Jaguar F-Type Facelift (2020): Test im V8-Einstiegsmodell
Der Jaguar F-Type fährt mit Facelift vor: Im P450 wird der V8 volksnäher. Zu stark für die Hinterreifen bleibt er aber – gut so! Der Sportwagen im ersten Test.
- Drei Motoren von 300 bis 575 PS für den F-Type
- Jaguar F-Type (2020): Zweites Facelift mit mehr Gier zum Gieren
- Deaktivierbares ESP im F-Type mit Hinterradantrieb
- Innenraum des Jaguar F-Type: Viel von allem
- Sound im F-Type: Leiser, aber „realistischer“
- Preislicher Einstieg in die Welt der V8-Flundern
- Jaguar F-Type (2020): Technische Daten
Willkommen in der übersteuernden, blubbernden Zwischenwelt. Jaguars zweite Modellpflege des F-Type bringt die Option auf einen hinterradgetriebenen V8-Sportwagen zurück ins Modellprogramm. Im F-Type P450 kommt der 5,0-Liter-Achtzylinder-Kompressor dem Einstiegsmotor so nah wie noch nie. Die Nummer zwei der Antriebsstränge vereinfacht den Einstieg in ein wild-dekadentes Segment aus maximalem Hubraum bei minimaler Anzahl von Sitzreihen und Antriebswellen.
Die Daseinsberechtigung besteht, das akustische Alleinstellungsmerkmal schwindet: Jaguars herrlich ungeniertes Rotzen, Schreien und Fehlzünden aus dem Auspuff erstickt zum Teil im Otto-Partikelfilter. Dann kreischen es eben die Hinterräder unter der Last von 450 PS und 580 Newtonmetern hinaus in die Welt: endlich wieder Gestaltungsspielraum für den rechten Fuß.
Motorenangebot:
• 2,0-Liter-4-Zylinder-Turbo: 300 PS
• 5,0-Liter-V8: 450 PS / 575 PS
Drei Motoren von 300 bis 575 PS für den F-Type
Selbstverständlich stellen Kick-downs im Top-Modell F-Type R 575 AWD (ab 105.546 Euro) formal mehr an. Die Top-Version des V8-Kompressors schickt namensgebende 575 PS und 700 Newtonmeter in einen Allrad-Strang. Auf abgesperrter Strecke klappt das beim Vor-Facelift toll und berechenbar. So gut, dass man auf der Landstraße das Ende der Haftreibung schwer ausloten kann – jedenfalls, wenn die Aktion reinen Gewissens vonstatten gehen soll.
Zum Modelldebüt im Jahr 2013 ist der F-Type mit V6 erhältlich. Das 380-PS-Aggregat übersteht die erste Modellpflege von 2017, entfällt nun in Europa mit dem zweiten Lifting. Damit bietet Jaguar unterhalb des getesteten F-Type P450 nur noch einen halben V8 an: Der selbst entwickelte 2,0-Liter-Turbobenziner für den F-Type P300 (ab 64.200 Euro) reicht 300 PS und ein Drehmoment von 400 Newtonmetern an die Hinterachse. Ob das langt? Kann man mit keinem Test der Welt herausfahren: Die Akzeptanz von Sportwagen-Käufern für Vierzylinder läuft auf eine Glaubensfrage hinaus. Auch bei den Porsche-718-Einstiegsvarianten, die der „kleine“ F-Type herausfordern soll.
Jaguar F-Type (2020): Zweites Facelift mit mehr Gier zum Gieren
Hier eine Entscheidungshilfe für Sportfahrer mit undogmatischem Zugang: Die Gier zum Gieren müsste beim getesteten F-Type P450 RWD größer sein als beim hinterradgetriebenen Basismodell. Nicht erst wegen des Aggregats unter der gelifteten F-Type-Motorhaube mit neuen Lufteinlässen. Beim mittleren Strang nutzt Jaguar serienmäßig die aktive Differenzialsperre, eine mechanische Lösung mit elektronischer Ansteuerung.
Mit dem Heck eines P450 lässt sich unkompliziert und in diesseitigen Tempobereichen spielen – die richtige Programmauswahl vorausgesetzt. Klar, schon unvorsichtiges Anfahren kann die Winterreifen des Testwagens spür- und hörbar fordern. In Kurven ist die Elektronik bei aktiviertem Stabilitätsprogramm um Ruhe bemüht. Bedeutet: Man kann am Scheitelpunkt mehr Feuer geben, voll umgesetzt wird die Pedalstellung erst mit Öffnen der Lenkung. Das läuft nicht immer linear ab. Bei motivierten Gasbefehlen probiert die Elektronik, was geht. Erhöht und verringert den Schub. Am Ausgang enger Kurven kann das Unruhe bringen.
Deaktivierbares ESP im F-Type mit Hinterradantrieb
Im ESP-Zwischenmodus „Track“ passiert das gelegentlich ebenfalls. Öfter lenkt der geliftete F-Type hier beim Gas-Einsatz angenehm mit. Beruhigend, dass sich irgendwo zwischen Fahrbahn und Straßengraben ein Sicherheitsnetz aufspannen wird. Alternativ (mit langem Tastendruck) lässt sich das ESP ganz abwählen. Dann werden die Ausrutscher auf Wunsch größer.
Wie weit sich der Schräglaufwinkel an der Hinterachse aufspannen lässt? Versuchen wir auf öffentlichen Straßen nicht. Gefühlt stabilisiert sich der 4,47 Meter lange Sportler ohne große Gemeinheiten. Gut so, denn einen Sportler mit einem Leergewicht von 1.753 Kilogramm zähmt man nicht nebenbei. Das sind 150 Kilogramm mehr als der F-Type mit Vierzylinder. Und in jedem Fall eine Menge für einen Sportwagen mit Alu-Grundstruktur.
Innenraum des Jaguar F-Type: Viel von allem
Auf den ersten Metern fühlt sich der F-Type tatsächlich behäbig an. Wobei Cockpit und Bedienelemente diesen Eindruck verstärken: Ein Lenkrad mit (unverändert) breiten Mittelspeichen und dickem Kranz, Getriebetunnel und Mittelkonsole, die wie eine Trennwand zwischen Fahrer und Beifahrer thront, ein Cockpit mit viel unterfüttertem Leder – wirkt alles nobel, riecht aber nicht nach großem Sport.
Landstraßen-Surfen rückt den Ersteindruck zurecht: Der Jag setzt Lenkbefehle direkt um, speziell im Dynamik-Programm. Im scharfen Fahrmodus gibt es ausreichend Klarheit um die Mittelstellung, wenig Rollbewegung in Kurven, doch etwas Nicken beim Tritt auf das Bremspedal mit frühem Druckpunkt. Die Taillierung der Sport-Hocker hält Fahrer und Beifahrer in motivierten Momenten zentral im Sitz. Im Detail wäre eine tiefere Minimal-Stellung der Stühle nett, alternativ ein größerer Verstellbereich für die Lenksäule. Denn im Kniebereich kann es für große Fahrer eng werden.
Sound im F-Type: Leiser, aber „realistischer“
Jenseits von 4.000 Umdrehungen kommt die Dramatik. Aber nicht einfach so. Klar, tollen Schub liefert die neue Einstiegsversion des 5,0 Liter großen Kompressor-Motors im oberen Drehzahlbereich immer. Doch schnelle Schaltzeiten und schönen Sound gibt es beim P450-Strang erst, wenn der Schalthebel auf S steht und die Taste für die Auspuffklappe leuchtet. Wie angedeutet: So wild wie in seinen Anfangsjahren röhrt der F-Type nicht mehr. Seine Fehlzündungen wirken eher reglementiert als kontrolliert. Zum zulässigen Lärm aus dem Auspuff existiert eine EU-Verordnung, doch die gilt für den F-Type noch nicht. Es hängt am Abgasreinigungssystem mit Otto-Partikelfilter.
Damit entfällt die apokalyptische Geräuschkulisse, wenn man den F-Type im manuellen Modus in den Begrenzer dreht. Und das passiert. Meistens, weil der V8 schneller sein Limit im Bereich rund 6.700 Umdrehungen erreicht als erwartet, man zu spät an den mitdrehenden Paddles zupft. Alles läuft beim neuen P450 jetzt weicher ab, das Sprotzen beim Lupfen wirkt gesitteter. Und realistischer. Denn nach dem Akustik-Spektakel des Vor-Facelifts kann man die Uhr stellen, so vorhersehbar laufen die ab. Jetzt gibt es mehr Varianz, immerhin.
Beim Getriebe handelt es sich um die gewohnte Achtgang-Automatik von ZF. Das System ist schnell genug, um seinen eigenen Fehler auszugleichen: Das Triebwerk kommt im unteren Drehzahlbereich gut zurecht, nicht jedes Herunterschalten ist notwendig. Das verzeiht man dem Wandler-Getriebe, ob des Speeds allerdings. Die fixe Arbeitsweise macht außerdem das Ende des Handschalters im gelifteten F-Type erträglicher. Viele Stränge mit manuellem Sechsgang-Getriebe gibt es zuletzt ohnedies nicht mehr.
• Typ: Limousine
• Leistung: 180 PS
• 0-100 km/h: 8,1 | Vmax: 228 km/h
Preislicher Einstieg in die Welt der V8-Flundern
Sieht man vom Schalthebel ab, bietet der Konfigurator viel Gestaltungsspielraum. Alle drei Leistungsstufen gibt es mit Coupé-Karosse und als Roadster. Beim F-Type P450 offeriert Jaguar neben der getesteten Version mit Hinterradantrieb das Allrad-Modell P450 AWD (ab 98.500 Euro). Für die Heckschleuder spricht das mutmaßlich breitere Grinsen und das signifikant schmalere Budget. Nicht falsch verstehen: 92.500 Euro sind immer noch sündhaft viel. Und wer Basispreise in der Größenordnung einer Eigentumswohnung mit serienmäßigem Matrix-LED-Licht und mehr Fahrassistenten relativiert, hat den Schuss aus dem Klappenauspuff nicht gehört. Doch im Segment der zweisitzigen Achtzylinder-Flundern mit Hinterradantrieb ist der neueste Jag ein Preisbrecher.
Die Mittelmotor-Flotten von McLaren und Ferrari, der entsprechende AMG GT oder der Aston Martin Vantage kosten mehr. Klar sind die dem F-Type in der mittleren P450-Version überlegen. Und wenn man den starren Fokus auf Zweisitzer aufhebt, stoßen die günstigeren V8-Versionen von Ford Mustang, Chevrolet Camaro, Dodge Challenger und Lexus RCF zur Party. Allerdings: Den schönsten Hintern im V8-Feld verbucht tendenziell immer der Jag. Gut, dass das Gesäß nun unkomplizierter heraushängen kann.
Jaguar F-Type (2020): Technische Daten
Modell | Jaguar F-Type P450 Coupé |
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Motor | 5,0-Liter-Achtzylinder-Benziner mit Kompressor-Aufladung |
Getriebe | Achtgang-Wandlerautomatik mit Schaltwippen, Hinterradantrieb (Allrad erhältlich) |
Leistung | 450 PS bei 6.000 U/min |
Drehmoment | 580 Nm bei 2.500 bis 5.000 U/min |
Verbrauch | 10,6 l/100 km (WLTP, kombiniert) |
CO2 | 244 g/km |
0-100 km/h | 4,6 s |
Geschwindigkeit | 285 km/h |
Länge | 4.470 mm |
Breite | 1.923 mm |
Höhe | 1.311 mm |
Radstand | 2.622 mm |
Leergewicht (EU) | ab 1.753 kg |
Kofferraumvolumen | 215 l |
Erhältlich seit | März 2020 |
Grundpreis Jaguar F-Type | ab 64.200 Euro (als F-Type P300 Coupé) |
Grundpreis Testwagen F-Type P450 | ab 92.500 Euro |