Ford Focus ST Turnier EcoBlue (2019, Mk4): Alltagstest
Im Focus ST Turnier EcoBlue verbindet Ford einen kompakten Kombi mit einem starken Diesel und sportlichen Ambitionen. Wie funktioniert das im Alltag? Test.
- Karosserie, Platzangebot und Abmessungen
- Innenraum, Verarbeitung und Materialien
- Infotainment, Radio, Bedienung
- Assistenzsysteme und Sicherheit im Focus ST
- Antrieb, Motor, Getriebe und Fahrleistungen
- Fahrwerk, Lenkung und Fahrverhalten
- Ausstattung, Preis und Fazit: Ein scharfer Kompromiss
- Technische Daten Ford Focus ST Turnier EcoBlue
Dieses Auto wirkt wie ein Widerspruch. Eigentlich stehen die Buchstaben ST bei Ford für Sport und Agilität. Kombi und Diesel klingen hingegen vernünftig und bieder. Trotzdem packt der Hersteller alles in ein Auto. Und, so viel sei hier bereits verraten: Das Konzept funktioniert. Der Ford Focus ST Turnier Diesel ist ein schnelles, sparsames und praktisches Auto.
Dennoch muss man genau diesen ST wollen. Denn Ford sieht den Anspruch des Autos sportlicher als im Segment üblich. Das spürt, hört und sieht man. Ungewohnt in der Kompaktklasse diesseits der 200 PS, aber nicht unpassend. Was das konkret für den Alltag bedeutet, haben wir im Test für Dich herausgefunden.
Karosserie, Platzangebot und Abmessungen
Basis für den Diesel-Sportler ist ein normaler Focus Kombi. Am Blech ändert Ford nichts, aber am Kunststoff: Der ST bekommt eine breite Front und ein flottes Heck. Die Optik teilt er sich weitestgehend mit der Ausstattungslinie ST-Line. Die Anbauteile unterscheiden sich in Details, zum Beispiel bei den Auspuff-Endrohren und dem größeren Dachspoiler am ST. Zudem fährt der Focus ST serienmäßig auf 19-Zoll-Rädern.
Trotz der grimmigen Optik gibt es reichlich Platz im großen Focus ST. Vorn installiert Ford Recaro-Sitze mit elektrischer Verstellung und Lederbezug. Die bieten viel Seitenhalt und dürften den meisten Fahrern gut passen. Schlanken Personen fehlt am Rücken zur Seite etwas Unterstützung. Unbequem werden sie erst, wenn Hüften oder Schenkel etwas üppiger ausfallen.
Im Fond sitzt es sich zu zweit gemütlich, zu dritt muss man sich mögen. Typisch für die Kompaktklasse, noch relativ neu im Focus: Der Vorgänger nutzte seinen Innenraum nicht ökonomisch aus und schränkte die zweite Reihe ein. Jetzt passt er gut, auch größeren Mitfahrern.
Mit einer Länge von 4,67 Metern sortiert sich der Focus Turnier am oberen Ende der Kompaktklasse ein. Gut für den Kofferraum: Unter die Abdeckung passen 608 Liter Ladung. Damit ist er auch beim Platz im Segment weit vorn dabei. Legt man die Lehne der Rückbank um, entsteht keine Stufe, aber eine leichte Steigung. Das Ladevolumen wächst auf 1.653 Liter.
Innenraum, Verarbeitung und Materialien
Neben den straffen Sitzen schaffen es wenige sportliche Details in den Innenraum. Der Schaltknauf besteht aus Aluminium, das Lenkrad trägt ein ST-Logo und einen Knopf zur Direktwahl des Sport-Modus, das Cockpit zeigt zusätzliche Messuhren an. Abgesehen davon bleibt der ST ganz Focus: Das Armaturenbrett trägt nur wenige Tasten, aber viele Formen und Winkel. Dennoch sind die Funktionen übersichtlich angeordnet und gut erreichbar.
Ford arbeitet solide und setzt anständige Materialien ein. Nur bei der Anzeige spart der Hersteller: Das optionale Head-up-Display projiziert nicht auf die Frontscheibe, sondern auf eine gesondert ausfahrbare Scheibe. Die Einstellung gerät umständlich, das Ergebnis ist nicht unbedingt zeitgemäß. Den Aufpreis von 450 Euro kann man sich sparen.
Infotainment, Radio, Bedienung
Im Focus ST (und fast allen anderen Ausstattungsvarianten) steckt serienmäßig Fords großes Infotainment-System „Sync 3“ mit Navi und den Smartphone-Standards Apple CarPlay sowie Android Auto. Die Steuerung des Geräts läuft flüssig über den Acht-Zoll-Touchscreen oder etwas holprig über die Spracheingabe. Gesprochene Adressen erkennt das System dennoch zuverlässig.
Eine Internetverbindung mit WLAN-Hotspot ist serienmäßig an Bord. Gegen Aufpreis (500 Euro) baut Ford ein Soundsystem mit B&O-Label ein. Für weitere 150 Euro lädt die Ablage in der Mittelkonsole außerdem Smartphones kabellos. Mehr steht nicht zur Auswahl, mehr braucht das Auto aber auch nicht.
Assistenzsysteme und Sicherheit im Focus ST
Die volle Assistenzpalette ist für den Diesel-ST nicht verfügbar. Ford bietet ihn im Focus nur mit einem manuellen Getriebe an, viele Fahrhilfen setzen mittlerweile aber eine Automatik voraus. Das „Technologie-Paket II“ mit teilautonomen Fahrhilfen, die nach dem Anhalten selbstständig wieder anfahren können, ist deshalb nicht verfügbar. Dafür die abgespeckte Version, die immerhin Abstand und Geschwindigkeit hält und das Fernlicht automatisch schaltet.
Der Fahrspurassistent arbeitet im Test sehr zurückhaltend – er warnt zwar per Vibration im Lenkrad vor dem Überqueren der Markierung, steuert aber nicht spürbar aktiv gegen. Ford gibt an, dass er ab einem Tempo von 65 km/h die Spur hält, bezieht sich hierbei aber auf Geraden und leichte Kurven. Die Konkurrenz unterstützt intensiver.
Schön: Beim Öffnen der Türen fährt automatisch ein Kantenschutz aus. Der verhindert, dass Beifahrer die empfindlichen Türkanten unachtsam in benachbarte Fahrzeuge oder gegen Mauern donnern. Diese Funktion gibt es im Paket mit Sensoren und Kamera.
Antrieb, Motor, Getriebe und Fahrleistungen
Wir schwärmen gern von Motoren, aber nur selten von Dieseln. Der 2,0-Liter-Turbodiesel des Focus ST hat aber genau das verdient: Er ist kräftig, sparsam, drehmomentstark und gutmütig. Der Selbstzünder läuft in allen Drehzahlbereichen ausgezeichnet. Selbst knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl verträgt er hohe Last, ohne in ein Loch zu fallen oder verlegen zu stottern. Seine Kraft kommt früh und zügig. So lässt er sich untertourig und schaltfaul fahren.
Beim Pendeln ins Berliner Umland zeigt der Bordcomputer glatte fünf Liter an. Auf schnellen Autobahnetappen steigt der Verbrauch nach 500 gefahrenen Kilometern auf etwas mehr als sieben Liter. Für Leistung und Fahrzeuggröße sehr gute Werte. Ford gibt einen Verbrauch von 4,8 Litern Diesel pro 100 Kilometer an.
Bei der Akustik sind Antriebe anderer Hersteller vornehmer. Ford löst das Thema über künstlichen Sound, der das kernige Knurren von vorn zum Teil übertönt. Erzwungene Sportlichkeit, die in einem Kombi nicht sein muss. Zumal das knackige, gut gestufte Schaltgetriebe bereits genug Sport vermittelt – auch ohne die elektronisch gesteuerte Differenzialsperre, die es im Focus ST mit Benzinmotor gibt.
Fahrwerk, Lenkung und Fahrverhalten
Der Focus gehört generell zu den agilsten Fahrzeugen im Kompakt-Segment. Im ST spitzt Ford das Modell weiter an: Er fährt sich wunderbar direkt und vermittelt viel Kontakt zur Fahrbahn. Besonders seine präzise Lenkung gefällt, sie zieht den Vorderwagen unmittelbar in den Knick. Das Fahrwerk könnte auf Dauer aber zu unbequem werden.
Hier traut sich Ford mehr als andere Hersteller. Die Abstimmung gerät auffallend straff. Lange Fahrten sind noch ohne Rückenschmerzen möglich, aber es kommt mehr Straße im Innenraum an. Auf glatten Autobahnen kein Problem, bei Kopfsteinpflaster mit harten Kanten schlägt schon mal ein Dämpfer an. Der Preis für ein sehr flottes Fahrgefühl.
Ausstattung, Preis und Fazit: Ein scharfer Kompromiss
Ab Werk ist schon das Wichtigste drin im Focus ST: Das große Navi, der adaptive Tempomat, Klimaautomatik, elektrische Recaros mit Sitzheizung, LED-Lampen, Rückfahrkamera, Sportfahrwerk und Sportoptik inklusive 19-Zoll-Alus gibt es serienmäßig. Im kurzen Focus mit Dieselmotor kostet das Paket 32.200 Euro. Mit gleicher Leistung und Ausstattung gibt es zu diesem Preis wenig Konkurrenz.
Für die Kombi-Karosserie ruft Ford 1.200 Euro extra auf. Unser Testwagen mit „Styling Paket“ kostet in der Basis 36.200 Euro, mit den meisten verfügbaren Extras 40.335 Euro. Schon der Konfigurator räumt aber bereits rund 1.400 Euro Rabatt ein. Praktisch: Eine Anhängerkupplung ist für 670 Euro (abnehmbar) bzw. 880 Euro (schwenkbar) verfügbar.
Die Schärfe des Focus ST wird nicht jedem gefallen. Ford stimmt das Auto sportlicher ab, als es sich die Konkurrenz bei kompakten Diesel-Kombis wagt. Damit trifft das Modell eine Lücke: Viel Platz, betont agiles Fahrverhalten und ein sparsamer Motor mit viel Leistung sind in dieser Kombination einmalig. Da verzeiht man dem Auto gern die eine oder andere kleine Schwäche.
Technische Daten Ford Focus ST Turnier EcoBlue
Ford Focus ST Turnier Diesel | Technische Daten |
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Motor | 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel |
Antrieb | Vorderräder, 6-Gang manuell |
Leistung | 190 PS (140 kW) b. 3.500 U/min |
Drehmoment | 400 Nm b. 2.000 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 7,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 220 km/h |
Verbrauch | 4,8 l/100 km |
CO2-Ausstoß | 125 g/km |
Testverbrauch | 5,0 l/100 km |
Länge | 4.668 mm |
Breite | 1.825 mm |
Höhe | 1.458 mm |
Radstand | 2.700 mm |
Kofferraumvolumen | 608-1.653 l |
Gewicht | 1.585 kg |
Basispreis Ford Focus ST Turnier | ab 33.400 Euro |
Testwagenpreis | 40.335 Euro |