Ford Scorpio (1985-1998): Typische Mängel, Motoren, Preise
Viel Komfort, massig Platz: Der Ford Scorpio ist eine Limousine alter Schule. Bis heute begeistert der letzte große Hecktriebler aus Köln als Reisewagen.
SUVs boomen, doch es gibt noch Fans der aussterbenden klassischen Limousine. Wer ein wenig Artenschutz betreiben möchte und einen unterbewerteten Oldtimer schätzt, sollte einen Blick auf den Ford Scorpio werfen. Mit Heckantrieb und viel Platz für die Passagiere ist der kantige Kölner so etwas wie der letzte Straßenkreuzer, der am Rhein vom Band lief. Das Interessante: Obwohl der Ford Scorpio diese Ausnahmestellung im Ford-Programm innehat, befinden sich die Gebrauchtwagenkurse am Tiefpunkt. Viel günstiger kommt man nicht an einen Klassiker in spe.
Der Scorpio löst den großen Granada ab
Ein Blick zurück in die 1980er-Jahre. Damals gibt es noch keine SUVs und Geländewagen sind etwas für Förster oder Landwirte. Wer einen komfortablen Reisewagen mit viel Platz haben möchte, fährt eine Limousine der oberen Mittelklasse. Bei Ford ist dies lange der Granada. 1985 ist die Zeit jedoch reif für einen Modellwechsel. Der Nachfolger Scorpio kommt auf den Markt – und verdutzt die Ford-Stammkundschaft.
1985 löst der Ford Scorpio den Granada ab. 1998 läuft das letzte Modell vom Band.
Die war vom Granada vier Türen und Stufenheck gewöhnt, eine klassische Limousine eben. Der Scorpio ist dagegen anfangs nur als Fließheck erhältlich. Kombi und Stufenheck erweitern erst später die Modellpalette. Dafür kann sich der kantige Hecktriebler damals rühmen, der erste Großserien-Pkw in Europa mit serienmäßigem Antiblockiersystem (ABS) zu sein. Bis dato bieten verschiedene Hersteller ABS nur als Extra an, das satte Aufpreise kostet. Ford wollte damit den Image-Nachteil kompensieren, den die veraltete Hinterradantriebs-Plattform mit sich brachte.
Raumangebot auf S-Klasse-Niveau
Wie schon beim Granada ist es vor allem das überdurchschnittliche Platzangebot, von dem Scorpio-Liebhaber schwärmen. Auch im Fond können groß gewachsene Mitfahrer bequem ihre Beine ausstrecken, ohne an den Vordersitzen anzustoßen. Auf dem sesselartigen vorderen Gestühl lassen sich auch längere Reisen bequem aushalten. So viel Raum bietet sonst nur eine Mercedes S-Klasse.
Sechszylinder-Power aus dem Hause Cosworth
Das ideale Reiseauto also, erst recht, wenn unter der Haube ein potenter Sechszylinder steckt. So wie bei dem Ford Scorpio 24V, den ein Privatbesitzer aus Uetsersen in Schleswig-Holstein auf mobile.de anbietet. „BOA“, lautet der Codename des 2,9i-Cosworth-Motors, den Ford ab 1991 im Scorpio 24V einbaut. Kenner wissen: Cosworth, so heißt die legendäre Motorenschmiede aus England. Für den 24V stellt sie ein kraftvolles Vierventil-DOHC-Aggregat mit strammen 195 PS und 275 Newtonmetern Drehmoment auf die Beine.
Der metallic-rote Scorpio 24 V aus Uetersen wurde im Januar 1993 erstmals zugelassen, ist ein Stufenheck-Modell und laut Anzeige erst 136.000 Kilometer gelaufen. Bordcomputer, Schiebedach, beheizbare Frontscheibe und edle Veloursitze – die Ausstattung kann sich sehen lassen, auch wenn es „nur“ ein GLX und kein Ghia ist. Vor allem die fehlende Klimaanlage werden manche vermissen.
Der Kaufpreis von 3.480 Euro erscheint somit als fair. Auch weil der Wagen optisch und technisch einen gepflegten Eindruck macht. „Motor und Getriebe sind in einem Top-Zustand“, verspricht der Verkäufer. Rost oder Reparaturstau seien nicht vorhanden. Weiterer Pluspunkt: Das Auto ist laut Anzeige komplett original, wurde also nicht nachträglich getunt oder verbastelt. Somit dürfte dem H-Kennzeichen in drei Jahren und einer Senkung der Kfz-Steuer auf jährlich 191 Euro nichts im Wege stehen.
Vierzylinder sind sehr robust und genügsam
Generell günstiger im Unterhalt sind die Vierzylinder-Aggregate. Sie gelten als sehr robust. Einen besonders guten Ruf genießen die ab 1989 angebotenen DOHC-Vierzylinder. Bei ihnen wird die Nockenwelle über eine Steuerkette angetrieben, der lästige Zahnriemenwechsel entfällt. Insbesondere der 2,0-Liter ist bei vernünftiger Pflege für 300.000 Kilometer und mehr gut, die 120 PS Leistung reichen für normales Vorankommen aus.
Auch die V6-Motoren sind Langläufer. Lediglich die Cosworth-Maschinen gelten als empfindlich: Bei rasselnder Steuerkette sollte man vom Kauf lieber Abstand nehmen. Rost kann beim Ford Scorpio Ärger machen. Schweller, Radläufe, Türunterkanten, Heckklappe – die braune Pest nistet sich gerne an manchem Bauteil ein. Weil eine aufwendige Restaurierung in der Regel den Zeitwert der Fahrzeuge übersteigt, wählt man lieber direkt beim Kauf einen Wagen in besserem Zustand. Die Preise für den Ford Scorpio sind im Keller, selbst top gepflegte Exemplare kosten selten mehr als 10.000 Euro. Von Resterampen für ein paar Hundert Euro sollte man indes lieber die Finger lassen.
Ghia-Ausstattung punktet mit Komfort, kann aber anfällig sein
Am ansonsten recht rüstigen Scorpio können im Alter auch Elektronikprobleme zum echten Nerv-Faktor werden. Ghia-Modelle protzen zwar mit ihrer komfortablen Ausstattung, doch mit den Jahren fallen die Helfer gerne mal aus. So ist die Klimaanlage häufig defekt, eine Generalüberholung von Kompressor und Kondensator kann rund 1.000 Euro kosten. Teuer wird es auch, wenn die Stoßdämpfer hinten Niveauregulierung haben und ausgetauscht werden müssen (ca. 600 Euro). Den Ausfall bemerkt man in der Regel daran, dass der Boden in der Garage oder auf dem Parkplatz plötzlich voller Öl ist.
Klassischer Mittelklassewagen für die Langstrecke.
Facelift-Modelle sind Geschmackssache
Dann wäre da noch die Sache mit dem Design. Meistens gehen Hersteller bei Facelifts relativ behutsam vor, um die Kunden nicht zu vergraulen und alte Modelle nicht zu entwerten. Bei der großen Modellpflege des Scorpio schoss Ford 1995 weit über das Ziel hinaus: Die Glubschaugen und das rundliche Heck mit dem Leuchtenband beim Mk2 kommen nicht gut an. Drei Jahre später endet die Produktion, nach 850.000 Exemplaren. Das ist gar nicht so wenig für ein Auto der oberen Mittelklasse, wenngleich sich Ford Consul und Granada doppelt so gut verkauften.
Viele Scorpio fallen in den Folgejahren der Abwrackprämie zum Opfer, denn der Wiederverkaufswert ist wegen des eher schlechten Images nie besonders hoch. Das hat heute seine Vorteile: Die Preise für den Youngtimer an der Schwelle zum Oldtimer sind weiter auf niedrigem Niveau.
Fazit: Wer mit dem Image und dem Design leben kann – egal, ob bei Mk1 oder Mk2 – bekommt mit dem Ford Scorpio einen wunderbar komfortablen Gleiter und Cruiser. Ein verbliebenes Exemplar zu hegen und zu pflegen, lohnt sich allemal. Denn mit dem Scorpio ging 1998 die letzte klassische Ford-Limousine mit Heckantrieb von Bord.
Technische Daten Ford Scorpio 2,9l 24 V
Modell | Ford Scorpio 2,9l 24 V |
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Motor: | Sechszylinder-Benziner |
Hubraum: | 2.933 cm³ |
Leistung: | 195 PS (143 kW) |
Drehmoment: | 400 Nm bei 3.500 U/min |
Getriebe: | Fünfgang-Schalter/Viergang-Automatik |
0-100 km/h: | 8,8 s |
Höchstgeschwindigkeit: | 225 km/h |
Verbrauch: | ca. 11 l/100 km |
Leergewicht: | 1.425 kg |
Länge: | 4.669 mm |
Breite: | 1.766 mm |
Höhe: | 1.450 mm |
Radstand: | 2.761 mm |