Erster Test: Toyota GR Supra (2019)
Toyota legt einen Sportwagen-Klassiker neu auf: Die GR Supra ist das wildeste Modell der Marke. Und gewagter als der BMW, auf dem sie basiert. Erste Fahrt.
- Toyota Supra: Ein bayrischer Japaner aus Österreich
- 3,0-Liter, 6 Zylinder und Drehmoment in vielen Lagen
- Supra-Sound: Nachbarschaftsgerecht, irgendwie
- Fahrmodi und Fahrwerk kommen von Toyota
- GR Supra: Ein Toyota zum Übersteuern
- Toyota GR Supra (2019): Ab 62.900 Euro
- Toyota GR (Gazoo Racing) Supra : Technische Daten
Man weiß es auf der Landstraße, wenn das Heck am Ausgang der Kehre drückt. Im Ortsgebiet, wenn Kinder strahlend auf das Sportcoupé mit langer Haube deuten: Siebzehn Jahre ohne Supra waren genug. Die fünfte Generation des Toyota-Sportwagens ist da und rangiert klar oberhalb des zuletzt fahraktivsten Toyota-Modells, dem GT86. Gemessen in Pferdestärken und in Euro. Und damit wir diese Frage direkt geklärt haben: "GR" lautet bei Toyota die Abkürzung für "Gazoo Racing" - Toyotas Abteilung für scharfe Modelle.
Der Anspruch ist ähnlich: Bei der Toyota Supra geht es um unkomplizierten Spaß, nicht um bierernstes Racing. Doch Kleinigkeiten mindern die Freude am Fahren. Dass die Supra in Grundzügen ein BMW ist? Geschenkt, Hauptsache wir haben sie wieder.
Toyota Supra: Ein bayrischer Japaner aus Österreich
Was diese Supra nicht ist: Die Reinterpretation der legendären vierten Supra-Generation mit modernen Mitteln. Mit 340 PS für die Hinterachse überbietet sie die bekannte Mk4-Top-Version nur geringfügig. Mitte der 90er-Jahre galten derart potente Autos als Vorstufe zum Supersportwagen. Die aktuelle Supra fordert mit ihren technischen Eckdaten die semi-wilden Sportler. Wie etwa Audi TTS, Nissan 370 Z, Porsche 718 Boxster – oder den neuen BMW Z4 der dritten Generation.
Supra und Z4 wurden weitgehend gemeinsam entwickelt, unter Federführung von BMW. Antrieb und Plattform stammen aus Bayern, beide Autos entstehen bei Magna in Österreich. Mit klarem Alleinstellungsmerkmal: Den Z4 gibt es nur offen, die Supra nur mit festem Dach und Double-Bubble. Kein Karosserieteil ist gleich. Toyota hat das optisch gewagtere Modell, mit mehr Sicken und Lufteinlässen – zugegeben, die wenigsten davon führen irgendwohin.
3,0-Liter, 6 Zylinder und Drehmoment in vielen Lagen
Deutlich wird die BMW-Beteiligung erst beim Einsteigen. Am geschwungenen Armaturenbrett, Lenkrad (hier selbstverständlich mit Toyota-Emblem), Infotainment-Steuerung und vielen Details. Doch zum Z4-Cockpit bestehen Unterschiede. Den stehenden 8,8-Zoll-Screen aus dem BMW-Teileregal gibt es im Roadster nicht. Einzelne Kanten zitieren Supra-Vorgänger. Wann man das bemerkt? Wenn einen Toyota-Angestellte explizit darauf hinweisen. Bei allem Wille zur Eigenständigkeit: Es gibt schlechtere Einrichtungspartner für ein fahraktives Modell.
Denn wenn die Bedienung klappt, nimmt sie dem Fahrer keine kognitiven Kapazitäten. Bald ist ohnedies jedes Steuerungselement egal, das nicht Längs-oder Querdynamik der 4,38 Meter kurzen Supra beeinflusst. Klappt über das rechte Pedal ganz gut, beides. Der 3,0-Liter-Sechszylinder kommt schnell aus dem unteren Drehzahlbereich. Das maximale Drehmoment von 500 Nm liefert der BMW-Motor (intern B58 oder einfach 40i) konstant von 1.600 bis 4.500 Umdrehungen. Die Höchstleistung kommt von 5.000 bis 6.500 Umdrehungen.
Supra-Sound: Nachbarschaftsgerecht, irgendwie
Gefühlt wählt der Gasfuß zwischen zwei Welten: Dem braven, einigermaßen ökonomischen Bereich unterhalb von rund 3.800 Umdrehungen. Hier ist der Toyota akustisch unauffällig, zeigt im Bordcomputer einstellige Verbrauchswerte. Und dann gibt es den Bereich darüber, in dem einen letzteres nicht mehr kümmert.
Dann erfreut man sich des gelegentlichen Zwitscherns des Twin-Scroll-Laders und der künstlichen Fehlzündungen bei Gaswegnahme. Noch mehr aber am Vorwärtsdrang, denn den wildesten Klang im Segment hat die Supra mitnichten. Einordnung im Kosmos des Nachbarschaftslebens: Beim nächtlichen Kaltstart werden die Vorhänge auf-, aber keine Anzeigen eingehen.
Der Reihenmotor ist der einzige Antrieb für die Supra, stets gekoppelt an eine Achtgang-Wandlerautomatik. BMW übersetzt das Getriebe in den unteren Gängen angenehm kurz. Es agiert souverän bei der Gangwahl, könnte die Gänge aber gerne brutaler durchfeuern. Vor allem beim Eingriff über die mitdrehenden Paddles am Lenkrad wünscht man sich schnellere Gangwechsel. Denn so prompt wie die digitale Ganganzeige suggeriert, ist der nächste Gang längst nicht drin. Im manuellen Modus geht die komplette Verantwortung an den Fahrer. Bei 7.100 Umdrehungen läuft die Supra in den weichen Begrenzer.
Fahrmodi und Fahrwerk kommen von Toyota
Mit dem Fahrmodus ändert sich die Arbeitsweise des Antriebsstranges. Zur Wahl stehen Normal und Sport. Das wirkt erfrischend simpel, weil viele Hersteller für jede Situation zwischen McDrive-Durchfahrt und Monza-Qualifying eigene Einstellungen anbieten. Allerdings programmierte Toyota in Antriebs-Belangen wenig trennscharf.
Ähnlich nahe sind sich Sport- und Normalmodus an der Lenkung. Die Logik der Arbeitsweise ist identisch: Mit zunehmendem Tempo steigert die elektrische Servo Widerstand sowie Empfindlichkeit um die Mittellage. Im regulären Modus wirkt Letzteres zu spitz, im Komfort-Modus zu lasch. Und generell wünscht man sich mehr Schärfe im unteren Geschwindigkeitsbereich.
Vielleicht will Toyota so nur übermotiviertes innerstädtisches Abbiegen unterbinden. Gleichzeitig klappt der beste Trick der Supra bei moderatem Tempo am besten: In engem Kehren wirft sie das Heck am lockersten nach außen. Serienmäßig arbeitet an der Hinterachse ein aktives Sperrdifferenzial, das ESP ruht auf Wunsch. Das Stabilitätsprogramm kennt außerdem eine Zwischenstufe, doch die lässt zu wenig Raum zum Spielen.
GR Supra: Ein Toyota zum Übersteuern
Die Eignung zum kontrollierten Übersteuern lässt sich bereits aus dem Datenblatt herauslesen: Frontmotor und Hinterradantrieb. Ein kurzer Radstand von 2,47 Metern. Mit 1.570 Kilogramm relativ wenig Gewicht, im 50:50-Verhältnis auf die Achsen verteilt. Experimente nicht unter Garantie reuelos: Das Heck stabilisiert sich plötzlich. Jedenfalls wenn übermäßiger Gaseinsatz die serienmäßigen Michelin Pilot Sport aus der Spur brachte. Problematisch wird´s, wenn der Fahrer den Lenkeinschlag dann nicht schnell genug zurücknimmt.
Wie die Supra einen Lastwechsel-indizierten Heckausbruch goutiert, lässt sich auf öffentlicher Straße schwer herausfahren. Gefühlt bleibt der Toyota bei Lenkimpulsen während des Anbremsens stabil, neigt zu minimalem Untersteuern. Doch das linke Pedal lässt sich beim Auslösen des Übersteuerns integrieren: Die meisten Autos schließen bei gleichzeitiger Betätigung von Gas und Bremse umgehend die Drosselklappe. Die Supra im Ansatz noch nicht. Damit kann man die Bremse wie ein sensibles Kupplungspedal nutzen. Um Eingangs der Kurve kurz vorzuspannen, im gewünschten Moment zu lösen und damit das Heck in Bewegung zu versetzen.
Toyota GR Supra (2019): Ab 62.900 Euro
Ihre eigentliche Aufgabe erfüllt die serienmäßige Brembo-Anlage passabel und mit klar definiertem Druckpunkt. Wenn sich die rot lackierten Bremssättel die 348 und 345 Millimeter großen Scheiben schnappen, lässt das adaptive Fahrwerk moderates Nicken zu. In beiden Fahrmodi. Beim Fahrwerk decken die zwei Fahrstufen vieles ab: Im Normal-Programm kommt die Supra ausreichend gut mit Unebenheiten zurecht. Die Sport-Konfiguration passt für die Jagd nach den Scheitelpunkten. Wobei es immer ein wenig Bewegung um die Längsachse gibt.
Die Supra ist eben ein Sportler, kein Racer. Gemacht für unkomplizierten Spaß, optional mit heraushängendem Heck. Denkbar, dass andere Sportwagen mit ähnlicher Leistung schneller sind. Schneller konfiguriert ist garantiert keiner: Was nicht im Basistarif von 62.900 Euro enthalten ist, kommt mit dem Premium-Paket. Also ein Head-Up-Display, schwarzes Leder und die induktive Ladeschale. Heißt auch: Gegen das dröge Lenkrad und die vergleichsweise hohe Grundposition der toll geschnittenen Schalensitze kommt man mit dem Konfigurator vorerst nicht an.
Dürfte die meisten Interessenten nicht stören, die erste Charge (A90 Edition) ist bereits ausverkauft. Nur 6.000 Exemplare entstehen jährlich. Wer jetzt bestellt, erhält das Auto erst 2020. Aber was sind schon ein paar Monate, nach 17 Jahren ohne Supra?
Toyota GR (Gazoo Racing) Supra : Technische Daten
- Motor: 3,0-Liter-Sechszylinder-Turbobenziner
- Getriebe: Achtgang-Wandlerautomatik
- Leistung: 340 PS (250 kW) bei 5.000 bis 6.000 U/min
- max. Drehmoment: 500 Nm bei 1.600 bis 4.500 U/min
- 0-100 km/h: 4,3 s
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Normverbrauch: 7,5 l/100 km
- CO2: 170 g/km
- Abgasreinigung: Otto-Partikelfilter
- Abgasnorm: Euro 6d-Temp
- Länge: 4379 mm
- Breite: 1.854 mm
- Höhe: 1.292 mm
- Radstand: 2.470 mm
- Leergewicht: 1.570 kg (inkl. Fahrer und Flüssigkeiten)
- Kofferraum: 290 l
- Basispreis: 62.900 Euro
- Marktstart: Spätsommer 2019