Top 8: Exotische Limousinen unter 10.000 Euro
Erfolgreich? Nein. Aber liebenswert finden wir diese Mittelklasse-Exoten allemal. Und spannend: In gepflegtem Zustand sind sie günstig zu haben.
Als Autos noch D-Mark kosten und große Motoren haben, ist die obere Mittelklasse so bunt wie die Frisuren auf der Love Parade in Berlin. Die heute so dominanten Spießer von Audi, BMW und Mercedes haben Konkurrenz aus Asien, Frankreich und Köln – mit tollen Ideen und eigenen Ansätzen.
Zum Beispiel der Honda Legend mit seinen Softclose-Türen, die sich nach dem Anlehnen von selbst sanft ins Schloss ziehen, ganz ähnlich wie in der unerreichbaren Mercedes S-Klasse. Oder der Ford Scorpio, der zum Facelift ein Karpfenmaul und Glubschaugen bekommt. Und Mazda mit dem Xedos 9, der einen interessanten Miller-Motor hat, lange bevor VW auf die Idee kommt.
Gekauft hat diese Autos damals fast niemand. Es fehlen das Prestige, das Vertrauen in den Hersteller oder das Geld. Die Autos der oberen Mittelklasse kosten in den späten 1990ern mindestens 50.000 Mark, einige Modelle sind noch viel teurer. Heute sind sie heimliche Klassiker der Zukunft. Genau das macht sie so spannend: Diese Limousinen sind selten, weil sie mangels Erfolgs nicht lange produziert wurden. Heute gibt es sie für weniger als 10.000 Euro.
Mitsubishi Sigma (1991 bis 1996)
Als der Mitsubishi Sigma auf den Markt kommt, darf er nicht besser sein als die Lokalhelden in seiner Klasse. Anfang der 1990er haben es Japaner in Deutschland schwer. Dabei macht der Sigma objektiv gesehen vieles besser als zum Beispiel die alternde Mercedes E-Klasse (W124): Er bietet mehr Platz im Fond, kostet weniger, bremst besser, ist komfortabler ausgestattet und bringt moderne Technik mit.
Mitsubishi bietet für den Sigma ein aktives Fahrwerk mit Luftfedern und verstellbaren Dämpfern an. Das Topmodell ist außerdem mit Allradlenkung ausgestattet. In Japan steht sogar ein adaptiver Tempomat in der Preisliste, der automatisch den Abstand zum Vordermann hält. Nach Deutschland kommt dieses Extra nicht. Dafür aber die V6-Motoren mit 170 bis 205 PS.
Der Mitsubishi Sigma bietet ein aktives Fahrwerk mit Luftfedern und verstellbaren Dämpfern.
Trotz fairer Preise und toller Technik floppt der Sigma. Der Gebrauchtwagenmarkt ist überschaubar. Einigen Autos sind die Seitenschweller weggerostet. Was übrig ist, kostet mindestens 1.000 Euro als Limousine oder Kombi. Liebhaber rufen für ihre Schmuckstücke zum Teil 5.000 Euro und mehr auf. Ihre Argumente: Der Sigma ist selten, solide und bald ein Oldtimer. Bestand bei mobile.de: 8 Angebote (Stand August 2020).
Darauf solltest Du achten:
- Der Sigma rostet an Seitenschwellern, Scheibenrahmen und Antennenloch.
- Die Dämpfer der Heckklappe werden schlapp.
- Hoher Bremsenverschleiß
- Ersatzteile sind schwer zu bekommen und deshalb teuer.
Nissan Maxima (A32 und A33, 1995 bis 2004)
Nissans Portfolio ist in den 1990ern eindeutig gegliedert: Unten fährt der Micra, am anderen Ende der Maxima. Die große Limousine kommt mit V6-Motoren nach Deutschland und hält sich immerhin drei Generationen lang auf dem Markt. Zwei davon sind bei mobile.de verfügbar.
In Tests schneidet der Maxima nur mittelmäßig ab. Der ADAC lobt Platz, Bremsen und den Antrieb, bemängelt aber Bedienung, Komfort und Verbrauch. Nissan verkauft ihn ohne ESP, aber mit einer vereinfachten Hinterachse aus den kleineren Modellen. Darunter leidet die Stabilität. Gut gewartete Autos gelten als zuverlässig.
Lustig: Das Spitzenmodell hat bereits früh ein Navigationsgerät an Bord - bei uns noch eine Rarität. Die deutsche Sprache ist gut, die Betonung allerdings mangelhaft. So halten verwirrte Nutzer immer wieder am Straßenrand, weil sie die Ansage bekommen hatten, "rechts halten". Mit der Betonung auf "halten". Sie glauben, das Gerät müsse erst wieder die Satelliten finden. Gemeint ist aber, dass man sich "rechts halten" solle, mit der Betonung auf rechts.
Auf mobile.de kostet der Maxima mit hoher Laufleistung weniger als 1.500 Euro, sogar Ersthand-Autos sind günstig. Nur wenige Modelle sind teurer als 3.000 Euro. Zum Klassiker fehlen ihm Besonderheiten. Aber er ist ein großes, bequemes Auto für wenig Geld – zumal er 1998 bei 44.300 DM einsteigt. Bestand bei mobile.de: 25 Angebote (Stand August 2020).
Darauf solltest Du achten:
- Hoher Spritverbrauch: 15 Liter in der Stadt sind keine Seltenheit.
- Die Dichtungen der Türen werden im Laufe der Jahre porös, Wasser tritt ein.
- Rost an Radläufen und dem Querträger unter dem Kühler
- Zum Teil anfällige Zündspulen
Ford Scorpio (1985-1998)
Eine Produktionszeit von 13 Jahren klingt nach vielen verkauften Autos. Im Falle des Ford Scorpio bedeutet sie das Gegenteil. Ford ist erst zu zögerlich und bietet nur ein Fließheck an, Stufenheck und Kombi kommen viel zu spät auf den Markt. Später wird der Hersteller zu mutig: Das große Facelift von 1995 bringt eine neue Optik mit, die sehr amerikanisch wirkt. Bei deutschen Kunden kommt das nicht an. Bei den Motorjournalisten auch nicht - sie glauben an einen Versteckte-Kamera-Scherz, als erstmalig das Tuch vom Stufenheck-Scorpio gezogen wird.
Ein Ford-Pressesprecher prophezeit schon bei der Facelift-Premiere vor 25 Jahren, dass der Scorpio mal ein Klassiker wird. Das Zeug dazu hat er: ein eigenwilliges Design, eine luxuriöse Ausstattung („Ghia“) und einen Sahnemotor von Cosworth. Der 2,9-Liter-V6 leistet zuletzt 207 PS und treibt die Hinterachse an. 1998 läuft der Scorpio aus. Die damaligen Konzernschwestern Volvo und Jaguar bedienen die obere Mittelklasse. Bei Ford übernimmt der Mondeo die Spitze.
1985 löst der Ford Scorpio den Granada ab. 1998 läuft das letzte Modell vom Band.
Auf dem Gebrauchtwagenmarkt tummeln sich Scorpio-Modelle aus allen Baujahren. Aktuell gibt es mehr Liebhaberstücke als kaufwillige Liebhaber: Fahrbare Autos mit wenig Kilometern und TÜV kosten rund 1000 Euro. Frühe Modelle sind teurer als der Glubschaugen-Scorpio ab 1995. Späte Cosworth-Modelle starten bei knapp 5.000 Euro. Bestand bei mobile.de: 69 Angebote (Stand August 2020).
Diese Dinge solltest Du beachten:
- Der Kabelbaum wird wegen der Wärmeentwicklung im Motorraum porös.
- Ersatzteile in Deutschland sind teuer. Besser in England bestellen.
- Schweller und Radläufe sind empfänglich für Rost.
- Feuchtigkeit in den Sicherungskästen lässt die Bordelektronik versagen.
Honda Legend (KA7 und KA8, 1990 bis 1995)
Ja, Honda baut den Legend noch lange nach dieser Generation. Aber von 1990 bis 1995 erlebt das Modell seinen Höhepunkt: Der Legend KA7 ist groß, stark und fantastisch ausgestattet. Leder, einen CD-Wechsler und Softclose-Türen gibt es serienmäßig. Einzige Option: Gegen Aufpreis schraubt der Hersteller eine Viergang-Automatik an den 3,2-Liter-V6. Serienmäßig leitet ein Fünfgang-Schaltgetriebe die Motorkraft an die Vorderräder.
Honda bietet den Legend als viertürige Limousine („KA7“) und als zweitüriges Coupé („KA8“) an. In den Autos stecken tolle Funktionen, zum Beispiel Winter- und Sommerpositionen für die Scheibenwischer, eine kluge Gurtführung (Coupé) und elektrisch verstellbare Sitze. So viel Luxus ist teuer: Rund 80.000 DM schreibt Honda in die Preisliste. Ein kleinerer Honda Prelude kostet zur gleichen Zeit etwa die Hälfte.
Honda bietet den Legend als viertürige Limousine und als zweitüriges Coupé an.
Heute sollte man mindestens 6.000 Euro für einen Honda Legend einplanen. Besonders das Coupé ist interessant – in diesem Segment gibt es vorwiegend Limousinen und Kombis. Bestand bei mobile.de: 44 Angebote (Stand August 2020).
Diese Dinge solltest Du beachten:
- Schwierige Ersatzteillage treibt die Preise nach oben
- Der Geschwindigkeitssensor ist anfällig. Ist er kaputt, spinnt der Tacho.
- Rost an den hinteren Radläufen und eine verwohnte Innenausstattung
- Hohe Unterhaltskosten
Mazda Xedos 9 (1993 bis 2002)
Optisch gewöhnlich, technisch spannend: Der Mazda Xedos 9 hat einen modernen, sparsamen Motor. Sein 2,3-Liter-V6-Benziner arbeitet nach dem Miller-Brennverfahren. Mittlerweile setzen viele Hersteller ähnliche Motoren ein. 1993 ist das eine Weltneuheit. Leider gilt ausgerechnet der Miller-Motor im Xedos 9 als anfällig. Gibt sein Kompressor auf, wird es teuer.
Halb so wild: In der Preisliste stehen zwei weitere Sechszylinder mit klassischer Arbeitsweise. Sie laufen ruhig und kräftig, die Automatik passt zur Fahrzeugklasse. Verarbeitung, Ausstattung und Sitzkomfort sind auf hohem Niveau. Hinten ist es allerdings eng im Xedos 9. Federung und Lenkung wirken unausgewogen.
Der Xedos verfügt über einen modernen sowie sparsamen Motor. und läuft ruhig und kräftig.
Interessante Autos mit dem großen Sechszylinder und guter Ausstattung gibt es schon für weniger als 2.000 Euro. Ein Sammlerstück wird aus dem Xedos 9 vermutlich nicht. Das drückt die Preise für Gebrauchte: Selbst junge Fahrzeuge kosten weniger als 4.000 Euro. Bestand bei mobile.de: 25 Angebote (Stand August 2020).
Diese Dinge solltest Du beachten:
- Die Auspuffanlage ist nicht allzu widerstandsfähig.
- Die Isolierung der Zündkabel wird porös, Wasser kann eindringen.
- Häufiger als bei vergleichbaren Modellen müssen die Zahnriemen gewechselt werden.
- Der Kompressor des Miller-Motors gilt als anfällig.
Citroën C6 (2005 bis 2012)
Mittlerweile bedient Citroën die obere Mittelklasse nur noch in China. Bis 2012 fährt der Citroën C6, Nachfolger des kantigen XM, auch in Europa. Sein Design liegt irgendwo zwischen schrullig und sympathisch. Mit seinem langen Radstand, großen Motoren und vielen Extras wie dem hydropneumatischen Fahrwerk gleitet er konkurrenzlos sanft über Kopfsteinpflaster.
Trotz seiner guten Ausstattung und der Sechszylinder im Programm hat der C6 in Deutschland keinen Erfolg. Nicht einmal sein Job als französisches Präsidentenauto bringt ihm das nötige Prestige. Er rangiert am unteren Ende der Zulassungsstatistik. In seinem besten Jahr (2007) werden gerade einmal 1.751 Autos zugelassen.
Wer einen C6 besitzt, fährt ihn viel. Jedes zweite Angebot auf mobile.de hat mehr als 150.000 Kilometer hinter sich. Für geringere Laufleistungen sollte man ungefähr 8.000 Euro einplanen. Junge Autos mit großen Motoren und guter Ausstattung kosten vereinzelt sogar mehr als 20.000 Euro. Bestand bei mobile.de: 57 Angebote (August 2020).
Diese Dinge solltest Du beachten:
- Die Lager der Umlenkrolle gehen häufig kaputt, erkennbar am Quietschen im Motorraum.
- Die Batterie gibt in der Regel recht frühzeitig ihren Geist auf.
- Hoher Verbrauch ist Ehrensache für eine Präsidentenkarosse: 13 Liter in der Stadt sind üblich.
- Erhöhter Reifenverschleiß
Renault Vel Satis (2002 bis 2009)
Apropos ungewöhnliches Design und französische Staatskarosse: Der Renault Vel Satis wirkt mit seinem hohen Dach und der ansteigenden Front wie ein Van – eine ganz neue Auslegung des Segments. Renault möchte damals nach eigener Auskunft „Enthusiasten“ ansprechen, die ihr Auto als „ästhetisches Objekt“ verstehen – und gestaltet das Auto besonders mutig.
Der Renault Vel Satis entsteht zwischen 2002 und 2009 - und bietet Komfort auf hohem Niveau sowie V6-Motoren.
Das Konzept hat Vorteile: Vorn sitzt man hoch und hat einen guten Überblick. Der Fahrkomfort ist hervorragend. Leider wird es hinten am Kopf eng. Fahrzeughöhe und Gewicht verbieten flotte Kurven, die Fünfgang-Automatik schaltet lahm. Den angekündigten Abstandstempomaten liefert Renault nie aus. Dafür stecken kräftige Antriebe mit vier oder sechs Zylindern im Vel Satis.
Schlechte Verkaufszahlen ergeben einen dünnen Gebrauchtwagenmarkt. Die Preise bewegen sich zwischen 1.000 und 10.000 Euro. Viele Dieselmotoren sind serienmäßig mit einem Partikelfilter ausgestattet. Der Vel Satis darf also in Umweltzonen fahren. Bestand bei mobile.de: 24 Angebote (Stand August 2020).
Diese Dinge solltest Du beachten:
- Die Zahnriemen sind eine Schwachstelle beim Vel Satis und müssen häufig getauscht werden.
- Der Auspuff beginnt nach einer Weile zu rosten, genauso wie die Seitenschweller.
- Die Wasserpumpe ist anfällig und muss in der Regel nach weniger als 200.000 Kilometern getauscht werden.
Peugeot 607 (2000 bis 2010)
Große Peugeot-Limousinen tragen eine Sechs im Namen – eine Tradition, die 2010 mit dem 607 endet. Er ist der letzte Peugeot in der oberen Mittelklasse, obwohl 2014 die Studie Exalt einen Nachfolger ankündigt. Das Design des 607 ist im Gegensatz zur auffälligen französischen Konkurrenz unscheinbar.
Die Luxuslimousine ist hierzulande ein echter Geheimtipp - die Ersatzteilpreise liegen jedoch auf Oberklasse-Niveau.
Seine beste Seite zeigt der 607 vor allem auf der Langstrecke. Hier punktet er mit seinem komfortablen Fahrwerk inklusive französisch-sanfter Abstimmung und dem guten Platzangebot. Die Rücksitzlehnen lassen sich umklappen, das ist für eine Limousine keine Selbstverständlichkeit. Zudem ist er günstiger als die deutsche Konkurrenz – und bekommt als Diesel einen Partikelfilter serienmäßig. Die anderen Hersteller wollen sich zum gleichen Zeitpunkt noch um die Filter drücken.
Die Kunden entscheiden sich dennoch für weniger Zurückhaltung und mehr Prestige. Immerhin: In guten Jahren verkauft sich der 607 besser als der Jaguar S-Type und fast so gut wie der Volvo S80. Interessante Autos mit überschaubarer Laufleistung gibt es heute für 2.000 Euro bei mobile.de. Selbst die teuersten Exemplare kosten nicht mehr als 6000 Euro. Bestand bei mobile.de: 95 Angebote (Stand August 2020).
- In Foren berichten Nutzer von Problemen mit den Zündspulen.
- Die elektrischen Fensterheber und andere Elektroniksysteme
- Vorderachse, Antriebswelle (Poltern)
- Teure Ersatzteile