Kfz-Versicherung: Was tun im Schadensfall?
Teilkasko, Vollkasko oder Haftpflicht: Welche Versicherung übernimmt welchen Schaden? Und was ist zu tun, wenn sie die Kostenübernahme ablehnt? Alle Infos.
Autounfall, Parkrempler oder Steinschlag – wenn das Auto in die Werkstatt muss, wird es fast immer teuer. Gut, dass die Kfz-Versicherung je nach Schuldfrage für die Reparaturkosten aufkommt. Doch in welchem Fall zahlt die Kfz-Versicherung? Wann nicht? Welche Kfz-Versicherung ist zuständig und wann solltest Du freiwillig die Kosten selbst tragen? All das liest Du in diesem Ratgeber.
Das Wichtigste in Kürze
- Sofort nach dem Unfall einen Unfallbericht erstellen.
- Den Schaden innerhalb einer Woche der Kfz-Versicherung melden.
- Bei kleineren Schäden lohnt es sich meist, den Schaden selbst zu bezahlen.
- Wenn die Kfz-Versicherung nicht bezahlt, einen Anwalt einschalten.
Unfallbericht erstellen für die Versicherung
Der Schreck nach einem Unfall sitzt tief – egal, wer die Schuld trägt. Dennoch solltest Du möglichst ruhig bleiben und Dich konzentrieren. Wichtig ist, dass Du in dieser Situation alle notwendigen Informationen notierst. Dazu gehören Name und Adresse aller Beteiligten. Auch Fotos von allen involvierten Fahrzeugen können später hilfreich sein. Am besten fertigst Du ein Unfallprotokoll an.
In vielen Fällen lassen sich Neuwagen heute online anmelden.
Unfallprotokoll: Das muss enthalten sein
- Name und Adresse aller Beteiligten
- Kennzeichen aller beteiligten Fahrzeuge
- Namen und Adressen möglicher Zeugen
- Versicherungsdaten des Unfallgegners
- Ort und Zeitpunkt
- Unfallskizze
- Fotos
Gibt es keinen Streit und keine Ungereimtheiten beim Unfallhergang, sind weder Drogen noch Alkohol im Spiel und niemand wurde verletzt, dann musst Du nicht die Polizei rufen. Dann kann ein Schaden auch zwischen Unfallverursacher und Unfallopfer geregelt werden.
Wichtig ist, dass der Unfallverursacher so schnell wie möglich seiner Kfz-Versicherung Bescheid gibt. Maximal hat er dafür eine Woche Zeit. Hast Du als Unfallopfer keine Informationen über die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers, rufe den Zentralruf der Versicherer unter folgender Telefonnummer an: 0800-250 260 0. Aus dem europäischen Ausland gilt folgende Telefonnummer: +49 40 300 330 300. Bei einem Unfall mit einem ausländischen Fahrzeug hilft das Deutsche Büro Grüne Karte weiter.
Für Opfer und Geschädigte ist es wichtig zu wissen: Nicht nur der Schaden am Auto wird von der gegnerischen Kfz-Versicherung übernommen, sondern auch die Kosten für einen Mietwagen, wenn dies notwendig ist. Das ist etwa der Fall, wenn das Unfallopfer das Auto für den täglichen Weg zur Arbeit braucht.
Bagatellschäden am Auto selbst bezahlen
Beim Einparken nicht aufgepasst oder an der Garage entlanggekratzt: Bei kleineren Blechschäden oder anderen Bagatellschäden solltest Du Dir überlegen, ob Du den Schaden selbst bezahlen möchtest. Das kann sich auszahlen. Regelt die Kfz-Versicherung den Schaden, muss der Versicherungsnehmer künftig höhere Versicherungsbeiträge bezahlen. Dies geschieht, indem er in eine schlechtere Schadensfreiheitsklasse eingestuft wird. Das heißt, der über Jahre erreichte Rabattsinkt deutlich. Die HUK-Coburg beispielsweise zeigt auf ihrer Website, wie viele Klassen der Kunde pro gemeldetem Schaden zurückgestuft wird.
Wer vor dem Schaden etwa in der SF 50, der besten SF-Klasse, eingestuft war und einen Schaden aus dem Jahr 2019 regulieren lässt, wird im "Classic-Tarif" in die SF-Klasse 31 zurückgestuft. Auch aus SF 40 fällt man tief und zwar auf SF 21. Von SF 30 geht es auf SF 16 und von SF 20 auf SF 10. Das bedeutet, die Versicherungsbeiträge im kommenden Jahr steigen. Bis der Fahrer wieder die vorherige Schadensfreiheitsklasse erreicht hat, zahlt er viele Jahre drauf.
Ab wann lohnt es sich, selbst zu zahlen?
Bei manchen Versicherungen musst Du Dich nicht sofort entscheiden. Diese übernehmen erst einmal die Schadensregulierung und Du kannst Dir sechs oder zwölf Monate lang überlegen, ob Du den Schaden zurückkaufen möchtest. Die Kfz-Versicherungen müssen auf Nachfrage für ihren Kunden ausrechnen, ob es sich lohnt, den Schaden selbst zu bezahlen.
Noch ein Tipp: Lass den Schaden am Auto nicht auf eigene Faust reparieren. Eventuell möchte die Kfz-Versicherung das Auto von einem Gutachter inspizieren lassen. Bei Kasko-Schäden ist es möglich, dass eine Werkstatt-Bindung besteht.
Kfz-Versicherung und grobe Fahrlässigkeit
Grobe Fahrlässigkeit: ja oder nein? Dieser Streitfrage bei der Regulierung eines Schadens können Kunden bereits beim Abschluss des Versicherungsvertrags vorbeugen. Im Vertrag sollte nach Ansicht von Experten stehen, dass die Kfz-Versicherung auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet. Andernfalls kann der Versicherer die Leistung kürzen.
Beispiele für grobe Fahrlässigkeit sind:
- Trunkenheit am Steuer
- Fahren unter Drogeneinfluss
- Vorsätzliches Handeln
Wenn die Kfz-Versicherung Regress fordert
Manchmal kann es passieren, dass die Kfz-Versicherung einen Teil der Schadensleistung vom Versicherungsnehmer zurückfordert. In diesem Fall spricht man von Regress. Dies darf die Versicherung nur tun, wenn der Versicherungsnehmer grob fahrlässig gehandelt oder anderweitig seine Pflichten verletzt hat. Beispielsweise kann eine Kfz-Versicherung Regress fordern, wenn ein Autofahrer betrunken einen Unfall verursacht hat oder wenn er vorsätzlich verursacht wurde. Dabei gilt eine gesetzliche Obergrenze von 5.000 Euro, um Versicherungsnehmer zu schützen.
Hier kannst Du die optimale Finanzierung für das Kfz Deiner Wünsche ermitteln.
Unfall bei abgelaufenem TÜV
Es kracht und der Fahrzeughalter stellt mit Schrecken fest: Der TÜV ist abgelaufen. Die gute Nachricht ist: Die Kfz-Versicherung kommt auch dann für mögliche Ansprüche des Unfallgegners auf, wenn der Termin der Hauptuntersuchung überzogen wurde. Allerdings kann der Versicherer den Unfallverursacher unter Umständen in Regress nehmen und einen Teil der Schadenssumme zurückfordern.
Das kann passieren, wenn der Unfallverursacher grob fahrlässig gehandelt hat. Je länger er mit abgelaufener TÜV-Plakette unterwegs ist, desto größer der Verdacht auf grob fährlässiges Handeln. Ist der Termin nur um ein paar Tage überzogen, wird meist kulant verfahren. Dann wird davon ausgegangen, dass der Halter nur nicht aufgepasst hat und die Frist nicht überziehen wollte.
Der Zustand des Autos ist entscheidend
Weil das Fahren mit abgelaufenem TÜV als leichte Fahrlässigkeit gilt, wird die Versicherungsgesellschaft den Schaden meist normal regulieren. Sollte die HU-Frist schon länger verstrichen sein, wird die Kfz-Versicherung oft misstrauisch. Das ist meist ab zwei Monaten der Fall. Sie wird einen unabhängigen Gutachter bestellen, der den Fall auf grobe Fahrlässigkeit prüft. Weist er diese nach, muss der Halter höchstwahrscheinlich zahlen. Der Unfallgegner muss sich hingegen keine Sorgen machen. Der Versicherungsschutz der Haftpflicht gilt auch ohne TÜV und deckt alle Schäden ab, die gegenüber Dritten verursacht wurden.
Eine grobe Fahrlässigkeit liegt beispielsweise dann vor, wenn das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt in einem technisch nicht einwandfreien Zustand und ein Mangel die Unfallursache war – defekte Bremsen zum Beispiel oder ein nicht intaktes Fahrwerk. Die Argumentation lautet dann: Der TÜV hätte den Mangel entdeckt und der Crash wäre vermieden worden.
Kfz-Versicherungsbetrug: Manipulierte Unfälle
Für das Jahr 2018 hat das Statistische Bundesamt rund 2,6 Millionen Verkehrsunfälle erfasst. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungsgewerkschaft (GDV) schätzt, dass rund jeder zehnte Unfall – insgesamt also rund 260.000 – manipuliert ist. Der dadurch verursachte Schaden beläuft sich auf rund zwei Milliarden Euro.
Die Betrüger provozieren dabei meist einen Unfall, bei dem sie selbst am Ende als Geschädigte dastehen. So wollen sie Geld von der gegnerischen Versicherung kassieren. Damit wird allerdings nicht der Schaden reguliert. Stattdessen wird das Auto – wenn überhaupt – nur oberflächlich repariert und kommt bereits beim nächsten manipulierten Unfall wieder zum Einsatz. Denn mit Dellen am Heck kann man ein paar Tage später einen weiteren Unfall provozieren und die Versicherungssumme kassieren, so das Kalkül. Da bei jedem Unfall verschiedene Kfz-Versicherungen belastet werden, fällt das nicht sofort auf. So dauert es manchmal Jahre, ehe ein Betrug auffliegt.
Richtiges Verhalten nach verdächtigem Unfall
Du hast jemandem die Vorfahrt genommen, bist Dir aber sicher, dass zuvor kein Auto in der rechts von dir liegenden Straße zu sehen war? Außerdem ist da dieser Zeuge, der wie aus dem Nichts auftaucht. Dann solltest Du skeptisch werden. Eine klassische Vorgehensweise: Plötzliche Zeugen erhöhen den psychologischen Druck. So bekommst Du das Gefühl, Du hättest wirklich etwas übersehen. In vielen Fällen ist der Zeuge ein Komplize und hat dem Fahrer des anderen Autos womöglich noch ein Handzeichen gegeben, wann er am besten losfährt.
Das Auto des Unfallgegners sollten sich Unfallopfer genauer ansehen. Oft handelt es sich um höherklassige Autos, denn bei diesen ist die Versicherungssumme höher. Hat das Auto bereits kleine Schäden, die nicht aus dem aktuellen Unfall stammen können, gilt Vorsicht. Wahrscheinlich ist, dass dieses Auto schon öfter in Unfälle verwickelt war – mit dem kassierten Geld aber nie repariert wurde.
Manipulierter Unfall: Das ist zu tun
- Die Polizei rufen: Kommt Dir etwas komisch vor, solltest Du die Polizei einschalten.
- Den Unfallort und das Fahrzeug des Unfallgegners inspizieren: Sind Dellen am anderen Auto, für die Du nicht verantwortlich bist? Dann mach am besten direkt ein Foto, um das später belegen zu können. In Zusammenhang mit der genauen Dokumentation des Hergangs kann der Unfallgegner nicht nachträglich behaupten, die Dellen seien neu.
- Kennzeichen, Name und Adresse des Unfallgegners notieren: Wenn die Polizei nicht schon alle Kontaktdaten aufgenommen hat, solltest Du Dir auch den Ausweis des Unfallgegners zeigen lassen.
- Kein Schuldeingeständnis unterschreiben: Eine Sache solltest Du auf keinen Fall tun, wenn Du glaubst, Du seist in eine Falle geraten: ein Schuldeingeständnis unterschreiben. Dann hast Du keine Chance mehr, später Deine Entscheidung zu revidieren.
- Kfz-Versicherung informieren: Deiner Versicherung kannst Du den möglichen Versicherungsbetrug melden und ihr sagen, wenn Dir etwas verdächtig vorkommt. Diesen Verdacht kannst Du auch bei der Polizei melden, die sich dann noch am Tatort ein eigenes Bild der Lage machen kann.
Auf mobile.de kannst Du Dein Auto entweder per Inserat verkaufen oder per Direkt- Verkauf an eine Ankaufstation
Wertgutachten bei Unfall-Schäden
Ein Wertgutachten hat Vorteile, wenn man sein Auto verkaufen möchte. Es kann aber auch nützlich sein, wenn Du ein altes, sehr gepflegtes Auto fährst. Dessen Wert wird ohne Gutachten nach einem Unfall oft relativ niedrig geschätzt. Ist ein Gutachten vorhanden, wird es als Grundlage für die Regulierung des Schadens genutzt. Die gegnerische Versicherung zahlt dann nicht nur den Wert, den das Auto auf dem Papier hat, sondern den tatsächlichen Wert.
Für die Einschätzung von Gebrauchtwagenpreisen nutzen Kfz-Bewerter beispielsweise die Schwacke-Liste, die den Wert des Autos anhand des Alters, des Modells, der Fahrleistung und der Ausstattung angibt. Ebenfalls beliebt für die Ermittlung des sogenannten Wiederbeschaffungswerts von Unfallautos sind Kalkulationsprogramme von Dienstleistern wie Audatex oder DAT. Das Problem: Gebrauchte, die mehr als 10 Jahre alt sind, werden dort in der Regel nicht mehr gelistet. Das kann zu sehr niedrigen Wiederbeschaffungswerten führen. Als Orientierung dienen dann die Preise, die auf großen Verkaufsportalen wie mobile.de aufgerufen werden.
Steinschlag: Ein Fall für die Teilkaskoversicherung
Die Teilkasko-Versicherung deckt Glasbruch an allen Fahrzeugscheiben rund ums Auto ab – somit auch Steinschläge in der Windschutzscheibe. Viele solcher Steinschlag-Schäden können repariert werden. Hierzu spritzen Experten ein spezielles Kunstharz in die Löcher. Mithilfe von Unterdruck wird das Harz in jede kleine Lücke gezogen. Anschließend wird es mit UV-Licht ausgehärtet. Ergebnis: Die Windschutzscheibe des Autos ist wieder fast so stabil wie zuvor. Das dauert nicht einmal eine Stunde. Damit die Reparatur möglich und rechtlich zulässig ist, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Steinschlag: Wann ist eine Reparatur möglich:
- Der Steinschlag-Schaden ist inklusive Rissen nicht größer als eine Zwei-Euro-Münze.
- Der Steinschlag-Krater hat einen Durchmesser von weniger als 5 Millimetern.
- Der Schaden dringt nicht bis zu der Folie, die sich immer zwischen den beiden Glasscheiben einer Windschutzscheibe befindet.
- Der Schaden befindet sich nicht im Sichtfeld des Fahrers.
- Der Schaden ist mindestens 10 Zentimeter vom äußeren Rand entfernt.
Bei einem Schaden, der größer als 50 Millimeter ist, muss die Scheibe aus Sicherheitsgründen ausgetauscht werden. Der Grund dafür ist, dass die Scheibe reißen könnte. Befindet sich der Schaden im Sichtfeld des Fahrers, verbietet die StVZO ebenfalls eine Reparatur. Das Sichtfeld des Fahrers ist ein 29 Zentimeter breites Feld oberhalb des Lenkrads.
Für Steinschlagschäden gibt es in der Teilkasko eine Sonderregelung. Die meisten Versicherungen verzichten bei einer Reparatur des Schadens auf die Selbstbeteiligung (meist 150 Euro). Damit wollen die Versicherungen den kompletten Austausch der Scheibe verhindern, der deutlich teurer ist.
Ist ein Austausch der Windschutzscheibe notwendig, musst Du die mit Deiner Versicherung vereinbarte Selbstbeteiligung bezahlen. Den Rest übernimmt der Versicherer. Da es in der Teilkasko keinen Schadensfreiheitsrabatt gibt, wirst Du nach der Schadenregulierung nicht hochgestuft.
Vorsicht: Auch wenn Kits für die Reparatur in Eigenregie angeboten werden, solltest Du einen Steinschlag nur mit viel Erfahrung selbst reparieren. Die Windschutzscheibe ist ein sicherheitsrelevantes Bauteil. Selbst wenn der Schaden die Sicht des Fahrers nicht beeinträchtigt, ist unter Umständen die Stabilität der Scheibe beeinträchtigt. Das kann bei einem Unfall verheerende Folgen haben.
Hier findest Du alle Berichte und Ratgeber unseres Magazins rund um das Thema Auto kaufen.
Was tun, wenn eine Leistung abgelehnt wird?
Jede Kfz-Versicherung prüft den Schaden und alle damit verbundenen Kosten genau, bevor sie Geld überweist. Das kann für Dich als Unfallopfer bedeuten, dass die Kfz-Versicherung nicht für den gesamten Schaden aufkommen möchte. Die Begründung hierfür könnte eine mögliche Mitschuld Deinerseits sein. In so einem Fall empfiehlt es sich, einen Verkehrsanwalt einzuschalten.
Verweigert Deine Vollkaskoversicherung die Kostenübernahme für Schäden an Deinem Auto, hat dies vermutlich mit grober Fahrlässigkeit zu tun. Die Vollkasko muss in so einem Fall nicht für den Schaden oder zumindest nicht für den gesamten Schaden aufkommen. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn Du unter Einfluss von Alkohol gefahren bist, Dein Auto wissentlich in einer gefährlichen Gegend abgestellt oder es am Hang nicht ausreichend gesichert hast. Details zu den Vertragsbedingungen und zu Deinen Pflichten als Versicherungsnehmer stehen in Deinem Versicherungsvertrag.
Das könnte Dich auch interessieren