Ford Escort (MK V-VII): Historie, Modellgeschichte
Angetreten, um den Golf zu jagen: 1990 bringt Ford den mit großem Aufwand entwickelten 5. Escort auf den Markt. Historie.
Anfang der 1990er-Jahre machte Ford sich auf die Jagd. Der letzte Ford Escort sollte ihn endlich einfangen, den VW Golf. Der Bestseller ließ schon damals alle Konkurrenten weit hinter sich in den Verkaufsstatistiken. Mit großem Aufwand und hohem finanziellen Einsatz entwickelte Ford den Escort vor 30 Jahren. Überholen konnte der Kölner den Wolfsburger nicht, aber anderweitig Eindruck machen: Der Rallye-Ableger RS Cosworth erlangte Kultstatus.
1968 rollte der erste RS-Vertreter auf die Straßen und legte den Grundstein für mehr als 50 Jahre Motorsport-Geschichte.
Im gerade noch geteilten Berlin präsentierte Ford im Herbst 1990 die Generation fünf des Escort. Ambitioniert gingen die Kölner ans Werk. Die Konkurrenten VW Golf und Opel Kadett sollten bei den Neuzulassungen endlich auf die Plätze verwiesen werden. 2,5 Milliarden Mark ließ man sich die Entwicklung kosten. Sechs Karosserievarianten wurden angeboten. Kein Kompaktwagen von Ford war bis dahin teurer. Entsprechend groß war der Druck. „Ich wünsche mir, dass es hier wieder zu einem richtigen Dreikampf der deutschen Großserienhersteller kommt“, sagte der damalige Ford-Deutschland-Chef John Hardiman.
Ford Escort 1990: Evolution statt Revolution
Dabei ließ sich der Wechsel von Mk IV auf Mk V äußerlich dezent an. Keine Spur von dem Mut, den Ford noch beim Wechsel vom Ford Taunus zum Ford Sierra gezeigt hatte. Laut Hardiman wollten das die Käufer nicht. Evolution statt Revolution lautete die Devise. Weder technische noch formale Experimente waren gefragt. Er eckt also nicht an, der Escort Mk V, viele Journalisten schmähen ihn aber als zu bieder. Ausnahmen: Der Escort RS Cosworth und der XR3i. Die wilden Varianten machen Eindruck bei der Sportfraktion. Um in der Zulassungsstatistik zu punkten, eignen sich die Nischenmodelle jedoch nicht.
Seit 1980 hatte Ford weltweit mehr als acht Millionen Escort mit Frontantrieb und Fließheck verkauft. In vielen Ländern wurde der Kompakte als Familienauto geschätzt, in manchen genoss er wegen seines Rallye-Images Kultstatus. Nun also die evolutionäre Weiterentwicklung. Für die Fachpresse reichte das nicht, um mit dem Escort erfolgreich in die Zukunft zu fahren. Ihr Urteil fiel überwiegend kritisch aus, teilweise sogar vernichtend.
Das lag womöglich auch an seinem Vorgänger. Der auslaufende Escort MK IV hatte kurz zuvor beim ADAC-Crashtest schlecht abgeschnitten. Beim Neuen hatte Ford zwar nachgebessert, doch schon 1992 kam das erste Facelift mit verbesserter Struktur und besserem Seitenaufprallschutz. Drei Jahre später folgte das nächste Facelift, wieder wurde nachgebessert. Ford nannte die Modellpflege-Varianten Mk VI und Mk VII, konnte damit jedoch nicht überall durchdringen. In Großbritannien weigerte man sich, die Facelifts als neue Generation zu bezeichnen.
Von den Medien geschmäht, von Käufern gemocht
Mit den Überarbeitungen bemühte sich Ford zudem, das Design zu schärfen. Doch es half nicht. Bis zum Ende seiner Bauzeit im Jahr 2000 galt der Escort den Journalisten weiterhin als zu betulich. VW Golf und Opel Kadett fanden mehr Anklang. Der Escort hatte es auch deshalb nicht leicht, weil die Konkurrenz im gleichen Zeitraum neue Generationen präsentierte. Der VW Golf startete 1991 neu und dann wieder 1997. Und Opel brachte 1991 den Kadett-Nachfolger Astra, der einen deutlichen Entwicklungssprung markierte.
Doch während die Medien mit dem Escort nicht warm wurden, galt das für die Kunden nicht. Die Nachfrage war groß. Die Werke in Saarlouis, Halewood/England und Valencia/Spanien mussten zusätzliche Schichten fahren, um sie zu befriedigen. Die Vielfalt an Varianten half dem Absatz. Der Escort war als drei- und fünftüriges Fließheck zu haben, als Cabriolet, Kombi, Transporter und unter dem Namen Orion als Stufenhecklimousine.
Das vielfältige Motorenangebot half ebenfalls. Es reichte vom 60 PS (44 kW) schwachen Benziner über einen Diesel mit Katalysator bis hin zur Allradwaffe mit Turbomotor für die Rallye-Pisten. Sogar eine vollelektrische Kleinserie des Transporters Escort Express gab es. In Südamerika wurde der dort lokal gefertigte Escort mit dieser Vielfalt zum Star der Kompaktklasse. In Neuseeland führte er ebenfalls zeitweise die Verkaufscharts an. Bieder wurde dort offenbar als gefällig interpretiert.
Der Sportverein im Escort-Kosmos
Und dann gab es ja noch die Imageträger im Escort-Angebot. Motorsport hat Tradition bei Fords Kompaktwagen. Schon der erste Escort fuhr Ende der 1960er-Jahre ganz nach vorne. Logisch, dass die fünfte Generation da anknüpfen sollte. Also stellt Ford 1991 den Escort RS Cosworth mit Turbomotor inklusive zwei Ladeluftkühlern vor. In der Rallye-WM sollte der Allradler technisch hochgerüstet ganz oben auf dem Podest stehen. Auf der Straße nahm es der 220 PS (162 kW) starke Bolide mit Konkurrenten wie dem Lancia Delta Integrale oder dem Mazda 323 GT-R 4WD auf. Selbst den BMW M3 nahm er ins Fadenkreuz.
Äußerlich war dem RS Cosworth die Kompetenz auf Anhieb anzusehen. Luftauslässe in der Motorhaube versorgten den Turbo mit Luft zum Atmen, eine klassische „Pommes-Theke“ drückte im Luftstrom auf die Hinterachse. In 6,1 Sekunden sprintete der „Cossie“ aus dem Stand auf Tempo 100. Das schafften 1991 nicht mal sündhaft teure Sportler wie ein Aston Martin Virage oder ein Ferrari Mondial. Außerdem filetierte der RS Cosworth kurvenreiche Pisten mit Effizienz und ausgestelltem Heck. Die Formel 1 setzte den RS Cosworth sogar als Safety Car ein. Kurz darauf gewann Michael Schumacher seinen ersten WM-Titel – mit einem Ford-Cosworth-Motor im Rücken. Folge davon war eine limitierte „Michael-Schumacher-Edition“ des Escort. Allerdings vom in Rheine bei Karmann gebauten Escort Cabrio XR3i, nicht vom RS Cosworth.
Ende des Escort, Anfang des „New Edge“
Es gab noch weitere Sportwagen im Programm des Escort. Schon der Escort S konnte mit 105 PS (77 kW) und straffem Fahrwerk als potent gelten. Der XR3i leistete 130 PS, darüber rangierte ein RS 2000, der mit 150 PS bereits auf Niveau des Golf GTI fuhr. Den Absatz der sportlichsten Modelle behinderte allerdings die Tatsache, dass die Versicherungsprämien auf dem wichtigen britischen Markt explodierten. Immerhin: Bis zum Produktionsende 1996 wurden 7.145 RS Cosworth verkauft.
XR3i und RS 2000 liefen ebenfalls aus, bevor 1998 der Focus die Nachfolge des Escort antrat. Er brachte mit dem sogenannten „New Edge“-Design endlich die optische Revolution, die beim Escort vermisst wurde. Zuvor gab Ford der finalen Escort-Generation noch einige technische Schmankerl mit. 1995 etwa bauten die Ingenieure einen Turbo-Diesel ins Cabrio – damals noch eine gewagte Kombination. Außerdem gab es die mit 90 PS moderat motorisierte Allradversion 1.6 16V 4x4. Hierfür wurde der Antriebsstrang des RS 2000 adaptiert.
Das große Ziel, mit dem Escort in Deutschland auf Platz 1 der Zulassungsstatistik zu landen, erreichte der Escort jedoch nicht. Auf drei verkaufte Golf kam ungefähr ein Escort.