedes 190 E 2.3/2.5 -16 (1984-1993): Fundstück
Ein Stern mit Spoiler: Mit dem 190 E 2.3-16 wagt Mercedes etwas Neues, nämlich eine sportliche Limousine. Heute ist der Baby-Benz im Trainingsanzug Kult.
Das Kürzel 16 V steht vor 30 Jahren für eine neue Verheißung. Damals liegt die übliche Motorisierung für Autofahrer bei 60 bis 75 PS. Mit 90 Pferdestärken ist man schon flott unterwegs. Dann kommen die ersten Großserienmodelle mit Vierventil-Technik auf den Markt. Plötzlich werden sportliche Autos mit weit mehr als 100 PS für die breite Masse erschwinglich.
Mercedes macht Vierventil-Technik populär
Ein Pionier auf diesem Gebiet ist der Mercedes 190 E (W201). Die Sportversion des C-Klasse-Vorläufers kommt bereits 1984 auf den Markt, auf der Heckklappe mit dem serienmäßigen Spoiler steht 2.3-16. Das steht für die bekannten 2,3 Liter Hubraum des bewährten M102-Vierzylinders – mit einer entscheidenden Änderung: Die Zylinderköpfe sind mit je zwei Ein- und Auslassventilen bestückt. Das Ergebnis: stramme 185 PS bei röhrenden 6.200 Umdrehungen. In 7,5 Sekunden rennt der 2.3-16 von null auf hundert, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei beeindruckenden 230 km/h.
Die Evolutionsstufen des Mercedes 190:
• Mercedes 190 Evo: 194 PS
• Mercedes 190 Evo II: 235 PS
Auf solche Werte kommen damals nur reinrassige Sportwagen. Der Mercedes 190 E prägt hingegen meist als biedere Limousine das Straßenbild. Landwirte etwa entscheiden sich gerne für den trägen, aber praktisch unzerstörbaren 190 D mit 72 PS starkem Sauger-Diesel. Bei den Benzinern sind 1.8 und 2.0 die Volumenmodelle.
W201 ist der erste kompakte Mercedes
Mit dem W201 bietet Daimler zum ersten Mal ein Fahrzeug in der Mittelklasse an, er soll dem populären BMW 3er Konkurrenz machen. Zunächst wird der kompakte und wenig luxuriöse 190er als „Baby-Benz“ gehänselt. Doch Handling und Straßenlage überzeugen die Kundschaft. Dazu kommt eine herausragende Solidität mit äußerst haltbarer Technik. Laufleistungen von mehreren Hunderttausend Kilometern sind der Standard, auch Rost ist ein vergleichsweise seltenes Problem. Diese Stärken führen dazu, dass viele W201 bis heute als Alltagsautos unterwegs sind.
Kooperation mit Cosworth
Die aufgeputschten 16V-Sportmodelle nehmen dagegen von Anfang an eine Ausnahmestellung ein. Schon äußerlich heben sie sich erkennbar vom Normalo-W201 ab. Der 2.3-16 läuft serienmäßig mit Front- und Heckspoiler sowie ausgestellten Schwellern in Wagenfarbe vom Band. Dazu kommen Sperrdifferenzial, Sportsitze und zusätzliche Instrumente im Cockpit. Und der auf Krawall gebürstete Motor: In Kooperation mit der britischen Motorenschmiede Cosworth gelingt es, aus den 136 PS des Standard-2.3ers forsche 185 PS bei der 16V-Version herauszukitzeln.
Das Rezept: Man nehme ausgeklügelte Vierventil-Technik, dazu zwei obenliegende Nockenwellen, geschmiedete Leichtmetall-Kolben sowie eine spezielle, gehärtete Kurbelwelle. So verträgt der Mercedes 190 E 2.3-16 auch Drehzahlen im dunkelroten Bereich, bei denen gewöhnliche Vierzylinder nicht mehr mitspielen würden.
Der Neupreis für den athletischen Baby-Benz liegt 1984 bei knapp 50.000 Mark. Mit einigen Extras sind es schnell ein paar große Scheine mehr. So wie bei einem frühen Mercedes 190 E 2.3-16 aus dem Jahr 1986, den ein Privatmann aus dem nordrhein-westfälischen Gronau bei mobile.de anbietet. Der sportliche 190er ist laut Anzeige erst 121.000 Kilometer gelaufen.
Preise beginnen bei etwa 15.000 Euro
Bemerkenswert ist zudem die für damalige Zeiten üppige Ausstattung. Elektrische Sitze und Fensterheber, schwarzes Leder, Tempomat, Schiebedach – der Wagen hat viele aufpreispflichtige Extras an Bord. Sogar eine Klimaautomatik hatte sich der Erstbesitzer gegönnt. „Das Auto fährt sauber und gut“, verspricht der Verkäufer. Rost sei auch kein Thema. Seine Preisvorstellung liegt bei 15.450 Euro. Andere Sport-190er mit nachvollziehbarer Historie und im Originalzustand kosten inzwischen auch mal weit mehr als 20.000 Euro.
• Motor: 5,0-Liter-V8
• Leistung: 326 PS
• 0-100 km/h: 6,1 s | Vmax: 250 km/h
DTM-Versionen Evo I und II sind besonders begehrt
1988 wird der 190 E 2.3-16 vom 190 E 2.5-16 abgelöst. Mit etwas größerem Hubraum leistet der 16-Ventiler nun zunächst 204 PS, mit Katalysator sinkt die Leistung auf 195 PS. Richtig abgefahren wird es dann im Jahr darauf. 1989 beginnt die Produktion eines Homologationsmodells für die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft. Die Rennserie erlebt damals ihre besten Zeiten. Der 190 E 2.5-16 Evolution hat die gleiche Leistung und den gleichen Hubraum wie der Basis-2.5-16. Modifiziert sind dafür Bohrung und Hub, um für die hohen Drehzahlen im Rennsport gewappnet zu sein. Für die breiten Räder wurden die Kotflügel ausgestellt, außerdem fällt der Evo I mit tiefem Frontspoiler und einem großen Heckflügel auf.
Noch einen drauf setzt dann 1990 der Evolution II mit nun 235 PS, 250 km/h Spitze sowie weiteren Tuning-Maßnahmen ab Werk: Die Räder sind jetzt 17 Zoll groß, die Karosserie wird weiter verbreitert, dazu kommt ein gewaltiger Heckspoiler vom Format einer Biertheke.
Sport-190er ist ein Youngtimer-Geheimtipp
Mit dem Evo II gelingt es Mercedes 1992 endlich, sich gegen die lange übermächtigen BMW M3 durchzusetzen und die Tourenwagen-Meisterschaft zu gewinnen. Heute sind die DTM-Homologationsmodelle des Mercedes 190 E Legende und längst zu teuren Sammlerstücken gereift.
Einen gut erhaltenen Evolution I notiert die Sachverständigenorganisation Classic Data mit 88.000 Euro. Der Marktwert des Evolution II liegt im Zustand zwei sogar bei 200.000 Euro.
Da sind die „zivilen“ 190 E 2.3-16 oder 2.5-16 deutlich günstiger, wenngleich auch hier die Preise spürbar gestiegen sind. Das allerdings ist kein Wunder. Um 1990 ist der Baby-Benz im Sportanzug der wohl schrillste Mercedes. Und heute? Vielleicht immer noch ein Geheimtipp für Mercedes-Youngtimerfans, die etwas Aufregenderes suchen als ein 124er-T-Modell oder eine gediegene S-Klasse.
Technische Daten Mercedes 190 E (1984 bis 1988)
Modell | Mercedes 190 E |
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Motor | Vierzylinder-Benziner |
Hubraum | 2.299 cm³ |
Leistung | 185 PS (136 kW) |
Drehmoment | 235 Nm bei 4.500 U/min |
Getriebe | Fünfgang-Schaltgetriebe |
0-100 km/h | 7,5 s |
Geschwindigkeit | 230 km/h |
Verbrauch | ca. 13,5 l/100 km |
Leergewicht | 1.260 kg |
Länge | 4.430 mm |
Breite | 1.706 mm |
Höhe | 1.361 mm |
Radstand | 2.665 mm |