Mercedes E-Klasse W211 im Gebrauchtwagen-Test
Die Mercedes E-Klasse der Baureihe W211 hatte viel gut zu machen. Das gelang ihr nicht. Doch es gibt gute Gebrauchte. Die E-Klasse in der Gebrauchtberatung.
Die E-Klasse von Mercedes gehört seit Jahrzehnten zu den Säulen der Marke. Die Baureihe W211 musste bei ihrem Start 2002 jedoch einiges gutmachen. Der Vorgänger W210 kratzte mit Rost- und Elektronikproblemen den Ruf der E-Klasse an. Der W211 hatte ganz eigene Schwierigkeiten: Die Bremse war anfällig, außerdem gab es Ärger mit Diesel-Injektoren und Elektronik.
Doch ganz so schlecht wie ihr Ruf ist diese E-Klasse nicht. Von den rund 1,7 Millionen Autos, die in sieben Jahren produziert wurden, können vor allem neuere Modelle überzeugen. Mit der Modellpflege 2006 wurden viele Probleme abgestellt, übrig blieb ein großes, solides und bequemes Auto.
Historie der E-Klasse und Modellwechsel
Beim Generationswechsel vom W210 zum W211 änderte sich auf den ersten Blick nicht viel an der Optik. Die Doppelscheinwerfer blieben, wurden aber etwas schnittiger. Der Kombi namens T-Modell startete ein Jahr nach der Limousine. Eine Modellpflege kam im Juni 2006. Jetzt wurde der Kühlergrill unten spitzer, die Frontschürze änderte sich leicht. Außerdem arbeitete Mercedes bei den Motoren, an der Bremse und an der Elektronik nach.
Karosserie
Die Baureihe 211 gab es nur in zwei Karosserieformen, als Limousine W211 und als T-Modell (Kombi) S211. Die Rolle von Cabrio und Coupé übernahm der CLK, der zwischen C- und E-Klasse angesiedelt war. Insbesondere hierzulande mag man den Kombi. Das T-Modell kam 2003 und wurde etwas länger als die Limousine. Im Kofferraum gab es zwei Notsitze, so dass die E-Klasse bis zu sieben Personen befördern konnte. Ansonsten passen zwischen 690 und 1.950 Liter Gepäck ins Heck - mehr kann keiner einladen. Die Limousine fasst immerhin 540 Liter. Probleme mit Rost gibt es in erster Linie an den Radhäusern, wo Steinschlag den Lack beschädigt.
Motor und Getriebe
Mercedes bot die E-Klasse der Baureihe 211 über die Jahre mit sieben Diesel-Motoren und sieben Benzinern an. Die schwächsten Motoren leisten 122 PS, die Topmodelle von AMG bis zu 514 PS. Zwei Varianten wurden mit Allradantrieb angeboten, der bei Mercedes 4Matic heißt. Einen Diesel mit mageren 102 PS gab es für ein Jahr, allerdings nur in einer Variante als Taxi. Dazu fand sich eine Erdgasvariante namens E200 NGT im Programm. Die wurde jedoch wenig nachgefragt.
Die beliebtesten Diesel sind die mit der Nummer 220. Der E220 CDI leistete zunächst 150 PS, später wurden es 170 PS. Anfangs machte er mit Störungen in der Motorsteuerung auf sich aufmerksam. Außerdem fielen die Diesel-Injektoren unangenehm auf und undichte Kraftstoffleitungen. Im Jahr 2005 wurden Autos wegen einer defekten Hochdruckpumpe zurückgerufen.
Als robust gilt der E240, der 177 PS leistet. Er verbraucht jedoch zwischen 9 und 15 Litern. Laut Spritmonitor sind es 11 Liter im Durchschnitt. Der E200 Kompressor leistet nicht viel weniger (163 PS oder 184 PS), gibt sich aber mit Verbräuchen von 8,5 bis 13 Litern zufrieden. Der Spritmonitor-Schnitt liegt bei 10 Litern.
Meist arbeiten Vierzylinder unter der Haube der E-Klasse. Doch Gebrauchte mit Sechs- und Achtzylinder können eine Überlegung wert sein. Sie kosten teilweise weniger als die kleineren Motoren. Allerdings sollte man die höheren Unterhaltskosten bedenken. Der 320er-Diesel ist mit seinen 224 PS gut motorisiert und verbraucht nicht allzu viel.
Die Frage nach dem Getriebe wird bei der E-Klasse oft zugunsten der Automatik beantwortet. Bis 2004 kam ein weich schaltender Wandler mit fünf Gängen zum Einsatz, ab 2004 steigerte Mercedes sich auf sieben Gänge. Die Automatik spart Sprit, sollte aber regelmäßig gewartet worden sein. Ein Ölwechsel alle 60.000 Kilometer ist Pflicht. Viel Besitzer empfehlen, den Wechsel mit einer Spülung zu kombinieren.
Fahrwerk und Bremsen
Die E-Klasse federt traditionell komfortabel. Es gibt sie mit Luftfahrwerk oder mit herkömmlichen Stahlfedern. Beide Varianten funktionieren gut, die Airmatic Dual Control hat den Nachteil, dass Reparaturen sehr teuer werden können. Modelle mit Sportfahrwerk und solche mit großen V8-Motoren sind deutlich straffer ausgelegt als die Standardversionen.
Berüchtigt am W211: Die "Sensotronic Brake Control", kurz SBC. Die machte reichlich Ärger und sorgte in den Jahren 2004 und 2005 für Rückrufe. Im Sommer 2006 tauschte Mercedes die SBC gegen eine konventionelle Hydraulik-Bremse. Zudem schärfte Daimler bei der Verarbeitung nach, die fällt seit dem Facelift solider aus.
Ganz in der Tradition seiner Vorgänger steht der W211 beim Achsenverschleiß. Querlenker- und Spurstangengelenk-Lager schlagen leicht aus. Das war schon bei den Baureihen W124 und W210 so. Entsprechend oft wird W211-Fahrern beim TÜV die Plakette verweigert.
Außerdem leidet die E-Klasse häufiger unter Löchern im Auspuff. Das erhöht die Abgaswerte. Beim Stahlfahrwerk machen Antriebswellen, Federn und Dämpfer selten Ärger. Dafür aber die Feststellbremse, wenn sie nicht regelmäßig getreten wird. Dann kann sie festrosten. Das tritt speziell bei Autos mit Automatik häufig auf, wenn sie nur in der Position P geparkt werden. Bremsleitungen, Bremsschläuche und Hardyscheibe sollten Interessenten sich genauer ansehen, sie neigen zum Gammeln.
Ausstattung und Sicherheit
Mercedes bot den W211 in zwei Ausstattungsvarianten an. Avantgarde legt den Akzent auf Sportlichtkeit, Elegance eher auf Komfort. Immerhin ein Viertel kaufte allerdings die Basisausstattung ohne besondere Akzente. Der Avantgarde rollt auf einem um 15 Millimeter tieferen Fahrwerk und wurde eine Spur öfter bestellt als Elegance.
Wirklich voll ausgestattet, rollte kaum eine E-Klasse vom Hof. Schon die Serienversion kam mit Tempomat, Zentralverriegelung, Multifunktionslenkrad, Regensensor und Klimaautomatik. Außerdem natürlich mit dem Schleuderschutz ESP und vielen Airbags. Ein AMG-Sportpaket nahm Mercedes 2005 ins Programm. Änderungen am Fahrwerk und eine Innenausstattung mit viel Leder waren die Hauptbestandteile.
Wer viel auf langen Strecken unterwegs ist, sollte darauf achten, dass das Wunschauto die “Distronic Plus” an Bord hat. Der intelligente Tempomat hält den Abstand zum Vordermann und entspannt auf Reisen. Das Navigationssystem machte am Anfang Probleme, genau wie die Telefonanlage. Zuweilen verursacht Kriechstrom Probleme, außerdem das Glasschiebedach und das Kurvenlicht. Die SBC-Bremse sollte im Rahmen eines Rückrufs unbedingt erneuert worden sein.
Marktsituation und Preise
Dennoch raten wir dazu, ein Auto auszusuchen, das nach dem Facelift 2006 auf den Markt kam. Modelle, die bis zum Sommer 2006 gebaut wurden, gelten als sehr anfällig. Die Probleme betreffen den Bordcomputer, die Luftfederung inklusive Kompressor und natürlich die SBC-Hydraulikeinheit. Infos darüber gibt das Diagnosegerät.
Dazu sollten Interessenten darauf achten, dass die Dieselinjektoren repariert und die Probleme mit der Elektronik behoben wurden. Sind Querlenker und Spurstangengelenke bereits erneuert worden, hilft das ebenfalls mögliche Kosten zu vermeiden.
Das Angebot an E-Klassen ist groß. Mobile.de listet zwischen 5.000 und 6.000 Fahrezuge, die zwischen 2002 und 2009 zugelassen wurden. Die Preise starten zwischen 1.000 und 2.000 Euro, meist für Taxis mit hohen Laufleistungen. Am oberen Ende findet man in erster Linie die Topmodelle mit V8 von AMG für bis zu 35.000 Euro.
Fahrbereite Autos mit wenigen Vorbesitzern, höchstens 150.000 Kilometern Laufleistung, noch einem Jahr gültiger HU und ausgefülltem Scheckheft bekommt man ab etwa 5.000 bis 6.000 Euro. Das T-Modell kostet meist etwas mehr als die Limousine.
Mercedes E-Klasse W211: Fazit und Empfehlung
Der W211 ist besser als sein Ruf. Klar, er hatte seine Probleme, mit dem Facelift ab Juni 2006 wurde es aber besser. Wer genau hinschaut und die Gurken gewissenhaft aussortiert, findet solide Alltagsautos mit viel Platz und einigermaßen sparsamen Motoren. Der E200 Kompressor mit 184 PS reicht in der Praxis völlig aus. Mehr Spaß machen die größeren Sechszylinder als Diesel (E320) oder Benziner (E350), im Unterhalt kosten sie jedoch deutlich mehr als die Vierzylinder. Ein gut ausgestatteter Vierzylinder mit Automatik ist unser bevorzugtes Reisemobil.
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