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Ob die Prämie tatsächlich zur besseren Luftqualität beitragen konnte, ist bisher noch nicht nachgewiesen.
Quelle: Marcel Kusch (picture alliance/dpa)
Ob die Prämie tatsächlich zur besseren Luftqualität beitragen konnte, ist bisher noch nicht nachgewiesen

Zum Schutz der Gesundheit ihrer Bürger sind Städte und Kommunen zur Einhaltung von EU-weiten Schadstoff-Grenzwerten verpflichtet. Zu diesen Schadstoffen zählen auch die sogenannten Stickstoffoxide (NOx). NOx sind im Abgas von Verbrennungsmotoren enthalten. Der EU-weiten Schadstoff-Grenzwerte entsprechend darf die Konzentration des besonders bedenklichen Stickstoffdioxid (NO2) in der Luft im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (μg/m³) betragen. Zu unverzüglichen zusätzlichen Maßnahmen sind die Behörden verpflichtet, wenn in drei aufeinanderfolgenden Stunden, die gemessenen Werte über 400 μg/m³ liegen.

Was sind Stickstoffoxide?

Zu Stickstoffoxiden (NOx) zählen alle gasförmigen Verbindungen, die aus den Atomen Stickstoff (N) und Sauerstoff (O) bestehen. NOx entstehen vor allem bei Verbrennungsprozessen. In Städten ist der Straßenverkehr die größte Stickstoffoxid-Quelle. Der größte Anteil entsteht kommt von Pkw-Dieselmotoren, leichten und schweren Nutzfahrzeugen sowie Bussen mit Dieselantrieb.
Insbesondere Autos mit älteren Dieselmotoren tragen erheblich zur NOx-Belastung bei. Deshalb wurde in den vergangenen Jahren immer häufiger über überschrittene Grenzwerte diskutiert. Außerdem gab es immer mehr Klagen von Umweltverbänden. Beides zusammen führte zwangsläufig zur Umsetzung von Diesel-Fahrverboten in deutschen Städten. Immerhin waren beispielsweise 2016 Diesel-Pkw für über 70 Prozent der NO2-Emissionen durch den Straßenverkehr in belasteten Städten verantwortlich. Das grundsätzliche Recht der Städte und Kommunen zu solchen Maßnahmen wurde 2018 vom  Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

Fahrzeuge mit Dieselmotor der Schadstoffklassen Euro 5 und darunter stoßen  besonders viele Stickstoffoxide aus.
Quelle: Frank Rumpenhorst (picture alliance/dpa)
Laut Umweltbundesamt stoßen Fahrzeuge mit Dieselmotor der Schadstoffklassen Euro 5 und darunter besonders viele Stickstoffoxide aus

Wofür gibt es die Umweltprämie?

Unpopuläre Diesel-Fahrverbote in Großstädten wollten sowohl die Bundesregierung als auch die Autohersteller unbedingt vermeiden. Doch die Hersteller konnten sich auch nicht zu einer vom Gesetzgeber sowie Umwelt- und Verbraucherverbänden gewünschten Nachrüstung älterer Euro 4- und Euro 5-Diesel mit besserer Abgastechnik durchringen. Das lag vor allem an Kosten- und Gewährleistungsgründen.
Daher wurde kurzfristig von Herstellerseite ein neues Rabatt-Programm für besonders belastete Städte initiiert. Mit diesem Rabatt-Programm sollen die schmutzigen Diesel-Altfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5, Euro 4 und niedrigerer Schadstoffklassen gegen neue Fahrzeuge mit moderner Abgasreinigungstechnik ausgetauscht werden. Je nach Hersteller wurden diese Wechsel-Rabatte Umweltprämie, Umtauschprämie, Diesel-Deal oder Diesel-Eintauschbonus genannt. 
Zum Teil liefen die Angebote in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2019 aus, zum Teil wurden sie auf unbestimmte Zeit verlängert und auf das ganze Bundesgebiet ausgeweitet. Der Staat war und ist – im Gegensatz zum sogenannten Umweltbonus für E-Autos – an der Finanzierung dieser Angebote nicht beteiligt. Ob die Prämie tatsächlich zur besseren Luftqualität beitragen konnte, ist bisher noch nicht nachgewiesen.

Durch Fahrverbote für alte Diesel-Fahrzeuge sollen die EU-weiten Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden.
Quelle: Daniel Bockwoldt (picture alliance/dpa)
Durch Fahrverbote für alte Diesel-Fahrzeuge sollen die EU-weiten Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden

Wie wird die Umweltprämie berechnet?

Zur Berechnung der Prämie wird der offizielle Restwert eines Altfahrzeugs per DAT- oder Schwacke-Liste beim Händler ermittelt. Darauf kommt dann die individuelle Prämie des jeweiligen Auto-Herstellers, die den preislichen Abstand zum Kauf eines neuen Euro 6-Autos verkleinern soll. Die Prämie kommt allen Käufern zugute, die sich sowohl ein Neu-, als auch ein Gebraucht-Fahrzeug ab der Schadstoffklasse Euro 6 aufwärts zulegen möchten. Bei diesen ist Stickstoffoxid-Ausstoß geringer als 270 Milligramm pro Kilometer ist. In den meisten Fällen muss dabei auch nicht zwingend ein Auto mit Dieselmotor erworben werden. 
Beim Kauf eines Diesels ist zu beachten: Wirklich saubere Diesel nutzen die SCR-Technologie (Selektive katalytische Reduktion), bei der die Stickoxidemissionen (NOX) in einem Katalysator in elementaren Stickstoff (N2) und Wasser (H2O) umgewandelt werden. Dafür ist das Reduktionsmittel AdBlue notwendig, das in einem separaten Tank im Fahrzeug mitgeführt wird. Diese Motoren erfüllen die Schadstoffnorm Euro 6d-TEMP und die später gültige Euro 6d.

Welche Städte sind betroffen?

Im Herbst 2018 galten 14 Städte als sogenannte “Intensivstädte” und somit als besonders hoch belastet: München, Stuttgart, Köln, Hamburg, Düsseldorf, Reutlingen, Düren, Limburg an der Lahn, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Später kamen noch Frankfurt am Main und Berlin hinzu. Weitere Städte können folgen, wenn Umweltgruppen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit ihren Klagen Recht bekommen.

16 Städte sind 2018/2019 "Intensivstädte"

  • München
  • Stuttgart
  • Köln
  • Hamburg
  • Düsseldorf
  • Reutlingen
  • Düren
  • Limburg an der Lahn
  • Kiel
  • Heilbronn
  • Backnang
  • Darmstadt
  • Bochum
  • Ludwigsburg
  • Frankfurt am Main
  • Berlin

In Absprache mit der Bundesregierung sollten attraktive Wechsel-Rabatte die Autofahrer zum Kauf eines modernen Diesels verleiten und somit schnell zur Verbesserung der regionalen Luftqualität beitragen. Profitieren sollten ebenso Autofahrer der angrenzenden Landkreise und Pendler. Mittlerweile haben einige Hersteller die Aktion auch auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet, allerdings mit reduzierten Leistungen.

Wie hoch sind die Umweltprämien?

Nach Angaben des ADAC zahlt VW in den Intensivstädten zwischen 2.000 Euro und 10.000 Euro Prämie beim Kauf eines neuen VW. Käufer eines modernen gebrauchten VW bekommen bis zu 5.250 € für ihren alten Diesel. Mercedes zahlt die gleichen Beträge für Neuwagen. Erwirbt der Käufer einen Mercedes-Gebrauchtwagen mit moderner Abgastechnik, so beläuft sich die Prämie auf 3.000 bis 5.000 Euro.

Kann man auch Benziner eintauschen?

Die Umweltprämien gelten nur für alte Fahrzeuge mit Dieselmotor der Schadstoffklassen Euro 5 und darunter. Diese Fahrzeuge stoßen aus Sicht des Umweltbundesamts (UBA) besonders viele Stickstoffoxide aus. Für die Behörde sind aber auch Diesel-Neuwagen der Klassen 6a, 6b und 6c bedenklich, da sie auf der Straße – im Gegensatz  zum stationären Prüfstand – sechsmal mehr Stickstoffoxide ausstoßen als die gesetzlichen Grenzwerte erlauben. Das Umweltbundesamt rät daher, beim Kauf eines Diesels darauf zu achten, dass dieser die Schadstoffnorm Euro 6d-TEMP oder Euro 6d einhält und damit tatsächlich – mit einem Ausstoß von maximal 80 mg NOx/km – umweltfreundlicher unterwegs ist. Für Benziner gelten die verschiedenen Umweltprämien bislang nicht.

Lohnt sich die Umweltprämie für den Käufer?

Ist die Umweltprämie ein gutes Angebot? Nach Berechnungen des ADAC ist auch mit der Prämie die Lücke zwischen dem Erlös für den Altwagen und dem Kaufpreis für einen Neuwagen sehr groß. Insgesamt verursachte die hitzige Diskussion um Diesel-Fahrverbote und der damit einhergehende Wertverlust gebrauchter Diesel ohne die Möglichkeit der Nachrüstung einen erheblichen finanziellen Schaden aufseiten der Fahrzeug-Eigentümer.

Rechenbeispiel: Mercedes C-Klasse

Der ADAC hat am Beispiel einer Mercedes C-Klasse berechnet, ob sich die Umweltprämie für Käufer lohnen kann. Das Fahrzeug hat einen Kilometerstand von 80.000 km, ist ein Euro-5-Diesel und wurde erstmals im März 2012 zugelassen. Gibt es der Besitzer beim Händler in Zahlung, liegt der Händlereinkaufspreis laut DAT bei 10.900 Euro. Zusätzlich zahlt der Händler beim Kauf einer neuen C-Klasse 6.000 Prämie obendrauf – wir sind bei 16.900 Euro für den Käufer. Allerdings: Eine neue C-Klasse kostet mindestens 35.000 Euro. Der Käufer muss also 18.100 Euro zusätzlich zahlen.
Verwirrend sind neben den verschiedenen Bezeichnungen (Umweltprämie, Umtauschprämie etc.) auch die unterschiedlichen Konditionen der Hersteller beziehungsweise die Unterschiede zwischen den sogenannten Intensivstädten und anderen Standorten. Besonders ärgerlich für Diesel-Eigentümer der Schadstoffklasse 5 ist nach wie vor, dass sie zwar für saubere Diesel bezahlt, die Autohersteller aber keinen sauberen Diesel ausgeliefert haben. Die vielen anhängenden Klagen, insbesondere gegen den VW-Konzern, zeigen das deutlich. Kritiker halten Angebote wie die Umweltprämie insgesamt für einen Flop, da sie weder der Umwelt, noch den Dieselbesitzern nützt. Hier würden allein die Hersteller mit dem Verkauf von Neuwagen profitieren.

Gibt es auch Nachrüstsysteme für ältere Diesel?

Die von vielen erhofften Nachrüstsysteme für Euro-5-Diesel könnten zwar eine finanzielle Entlastung auf dem Weg zum sauberen Diesel-Pkw darstellen. Im Sommer 2019 waren die Systeme aber noch nicht serienreif.
In Tests bei warmen Temperaturen haben es die Systeme von kleineren Zulieferbetrieben zwar bereits geschafft, den Stickstoffoxid-Ausstoß unter den festgesetzten Grenzwert von 270 Milligramm pro Kilometer zu drücken. Bei kalten Temperaturen halten die Nachrüstsysteme allerdings die Grenzwerte noch nicht ein. Da sich die Hersteller 2019 nicht kooperationsbereit zeigen, werden sich die Entwicklung der Abgas-Nachrüstsysteme sowie deren Angebot zum Kauf noch weiter hinziehen.

Gefährdung durch Stickstoffoxide in der Außenluft

Stickstoffoxide (NOx) sind gasförmige Verbindungen aus Stickstoff (N) und Sauerstoff (O). In der öffentlichen Diskussion wird zumeist vor Stickstoffdioxid (NO2) gewarnt, da es in Bezug auf seine gesundheitlichen Auswirkungen von größerer Bedeutung ist.
Stickstoffdioxid (NO2) ist zum einen ein Reizgas und wirkt besonders an den unteren Atemwegen. Dort kommt es, je nach Stärke und Dauer der Belastung, zu Schäden an den Lungenzellen. Zum anderen ist Stickstoffdioxid (NO2) auch eine Vorläufersubstanz für die Bildung von Feinstaub und von bodennahem Ozon. Feinstaub gilt sogar als wesentlich gesundheitsschädlicher als Stickstoffdioxid. Er führt zu akuten und chronischen Gesundheitseffekten, zeigt Auswirkungen auf den Atemtrakt, das Herz-Kreislaufsystem, den Stoffwechsel bis hin zu einer erhöhten Sterblichkeit. Ozon ist ebenfalls ein gesundheitsgefährdendes Reizgas und schädigt die Lunge. Er führt in hohen Dosen zu einer vorübergehend verminderten Lungenfunktion bei Kindern und bei geschwächten Erwachsenen.

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