Honda HR-V Sport (2019) im Alltagstest
Hondas SUV HR-V ist praktikabel und preiswert. Das kann man langweilig finden. Oder mit diesem Sport-Ableger prickelnder gestalten: Der HR-V Sport im Alltagstest.
Ein kreuzbraves SUV mit City-tauglichen Abmessungen wird zum Sport-Modell. Das macht objektiv wenig Sinn, hat im konkreten Fall aber viel Charme: Der Honda HR-V Sport bietet nicht große, sondern bezahlbare Dynamik – bei gleichzeitig toller Variabilität. Wir testen Hondas kleinstes SUV in seiner schnellsten und aufregendsten Form: als sportliches Top-Modell mit dem 182 PS starken 1,5-Liter-Turbo und präziser Handschaltung.
Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Das kleinste Honda-SUV bleibt in Sport-Konfiguration optisch relativ unauffällig: Von den herkömmlichen Varianten des 2018 gelifteten HR-V unterscheidet sich das Top-Modell durch schwarzes Chrom, geringfügig andere Schweller und den dunklen Waben-Grill. Davon abgesehen? Ein denkbar praktisches SUV zwischen zwei Welten: Mit 4,35 Metern lässt sich der HR-V als kleines Kompakt-SUV oder als sehr großes Mini-SUV einsortieren. Die technische Herkunft spräche für letzteres, das 2015 gelaunchte Modell basiert auf der Plattform des Jazz. Doch der Unterbau ermöglicht die ernsthafte Konkurrenz zu Kompakt-SUV. Der Kraftstofftank steckt unter den Vordersitzen, nicht wie üblich im Bereich der Hinterachse. Das ist die Grundlage für tolle Beinfreiheit im Fond und hinreichendes Fassungsvermögen für Gepäck und Transportgut.
Aus dem Datenblatt liest man das Lade-Talent nur bedingt heraus: Mit einem Gepäckraum-Volumen von 448 bis 1.043 Litern (470 bis 1.103 Liter beim regulären HR-V) fasst der HR-V Sport insgesamt weniger als Renault Kadjar, Nissan Qashqai, VW Tiguan und die meisten übrigen Vertreter des Kompakt-Segments. Warum der Transport mit dem HR-V in der Praxis trotzdem besser klappen kann als bei größeren Alternativen: Seine Rückbank ist variabler. Die „Magic Seats“ getaufte Konstruktion ermöglicht einen absolut ebenen Ladeboden. Der Sitz geht gewissermaßen in die Knie, ehe die Lehne nach vorne fällt. Alternativ kann man die Lehne in aufrechter Position belassen und die Sitzfläche nach oben klappen. Was aussieht wie ein unbesetzter Kino-Stuhl, ermöglicht einen Laderaum von 1.240 Metern Höhe direkt hinter den Vordersitzen. Der limitierende Faktor bei der Beladung bleiben die recht knappen hinteren Einstiege. Doch ein gängiges Fahrrad transportiert man so allemal angenehmer als mit umgelegten Lehnen.
Zugegeben, der Markt brachte und bringt viele variable Innenraum-Konzepte hervor. Das Besondere an diesem ist die Leichtigkeit seiner Bedienung. Die Modifikation klappt ohne Kraftanstrengung oder permanenter Zwick-Gefahr für Fingerkuppen. Dass Kleinzeug in einem Auto unter die hinteren Sitze rutschen kann, ist man indes nicht gewohnt. Dass im Alltag nicht jeder Nippes ordentlich verstaut wird, liegt an der knappen Zahl an Ablagemöglichkeiten: Der Raum unter der Schaltkulisse gehört schon den Handys. Der Platz unter der Mittelarmlehne ist knapp bemessen. Das offene Fach zwischen den vorderen Stühlen beherbergt tendenziell Trinkflaschen, denn in den Taschen der Türverkleidung finden große Gebinde schwerlich Platz.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Der hohen Hartplastik-Anteil stört im HR-V nicht. Denn das Cockpit gerät insgesamt haptisch angenehm und optisch gefällig. Weil Honda Wesentliches unterfütterte. Also praktisch alles, was als Ellenbogen-Ablage dienen kann – in erster und zweiter Sitzreihe. Das betrifft die roten Kunstleder-Polster an Mittelarmlehne und Tür. Außerdem ist alles zwischen Fensterkante und Armablage an der Türverkleidung unterschäumt und mit schwarzem Stoff überzogen. Die rot-schwarze Farbkombination ist in dieser Form dem Sport-Modell vorbehalten. Daneben gehören ein Dreispeichen-Lederlenkrad und Alu-Pedalerie mit Grip-Noppen zum Serienumfang. Eigene Sport-Sitze gibt es nicht. Die mit Stoff und Leder bezogenen Sitze sind im unteren Bereich ausreichend tailliert, bieten angenehme Stützung im Lendenbereich. Im oberen Teil wünscht man sich mehr Seitenhalt.
Eine angenehme Sitzposition findet man schnell – doch Plattform-bedingt gerät die Grundposition der Stühle denkbar hoch. Fond-Passagiere können zwischen zwei Lehnen-Stellungen wählen: Der standardmäßigen, zurückgelehnten Version und einer übertrieben aufrechten Position. Letztere bedingt weniger Kopffreiheit.
Antrieb, Motor, Getriebe, Fahrleistungen
Mit der Modellpflege von 2018 kam der HR-V Sport. Und damit das stärkere jemals in einem HR-V erhältliche Aggregat. Ein aufgeladener 1,5-Liter-Vierzylinder leistet 182 PS bei 5.500 Umdrehungen. Das maximale Drehmoment von 240 Newtonmetern liegt von 1.700 bis 5.500 Umdrehungen konstant an. Bravere Modelle werden von der 130 PS starken Sauger-Variante des 1,5 Liter-Benziners angetrieben. Der 120 PS starke 1,6-Liter-Diesel flog zur Halbzeit des Modell-Lebenszyklus aus dem Programm. Hybrid-Antrieb bietet Honda erst beim größeren Mittelklasse-SUV CR-V.
Beide Benziner des HR-V lassen sich wahlweise mit einer stufenlosen CVT-Automatik oder einem 6-Gang-Handschaltgetriebe kombinieren, die Kraft erreicht stets nur die Vorderachse. Unser Testwagen kommt in der manuellen Version. Und wir legen gerne über den kurzen, hoch gesetzten Schalthebel nach. Denn die Schaltwege sind angenehm knapp und denkbar klar definiert. Gut so - wer den HR-V Sport sportlich bewegen will, hat die rechte Hand oft am Knauf. Mehr als 4.000 Umdrehungen will das aus dem Honda Civic entnommene Aggregat dann sehen. In diesem Bereich reagiert der Motor mit variabler Ventilsteuerung spontaner auf Gasbefehle. Außerdem klingt dieser HR-V auf seinem Weg gen Drehzahlbegrenzer überraschend schön. Die Abgase entweichen durch den serienmäßigen Sportauspuff. Für die Sauger-Variante bietet Honda die Anlage nicht.
Unterhalb der (ungefähren) Grenze von 4.000 Touren ist das 1,5 V-Tec-Turbo genannte Triebwerk leiser. Und langweiliger. Denn der Weg aus dem Drehzahlkeller zieht sich. Umso mehr, als die Gasannahme stets mit leichter Verzögerung erfolgt. Dafür leuchtet die Tacho-Umrahmung bei moderater Kurbelwellen-Rotation grün auf – so signalisiert der HR-V ökonomischen Fahrstil. Außerdem gibt es eine Schaltanzeige unterhalb des Drehzahlmessers. Ein echter Spritsparer ist der HR-V Sport nicht. Die Herstellerangabe von 6,7 Litern (laut WLTP) Super-Benzin erreicht man am ehesten auf ebener Landstraße oder bei gemäßigtem Autobahn-Tempo. Bei gesteigertem Druck oder im innerstädtischen Verkehr zeigt der Bordcomputer häufiger Werte im Nahbereich von acht Litern auf 100 Kilometer.
Fahrwerk, Lenkung, Fahrverhalten
Nur dieser HR-V kommt mit Sportstoßdämpfern, für die übrigen Modelle der Reihe gibt es das schärfer ausgelegte Fahrwerk nicht einmal gegen Aufpreis. Honda wählte die Härte mit Bedacht: Natürlich schränkt die Konfiguration die Gleiter-Fähigkeiten des HR-V ein, doch Löcher und Kanten werden in vertretbarem Maß weitergereicht. Wellen und Fugen lassen den HR-V Sport nicht merkbar versetzen.
Beim Bremsen und Beschleunigen nickt das Auto weniger als viele andere Vertreter des Segments. In Kurven bleibt die Karosserie um die Längsachse relativ ruhig. Die Stabilität im Aufbau hängt wohl nicht nur am Dämpfer-Setup. Der HR-V Sport verfügt serienmäßig über Hondas Performance Damping Control – einer Art mechanischer Wankstabilisierung über zusätzliche Karosserie-Dämpfer.
Was dieses SUV bei aller fahraktiver Auslegung und dem geringen Gewicht von 1.340 Kilogramm nicht ist: Ein höher gelegter Kompaktsportler, ein echtes Tool zum Scheitelpunkte jagen auf der Landstraße. Denn dafür biegt der HR-V einfach nicht unvermittelt genug in die Ecken. Außerdem verraten Details, dass Honda den Sport im HR-V Sport nicht bierernst nahm. Die Lenkung ist etwas schwammig und bietet wenig Rückmeldung. Einen Fahrmodus-Schalter zur Justierung von Steuer und Gaspedal-Kennlinie gibt es nicht, nur eine Eco-Taste. Wer aus engen Kurven beschleunigt, vermisst außerdem ein (optionales) Sperrdifferenzial. Denn der plötzliche Drehmoment-Schub überfordert den kurveninneren der 18-Zoll-Michelins bisweilen. In Summe ist der HR-V Sport hinreichend spaßig, nicht unglaublich schnell.
Infotainment, Radio, Bedienung
Zugegeben, der Honda HR-V ist nicht neu, liegt bereits in der zweiten Hälfte seines Lebenszyklus. Doch die Klima-Anzeige im Stil eines Radio-Weckers und der schmucklose Bordcomputer wirkten wohl bereits beim Marktstart nicht besonders modern. Die Bedienung erfolgt zum Teil über ungünstig am Multifunktionslenkrad (serienmäßig beim Sport) positionierte Tasten, denn schräg unterhalb der Mittelspeichen hat man die Hände selten einfach so.
Die Einstiegsvariante des HR-V kommt mit fünf Zoll-Display an der Mittelkonsole, beim HR-V Sport verbaut Honda ab Werk die sieben Zoll große Variante mit Navigations-Funktion. Die Menüführung ist klar, die Kopplung mit dem Smartphone klappt schnell. Im Bereich der Handy-Ablage bietet der HR-V sämtliche erdenkliche Anschlüsse zwischen 12 Volt-Ausgang und HDMI-Port.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Die Sportvariante des HR-V kommt mit Notbremsassistent, Verkehrszeichenerkennung und den intelligenten Geschwindigkeitsregler. Der Tempomat trägt die schmeichelhafte Bezeichnung, weil er sich auf Wunsch mit der Verkehrszeichenerkennung zusammenschließt und das erkannte Tempolimit übernimmt. In der Praxis nutzt man die Funktion kaum. Weil das von der Stereo-Kamera identifizierte Speed-Limit selten korrekt ist. Berlin etwa erscheint dem HR-V als einzige 30er-Zone.
Der Spurhalte-Assistent arbeitet zuverlässig. Wer von etwaigen Warnungen genervt ist, kann ihn über eine Taste neben dem Lenkrad ruhend stellen. Unser Testwagen blendet bei entgegenkommendem Verkehr selbstständig ab. Beim Einparken kann man sich am gepiepste der Park-Sensoren oder den Aufnahmen der Rückfahrkamera orientieren. Sämtliche genannten Fahrassistenten sind beim HR-V Sport serienmäßig enthalten. Was es nicht einmal gegen Aufpreis gibt: Teil-autonome Tricks wie einen adaptiven Tempomaten oder einen Einpark-Assistent mit Lenkeingriff.
Ausstattung und Preis
Der getestete HR-V Sport startet bei 29.900 Euro, mit CVT-Automatik beginnen die Preise bei 31.290 Euro. Zu diesen Summen kommt der schnellste HR-V praktisch voll ausgestattet. Also mit sämtlichen genannten Assistenten, LED-Lichtern, 18-Zoll-Alufelgen und den sportlicheren Stoßdämpfern. Innen gibt es ab Werk die variable zweite Sitzreihe, den rot-schwarzen Stoff-Leder-Bezug und Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer. Außerdem verbaut Honda in jedem HR-V Sport das große Infotainment-System und eine Zwei-Zonen Klima. Der Preis lässt sich nur über die abnehmbare Anhängerkupplung (840 Euro) und die Wahl eines anderen Lackes als „Milano Red“ hochtreiben. Unser Testwagen in Metallic-Lackierung (560 Euro) kostet insgesamt 30.550 Euro.
Die Sport-Version ist an den 1,5-Liter-Turbo mit 182 PS gebunden. In den regulären HR-V-Ausstattungslinien gibt es das Top-Aggregat nicht. Die Varianten Comfort, Elegance und Executive kommen ohne den sportlichen Anspruch und ausschließlich mit dem 130 PS starken 1,5-Liter-Sauger. Antriebsseitig besteht lediglich die Wahl zwischen Handschaltung und Automatik. In der Basis-Linie beginnen die Preise für den Handschalter bei 21.590 Euro. Dann mit den „Magic-Seats“, herkömmlicher Klimaanlage und kleinem Infotainment-System (5-Zoll). Ab der mittleren Ausstattungslinie Elegance (ab 24.790 Euro) kommt der HR-V mit sämtlichen Fahrhilfen und den gängigen Comfort-Features. In der höchsten Linie Executive (ab 27.990 Euro) gibt es volle Hütte, inklusive des (nicht im HR-V Sport erhältlichen) Panorama-Glasdaches.
Die kompakten Konkurrenten starten in ähnlichen preislichen Sphären: Nissan bietet den Qashqai mit 140 PS-Benziner ab 21.790 Euro an. Allianzpartner Renault offeriert den auf derselben Plattform basierenden Kadjar mit identischem Triebwerk ab 23.090 Euro. Den absatzstarken VW Tiguan gibt es mit 130 PS-Benziner ab 30.025 Euro. Heißt: In Summe sind die meisten Kompakt-SUV in der Basis etwas teurer und geringfügig schlechter ausgestattet als der HR-V – aber eben auch ein wenig größer.
Den moderat-fahraktiven Zugang des getesteten HR-V Sport findet man im Segment selten: Die ernsthafteren SUV-Sportler des C-Segments – etwa von Mercedes-AMG oder BMW-M – spielen gemessen an Tarif und Technik mehrere Ligen weiter oben. Andere Modelle lassen sich problemlos in den Leistungsbereich des HR-V Sport konfigurieren, bleiben allerdings häufig der Komfort-Seite näher. Oder enteilen bei vergleichbarem optischem und fahrdynamischem Zugang beim Kaufpreis. Vom 190 PS starken Tiguan mit R-Line-Trimm (innen und außen) trennen den HR-V Sport etwa bereits mehr als 10.000 Euro.
Fazit
Honda parkt den HR-V Sport in einem weitgehend unbesetzten Feld: Das SUV bietet mitnichten großen Sport, dafür viel Spaß bei hoher Praktikabilität auf Innenstadt-tauglichen Abmessungen. Angesichts der fairen Preisgestaltung kann man über viele Schwächen hinwegsehen. Und doch bleibt der HR-V Sport ein Modell für die Nische. Wer im Alltag dieselbe Variabilität aber weniger Drama sucht, sollte auch den herkömmlichen HR-V testen.
Honda HR-V Sport (2019): Technische Daten
- Modell: Honda HR-V Sport 1,5 vtec Turbo
- Motor: 1,5 Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
- Leistung: 182 PS (134 kW) bei 5.500 U/min
- Drehmoment: 240 Nm bei 1.900-5.000 U/min
- Getriebe: Sechsgang-Schaltgetriebe (optional stufenloses CVT-Getriebe)
- 0-100 km/h: 7,8 s
- Höchstgeschwindigkeit: 215 km/h
- Normverbrauch: 4,6-4,7 l/100 km
- Testverbrauch: 6,7 l/100 km (nach WLTP)
- CO2: 151 g/km
- Länge: 4.346 mm
- Breite: 2.019 mm (inkl. Außenspiegel)
- Höhe: 1.6050 mm
- Radstand: 2.610 mm
- Leergewicht: ab 1.341 kg