Ford Mustang Mach-E (2021) im Test: Preise, Reichweite, Akku
Ist das noch mutig oder schon leichtsinnig? Ford baut ein Elektro-SUV und nennt es Mustang Mach-E. Ob der Name passt, klärt unser Vergleich zwischen V8 und 400 Volt.
- Der Ford Mustang Mach-E in Kürze
- Mustang Mach-E: Nicht als Mustang geplant
- Der erste Ford Mustang mit Allrad
- Testfahrt im Ford Mustang Mach-E (2021): Straffe Abstimmung
- Viel Platz im Innenraum des Ford Mustang Mach-E
- Verbrauch und Reichweite von Mustang und Mustang Mach-E
- Fazit: Ein bisschen Mustang steckt drin
- Ford Mustang und Mustang Mach-E: Technische Daten
Ford baut ein Elektro-SUV. An sich keine große Sache, denn neben Autos wie Teslas Model Y, dem VW ID.4, Mercedes EQA, BMW iX3 und Audi e-tron Sportback ist er nur einer von vielen. Aber Ford erhöht den Einsatz: Das Auto bekommt den emotionalsten Namen, den die Marke zu bieten hat. Es heißt Ford Mustang Mach-E.
Was einen Mustang ausmacht, weiß jeder, der einen Fernseher besitzt. Seit 1964 taucht der günstige Sportwagen in mehr als 500 Filmen und Serien auf. Ford verkauft mehr als zehn Millionen Exemplare. Jedes neue Modell knüpft auf zeitgemäße Art an die Tradition des ersten an. Warum jetzt ausgerechnet ein SUV seinen Namen trägt, was das Elektroauto mit dem Original gemeinsam hat und wie der Mustang Mach-E fährt, klärt unser Vergleichstest zwischen Ford Mustang und Ford Mustang Mach-E.
Der Ford Mustang Mach-E in Kürze
- Vollelektrisches SUV mit fünf Sitzplätzen
- Linienführung und Name des Mustang Fastback
- 269 bis 487 PS, Heckantrieb oder Allrad
- Reichweite Ford Mustang Mach-E: 440 bis 610 Kilometer
- Basispreis: 46.900 Euro
Mustang Mach-E: Nicht als Mustang geplant
Als das Projekt Elektro-SUV bei Ford startet, spielt der Mustang noch keine Rolle. Das Auto soll lediglich, wie bei allen anderen Herstellern auch, den CO2-Flottenverbrauch senken. Mitte 2017 begutachten der damalige Ford-Chef Jim Hackett und sein neuer Strategie-Chef Jim Farley erste Entwürfe des Modells. Sie finden, das Auto sei zu langweilig. Die „Detroit Free Press“ zitiert Farley mit den Worten: „Houston, wir haben ein Problem. Das Fahrzeug sah aus wie ein Wissenschaftsprojekt.“
Farley regt ein Neudesign mit dem Mustang als Vorbild an. Emotionen verkaufen Autos und der Mustang ist diesbezüglich Fords stärkstes Modell. Die größte Hürde: Ford-Vorsitzender Bill Ford, Urenkel des Firmengründers Henry Ford und bekennender Mustang-Fan. Er möchte die Marke Mustang nicht verwässern und lehnt den Gedanken an ein SUV ab. Das Team aus Designern und Technikern entwirft dennoch einige Vorschläge mit mehr oder weniger Referenz an das Sportcoupé. Anfang 2019 gelingt es einer Form, Bill Ford zu begeistern.
Er genehmigt den Namen Mustang für das SUV, versehen mit dem Zusatz „Mach-E“. Kleiner Geschichtsexkurs: Seit 1969 heißt eine Performance-Ausstattung des Mustang „Mach 1“ (deutsch: Schallgeschwindigkeit). Darauf bezieht sich der Beiname des Elektroautos.
Das fertige Auto ähnelt dem traditionellen Mustang in vielen Punkten. Silhouette samt Bürzel, breite Hüften, böser Blick, dreigestreifte Rückleuchten und die Aufteilung des Armaturenbretts zitieren sein Vorbild. Seine Türöffner innen orientieren sich am Ur-Modell. Vier vollwertige Sitzplätze (und einen fast vollwertigen), ein hohes Dach und einen vollelektrischen Antrieb bekommt nur der Mach-E.
Wobei: So richtig hoch wirkt er nicht. Der Mach-E überragt den Mustang zwar um gut 20 Zentimeter, macht aber für sich genommen den Eindruck eines flacheren Autos. Während unseres Fotoshootings kommen wir mit dem Fahrer eines VW Tiguan ins Gespräch. Er zeigt sich interessiert und fragt schließlich, ob es auch eine SUV-Variante des Mustang Mach-E gibt. Für eine echte Blechburg sieht er offenbar zu drahtig aus.
Der Ford Mustang Mach-E kommt 2021 mit bis zu 610 km Reichweite auf den Markt.
Der erste Ford Mustang mit Allrad
Optisch können der Mustang und sein dicker Cousin ihre Verwandtschaft kaum verstecken. Ihre Technik könnte hingegen kaum unterschiedlicher sein. Bestandsaufnahme am klassischen Mustang (Sondermodell Bullitt): V8-Benziner vorn längs, dahinter ein Schaltgetriebe mit sechs Gängen. 460 herrlich bollernde PS treiben ausschließlich die Hinterachse an. Und der Mach-E (Modell AWD)? Ganz anders: ein Elektromotor vorn, ein zweiter hinten, gemeinsam 258 kW (346 PS) stark. Dazwischen platziert Ford ein Akkupaket mit 88 kWh Netto-Kapazität. Heckantrieb ist verfügbar, versteht sich aber als Basismodell. Sound kommt nur aus den Lautsprechern.
Spätestens hier protestieren die Fans. Was ist denn bitte ein Mustang ohne V8-Gebrabbel? Oder, seit dem Jahr 2014 ebenfalls legitim, mit vier Zylindern und Turbopfeifen? Klangtechnisch stark unterlegen, so viel steht fest. Antriebsvibrationen fehlen komplett, Anzug jedoch nicht. Der schwächere und schwerere Mustang Mach-E sprintet mit Allradantrieb in 5,1 Sekunden auf Tempo 100. Wer die gleiche Zeit mit einem V8-Handschalter mit Heckantrieb schafft, beherrscht sein Auto perfekt – die Werksangabe von 4,6 Sekunden formuliert Ford sehr optimistisch.
Typisch Elektroauto: Ab der ersten Kurbelwellenumdrehung prescht der Mach-E mit vollem Drehmoment (580 Newtonmeter) vorwärts. Der spontane Kopf-gegen-Kopfstütze-Effekt überrascht nur noch wenige, beeindruckt aber trotzdem. Erst im dreistelligen Tempobereich zieht der Verbrenner dem Elektroauto deutlich davon.
Dem Mach-E geht aus Effizienzgründen bei abgelesenen 187 km/h die Puste aus. Der Verbrenner schafft dieses Tempo im dritten (von sechs) Gängen und hält durch bis (angezeigte) 274 km/h. Ford begrenzt die Höchstgeschwindigkeit bei beiden Autos. Vorteil: klassischer Mustang, aber zumindest bis Tempo 100 mit weniger Vorsprung als erwartet. Und die Lücke wird kleiner: Die schärfste Version des Mustang Mach-E, der Mach-E GT, startet erst Ende 2021.
Modell | Leistung kW (PS) | Drehmoment Nm | Antrieb | Verbrauch kWh/100 km | 0-100 km/h sec. | Höchstgeschwindigkeit km/h | Leer-gewicht kg | Akku kWh | Reichweite km | Preis EUR |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Standard Range | 198 (269) | 430 | Heck | 17,2 | 6,1 | 180 | 1.993 | 75,7 | 440 | 46.900 |
Extended Range | 216 (290) | 430 | Heck | 16,5 | 6,2 | 180 | 2.111 | 98,7 | 610 | 54.475 |
Dual Standard Range | 198 (269) | 580 | Allrad | 19,5 | 5,6 | 180 | 2.086 | 75,7 | 400 | 54.000 |
Dual Extended Range | 258 (346) | 580 | Allrad | 18,7 | 5,1 | 180 | 2.218 | 98,7 | 540 | 62.900 |
Mach-E GT (ab Ende 2021) | 358 (487) | 860 | Allrad | n. n. | 3,7 | 200 | n. n. | 98,7 | n. n. | n. n. |
Testfahrt im Ford Mustang Mach-E (2021): Straffe Abstimmung
Ford ordnet den klassischen Mustang seit 1964 als Sportwagen ein. Besitzer der aktuellen Generation wissen: Gran Turismo trifft es besser. Er zirkelt zwar viel präziser als in seiner Starrachsen-Zeit (bis 2014), erreicht aber nicht die Skalpell-Schärfe eines BMW M4 (doppelt so teuer) oder eines Porsche 911 (zweieinhalb Mal so teuer). Chassis und Achslagerung lassen viel Spiel zu. Zubehörteile wie die Domstrebe im Fotoauto helfen. Seit dem Facelift (2018) kämpft der Motor mit Hitzeproblemen auf der Rennstrecke. Das Steuergerät schaltet in einen Schutzmodus und drosselt die Leistung.
Trotz seiner Schwächen und eines Leergewichts von 1,8 Tonnen bewegt sich der Mustang längst nicht träge. Er lenkt gut ein, bremst ausdauernd und hält die Karosseriebewegungen in einem sportlichen Rahmen. Das Elektroauto kann da nur schwer mithalten, obwohl es zackig fährt und viel Gefühl ins Lenkrad übermittelt. 400 zusätzliche Kilogramm lasten auf den Achsen, seine Karosserie baut höher, die Reifen sind schmaler.
Ford stimmt den Mustang Mach-E straff ab. Er kippelt über Querfugen und bindet die Karosserie eng an den Asphalt, fängt aber Straßenschäden gut ein. Auf Dauer fühlt er sich nicht ganz so gemütlich an wie der Mustang im sanften Fahrprofil. Unbequem wird er nicht, aber er betont seinen sportlichen Anspruch. Ein Gasstoß – Pardon, Stromstoß – im rechten Moment vermittelt sogar eine hecklastige Leistungsverteilung. Für sein Segment fährt er dynamisch. Seinem flachen Namensgeber fährt er dennoch hinterher.
Mit dem 2,3-Liter-Vierzylinder erreicht der Ford Mustang die Tempo-100-Marke in unter sechs Sekunden. 317 PS leistet das Aggregat.
Viel Platz im Innenraum des Ford Mustang Mach-E
Das SUV setzt sich nur in den unsportlichen Disziplinen ab, vor allem beim Platzangebot. Was im normalen Mustang nicht geht: Auf der Elektroauto-Rückbank sitzen Erwachsene bequem mit viel Raum an den Knien. Trotz der flachen Dachlinie und des Akkupakets im Unterboden bleibt sogar eine Handbreit Luft über den Haaren. Ebenfalls nicht selbstverständlich: Die Füße passen unter die Vordersitze, wenn sie auf die tiefste Position eingestellt sind.
Vorn sitzt es sich großzügig im SUV, aber nicht so intim und umschlungen wie im Coupé. Ford spickt bei Tesla und baut einen großen Touchscreen hochkant an die Mittelkonsole. Im Mach-E debütiert das neue Infotainmentsystem Sync 4 mit angenehm unkomplizierter Gestaltung und tadelloser Funktionalität. Smartphones verbinden sich kabellos per Android Auto oder Apple CarPlay. All das funktioniert besser als die spürbar ältere Version desselben Infotainmentsystems (Sync 3) im Mustang. Nur die vollständige Abwesenheit von Knöpfen auf der Konsole stört uns auf Dauer.
Im Kofferraum sieht es zunächst nach einem Unentschieden aus. Der Mustang (408 Liter Volumen) überbietet den Mustang Mach-E knapp (402 Liter Volumen). Mit umgelegten Lehnen und geschickter Sortierung lädt das Coupé sogar einen Satz der eigenen Sommerräder ein. Dennoch passt mehr Gepäck in das SUV. Es verstaut bis zu 1.420 Liter Ladung – kaum weniger als ein Mittelklasse-Kombi. Unter seine vordere Haube passen 81 Liter. Toll: Der „Frunk“, so heißt der vordere Kofferraum im Elektroauto-Jargon, hat einen Abfluss. Mit Eiswürfeln und Getränken wird er zum Kühlschrank für eine Parkplatz-Party.
Ultramodern, aber mega-unnötig: Auf klassische Türgriffe verzichtet Ford am Mustang Mach-E. Die Türen öffnen elektrisch auf Knopfdruck an den Säulen. Wir fühlen uns in Autos ohne simple Mechanik an den Türen generell unwohl. Etwas so Wichtiges wie die äußeren Türöffner darf im Notfall (zum Beispiel bei Stromausfall) nicht versagen.
Unter der Haube des Bullitt sitzt ein 5,0-Liter-V8-Motor mit 460 PS.
Verbrauch und Reichweite von Mustang und Mustang Mach-E
Bei Verbrennern ist die Reichweite selten ein Thema. In den Tank des Mustang passen 61 Liter Benzin, im echten Leben genug für 500 bis 600 zügige Kilometer: Das V8-Coupé lässt sich problemlos auf langen Strecken im Bereich von 9 bis 12 Litern pro 100 Kilometer bewegen. Mehr geht immer, vor allem ambitioniert oder in der Stadt. Generell hält sich sein 5,0-Liter-Saugmotor gemessen an Kraft und Größe zurück.
Von solchen Reichweiten kann der Mustang Mach-E nur träumen. Er verbraucht im Test beim gemütlichen Pendeln ins Berliner Umland etwa 18 kWh pro 100 Kilometer. Bei einer Akkukapazität von 88 kWh (netto) ergibt sich eine praktische Reichweite von gut 450 Kilometern. Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn treibt den Stromverbrauch in die Region von 27 bis 30 kWh pro 100 Kilometer. Auf der Langstrecke steht also eine Ladepause nach rund 300 Kilometern an.
Ford sagt, der Mustang Mach-E lädt mit einem Ladestrom von bis zu 115 kW (kleiner Akku) bzw. 150 kW (großer Akku). Das ergibt eine Ladezeit von zehn auf 80 Prozent Kapazität in maximal 45 Minuten unter idealen Bedingungen. Im Test schafft er das nicht: Im Bereich von 40 bis 80 Prozent lädt unser Mach-E mit konstant 70 kW – nicht einmal mit der Hälfte seines Solls. Ursache: Unbekannt, beim schnellen Laden spielen viele Faktoren eine Rolle.
Fazit: Ein bisschen Mustang steckt drin
Wie viel Mustang steckt also im Mach-E? Mehr, als seine Fans zugeben wollen. Denn als der Mustang 1964 startet, ist er ein leistbares Auto mit kräftigen Motoren und (für US-Verhältnisse) kompakter, sportlich gezeichneter Karosserie. Transformiert in die Moderne kommt dabei ein günstiges Elektro-SUV-Coupé mit viel Kraft und zackiger Abstimmung heraus.
Allerdings steckt im Mach-E längst nicht so viel Mustang, wie Ford gern hätte. Ein Elektro-SUV-Coupé für fünf Personen kann die lange Tradition einer Sportwagen-Ikone nicht fortsetzen. Weil es eben nicht das Original ist, sondern nur eine moderne Interpretation. Trotz flotter Fahreigenschaften wird der Mach-E zum Nebenprodukt, das kommt, um die CO2-Statistik zu verbessern – nicht, weil Mustang-Fahrer so dringend ein Elektro-SUV kaufen wollen.
Die gute Nachricht: Der Mach-E ersetzt den Mustang nicht, er ergänzt ihn nur. Mustang-Fahrer, die sich am Traditionsbruch stören, können das Auto also ignorieren. Und sie können sich darauf freuen, auf Nachfrage erzählen zu dürfen, dass sie noch einen „echten“ Mustang fahren, nicht die klobige Elektro-Kiste. Alle anderen bekommen ein dynamisch abgestimmtes, praktisches Elektroauto mit hübschen Details und guter Ausstattung für einen Basispreis von knapp 47.000 Euro, abzüglich Umweltprämie. Ein V8-Mustang kostet mindestens 49.300 Euro. Der neue Einstiegsmustang fährt also elektrisch.
Ein fairer Deal, wäre da nicht die Qualität. Im getesteten Mach-E unterbietet Ford den amerikanisch-entspannten Anspruch des normalen Mustang, bei dem schief eingeklebte Heckscheiben oder ungleichmäßige Spaltmaße zwischen Kunststoff und Blech üblich sind. Das neue SUV enttäuscht uns mit einem enormen Versatz zwischen Heckklappe und Dach. Als Kunde hätten wir das Auto so nicht angenommen. An dieser Stelle muss Ford dringend nachbessern, sonst geht das Projekt Elektro-SUV trotz Mustang-Genen schief.
Ende 1964 kommt das Fastback-Coupé als dritte Mustang-Version auf die Straße.
Ford Mustang und Mustang Mach-E: Technische Daten
Modell | Ford Mustang Mach-E AWD Extended Range | Ford Mustang Bullitt |
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Motoren | permanenterregter Synchronmotor an Vorder- und Hinterachse | 5,0-Liter-V8-Saugbenziner |
Leistung | 346 PS (258 kW) Systemleistung | 460 PS (338 kW) b. 7.000 U/min |
Drehmoment | 580 Nm | 529 Nm b. 4.600 U/min |
Antrieb | feste Übersetzung vorne und hinten | Sechsgang-Schaltgetriebe |
0-100 km/h | 5,1 s | 4,6 s |
Geschwindigkeit | 180 km/h (abgeregelt) | 262 km/h (abgeregelt) |
Verbrauch | 18,7 kWh/100 km | 12,5 l/100 km |
CO2-Ausstoß | 0 g/km | 277 g/km |
Testverbrauch | 18 kWh/100 km | 9,5 l/100 km |
Länge | 4.713 mm | 4.794 mm |
Breite | 1.881 mm | 1.916 mm |
Höhe | 1.624 mm | 1.381 mm |
Radstand | 2.984 mm | 2.720 mm |
Leergewicht | 2.218 kg | 1.818 kg |
Anhängelast | 750 kg | - |
Kofferraumvolumen | 402-1.420 l | 408 l |
Basispreis | 46.900 Euro | 49.300 (2021) |
Preis des Testwagens | 67.000 Euro | 56.400 Euro (2018, Modellvariante nicht mehr im Verkauf) |