Gebrauchtwagen-Tipp: VW Golf R32 (2001 bis 2004)
Verzinkte Bleche, haltbare Technik: Der Golf IV gilt vielen VW-Fans als der beste Golf. Das Top-Modell R32 konnte es sogar mit Oberklasseautos aufnehmen.
Sechs Töpfe, mehr als drei Liter Hubraum: So ein voluminöses Aggregat muss man erst einmal in einem Kompaktwagen unterbringen. 2002 wagt es Volkswagen mit dem Golf R32 – und zeigt der Konkurrenz namens Astra, Focus oder Civic, wo der Hammer hängt.
Das R steht damals für Racing. Tatsächlich ist der R32 der bis dato schnellste Golf, den VW jemals gebaut hat. Aus den 3,2 Litern Hubraum schöpfen die Ingenieure 241 PS. Das beeindruckende Drehmoment von 320 Newtonmetern liegt bereits ab 2.800 Umdrehungen an. Noch mehr Superlative gefällig? Von null auf hundert sprintet der Golf R32 in sechseinhalb Sekunden, auf der Autobahn ist erst bei 247 km/h Schluss.
VW Golf 4 R32: Als „Über-Golf“ gegen S-Klasse und andere Dickschiffe
Da kommt 2002 kein GTI mit. Solche Werte erreichen Anfang der Nuller-Jahre sonst nur Sport- und Oberklassewagen wie Mercedes S-Klasse oder BMW 7er, in deren Windschatten sich der R32 auf der Autobahn anpirscht.
Die Bezeichnung “Über-Golf” trifft nach Überzeugung von VW-Kennern allgemein auf die vierte Baureihe des Wolfsburger Erfolgsmodells (1997 bis 2004) zu. Anfang der 1990er steht Volkswagen wirtschaftlich nicht sonderlich gut da, Qualitätsmängel machen dem Hersteller zu schaffen. Dann übernimmt Porsche-Enkel Ferdinand Piëch die Konzernleitung. Mit einer beispiellosen Qualitätsoffensive bei gleichzeitiger Kostensenkung reißt er das Ruder herum.
Der Golf IV setzt neue Maßstäbe
Der Golf IV ist dabei Piëchs Baby und Prestigeprojekt. Die Spaltmaße des Kernmodells soll der Chef damals persönlich abgenommen haben. Die B-Säule des neuen Golf wird verstärkt und teils von Hand gefertigt, um beim Seitenaufpralltest nicht schlechter als die damals neu eingeführte Mercedes A-Klasse dazustehen.
Auch die Motorenpalette ist beim vierten Golf mit diversen Saug-, Turbo- und V5/V6-Motoren groß wie nie. Der R32 kommt als Topmodell erst 2001 auf den Markt. Schon bei der Vorgängerbaureihe III hatte es mit dem VR6 einen Sechszylinder-Golf (2,8/2,9 Liter Hubraum, 174/190 PS) gegeben. Doch der R32 bricht mit gesteigerter Leistung und Motorgröße sowie bei der Ausstattung alle Rekorde der Baureihe. So ist der Allradantrieb 4Motion Serie, auf Wunsch mit dem wegweisenden Doppelkupplungsgetriebe DSG. Dazu kommen Features wie Xenonscheinwerfer, Klimaautomatik oder Navigationssystem. Grundpreis: knapp 32.000 Euro.
Gute R32 genießen Klassikerstatus
Heute sind gut erhaltene R32 mit ihrem rotzigen, bollernden Sound bereits gesuchte Liebhaberstücke. So wie ein Exemplar in Silbermetallic, das ein Privatanbieter aus dem sächsischen Vogtlandkreis bei mobile.de für 18.900 Euro anbietet. Für einen gut 15 Jahre alten VW Golf ist das ein stolzer Preis. Allerdings ist ein R32 kein normaler Golf und der Kandidat aus Sachsen hat keine 150.000 Kilometer auf der Uhr.
Von seinem Besitzer wurde er nur in der schönen Jahreszeit bewegt: „Für mich ein reines Sommerfahrzeug – kein Winterbetrieb“, wirbt er im Inserat. Weitere Pluspunkte des Angebots: Der Golf R32 aus dem Vogtland ist scheckheftgepflegt, verfügt über eine nachvollziehbare Historie und er befindet sich weitgehend im Originalzustand.
Bei mobile.de finden sich günstigere R32-Angebote, mitunter für weniger als 10.000 Euro. Doch dann muss man in der Regel mit hohen Laufleistungen jenseits der 200.000 Kilometer leben. Und Vorsicht beim Tuning: Viele schwächer motorisierte Golf IV wurden nachträglich zu Rennern umgebaut – mit PS-starken Austauschaggregaten, gerne in Verbindung mit Turboladern.
Andere erhielten ein optisches „Facelift“ in Anlehnung an das Topmodell, also mit großzügiger Verspoilerung, Sportfahrwerk und Aufwertungsmaßnahmen im Innenraum. Doch wo R32 draufsteht, muss nicht immer R32 drinstecken. Kaufinteressenten sollten daher großen Wert darauf legen, dass der Vorbesitzer eine nachvollziehbare Historie vorlegen kann. Reparaturbelege können ebenfalls Gold wert sein.
Denn Wartungsstau geht ins Geld. Als große Schwachstelle beim R32 gilt die Steuerkette, die sich im Alter längen und im schlimmsten Fall reißen kann. Symptomatisch ist ein Rasseln bei laufendem Motor, wobei die Intensität den Unterschied macht: Leise Geräusche können unauffällig sein. Bei lautem Klappern sollte man die Fahrzeugbesichtigung lieber abbrechen. Denn ein Austausch der Steuerkette ist beim R32 teuer: Motor und Getriebe müssen raus, die Kosten können je nach Werkstatt mehrere Tausend Euro betragen.
Durstiger Motor, dafür wenig Rostprobleme
Auch die Unterhaltskosten sollte man beim R32 nicht unterschätzen. Die Typen-Haftpflicht ist hoch, dazu kommen für einen Kompaktwagen saftige Verbrauchswerte. Der 3,2-Liter-VR6 gilt als Säufer, der schwere Allradantrieb treibt den Wert noch höher. Zwölf Liter Super, am besten Super Plus, sind Standard. Bei sportlicher Fahrweise genehmigt sich der süffelnde Sechsender viel mehr.
Zu seinen Stärken gehört die gute Rostvorsorge, die alle Golf-IV-Modelle auszeichnet. Nach erheblichen Korrosionsproblemen beim Vorgängermodell Golf III wurden die Bleche beim Golf IV ab Werk voll verzinkt. Volkswagen gab den Kunden 12 Jahre Garantie gegen Durchrostung.
Das Problem mit defekten Fensterhebern und Türschlössern hingegen bekam man beim Golf IV nie so richtig in den Griff. Rost an den vorderen Kotflügeln und anderen Anbauteilen kommt trotz Verzinkung vor. Aber die Korrosionsprobleme sind nicht vergleichbar mit Modellen anderer Hersteller aus den Neunzigerjahren. Mercedes-Fahrer der E-Klasse-Baureihe W210 können davon ein Lied singen.
Schrauber mögen den Golf IV
Darüber hinaus gilt der Vierer-Golf als reparaturfreundlich, auch wenn dies beim R32 wegen der aufwendigen Motorbauweise mit Einschränkung gilt. Die komplizierte Elektronik ist noch relativ überschaubar verbaut. Ab der Baureihe fünf änderte sich dies beim Golf grundlegend. Defekte etwa in der Motorsteuerung können den Hobbyschrauber dann schnell überfordern.
Die Ersatzteillage ist für einen Youngtimer sehr gut. Nicht nur Verschleißteile, sondern auch Karosserie- und Interieurkomponenten sind für den Golf IV meist problemlos und relativ günstig zu bekommen. Spezielle Teile für den R32 bietet VW Classic Parts an.
Und nicht zuletzt ist seine Verarbeitungsqualität hervorragend. Vor 20 Jahren setzte der Golf IV in der Kompaktklasse Maßstäbe. Das Armaturenbrett etwa war aufgeschäumt und nicht aus Hart-Kunststoff wie bei der Konkurrenz. Sitze und Innenausstattung finden viele Golf-Fans beim IV gelungener als beim Nachfolger Golf V.
Unterm Strich hat man im Golf IV bis heute nicht das Gefühl, in einem alten Auto zu sitzen – erst recht nicht, wenn es ein strammer R32 ist. 15 Jahre nach Produktionsende gilt der „Über-Golf“ bereits als Klassiker.
Technische Daten VW Golf R32 (2001-2004)
Modell | VW Golf R32 |
---|---|
Motor | Sechszylinder-VR-Benziner |
Hubraum | 3.189 cm³ |
Leistung | 241 PS (177 kW) |
Drehmoment | 320 Nm bei 2.800-3.200 U/min |
Getriebe | Sechsgang-Schaltgetriebe oder Sechsstufen-DSG |
0-100 km/h | 6,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 247 km/h |
Verbrauch | ca. 13 l/100 km |
Leergewicht | 1.477 kg |
Länge | 4.149 mm |
Breite | 1.735 mm |
Höhe | 1.439 mm |
Radstand | 2.517 mm |