Honda e 2020 im Test: Fahrbericht
Kann das gutgehen, ein elektrischer Kleinwagen mit weniger Reichweite und höherem Preis? Honda meint ja. Im Mai startet der Honda e. Bei uns im ersten Test.
Unerfahren ist Honda beim Elektroantrieb sicherlich nicht. Schon vor mehr als 20 Jahren bringen die Japaner den Hybrid Insight auf den Markt, einen leichtgewichtigen Öko-Kleinwagen im Stromlinien-Design. Bei batterieelektrischen Autos haben die Japaner allerdings bisher stets abgewinkt: Die Zeit sei längst noch nicht reif dafür. Stattdessen konzentrierte sich Honda lieber auf die noch deutlich experimentellere Brennstoffzelle.
Jetzt scheint für Honda die Zeit der Batterie gekommen zu sein. Durchaus auf politischen Druck hin, denn auf dem europäischen Kontinent müssen nun strenge CO2-Vorgaben erfüllt werden. Damit kommt kein Hersteller mehr um Elektroautos herum. Nur sie bringen die CO2-Flottenwerte nach unten – wenn sie denn gekauft werden und nicht nur schick im Showroom stehen.
Der Honda e zählt zweifellos zu den schickeren Stromern unter den Kleinwagen. Das Design beeindruckt, als Honda vor drei Jahren auf der IAA 2017 erstmals die Studie Urban EV Concept zeigt: clean, cool und kompakt. Ein Design, so gelungen wie bei einem Apple-Gerät. Manch einer hätte damals sofort einen Kaufvertrag unterschrieben.
Der alltagstaugliche Elektro-Kleinwagen von BMW.
Das ist neu am Honda e
Auf dem Weg zur Serie muss der Urban EV allerdings einige Federn lassen. Er bekommt vier Türen, leider kleinere Räder und wirkt damit nicht mehr ganz so knuffig und gut proportioniert wie die Studie. Geblieben aber sind seine runden Augen und das gewisse Etwas. Der Honda e strahlt damit mehr Emotionalität aus als viele andere Kleinwagen.
Im Innenraum beeindruckt der kleine Stromer aber noch mehr, sobald man hinter dem Lenkrad Platz nimmt. In dieser Fahrzeugklasse ein Display vorzufinden, das sich fast über die gesamte Breite des Armaturenbretts spannt, erwartet niemand. Genau genommen stecken drei Bildschirme hinter der riesigen Anzeige, von denen zwei über Touch bedient werden. Klar, es braucht eine Weile, bis man alle Menüs und Funktionen kapiert hat. Aber wer sich nach dem Kauf ein Stündchen damit auseinandersetzt, wird viel Freude an den vielen Features haben.
Ein zweites technisches und optisches Highlight bilden die zwei separaten Displays ganz außen. Sie zeigen, was draußen passiert. Als eines der ersten Autos auf dem Markt verfügt der Honda e über Kameras statt Außenspiegeln, und dies sogar serienmäßig. Auch das braucht Eingewöhnungszeit, funktioniert aber prima. Bei Regen verspricht die Technik sogar Vorteile, weil man nicht durch die nasse und bisweilen verschmutzte Seitenscheibe schaut. Auch der Innenspiegel liefert ein kamerabasiertes Bild, allerdings nur in der Top-Version. Wer den klassischen Blick bevorzugt, kann umschalten.
Synchron-Elektromotor im Honda-Elektroauto
Wie beim BMW i3 handelt es sich beim Honda e um ein Elektroauto, das von Grund auf als solches konzipiert wurde. Honda entschied sich für den Heckantrieb. Das bringt den großen Vorteil, dass die Vorderräder nicht Antrieb und Lenkung verkraften müssen. Ohne die Antriebswellen lassen sich die Räder viel weiter einschlagen und ermöglichen einen Wendekreis, der stets aufs Neue verblüfft. Die Handlichkeit des Honda e ist phänomenal, man dreht gefühlt auf dem Teller. Selbst engste City-Parkhäuser sind für ihn kein Problem.
Gebaut ist der kleine Japaner für die Stadt. 3,90 Meter misst er in der Länge. Zwischen den Achsen liegt eine Batterie mit einem Energieinhalt von 35,5 kWh. Das ist deutlich weniger, als beispielsweise Opel und Peugeot in Corsa und 208 (jeweils 50 kWh) packen. Doch Honda rechnet vor, dass mehr Batterie mehr Gewicht und mehr Geld kostet und dass die meisten Autofahrer ohnehin nur zwischen 40 und 60 Kilometer am Tag fahren. Die Reichweite von 210 Kilometern erachtet Honda daher als völlig ausreichend. Bleibt abzuwarten, ob der Kunde das genauso sieht.
Weniger Gewicht – der Honda e wiegt 1,5 Tonnen – erfordert weniger Motorleistung. Auf 100 kW (135 PS) legten die Ingenieure die Basis (sie ist ab Herbst verfügbar) aus, 113 kW (154 PS) leistet die Advance-Ausstattung. Das klingt ordentlich für einen Kleinwagen – und reicht auch locker, zumal der Elektromotor mit 315 Newtonmetern ein hohes Drehmoment generiert. Elektroauto-typisch aus dem Stand heraus. Der Honda e zieht kräftig und gleichzeitig geschmeidig los, sprintet in nur 4,8 Sekunden auf Tempo 60 und ist in weiteren 3,5 Sekunden auf 100 km/h. Zwei Modi stehen zur Auswahl: Normal und Sport. Bei Sport ist das Ansprechverhalten direkter.
Wohnlicher Innenraum
Wichtiger als die Zahlenwerte dürfte dem Fahrer der Wohlfühl-Faktor sein. Hier haben die Interieur-Designer gute Arbeit geleistet und den Wagen auf Gemütlichkeit getrimmt. Mit angenehmen Stoffen und viel Holz(-Imitat) am Armaturenbrett simuliert er etwas Wohnzimmer-Ambiente. Die Sitzposition hinter dem Lenkrad ist prima, das Volant lässt sich in Höhe und Tiefe verstellen. Hinten allerdings wird’s eng, selbst wenn der Honda e für vier Personen zugelassen ist. Die Fondgäste haben wenig Beinfreiheit, es sei denn, Fahrer und Beifahrer rücken ihr Gestühl weit nach vorne.
Peugeots Elektro-Version des 208 wird von einem 136 PS starken Synchronmotor mit Permanentmagnet angetrieben.
Auch beim Thema Gepäck gewinnt der Honda keinen Blumentopf. Nur 171 Liter sind es mit aufgestellter Rücksitzlehne, weniger als im Smart. Liegt diese flach, wächst das Volumen immerhin auf 861 Liter. Unpraktisch ist, dass man die Lehne nicht geteilt umklappen kann. Drei Personen mit größerem Gepäck passen also nicht hinein. Die Frage nach dem Warum beantwortet Honda mit: „Der Designer wollte den Lounge-Look beibehalten.“
Zumindest beim Lademanagement hatten die Ingenieure das Sagen. Das sieht leider nach falscher Sparsamkeit aus. Der Honda e verfügt für das Laden mit Wechselstrom nur über einen einphasigen On-Board-Charger. Er kann also selbst an einer 22-kW-Wallbox oder einer öffentlichen Ladesäule nur über eine Phase seinen Strom ziehen, in Deutschland maximal 4,6 kW. Damit braucht es acht bis neun Stunden, die Batterie zu füllen. Wird die normale Haushaltssteckdose angezapft, dauert es sogar doppelt so lange. Andere Hersteller bieten hier mehr. Peugeot e-208 und Mini Cooper SE beispielsweise verfügen serienmäßig über ein dreiphasiges Ladegerät.
Da nützt es wenig, dass der Honda an der Schnellladesäule bis zu 100 kW Gleichstrom verdaut, doppelt so viel wie Mini und Peugeot. Kleinwagen seines Formats sind jedoch hauptsächlich in der Stadt und nicht auf Langstrecke unterwegs. Und die Super-Charger stehen zumeist an den Autobahnen.
Preise des Honda e ab 33.650 Euro, Marktstart Mai 2020
Wer den Preis des Honda e hört, schluckt erst einmal. 31.850 Euro verlangen die Japaner für die Basisversion mit 100 kW Leistung. 3.000 Euro zusätzlich sind es für die Advance-Version, die nicht nur mehr Leistung, sondern auch diverse Komfort- und Sicherheitsextras wie Parking Pilot und Lenkradheizung serienmäßig an Bord hat. Viel Geld für einen Kleinwagen. Aber die Japaner sind optimistisch: Mehr als 45.000 Menschen in Europa haben bereits Kaufinteresse gezeigt, sagt Honda. Das dürfte in der Alten Welt zuvor kein Honda erreicht haben. Die ersten Fahrzeuge sollen im Mai eintreffen. Im laufenden Jahr will Honda in Deutschland noch rund 2.000 Einheiten verkaufen.
Technische Daten Honda e Advance
Modell | Honda e Advance |
---|---|
Motor | Elektro-Synchron |
Leistung | 154 PS (113 kW) |
Drehmoment | 315 Newtonmeter |
Getriebe | 1-Gang-Automatik |
Antrieb | hinten |
0-100 km/h | 8,3 s |
Geschwindigkeit | 145 km/h |
Stromverbrauch | 18 bis 20 kWh/100 km |
CO2-Ausstoß | 0 g/km |
Batterieinhalt | 35,5 kWh |
Elektrische Reichweite | 210 km (WLTP) |
Länge | 3.895 mm |
Breite | 1.750 mm |
Höhe | 1.512mm |
Radstand | 2.530 mm |
Leergewicht | 1.542 kg |
Kofferraumvolumen | 171 bis 861 Liter |
Preis | 36.850 € |
Marktstart | Mai 2020 |