Der Honda Civic ist ein Lichtblick, keine Leuchte
Der Honda Civic mag Stadt und Land, verbraucht nicht viel und sieht anders aus als die Konkurrenz. Was der Kompakte noch kann, erfährst Du im Alltagstest.
Was Kompaktwagen angeht, fährt der Honda Civic am oberen Ende. Länger als die meisten und mit reichlich Platz im Innenraum. In der Generation 10 hat er nochmal zugelegt, das Schrägheck wurde fast so lang wie Limousinen der Mittelklasse. Geschrumpft ist er dafür unter der Haube. Hier arbeitet erstmals ein Dreizylinder mit einem Liter Hubraum.
Was bleibt: Die ungewöhnliche Optik. Ob man sie mag oder nicht, in jedem Fall ist der Civic eine willkommene Abwechslung in der Golf-Klasse. Wir waren zwei Wochen mit dem Basisbenziner in der “Elegance“-Ausstattung unterwegs
Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Der Civic war schon in der 9. Generation nicht kurz. Jetzt wächst er um 13,5 Zentimeter auf 4,52 Meter, den Radstand verlängert Honda um 9,5 Zentimeter auf 2,70 Meter. Das schafft viel Platz innen. In den Kofferraum passen 478 Liter, bei umgelegter Rückbank werden es 1.267 Liter. Kurz hinter den Rücksitzen stört allerdings eine kleine Stufe im Boden.
Die kommt vom Benzintank, den Honda jetzt weit hinten vor der Hinterachse platziert. Bislang saß er unter den Vordersitzen und schränkte so die Kopffreiheit ein. Jetzt sitzen vorne auch großgewachsene Fahrer mit viel Luftüber dem Scheitel. Leider entfallen jedoch die “Magic Seats”, die den Vorgänger so praktisch machten. Im Civic 9 ließen sich die Sitzflächen der Rückbank nach oben klappen und schufen ganz viel topfebenen Raum.
Trotz des üppigen Kofferraums und dem luftigen Gefühl vorne: Die flache Silhouette und das abfallende Dach kosten ein bisschen Platz. Vor allem hinten sitzen Passagier mit realtiv wenig Kopffreiheit. Aber mit viel Platz für Knie und Beine. Schön auch, dass die Laderaumabdeckung im Civic seitlich angeschlagen ist, das spart Platz. Ein riesiges Fach in der Mittelkonsole bietet zusätzlichen Stauraum.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Fahrer und Beifahrer blicken im Civic auf ein verspielt wirkendes Cockpit. Das ist gewöhnungsbedürftig und nicht sehr harmonisch. Es gibt viele Material-Sprünge, ein einheitlicher Stil ist nicht erkennbar. Der digitale Tacho funktioniert, wirkt jedoch billig. Die Schalter am Lenkrad sind wenig durchdacht, das Radio lässt sich ausschließlich per Berührung bedienen. Die Schaltflächen für die Lautstärke verwechselt man leicht mit den Temperaturreglern der Klimaanlage.
Bei der Verarbeitung macht Honda nichts falsch, mehr Gleichmäßigkeit in den Werkstoffen wäre aber schön. Dazu eine bessere Haptik am Multifunktionslenkrad. Die Mittelkonsole ist besser ausgerüstet. Honda bringt hier angenehm klickende Schalter an, die keine Rätsel aufgeben.
Infotainment, Radio und Konnektivität im Honda Civic
In der Basis stattet Honda den Civic spartanisch aus, es gibt nicht mal ein Radio. Erst ab der zweiten Ausstattungslinie findet sich eines mit 5-Zoll-Display ins Auto. Der Testwagen in “Elegance“-Ausstattung bringt bereits ein Navi mit 7-Zoll-Display mit, dazu die Smartphone-Standards Apple Carplay und Android Auto, sowie das Internetradio “Aha”. Ein HDMI-Anschluss ist ebenfalls serienmäßig.
Die Navigation findet zuverlässig den Weg, die Verbindung mit Telefonen geht zügig, Musik von allen wichtigen Medien wird zuverlässig abgespielt. Die Grafiken sehen allerdings etwas kindisch aus, für die Lautstärke wünschen wir uns einen Drehregler. Den Warnhinweis, sich bei der Fahrt nicht vom Infotainment ablenken zu lassen, muss man jedesmal bestätigen, sonst landet man im Bildschirmschoner. Das nervt und lenkt ab.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Vieles, was der Sicherheit und dem Komfort dient, baut Honda serienmäßig in den Civic ein. Der Kollisionswarner mit Fußgängererkennung ist an Bord, ein Abstandstempomat, Spurassistent, Berganfahrhilfe, Verkehrszeichenerkennung, und automatisches Fernlicht. Das ist vorbildlich. Wer eine Parkhilfe will, braucht mindestens “Elegance”, den Toter-Winkel-Warner gibt es erst ab der Ausstattung “Executive”.
Leider arbeiten die Helfer nicht alle zuverlässig. So versagte unser Spurhalteassistent im Regen vollständig, der Tempomat wollte beim Überholen nicht selbstständig Gas geben. Außerdem braucht die Fernlichtautomatik zu lange, um das Fernlicht abzustellen, das blendete Autofahrer wiederholt.
Deutlich schlimmer allerdings: Das serienmäßige Halogen-Licht leuchtet die Straße miserabel aus, der Lichtkegel fällt nur knapp vors Auto. Scheinwerfer in LED-Technik gibt es leider nur in der Ausstattung Executive.
Antrieb, Motor, Getriebe
Der Civic kann mit drei verschiedenen Motoren geordert werden, zwei Benziner und ein Diesel sind im Angebot. Los geht es bei 120 PS mit dem 1,6-Liter-Diesel. Der kleinere Benziner leistet 126 PS und verfügt über 1,0 Liter Hubraum. Darüber rangiert ein 1,5-Liter-Turbo mit 182 PS. Wir fuhren den kleinen Dreizylinder. Mit dem lässt sich der Kompaktwagen angemessen zügig bewegen. Ein Sportwagen wird der Civic damit nicht, dazu fehlt ihm Kraft bei niedrigen Drehzahlen und die Freude an hohen Drehzahlen. Immerhin klingt der Motor kernig und nimmt spontan Gas an.
Stadt und Landstraße sind das Revier des Civic mit dem kleinen Motor. Er läuft leise und spart dabei. Auf unserer Pendelstrecke von der Stadt ins Umland genehmigt er sich auf 100 Kilometern im Schnitt 6,1 Liter. Im Stadtverkehr sind es auch schon mal 8, im dichten Berufsverkehr bis zu 9 Liter. Auf der Autobahn werden es selbst bei hohem Tempo nicht mehr.
Geschaltet wird im Civic mit dem 126-PS-Benziner serienmäßig mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe. Das wechselt die Gänge knackig, die Abstufung zwischen den ersten beiden Gängen passt jedoch nicht, hier versackt der Civic beim Hochschalten im Turboloch. Man gewöhnt sich jedoch daran. Wer regelmäßig mit dem Civic unterwegs ist, merkt es bald nicht mehr.
Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
Honda stimmt den Civic sportlich ab. Das Fahrwerk lässt ihn agil und direkt um die Kurven flitzen. Hohes Tempo auf winkligen Landstraßen passt gut zum Civic. Beim Herausbeschleunigen stützt er sich zuverlässig auf der Hinterachse ab. Das macht richtig Spaß.
So viel Agilität hätte man dem Civic mit dem kleinen Motor gar nicht zugetraut. Er erinnert an japanische Autos wie den Mazda MX-5 oder den Toyota GT86 - die eine komplett andere Zielgruppe ansprechen, aber beide zeigen, dass man für Fahrspaß nicht unbedingt viel Leistung braucht.
Ausstattung, Preise, Fazit
Der Civic macht längst nicht alles perfekt, aber gravierende Patzer erlaubt er sich nicht. Der verspielte Innenraum ist Geschmackssache, an die Bedienung gewöhnt man sich. Das unschöne Navi ist ebenfalls kein ernsthafter Hinderungsgrund für den Kauf. Wen all das nicht stört, der findet im Civic ein sportliches Auto mit einem tollen Fahrwerk, das dazu sparsam fährt und aus der Masse in der Kompaktklasse heraussticht.
Das serienmäßige Halogenlicht ist allerdings unwürdig. In der heutigen Zeit darf man in einem Auto mehr erwarten - nicht erst in der Kompaktklasse. Dass es keine besseren Scheinwerfer gegen Aufpreis gibt sondern nur mit einer höheren Ausstattung, nervt zusätzlich. Schließlich kostet der “1.0 Turbo Executive“ schon 28.990 Euro. Viel Geld für einen Kompaktwagen.
Immerhin mit ordentlicher Ausstattung. Schon bei “Elegance“ (ab 25.990 Euro) fehlte uns nur das bessere Licht zum Glück, zumal die meisten Assistenten schon in der Basis an Bord sind. “Executive“ ergänzt ein Aktivfahrwerk, das wir nicht brauchen, dazu gibt es automatisch abblendende Spiegel und einige weitere Extras. Von denen man auf die meisten verzichten kann.
Technische Daten Honda Civic 1.0 Vtec Turbo (06/2019)
- Antrieb: 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo
- Leistung: 126 PS (93 kW) bei 5.500 U/min
- Drehmoment: 200 Nm bei 2.250 U/min
- Getriebe: 6-Gang manuell
- 0-100 km/h: 10,9 s
- Höchstgeschwindigkeit: 203 km/h
- Verbrauch: 4,8 l/100 km (NEFZ)
- CO2-Ausstoß: 110 g/km
- Testverbrauch: 6,1 l/100 km
- Länge: 4.518 mm
- Breite: 1.799 mm
- Höhe: 1.434 mm
- Radstand: 2.697 mm
- Leergewicht: 1.275 kg
- Kofferraum: 478-1.267 l
- Basispreis Honda Civic (06/2019): ab 19.990 Euro
- Basispreis Honda Civic Elegance (06/2019): 25.990 Euro
- Preis Testwagen: ca. 27.000 Euro