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Der VW ID. 3 steht auf Volkswagens IAA-Messestand
Quelle: Peter Besser
Die wichtigste Premiere der IAA 2019: Volkswagens ID.3 ist ein kompakter Stromer zu Preisen ab rund 33.000 Euro

Die Erkenntnis kommt irgendwo zwischen Volkswagens Messestand mit nur einem einzigen reinen Verbrenner und Daimlers kleinstem und grünstem IAA-Auftritt der Neuzeit: So weit liegen die Zukunftsvorstellungen von Protestierenden und Präsentierenden gar nicht auseinander. Denn die vor den Toren des Frankfurter Messegeländes lautstark bekrittelten Spritfresser und „Status-Panzer“ sind in den Hallen der IAA 2019 äußerst rar - aber natürlich zu finden.

Es geht bei der 68. internationalen Automobil Ausstellung dennoch mehrheitlich um elektrische Mobilität. Wie bei praktisch allen Auto-Shows der jüngeren Vergangenheit. Mit einem wesentlichen Unterschied: Die meisten gezeigten Stromer sind tatsächlich bald kaufbar. Daneben kommen große Namen zurück und kleine Bestseller in neuer Generation – nicht immer mit Elektro-Komponente im Antriebsstrang. Für finale Aussagen zur Zukunft ist die Branche aktuell zu gehetzt – und die IAA 2019, wenn man ehrlich ist, zu klein. Denn wesentliche Player wie Toyota, der Fiat-Konzern, Nissan oder Volvo fehlen in Frankfurt. Doch vier aktuelle Trends fallen beim Rundgang durch die Messehallen auf - und natürlich die Modelle, die sie befeuern.

1. Die Zukunft beginnt erst, wenn sie konfigurierbar ist

Konfigurieren geht über Studieren: Sie stehen recht einsam, die futuristischen Studien mit großen Rädern und gigantischen Versprechen für Reichweite und Autonomie-Level. Zu lange und zu optimistisch wird schon in die Zukunft geblickt. Die Show gehört den tatsächlich bald bestellbaren Elektrischen. Das wichtigste Auto der IAA 2019 kommt bereits im Frühjahr 2020 zu den Händlern. Volkswagens ID.3 hat riesiges Brot-und-Butter-Potenzial. Er bietet viel Platz auf kompakten Abmessungen. Ist innen nicht besonders hochwertig, aber allemal schick. Und startet zu vertretbaren Preisen ab rund 33.000 Euro. Zur Wahl stehen Motoren mit 150 PS (110 KW) und 204 PS (150 KW). Außerdem drei Akku-Pakete mit 45, 78 oder 77 kWh. Mit dem größten Stromspeicher soll der ID.3 bis zu 550 Kilometer weit kommen. Optisch bleibt der ID.3 nahe am Golf.

Ein weißes Exemplar des Elektroautos Honda e steht in einer Halle auf dem Frankfurter Messegelände
Quelle: Peter Besser
Der elektrische Honda e ist im Grunde ein Retro-Modell: Mit ähnlicher Formensprache kam in den 70er-Jahren der erste Civic

Heute erwartet bei einem E-Auto eben niemand mehr Karosseriedesign aus einem Science-Fiction-Film. Das vielleicht gefälligste E-Autos der IAA ist ein Retro-Modell. Der Honda e ist in etwa einem Civic der ersten Generation nachempfunden. Der Innenraum des 3,92 Meter langen Kleinstwagens ist toll eingerichtet, aber richtig knapp bemessen. Zu Preisen ab 33.850 Euro gibt es mehr Lifestyle als Nutzwert. Ab Mitte 2020 startet der erste Elektro-Honda mit 136 PS (100 KW) oder 154 PS (113 KW). Mit seinem 35,5 kWh-Akku soll er laut Hersteller rund 220 Kilometer schaffen.

Auf der IAA erhielt der Japaner einen möglichen Hauptkonkurrenten: BMW-Mini bringt den elektrischen Mini-Dreitürer in Serie. Ähnliches gab es bereits, allerdings nur in Kleinst-Auflage. Der umgemodelte Verbrenner Cooper SE fährt mit 184 PS (135 kW) und 32,6 kWh-Batterie. Und pro pro Akku-Ladung ähnlich weit wie der Honda e. Ab Ende 2019 gibt es die ersten Exemplare, die Tarife beginnen bei 32.500 Euro.


Ähnlich groß, aber bodenständiger und günstiger ist die elektrische Version des neuen Opel Corsa. Die fünfte Generation des Kleinwagens kostet mit 136 PS und 50 kWh großer Batterie ab 29.900 Euro. Für rund das Doppelte will Opel eine Rallye-Version des Corsa-e anbieten. Bei der Reichweite sticht der Rüsselsheimer ab Frühjahr 2020 Honda und Mini aus - 330 Kilometer beträgt sie. Seats Einstieg in die E-Mobilität kommt laut Datenblatt weniger weit, aber insgesamt günstiger. Beim Kleinstwagen Mii Electric gibt es ab rund 21.000 Euro rund 260 Kilometer Reichweite. Das praktisch gleiche Auto ist mit VW und Skoda-Emblem erhältlich. E-Up und Citigo-e gab es bereits vor der IAA, mit Einführung des Mii gibt es ein Update. Ebenfalls noch Zukunftsmusik: Das SUV Tarraco kommt 2020 als Plug-in-Hybrid.

2. Neue Zeiten erfordern traditionelle Mittel

Paradoxes gibt es am Porsche-Stand: Die Stuttgarter bleiben beim Elektro-Sportwagen Taycan mit allen Mitteln bei den Traditionen – und muten damit gerade den Traditionalisten viel zu. Es geht um den „Turbo“-Schriftzug am Heck des Taycan. Marken-Terminologisch gehört der dort hin, schließlich handelt es sich bei den ausgestellten Exemplaren um die bis zu 761 PS (560 KW) starken Top-Modelle. Aus technischer Sicht ist die Bezeichnung Unfug, denn Elektroautos verfügen nicht über Turbolader. Kleine Pointe am Rande: Die aktuelle Version von Porsches Kernmodell 911 (Baureihe 992) gibt es aktuell ausschließlich mit Bi-Turbo. Doch im Namenszusatz fehlt der Verweis auf die Aufladung.

Das Bild zeigt ein rotes Exemplar des Elektro-Sportwagens Porsche Taycan
Quelle: Peter Besser
Der wahre Turbolader ist im Kopf: Porsche nennt die Top-Modelle seines Elektro-Sportwagens Taycan "Turbo" und "Turbo S". Das lässt sich historisch begründen, ist technisch aber natürlich Unfug


Was der 911 für Porsche ist, ist der Defender für Land Rover: Das Auto, aus dem vor Jahrzehnten die Marke entstand. Von 1948 bis 2016 blieb der Offroader in Grundzügen unverändert. Auf der IAA steht der Nachfolger. Er gelangt bei der Premiere über eine steile, metallene Rampe auf den Messestand. So weit, so standesgemäß. Technisch gibt es zum Marktstart Ende 2020 2,0-Liter-Motoren mit und ohne Zündkerze, außerdem einen 3,0-Liter-Sechszylinder. Später einen Plug-In-Hybrid-Strang, der Leiterrahmen entfällt. Generation zwei ist eine Neu-Interpretation, keine Kopie. Optisch ist er weit weniger rustikal als der Vorgänger, doch immer noch als Defender erkennbar. Eigene Ikonen sind in Zeiten des technologischen Umbruchs eben wichtig.

3. Die Wilden sind rar. Aber attraktiv

Enthemmte Jagd nach Leistung ist auf der IAA selten, aber offenbar weiterhin reizvoll. Der Supersportwagen Lamborghini Sian FKP37 ist dauerhaft umringt. Ein 6,5 Liter großer V12 kommt hier mit elektrischer Unterstützung auf 819 PS. Warum sich die Flunder trotz 19,6-Liter-Verbrauchsabgabe schlecht als Stein des Anstoßes eignet: Er wird mit einer Auflage von 63 Exemplaren selten bleiben. Und bei einem Kaufpreis von mehr als 2,2 Millionen Euro nicht als Alltagsfahrzeug genutzt. Eher als statisches Spekulations-Objekt, mit der Option lauten Gedenkens: Der Namenszusatz FKP37 steht für den kürzlich verstorbenen Ferdinand Karl Piech, die Zahl für das Geburtsjahr des ehemaligen VW-Chefs.

Das Bild zeigt das Heck des Sportwagens Lamborghini Sian FKP37
Quelle: Peter Besser
Im lauten Gedenken: Der 819 PS starke Lamborghini Sian FKP37 trägt den Namenszusatz zu Ehren von Ferdinand Karl Piech. Der 1937 geborene ehemalige VW-Chef verstarb unlängst

Diffiziler gerät die Argumentation für die präsentierten SUV-Coupés BMW X6 und Mercedes GLE Coupé. Die Hochbeiner der gehobenen Mittelklasse verlieren mit dem flach abfallenden Heck viel Nutzwert und sind sicher Verkaufsschlager. Der BMW kommt im Herbst 2019 zu Preisen rund 75.000 Euro, der Benz startet im Frühjahr 2020. Doch wie gesagt, die Show gehört den Elektrischen.

4. Fernost ersetzt Fern-Bleiber

Natürlich gibt es leistbare Brot-und-Butter-Modelle mit Verbrenner. Etwa Fords Mini-SUV Puma. Die Basis stammt vom Fiesta, der Name von Fords 90er-Jahre-Coupé. Ab 23.150 Euro gibt es ein 125 PS starkes Modell mit Mild-Hybrid-Technologie und 48-Volt-Bordnetz.
Beim Hyundai i10 der dritten Generation bleibt der Strom aus. Der 3,67 Meter kurze Kleinstwagen fährt mit vier Zentimeter längerem Radstand als bisher sowie wahlweise mit Dreizylinder-Benziner (67 PS) oder Vierzylinder-Benziner (84 PS). In Summe also ein grundvernünftiges Auto - das mit Strom deutlich teurer sein müsste als 10.990 Euro. Doch Bodenständigkeit mit Auspuff ist kein guter Ansatz für flächendeckende Aufmerksamkeit auf dieser Messe.

Ein blauer i10 steht auf Hyundais IAA-Stand
Quelle: Peter Besser
Hyundai stellt auf der IAA 2019 die dritte Generation des Kleinstwagens i10 vor - ohne Elektro-Komponente, doch zu konkurrenzfähigen Preisen


Das ist ein Erklärungsmodell für das Ausbleiben vieler wichtiger Marken. Teilweise fehlt eine spektakuläre Neuerscheinung. Außerdem ist fraglich, wie gut man das Publikum über derartige Shows noch erreicht. Für zwei Marken macht sich die Standgebühr definitiv bezahlt: Der chinesische SUV-Bauer Wey (eine Marke von Great Wall) und der Elektro-Hersteller Byton zeigen mit ihrer Anwesenheit, dass die Chinesen es - mal wieder  - mit dem Einstieg in den europäischen Markt 2021 ernst meinen. Vielleicht. 

Öffnungszeiten, Preise, Anreise

Für Besucher öffnet die IAA am Messegelände in Frankfurt am Main an der Ludwig-Erhard-Anlage 1 vom 12. bis 22. September 2019, täglich von 9 bis 19 Uhr. Dieses Jahr neu: Der After-Work-Day am Freitag 20. September, an dem die Messe von 11 bis 21 Uhr geöffnet ist. Ein Tagesticket kostet wochentags 15 Euro, am Wochenende 17 Euro, das Nachmittags-Ticket kostet 11 Euro. Schüler, Studenten und Azubis zahlen 8,50 Euro. Kinder bis einschließlich sechs Jahre, Menschen mit Behinderung sowie Rollstuhlfahrer haben freien Eintritt. Die Karten können auch online gekauft werden, sind dann rund zwei Euro günstiger.

Der Geländewagen Defender steht auf Land Rovers Messestand bei der IAA 2019
Quelle: Peter Besser
Der Land Rover Defender ist zurück. Ohne Leiterrahmen und Rustikal-Optik. Doch laut Hersteller steigfähiger als jemals zuvor

Die Messe Frankfurt empfiehlt für die Anfahrt zur IAA, das Navigationssystem in Frankfurt auszuschalten und der aktuellen IAA-Verkehrsführung der Polizei zu den nächstmöglichen Besucher-Parkplätzen zu folgen. Die offiziellen IAA-Besucherparkplätze liegen außerhalb der Frankfurter Umweltzone und können mit Ausnahme des Parkplatzes „Gleisdreieck“ ohne Umweltplakette angefahren werden. Das Parkhaus Rebstock öffnet um 7 Uhr morgens und schließt um 21 Uhr abends. Das Parken während der Nacht ist nicht gestattet. Für Besucher mit Wohnmobil stehen Plätze ohne Infrastruktur auf den Besucherparkflächen der Messe Frankfurt zur Verfügung.

IAA 2019: Die Bilder

Der VW ID. 3 steht auf Volkswagens IAA-Messestand
Der Geländewagen Defender steht auf Land Rovers Messestand bei der IAA 2019
Ein weißes Exemplar des Elektroautos Honda e steht in einer Halle auf dem Frankfurter Messegelände
Ein blauer i10 steht auf Hyundais IAA-Stand
Das Bild zeigt ein rotes Exemplar des Elektro-Sportwagens Porsche Taycan
Das Bild zeigt den Opel Corsa e von schräg vorne
Das Bild zeigt eine Panorama-Aufnahme von Volkswagens IAA-Stand
Das Bild zeigt das Heck des Sportwagens Lamborghini Sian FKP37
Quelle: Peter Besser
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Die wichtigste Premiere der IAA 2019: Volkswagens ID.3 ist ein kompakter Stromer zu Preisen ab rund 33.000 Euro
Quelle: Peter Besser
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Der Land Rover Defender ist zurück. Ohne Leiterrahmen und Rustikal-Optik. Doch laut Hersteller steigfähiger als jemals zuvor
Quelle: Peter Besser
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Der elektrische Honda e ist im Grunde ein Retro-Modell: Mit ähnlicher Formensprache kam in den 70er-Jahren der erste Civic
Quelle: Peter Besser
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Hyundai stellt auf der IAA 2019 die dritte Generation des Kleinstwagens i10 vor - ohne Elektro-Komponente, doch zu konkurrenzfähigen Preisen
Quelle: Peter Besser
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Der wahre Turbolader ist im Kopf: Porsche nennt die Top-Modelle seines Elektro-Sportwagens Taycan "Turbo" und "Turbo S". Das lässt sich historisch begründen, ist technisch aber natürlich Unfug
Quelle: Peter Besser
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Erstmals mit PSA-Plattform, erstmals elektrisch: Neben dem Opel Corsa-e bieten die Rüsselsheimer ihren Kleinwagen-Klassiker aber weiterhin als Verbrenner an
Quelle: Peter Besser
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Einsame Studien, umringte Serienfahrzeuge: Die Show gehört auf der IAA 2019 den Stromern. Allerdings nur solchen, die man tatsächlich kaufen kann
Quelle: Peter Besser
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Im lauten Gedenken: Der 819 PS starke Lamborghini Sian FKP37 trägt den Namenszusatz zu Ehren von Ferdinand Karl Piech. Der 1937 geborene ehemalige VW-Chef verstarb unlängst


 

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