Drei heiße Kompakte bis 300 PS
Ford Focus RS, VW Golf R und Opel Astra OPC, drei heiße Kompakte mit viel Kraft. Jetzt sind sie knapp zehn Jahre alt. Damit kosten sie mitunter verlockend wenig.
Wer heute vor dem etwa zehn Jahre alten Trio aus Ford Focus RS, Opel Astra OPC und VW Golf R steht, wundert sich. Zunächst einmal sieht er keinem der drei Heißsporne sein Alter an. Der Golf R sieht trotz 270 PS aus wie ein Golf. Der 280 PS starke Astra kommt typischerweise auf 20-Zoll-Rädern wie ein moderner Tarnbomber daher. Der Focus RS mit 305 PS könnte noch auf der nächsten Essen Motor Show eine glaubwürdige Premiere abliefern. So unterschiedlich ihre Außenwirkung ist, fahrdynamisch liegen diese drei kompakten Turbo-Protze fast gleichauf. Und so bietet jeder heute echten Leistungssport fürs Geld. Gepflegte Exemplare vom Händler starten bei etwa 15.000 Euro. Nur einer der drei ist deutlich teurer.
Opel Astra J OPC (2012 bis 2018): 280 PS ab 14.000 Euro
Wie schon den Vorgänger Astra H bietet Opel die starken OPC-Modelle des 2009 vorgestellten Astra J ausschließlich als dreitürige GTC an. Das schränkt den Alltagsnutzen ein, denn die Karosserie bietet weniger Platz und Übersicht. Dafür sieht der kompakte Opel gut aus – vor allem, wenn statt der serienmäßigen 19-Zoll-Räder noch größere Felgen montiert sind. Das ist meistens der Fall. Deshalb steht der schnellste Astra aller Zeiten so prächtig selbstbewusst auf der Straße wie selten ein Opel vor und wahrscheinlich auch nach ihm.
Diese pralle Optik verspricht nicht zu viel. Unter der Motorhaube arbeitet ein mit 1,5 bar aufgeladener Zweiliter-Vierzylinder, der die Vorderräder mit bis zu 400 Newtonmetern Drehmoment belasten kann. Damit der Punch in Vortrieb endet, baut Opel eine mechanische Differenzialsperre mit 50 Prozent Sperrwirkung ein. Die ermöglicht Beschleunigungswerte auf Sportwagenniveau. In sechs Sekunden kommt ein 2012er Astra OPC aus dem Stand auf Landstraßentempo. Geschaltet wird natürlich per Hand über sechs knackige Gänge. Hier liegt allerdings eine Achillesferse des J-OPC: Nicht selten müssen Getriebe oder Kupplung wegen hakelnder Gänge getauscht werden.
Beim Fahrwerk setzt Opel auf das verstellbare Flex-Ride-System, das aber selbst in Normalstellung vergleichsweise hart abgestimmt ist. Opel spricht von einer 30 Prozent strafferen Kennlinie im Vergleich zu den anderen GTC-Modellen. Der nochmals dynamischere Sport- oder OPC-Modus der Dämpfer empfiehlt sich daher tatsächlich nur für die Rennstrecke.
Im Vergleich zu Focus RS und Golf R ist das Angebot an OPC-Modellen auf dem Gebrauchtwagenmarkt eher spärlich. Gut 100 Exemplare aus den acht Baujahren zwischen 2012 und 2018 stehen auf mobile.de. Im Schnitt wurden sie jedoch deutlich weniger bewegt. Gepflegte Exemplare vom Händler mit etwa 120.000 Kilometern sind schon für weniger als 13.000 Euro inseriert. Es finden sich auch etliche Autos aus erster Hand mit gerade einmal 30.000 Kilometern für rund 20.000 Euro. Damit mutiert der Opel Astra OPC in diesem Vergleich zum Preis-Leistungs-Tipp. Auf hohe Unterhaltskosten wegen erhöhten Verbrauchs, Reifen- und Bremsverschleiß sowie der teureren Versicherungseinstufungen muss man sich jedoch einstellen.
• Modell: Opel Astra J OPC
• Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo
• Leistung: 280 PS
• 0-100 km/h: 6,5 s
VW Golf 6 R (2009 bis 2012): 270 PS ab 16.000 Euro
Zwar wurde das R-Modell des Golf 6 nur relativ kurz gebaut, dennoch ist das Angebot auf dem Gebrauchtwagenmarkt riesig. Kein Wunder, immerhin liefert das Wolfsburger Topmodell einen prima Kompromiss aus Sportlichkeit, Komfort und Platzangebot. Die meisten Autos sind Fünftürer, was den Alltagsnutzen erhöht und den Golf 6 R sogar für Familien interessant macht. Optisch hält sich der 270 PS starke Überflieger dabei eher zurück, akustisch übrigens auch. Denn anders als beim legendären R32 – dem einstigen Topmodell bei Golf 4 und Golf 5 – kommt statt eines blubbernden Sechszylinders ein aufgeladener Vierzylinder zum Einsatz. Der ist dafür leichter, stärker und verbraucht deutlich weniger als der alte VR6-Motor. Die Einspritzpumpe des Direkteinspritzers ist allerdings eine Schwachstelle des Motors.
In jeden VW Golf R baut VW den Allradantrieb 4Motion ein. Mit ihm distanziert er sich von Opel Astra OPC und Ford Focus RS. Im ruhigen Alltagsverkehr werden zwar auch beim Golf R nur die Vorderräder angetrieben. Erst wenn diese zu viel Schlupf bekommen, wird die Kraft via Haldex-Kupplung auch an die Hinterräder geschickt. Aber wenn es schnell werden muss, hat er Vorteile: Den Sprint auf Tempo 100 erledigt der Golf R in nur 5,7 Sekunden. Mit dem optionalen Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe benötigt er dafür sogar nur 5,5 Sekunden. Allerdings gilt das Getriebe namens DSG als häufige Fehlerquelle. Wie der Opel Astra OPC wird der Golf R bei 250 km/h elektronisch abgeregelt.
Die sportlichen Modelle des Golf sind in der Tuningszene beliebte Umbau-Opfer. Der Golf 6 R bildet da keine Ausnahme. Aus dem bunten Angebot sollte man daher möglichst originale Serien-Exemplare herausfischen. Solche findet man in gutem Pflegezustand mit rund 100.000 Kilometern Laufleistung bereits für 16.000 Euro beim Händler. Selbst die teuersten Angebote aus erster Hand mit wenig Kilometern überschreiten selten die Marke von 22.000 Euro. Zum Vergleich: Ein aktueller Golf R mit 300 PS kostet neu mindestens 46.285 Euro.
• Modell: VW Golf 6 R
• Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo
• Leistung: 270 PS
• 0-100 km/h: 5,7 s
Ford Focus 2.5 RS (2009 bis 2010): 305 PS ab 20.000 Euro
Wer den bis 2010 gebauten, aktuell vorletzten Focus RS sieht, glaubt kaum, dass Ford dieses Auto serienmäßig gebaut hat. Vor allem nicht in der beliebten giftgrünen Lackierung – Ford nennt die Farbe passenderweise Ultimate-Green. Der riesige Kühler, die ausgestellten Radhäuser, der Monster-Spoiler auf dem Dach – und dann diese armdicken Endrohre. Doch hinter dem augenscheinlichen Tuning-Protz steckt mehr als nur Optik. Anders als der häufigere und alltagstauglichere Focus ST mit 226 PS taugt der kompromisslose RS mit 305 PS für die Rennstrecke.
Etliche Rundenrekorde weisen den RS zu seiner Zeit als schnellsten Serienwagen mit Frontantrieb aus. Dass man dafür Kompromisse im Alltag eingeht, liegt auf der Hand. Zunächst gibt es den RS nur als Dreitürer mit zwei Schalensitzen vorn. Der Fahrkomfort verdient den Namen kaum: Das Fahrwerk des Ford Focus RS ist bretthart und nicht einstellbar. Dazu blubbert, faucht und zischt der Motor lauter und giftiger als bei allen anderen zivilen Sportkompakten. Doch genau das macht diesen Wagen so begehrenswert. So konnte Ford nach riesiger Nachfrage deutlich mehr verkaufen als die ursprünglich geplanten 8.000 Exemplare.
Vor allem der charismatische Turbo-Fünfzylinder zieht einen sofort in seinen Bann. Mit dem satten Drehmoment von 440 Newtonmetern, der gierigen Gasannahme und der ausgesprochenen Drehfreude verwandelt sich hinter dem Steuer fast jeder zum gefühlten Rennfahrer. Hier liegt der größte Unterschied zu den Kontrahenten von Opel und VW. Der Hubraum von 2,5 Litern schüttelt den üppigen Schub beim RS gefühlt viel lockerer aus dem Ärmel. Das entspannte Cruisen hingegen ist weniger sein Ding.
• Modell: Ford Focus RS
• Motor: 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo
• Leistung: 305 PS
• 0-100 km/h: 6,4 s
Dafür hat der Ford Focus RS schon jetzt den Nimbus eines Klassikers. Das macht ihn teuer. Die Preise für einen 2009-2010 RS beginnen erst bei gut 20.000 Euro. Obwohl ein Opel Astra OPC seltener ist, kostet ein vergleichbarer Focus 2.5 RS also gut 6.000 Euro mehr. Der Abstand wächst, wenn es sich um topgepflegte Modelle aus erster Hand handelt. Für Exemplare mit 50.000 Kilometern Laufleistung werden gut und gerne schon mal 35.000 Euro und mehr aufgerufen. Das auf 500 Stück limitierte Sondermodell RS500 (Ende 2010) mit 350 PS ist nochmals deutlich teurer.
Fazit: Geschmacksache
Der Golf R taugt im Alltag am besten, der Ford ist die kompromissloseste Fahrmaschine und der Opel Astra OPC ist am preiswertesten – für jeden der drei Kompakt-Boliden gibt es gute Argumente. Zumindest, wenn man sich auf die sportliche Speerspitze der jeweiligen Baureihe einlassen will. Dafür muss man nicht unbedingt den Nürburgring um die Ecke haben – aber schaden kann es nicht. Im Stadtverkehr wäre das Potenzial aller drei Turbo-Protze verschenkt.