KTM X-Bow (seit 2008): Tracktest
Das „Nein“ als schnellster Weg zu schnellen Zeiten: Luxus? Nein. Elektronische Gouvernanz? Nein. Vierstellige Gewichtsangabe? Nein. Der KTM X-Bow im Tracktest.
Du realisierst es erst anhand der Kleinigkeiten. Etwa, wenn sündteure Sportwagen galant die Ideallinie freigeben. Wenn Dich Piloten fein aufgebauter Tourenwagen anstandslos durchwinken. Und die ganz wilden Racing-Flundern gar nicht so überirdisch vorbeiziehen wie erwartet: Dieser KTM X-Bow ist sauschnell.
Klar, ein 270 PS starkes Tracktool wirkt auch in einsamen Kurven-Kombinationen nicht langsam. Überhaupt, wenn der Helm im Fahrtwind steht. Und erst recht, wenn Du dem Einsatzteam von Razoon - more than Racing in der Box noch beim Aufziehen der Michelin-Slicks zugesehen hast. Nur: Wie viel mit minimalen 790 Kilogramm und dem Pfeifen auf alle Alltags-Erfordernisse geht, überrascht dann doch. Außerdem ahnst Du, dass nach den initialen Runden über die F1-Strecke das größte Potenzial zwischen Lenkrad und Sitz steckt. Noch, jedenfalls.
KTM X-Bow: (Leichtes) Übersteuern ist Dein Freund
Auf 30 zügige, hügelige und leicht übersteuernde Minuten über den Hungaroring folgen stets statische Momente der Wahrheit. Dann nämlich, wenn Instruktor Dominik Olbert den Laptop anwirft, die Daten auf den Screen holt. Und aufzeigt, dass der Mittelmotor-Sportler mit leichter Vorderachse auf der Bremse gieriger einlenkt. Dass jenseits mancher Curbs am Kurvenausgang noch ein paar Zentimeter befahrbarer Asphalt existieren. Dass man den 2,0-Liter-Turbobenziner von Audi nicht hoch-orgeln müsste wie einen Zweizylinder im Moped-Auto. Alles Infos, hinter denen potenziell ein paar Zehntel stecken.
Also, nochmal raus aus der Boxengasse und eintauchen in die enge Kurve eins. In der Anbremszone verlangt ein X-Bow nach viel Gefühl im rechten Fuß. Optional natürlich auch im Linken - doch notorische Linksbremser bemerken bald, dass der KTM kein Überlappen von Gas-Einsatz und Bremse toleriert. Immerhin: Es ist die einzige intervenierende Variable im Verzögerungs-Prozess, denn der Kleinserien-Sportler verfügt weder über ABS noch einen Bremskraftverstärker.
Auf die kniffelige Kurve 2 folgt eine schnelle Bergauf-Sektion. Grundsätzlich kann man dem X-Bow in den zügigen Kurven etwas Drall mitgeben. Die leichten Side-Steps des Hecks kommen oft ganz gelegen. Jedenfalls so lange der Drift-Winkel im Rahmen bleibt – ein überschaubare Maximal-Lenkeinschlag eignet sich mäßig, um den Sportwagen aus richtig abenteuerlichen Slides zurück zu holen.
KTM X-Bow Preise: Das kosten Rennstrecken-Trainings und gebrauchte Modelle
Enge Schikane. Der X-Bow spricht angenehm spitz auf die Lenkbefehle an. „Auf die hohen Curbs zu fahren, macht keinen Sinn“, gab uns GT4-Profi Olbert noch für diese anstehende schnelle Sektion mit. Die flachen Rattersteine bauen wir dagegen ungestraft in die Linie mit ein. Wo bei anderen Mittelmotor-Sportlern an der Front zumindest ein Minimal-Stauraum bleibt, beansprucht beim KTM eine Pushrod-Aufhängung den Platz.
Unter den rennstreckentauglichen Mittelmotor-Sportlern ist diese 3,82 Meter lange Lotus Elise das leichteste Auto.
Überhaupt gibt es wenig Zugeständnisse an Trackday-Fahrer ohne Garage und Anhänger: Ein festes Dach gibt es nur in den Rennsport-Derivaten GT4 und GTX. Wer auf Achse zur Strecke reist, hat im X-Bow GT mit hochgezogener Scheibe und optionalem Gepäck-Rucksack am Heck die besten Karten – aber keinen logischen Daily-Driver. Damit sind die Miet-Optionen für Rennstrecken-Trainings ein vernünftiger Deal. Bei 349 Euro starten bei Razoon die Preise für 15-Minuten-Turns auf namhaften Rennstrecken (inkl. Streckenmiete). Im Eigentums-KTM glühen Sportfahrer ab rund 50.000 Euro. Zu diesen Preisen stehen gut erhaltene gebrauchte Modelle auf mobile.de zum Verkauf.
KTM X-Bow Antrieb: Freiheit beim Nachlegen
Es geht auf die Kurze Zwischengerade. Angenehm, dass man den Drehzahlmesser auf dem kleinen Digital-Screen bisweilen vernachlässigen kann. Schließlich kommt Audis Vierzylinder im unteren Drehzahlbereich toll zurecht, braucht nicht zwingend einen Schalt-Punkt an der ultimativ letzten Vorstufe zum Drehzahlbegrenzer. Je nach Variante gehen rund 400 Newtonmeter Drehmoment über das Sechsgang-Getriebe an die Hinterachse.
Selbst wenn man den X-Bow als Rennauto mit Straßenzulassung werten kann: Beim Gangwechsel klappt der gemütliche Ansatz am besten. Der X-Bow benötigt bei allem sportlichen Ernst den Tritt auf die Kupplung. Wobei das metallische Klacken des schwergängigen Pedals ganz cool kommt. Entlang kurzer und relativ genau definierter Wege lässt sich der Hebel führen – doch so herrlich exakt wie in Cup-Versionen der Leichtbau-Konkurrentin Lotus Elise werkst Du an der X-Bow-Schaltung nicht.
War es eine solche Elise Cup, an der wir soeben in der finalen Kurve innen vorbeiziehen? Schwer zu sagen, für die eingängige Typen-Analyse raubt Dir diese ewig lange 180-Grad-Kurve schlicht zu viel kognitive Kapazität. Also, flachen Außen-Curb mitnehmen und ab Richtung Start-Ziel-Strich des Hungarorings. Für eine weitere Runde. Im Jahr 2021 bietet Razoon Termine auf weiteren Rennstrecken-Klassikern wie Red Bull Ring, Pannoniaring und Slovakiaring an. Der deutschen Grenze am nächsten klappen die Rennstrecken-Turns auf dem Salzburgring. Jeweils in einem Auto, das tendenziell weiter oben in der Nahrungskette der Sportgeräte steht als erwartet.
KTM X-Bow: Technische Daten
Kurzbeschreibung | Leichtbau-Sportwagen mit Carbon-Grundstruktur und Mittelmotor |
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Antrieb | 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner |
Leistung | 270 PS in getesteter Variante |
Getriebe | Sechsgang-Handschaltgetriebe, Hinterradantrieb |
Länge | 3.738 mm |
Gewicht | ab 790 kg |
Konkurrenten | Mit Blick aufs Gewicht Lotus Elise, Renault Alpine, Ariel Atom, Radical Road Rapture. Und noch einige mehr, die formal viel höher stehen. |
Preise Rennstreckentraining | 599 Euro / 30-Minuten-Turn (Razoon more than Racing) |
Preise gebrauchte Modelle auf mobile.de | ab rund 50.000 Euro mit gültiger HU |