Der Fiat 500 C im Test
Das Fiat 500 C-Sondermodell Spiaggina '58 erinnert an ein legendäres Spaß-Mobil für schöne Tage. Wie gelungen die Tage im Alltagstest waren? Das erfahrt ihr hier.
Beim Thema „Youngtimer ab Werk“ darf man gern an dieses Auto denken: Fiat verkauft den Kleinstwagen Fiat 500 in aktueller Version seit 2007 (Cabrio: seit 2009). Seit mehr als 10 Jahren also. Mag man es den Italienern vorwerfen? Der Fiat 500 läuft besser als geschnittenes Brot. Selbstverständlich war er 2018 mit knapp 190.000 Neuzulassungen der erfolgreichste Kleinstwagen Europas. Muss er diese Position einmal übergangsweise abgeben, dann allenfalls an den Fiat Panda. Der ist so etwas wie der 500 in praktisch.
Klar, dass wir wissen wollen: Was ist dran am Charme des Erfolgsmodells? Unser Testwagen hat davon jedenfalls besonders viel zu bieten: Der Fiat 500 Spiaggina '58 kam 2018 in limitierter Auflage von 1.958 Stück auf den Markt und ist ausschließlich als Cabrio erhältlich – in einer Sonderlackierung in Volare Blau mit weißem Zierstreifen, 16-Zoll-Reifen auf schicken Retro-Felgen und mit verchromten Spiegelkappen. Sein Charme wirkt. Immer noch. Ein älteres Pärchen auf einer gepflegten Vespa mit Weißwandreifen spricht uns an: „Sehr hübsches Auto“. Wer könnte da widersprechen. Es hat seinen Grund, dass der Fiat 500 seit 12 Jahren praktisch unverändert gebaut wird. An der Optik gibt es nicht viel zu verbessern.
Abmessungen, Platzangebot, Karosserie
Für das Design im eigentlichen Sinne, also die Verbindung von Funktion und Form, gilt das leider nicht. Allzu viel Raum bekommen andere Hersteller zwar auf 3,57 Metern Außenlänge auch nicht unter. Trotzdem demonstriert der 500 an vielen Stellen, dass hier Form vor Funktion ging. Ein Viersitzer ist der Kleinstwagen nicht wirklich, eher ein 2+2-Sitzer. Die Rückbank des Dreitürers ist schwer zu erreichen. Wer nach hinten will, muss den Beifahrersitz nach vorn fahren und dann an ihm vorbeiklettern.
Das dortige Raumangebot ist Erwachsenen kaum länger als 10 Minuten zuzumuten. Hinter der Passagierkabine wird es nicht besser: 185 Liter Kofferraum sind nicht viel – und im Falle des Cabrios, das statt einer großen nur eine kleine Heckklappe aufweist, sehr schwierig zu beladen. Für Wasserkästen muss man exakt den richtigen Winkel treffen. Mehr als zwei davon passen auf keinen Fall in den Kofferraum des Fiat 500C.
In der ersten Reihe sitzt man auch nicht ideal, schon 1,80 Meter große Fahrer müssen die Beine recht steil stellen. In der lichten Höhe gibt es immerhin keine Probleme, die eher schmale Karosse hat in der Stadt durchaus ihre Vorteile.
Innenraum, Verarbeitung, Materialien
Fiat verlangt für seinen Retro-Charmeur selbstbewusste Preise. Das bedeutet nicht, dass im Cockpit Premium-Flair aufkommt. Retro-Flair schon: Die Rundinstrumente informieren zwar digital über Geschwindigkeit, Drehzahl oder ökologische Effizienz der Fahrt – das aber klassisch und stimmig. Teilweise gerät die Bedienung sehr schlicht. So kennt der Lichtschalter im Lenkstock nur „an“ und „aus“, einen Komfort-Fensterheber gibt es nur auf der Fahrerseite.
Egal, ob die Flächen lackiert oder verchromt aussehen: Es handelt sich um Hartplastik. Das wirkt vor allem im Fall der großen vorderen Konsole eher billig als charmant. Daran kann auch die beim Sondermodell belederte und gepolsterte Armauflage in der Tür wenig ändern. Dieser Billiglook ist in einem Kleinstwagen üblich – passt aber nicht zum Lifestyle-Anspruch des Fiat.
Die Bedienung hält nur wenige Fallstricke bereit. Die Schalter für die Fensterheber sitzen in der Mittelkonsole. Wer das Verdeck des Cabrios schließen will, muss mit einer Gedenksekunde auf halber Strecke leben – die kann an der roten Ampel schon mal nerven.
Infotainment, Radio, Konnektivität
Lifestyle und Konnektivität gehören für die meisten Autokäufer zusammen. Verständlich, dass sich Fiat hier keine Blöße geben will. Das gelingt erstaunlich gut, trotz der veralteten technischen Basis des 500. Das System „Uconnect HD Live“ wurde zwar erkennbar nachträglich in das 500-Cockpit hineinoperiert. Aber es erfüllt alle Ansprüche an ein zeitgemäßes Infotainment: Das Handy koppelt sich mühelos über Apple Carplay oder Android Auto. Die Verkehrsdaten des Anbieters TomTom aktualisieren sich in Echtzeit. Und: Das Radio empfängt Digitalsender. Wenn es etwas zu meckern gibt: Der 7-Zoll-Bildschirm bietet keine ideale Ablesbarkeit, die Kartendarstellung könnte etwas größer sein. Das aber ist Nörgeln auf hohem Niveau, verglichen mit den Infotainmentsystemen vieler anderer Kleinwagen. In dieser Klasse bietet der Fiat 500 bei Infotainment und Konnektivität einen respektablen Funktionsumfang.
Assistenzsysteme und Sicherheit
Bei der Fahrassistenz sieht das anders aus. Kann der Fiat 500 bei Infotainment und Konnektivität noch mit moderneren Autos mithalten, gelingt das bei der Assistenztechnik nicht. Selbst dem Plattformbruder Panda muss er sich geschlagen geben: Für den Fiat Panda ist ein City-Notbremspaket lieferbar. Im 500 unverständlicherweise nicht. Einen vollautomatischen Parkassistenten gab es etwa im Lancia Ypsilon, aber nicht im 500.
Ein Sicherheitsrisiko ist der Fiat 500 dennoch nicht. Ein Nachtest der Crashtest-Organisation Euro NCAP ergab immerhin drei Sterne. Kein Traumergebnis, aber in Ordnung für einen Kleinstwagen ohne Fahrassistenten. So ist im Fiat 500 ein Knieairbag serienmäßig, was nicht selbstverständlich ist.
Ansonsten hat Fiat im Bereich Sicherheitstechnik nur nachgerüstet, was zwingend vorgeschrieben ist. So kamen während der Bauzeit etwa serienmäßiges Tagfahrlicht und eine Reifendruck-Kontrolle ins Auto. Ansonsten beschränkt sich die Fahrerassistenz auf den City-Modus für die Lenkung - sie wird dann sehr leichtgängig - und auf Parkpiepser hinten. Die glaubt man sehr lange, nicht zu brauchen - bis einem der Hintermann dann doch zu dicht auf der Pelle parkt. Immerhin: Bi-Xenon-Scheinwerfer sind in den Topvarianten für 990 Euro Aufpreis lieferbar.
Antrieb, Motor, Getriebe
Unter der Motorhaube des Fiat 500 schlägt ebenfalls ein etwas altbackenes Herz. Es verfügt über 1,2 Liter Hubraum, vier Zylinder, acht Ventile und maximal 69 PS. Der Saugbenziner ist neben dem Zweizylinder-Turbo einer von vorläufig zwei 500-Antrieben, die die Umstellung auf Euro 6d-Temp im Jahr 2018 überstanden haben. Ein gut abgehangenes Stück Technik: Der Motor gehört zur FIRE-Motorenfamilie, die Fiat Mitte der 1980er Jahre einführte. Die Antriebe gelten als solide, aber nicht als besonders sparsam – und im Falle der 69-PS-Variante auch nicht als besonders lebendig.
Wer den Kleinstwagen einigermaßen zügig bewegen will, muss die Gänge des Fünfgang-Getriebes weit ausdrehen. Das gilt vor allem in der Stadt. Das Anfahren an der Ampel kann dabei Spaß machen: Die Start-Stopp-Automatik wirft den betagten Vierzylinder beherzt und geräuschvoll an, der schwer zu treffende Schleifpunkt verlangt etwas zu viel Gas. Mit kräftigem Nicken geht der 500 in den zweiten Gang, der Schaltstock flutscht etwas zu leichtgängig durch die Gassen. Das geht nach einigen Fahrten gut von der Hand, bleibt dabei aber unperfekt in der Anmutung. Der ehrliche Sauger verlangt im Stadtverkehr, je nach Verkehrslage, zwischen 6,2 und 6,9 Litern auf 100 Kilometer. Das ist kein Traumwert – mancher NEFZ-optimierte Turbo verbraucht jedoch mehr.
Außerhalb der Stadt liebt der Fiat 500 die Landstraße, bei hohen Geschwindigkeiten fremdelt er naturgemäß etwas. Wer mit diesem Auto schnell fahren will, braucht einen beherzten Griff am Lenkrad und gute Trommelfelle. Da gab es schon 2007 leichter fahrbare Wettbewerber.
Fahrverhalten, Fahrwerk, Lenkung
Die Beherrschbarkeit des relativ hohen, schmalen Kleinstwagens leidet mitunter unter der konfortbetonten Auslegung des Fahrwerks. Auswirkungen sind das ausgeprägte Nicken beim Anfahren und eine retro-mäßige Seitenneigung in Kurven. Die führt dazu, dass man mitunter lieber etwas langsamer um die Ecke fährt – das ist ja nicht verkehrt, aber eben auch nicht besonders dynamisch. Im Gegenzug hält das Fahrwerk Schlaglöcher und Kopfsteinpflaster recht konsequent von den Insassen fern. Das ist im Stadtverkehr nicht unwichtig.
Als der 500 auf den Markt kam, galt der „City-Modus“ als bemerkenswerte Innovation. Er schaltet die Lenkung auf maximale Unterstützung bei minimaler Präzision und ist beinahe eine intime Erfahrung: Wer im Stand leicht an der Lenksäule dreht, kann das Pumpen der Servos im Lenkrad fühlen. Wir bevorzugen dennoch die recht präzise abgestimmte Normal-Stellung, auch in der Stadt. Die schmale Karosse lässt sich dann zielsicher durch dichten Metropolenverkehr bugsieren. Wobei man immer wieder erfreut feststellt, wie kurz die Überhänge des Kleinstwagens sind und wo er überall hindurch- und hineinpasst.
Die Cabrio-Konstruktion beim Fiat 500 kann man mögen: Die öffnet immerhin an den richtigen Stellen den Himmel, nämlich über den Köpfen der Insassen. Allzu gut gedämmt ist das Dach leider nicht: Im Inneren ist es stets recht laut. Das ist üblich bei Kleinstwagen mit Cabriodach, aber nicht ganz überzeugend.
Ausstattung, Preis, Fazit
Teuer ist der Fiat 500, vor allem im Vergleich zum technisch vergleichbaren Fiat Panda (ab 10.740 Euro): Die Listenpreise des Lifestyle-Fiat starten bei 12.990 Euro. Soll er etwas hübsch sein, ist man schnell bei mehr als 15.000 Euro. Das Fiat 500 Cabrio startet laut Preisliste bei 15.590 Euro. Viel Geld für einen technisch simplen, leistungsschwachen Kleinstwagen, nämlich fast 3.000 Euro mehr als bei der Konkurrenz. Die Lifestyle-Ikone Fiat 500 verkauft Fiat so teuer wie möglich. Radio, Klimaanlage und elektrische Fensterheber gehören immerhin zur Serienausstattung – nicht selbstverständlich im Segment. Das Infotainment „UConnect“ kommt ab der 2. Ausstattung ins Auto.
Die Spitze der Modellreihe, sieht man von den kräftigen Abarth-Ablegern einmal ab, stellt unser Testwagen dar. Wirklich etwas konfigurieren lässt sich am Sondermodell „Spiaggina 58“ nicht. Es ist alles drin und alles dran, was die Preisliste hergibt. 20.290 Euro beträgt der Listenpreis, hinzu kommen 1.400 Euro für das Designpaket mit den schicken Felgen. Macht 21.690 Euro für das abgebildete Fahrzeug, das ausschließlich als Cabrio 500 C erhältlich ist. Der Straßenpreis liegt niedriger: Auf mobile.de inserieren Händler das Sondermodell als Tageszulassung ab rund 15.000 Euro. Für Neuwagen werden rund 17.000 Euro aufgerufen.
Ist der Fiat 500 also nach 12 Jahren noch ein guter Deal? Jein. Einige Einbauten wirken lieblos, technisch besteht vor allem bei Antrieb und Assistenz Nachholbedarf. Aber: Der Erfolg gibt Fiat Recht. Es besteht offenbar hoher Bedarf nach einem schicken, kleinen Auto. Deshalb ist der Fiat 500 so viel erfolgreicher als einige praktischere, günstigere und technisch modernere Kleinstwagen der Konkurrenz. Der Fiat 500 lebt neben seinem Charme auch von der Mittelmäßigkeit der Alternativen am Markt. Sie alle fahren nicht so viel besser, dass sie den Cinquecento ernsthaft gefährden könnten. Und sie sehen nicht so gut aus.
Fiat 500: Technische Daten
- Motor: 1,2-l-Vierzylinder-Benziner
- Leistung: 69 PS (51 kW)
- Max. Drehmoment: 102 Nm / 3.000 U/min
- Antrieb: Vorderräder, manuelles Fünfgang-Getriebe
- 0-100 km/h: 12,9 s
- Höchstgeschwindigkeit: 163 km/h
- Normverbrauch: 5,5 l/100 km
- Testverbrauch: 6,4 l/100 km
- CO2: 129 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d-Temp
- Länge: 3.571 mm
- Breite: 1.627 mm
- Höhe: 1.488 mm
- Radstand: 2.300 mm
- Leergewicht: 1.055 kg
- Kofferraum: 185-550 l
- Basispreis Fiat 500: 12.990 Euro
- Preis gefahrene Variante: 21.690 Euro